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Die Eisenbahnkaiastwphe inZranlreich D-Zug rast mlt 110 Kilometer Stundengeschwlndsgkeit im Rebel bei Paris aus einen ballenden Eilzug - 201 Tote, fast 300 Verletzte Parls, 27. Dez. In den späten Abendstunden des Sonnabends ereignete sich in Frankreich ein entsetzliches Eisenbahnunglück, das wohl das schwerste ist, von dem Europa je betroffen wurde. Der Schnellzug Paris—> Stratzburg stietz in der Nähe des Bahnhofs Lagny, etwa 28 Kilometer östlich von Paris, auf den dort haltenden Eilzug nach Nancy. Die Wagen des Eilzuges, mit Aus« nähme des vordersten, wurden vollständig zertrümmert, während der Stratzburger Schnellzug fast unversehrt blieb. Die Zahl der Toten wird amtlich mit 281 ange geben, die Zahl der Verletzten soll 388 betragen. Unter den Toten befinden sich mehrere ehemalige Abgeordnete und Minister. 11 Leichen konnten noch nicht identifiziert werden. Da in jeder Stunde zahlreiche Schwerverletzte, die ln den Spitälern von Paris und der weiteren Um gebung von Paris untergebracht sind, ihren Verletzungen erliegen, fürchtet man, datz die Gesamtzahl der Toten 228 bis 238 erreichen wird. Deutsche befinden sich nicht unter den Opfern. Die Ursache des Unglücks wird auf den dich ten Nebel zurllckgeführt, der seit einigen Tagen in Mittel frankreich herrscht. Durch die Geistesgegenwart des Lo komotivführers eines dritten Zuges, der seinen Zug etwa 188 Meter vor der Unglllcksstelle noch zum Halten brachte, konnte ein noch weit gröberes Unglück verhütet werden. Nach dem Unfall wurden der Lokomotiv führer und der Heizer des aufgefahrenen D-Zuges Paris—Stratzburg vermitzt. Sie konnten schlietzllch er mittelt werden und wurden aus Anweisung des Unter suchungsrichters verhaftet. Der Lokomotivführer, namens Daudlgny, steht bereits zweiundzwanzig Jahre im Dienste der Eisenbahngesellschaft, der Heizer hat eine neunjährige Dienstzeit hinter sich. Beide sollen bisher zur vollsten Zufriedenheit gearbeitet haben. Wie das Unglück geschah Die Katastrophe ist eilierseits auf die Unregelmä ßigkeit im Zugverkehr, die das Weihnachlsfest mit sich bringt, und anderseits auf den dichten Nebel zurüäczufül)- ren, der seit zwei Tagen Mittelfrankreich bedeckt. Fast alle Züge erlitten am Sonnabendabend stark« Verspätungen. So war auch der Eilzug nach Nancr>. der den Pariser Ostbalmhof fabrplonmühlg um 17,49 Uhr hätte verlassen sollen, erst um 19,25 Uhr abgefahren. Da ein Borortzug vor ihm ausgelassen worden war, muhte der Zug zwischen den Stationen Baires- Toreq und Lagny-Torigun in der Näl)« der Ortschaft Pom pon ne anhaltcn, um ab.zmvarten, dah die Streck« freige geben würde. Plötzlich tauchte hinter ihm aus dem Nebel der D-Zug nach Stratzburg auf, der fahrplanmähig um 18,18 Uhr aus Paris hätte abfahren müssen und über eine Stunde Verspätung hatte. Der Zug hatte ein« Geschwindigkeit von über 189 Stundenkilometern, als der Lokomotivführer zu spät bemerkte, datz ein anderer Zug vor ihm hielt. Der Zu. sammenprall erfolgte mit furchtbarer Gewalt. Di« Wagen des stehenden Eilzuges mit Ausnahme nur des vordersten wurden buchstäblich zermalmt. Der Stratzburger Zug blieb in den Trümmern fast unversehrt stehen. Die Opfer der Katastrophe Fast alle Opfer der Katastrophe sind Passagiere des Zu ges nach Nancy. Die Bergungsarbeiten, die unter Leitung des sofort nach Lagny geeilten Ministers für Oeffentlici>e Ar beiten unverzüglich ausgenommen ivurden, schreiten nur lang sam voran. Bon den bei den bis zum frülren Morgen des Montag dauernden Rettungsarbeilen aufgcfiindenen Toten Unser Bild gibt einen Be griff von dem Zustand der Unglücksstcll« nach dem Beginn der Ausräumungs arbeiten. Man sieht vorn die zerstörten Wagen des Eil zuges, im Hintergrund die fast unversehrten D-Zug- Wagen und zwei zu den Bergungsarbeiten eingesetzte Kräne. ivurden 178 Im Pariser Vstbahnhof ausgebahrt. Darunter be finden sich mehrere el-emalige Abgeordnete und Minister, so der Bürgermeister von Nancy, Abgeordneter Schleicher, der früher« Unterstaatssekrrtär Iran Paul Morel und Senator Hachette. Der frühere Handelsminister Rolltn ist Diens tag früh seinen schiveren Verletzungen erlegen. Die Opfer sind ,zum grössten Teil bereits eingesargt. Zum Zeichen der allgemeinen Trauer begab sich der Prä sident der Republik zum Pariser Ostbahnhof und verneigte sich dort vor den Toten. Auch Ministerpräsident Ehautemps, mehrer« Reaßerungsmitqlieder und viele Abgeordnete und Se natoren besuchten direkt von der bis spät in die Nacht hinein dauernden Parlamentssitzung über die Finanzsanierungsvorlage kommend die Opfer. Die Beisetzung der Toten soll am Mitt wochvormittag stattfinden. Die Zahl drr Todesopfer hat sich auf 281 erhöht. 2« den pariser Krankenhäusern starben drei Schwerverletzte und in Lagny zwei. E« ist leider damit zu rechnen, datz diese Ver lustliste sich noch vergröbert, da noch bei anderen Schwerver letzten Levensgesahr besteht. In der Tolenhalle de« Ostbabnhof« spielten sich seit Sonntag berzzereihende Szenen av. wenn ein vermihler von Angehörigen in der Reihe der furchtbar verstümmelten Opfer entdeckt wird. Die Zahl der noch nicht namentlich seslgeslellten Token ist inzwischen auf zwei zurückgegangen. Das Mschlnenpersonal schuldlos Der Heizer und der Lokomotivführer de, Schnekhuge» Paris—Stratzburg befinden sich noch in Untersuchungshaft, obgleich in der Oessenllichkeit zum Teil heftig dagegen Ein- pruch erhoben wird, weil vorläufig noch keinerlei Anhalls- wnkte für ihre Schuld gegeben seien. Die neuen franzö- iischen Lokomotiven sind mit einer selbsttätigen pfeife ver- ehen, die sofort in Tätigkeit treten soll, wenn der Zug ein Haltesignal überfährt. Die beiden Verhafteten behaupten, dah die» Sonnabend nicht der Fall war; man lieb daher am Dienstag eine Lokomotive die gleiche Strecke bei gleicher GeschwindiakeU bekabren. Dabei arbeitete bauvllächlkb die selbsttätige Slnrichtuna beim Uebers«ihren de» hallesignot« nicht, welche Schlufuolgerungen der Untersuchungsrichter daran« ziehen wird, steht noch nicht fest; e, scheint aber, «st« ob die beiden Verhafteten schon in de« nächsten Tagen wieder auf freien Juh gesetzt werden. v«m -Journal- zufolge soll d«, Ergebnis der gericht lichen Untersuchung über die Ursache der Katastrophe di« Beteuerungen de» Lokomotivführers und de» Heizer, bestä tigen, wonach die verschiedenen Signal- und Schutzvorrich tungen aus freie Iahet haben schließen lassen. Ihr verles- diger hat de»halb bereit» die haft.mllassung beantragt. Verschärfung der Sicherungsmaßnahmen Die Aufräninungsarbciten an der Unfallstelle sind im Laufe der Nacht beendet worden, so datz die Strecke am Mon tag früh wieder für den Verkehr freiaegeben werden konnte. Im übrigen hat der Minister für Oeffentlicl-e Arbeiten bereits eingeliend mit den Sachverständigen seines Ministeriums über Verschärfung der Sicherheitsmassnahmen auf sämtliclxm französisch»«« Eisenbahnstrecken verhandelt. Er will ein entspreck-endes Gesetz beschleunigt im Parlament einbrin gen. das u. a. ein« stärkere Verwendung von Metallwagen vorsieht. Dle furchtbare Eisenbahnkatastrophe bei Lagnq, die nach den bisher vorliegenden Meldungen mehr als 281 Todesopfer gefordert hat, ist bei weitem die schwerste Ka tastrophe, die den Eisenbahnverkehr der ganzen Welt in diesem Jahrhundert betroffen hat. Die bisher höchste Zahl von Todesopfern bei einem Zugunglück seit 1880 forderte der Absturz eines Zuges mit Fremdenlegionären bei Turenne in Marokko am 15. September v. I., wobei 120 Fremdenlegionäre ihr Leben einbühten. Die Weihnachtsansprache des Papstes Dr. Hötzel — Diözesansekretär des Bonifatinsvereins Bautzen, 27. Dez. Wie bereits im Kirchlick-en Amtsblatt bekannt gegeben, ist Tr. Soppa im Herbst zum Vorsitzenden des Bonifatinsvereins bestellt worden. Seine Darstellung über die Notlage des Bistums ist noch in frischer Erinne rung. Sein Bestreben, den Opferwillen des Diaspora bistums noch mehr zu steigern, ist teilweise schon greif barer Erfolg beschieden. Nicht nur, datz immer wieder Gaben fliessen, sondern es melden, sich auch schon einzelne Opferwillige, die rcgelmätzig monatlich Beiträge zu zah len entschlossen sind. In der Werbetätigkeit für den Bonifatius- verein wird Dr. Eoppa jetzt vom Domkaplan Dr. I o h. Hützel, Bautzen, unterstützt, der zum Diözesansekretär des Bistums Meitzen bestellt worden ist. Der Diözesan sekretär hat aber nickst die Aufgabe, Schriftführer im Vo- nifatiusverein zu sein, sondern vor allem durch Vorträge und Reisen in und nutzer der Diözese für unsere Diaspora not zu betteln. So geht Dr. Hötzel, noch ermüdet von dem anstrengenden Dienst in den Weihnachtsfeiertagen, jetzt nach Paderborn, um dort sich in die einzelnen Abtei lungen des Bonifatiusvereins einzuarbeiten, und an einer 8tägigen Vettelreise in der Diözese Aachen teilzu nehmen. Von den Erträgnissen, die durch sogenannte Sammelpredigten eingebracht werden, erhält das Bistum Anteil und kommt so in die Lage, seinen geldlickzen Ver pflichtungen so gut als möglich nachzukommen. Der Diözesansekretär ist der Verbindungsmann zwisckzen Vorstand des Bonifatiusvereins und den ein zelnen Pfarrgcmeinden des Bistums. Sobald es die Verhältnisse gestatten, wird Dr.' Hötzel hier von den Pflichten eines Domkaplans freigestellt werden und sich seinen neuen Aufgaben widmen können. Er wird nicht nur Bonifatiustage im Bistum selbst halten, sondern auch sonst die Pfarreien im Laufe der Zeit aufsuclxn, um sich von den Nöten der Gemeinden persönlich zu überzeugen und Rat und Hilfe zu sckmfsen. An Priesteckonferenzen wird er teilnehmen. Die Bestellung eines Diözesansekretärs ist gerade zur Linde rung der Diaspora-Not erfolgt. Wir glaul>en, datz die hochwürdigen Herren die Bestellung dieses Verbindungs mannes freudig begrüßen werden. Aufruf! Eine ganze Anzahl treue Katholiken, darunter auch ganz arme Schwesternniederlassungen, möchten gern die Sächsische Volkszeitung bezw. das Bennoblatt halten, können es aber nicht, da sie zu arm sind! Wer macht ihnen eine Neujahrsfreude, indem er 3,30 R M. (1 Borzugsabonnement für das 1. Vierteljahr S. B.) oder 1,50 RM. (1 Bierteljahrsbezug des BBl.) an den Ver lag sendet? Konto siehe am Kopf der Zeitung. Schnelle Entscheidung, noch vor dem 30. Dezember, wird dringend erbeten; so macht man eine moderne Freude im Dienste wahrer Katholischer Aktion! Presseapostolat im Bistum Meißen, gez. Pfarrer Ludwig Kirsch. Rom, 27. Dez. Die diesjährige Popst-Weihnockstsrede Pius' XI. vor dem Kardinalskollegium und dem päpstlichen Hof staat war zum Unterschied von früheren Jahren wesent lich unpolitisch. Der Heilige Vater betonte sogar, datz er keine Rede von grotzer oder kleiner Bedeutung halten, sondern sich vielmehr nur mit seiner nächsten Umgebung noch aus sprechen wolle. Das sei seine väterliche Pflicht, derzu- folge man auf die Erwartung der Söhne hin antworten müßte. Aber diese Erwartung dürfe sich nicht auf das erstrecken, was der Papst über die allgemeine inter nationale Lage der Dinge denke. Der Statthalter Christi lehnte es im ferneren Ver lauf seiner Rede ab, in dieser an Gegensätzen, Verhand lungen, Konflikten und Midersprück)cn so reichen Zeit eine allgemeine Zukunstsperspektive zu entwerfen. Er erinnerte an das Wort Napoleons I., datz zum Kriege, den der Papst übrigens in seinen täglichen Gebeten von den Nationen abgcwendct wissen will, Geld und nock)- mals Geld notwendig sei. In Analogie dieser Worte for derte der Statthalter Christi ebenfalls dreimal die Gläu bigen zum Gebete auf gemätz dem Heilandswort, man müsse immer beten und niemals darin nachlassen. Das sollen die Richtlinien für alle Menschen sein, die das Gute, den Frieden, die allgemeine Eintracht und das Ge meinwohl der gesamten christlick-en Familie im Auge haben. Der Pontifex sprach ungefähr zwanzig Minuten und gedachte in seiner Einleitung des segensreichen Verlaufs des kirchlichen Iubiläumsjahres, von dem noch drei Mo nate mit der Erwartung zahlreicher Pilgerzüge aus aller Welt bevorständen.