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S«II- s /vee» Kräutern, nhlreichcr irkungcn nie Hcil- Spczial- i: Gallen- rrhoiden, i, Leber- ;eumatis- iörungen. »ulvvl- n ä: rin: uncl^^issen 8ück8l8c!is Volk8rsitunxs hlr. 294 — Z!. verombsr 1933 Oie OiasegZerbuden / v » »Ja, ia, die Vlaseggerbuben — der Lenz, der Hansl und der Bartl — solche Buben man man suchen, und sinken tut man sie Überhaupt nur in den Hochbernen. Anderthalb Stunden über dem Kirchdors auf dem luftigen Blasegg, wo der Iochwind zu keiner Jahreszeit aussetzt, rvaren sie daheim. Bei dem eisfrischen Wasser, das neben dem Hause aus dem Boden hüpft, bei stein hartem, kohlschwarzem Brot, bet Fricgclsuppe und Hasermus wuchsen sie auf und bekamen von dieser Atzung nicht nur lange, flachsgelbe Haare, sondern auch kirschrote Wangen und wasser helle Augen, die wie Feucrlein glühten und vor lauter Frisch« und Lebendigkeit herauszukugeln drohten. Ueberhaupt war an den drei Knaben alles Leben und Bewegung. Das eissrische Wasser vom Blasegg schien durch ihre Glieder zu sickern und ihnen keinen Augenblick Ruhe zu lassen. Aber nicht nur äutzer- lich sprudelte das Leben, sondern auch in Ihren Köpfen kribbelte und krabbelte es von urwüchsigen Einfällen und.kühnen Vor stellungen, die sie vor jedermann ohne Ansehen der Person so offen und treuherzig zum besten gaben, wie es nur solch furcht lose Bergerbuben tun können. An dieser letzten Eigenschaft der Buben hatte aber auch ihr Vater ein Verdienst oder eine Schuld. Einstmals haben mir die drei Buben ordentlich warm ge macht. Ich war als junger Kooperator in dem Orte angestcllt und hatte die drei Buben in der Schule. Es kam die Religions prüfung, und da ich nicht zu den Geschicktesten im Unterrichten gehörte, war mir etwas bang zumute. Es ging aber besser als ich gehofft hatte. Die zwei jüngeren Vlaseggerbuben, der Bartl und der Hansl, satzen In der ersten Bank, der Lenz in der vierten. An den beiden jüngeren war ich unaussällig vorbeigegondelt, ohne eine Frage an sie zu stellen. Ich fürchtet« nicht ohne Grund ihre unmittelbaren Einfälle und die keineswegs schulgerechten Sprüchlein, die sie gar vorlaut hervorsprudelten. Nun war ich beim Lenz, ihrem älteren Bruder angelangt: „Du, Lorenz, sag mir aus der Biblischen Geschichte, wer hat den Heiland sehnsüchtig zu schauen verlangt?" „Der Zwerg! Zachäus!" schnappte der Lenz. „Also gut, der Zöllner Zachäus. Was tat Zachäus?" Schweigen. „Sag's, du weitzt's ja. Zachäus stieg auf einen Maul . . „Auf einen Maulesel!" fiel der Knabe ein. „Vsch — bsch — patz auf! Er stieg auf einen Maulbeer .. ." „Er stieg auf einen Maulbeeresel" antwortete der Knabe nun ganz entschieden. „Nein, nein! Er stieg auf einen Maulbeerbaum, willst du sagen. Und was wollt« er da sehen? Nun, den Durchzug . . „Den Durchzug der Israeliten durch das Rote Meer", lau tete die siegesfrohe Antwort. Allgemeines Lachen. „Lorenz, du patzt heute nicht auf. Jetzt sag' mir etwa» andere». Wie lautet die vierte Bitte?" „Die viert« Bitt« lautet: Gib uns heute unser tägliches Brot." „Recht so. Aber warum bitten wir denn um das tägliche Brot, nicht um das wöchentliche oder monatlich« oder gar jähr lich« Brot?" „Weil ein so altes Brot schimmelig werden täte", schnäbelte der Lenz. Das Lachen wurde stürmisch, und ich muhte den Knaben niedersitzen lassen Inzwischen hatte sich der Dekan erhoben und fragte, ob der kühne Antwortgeber nicht ein Bruder von den zwei rotwangigen Knirpsen in der ersten Bank sei. Auf meine Bejahung wandte er sich an diese. Nun konnte die Suppe schmal zig werden. „Kleiner, sag' wie heitzt du? fragte der Dekan den Bartl. Dieser schaute mit seinen grotzen Augen den Herrn starr an und sagte gar nichts. „Schau, wie sagt denn dein Vater, wenn er dich ruft?" hals der Dekan nach. „Schenier' dich nicht und sag' wie du heitzt." „Pamper heitz' Ich", sprudelte der Knabe. „Mein Vater sagt allemal: Du bist schon mein tapferer Pamper l" Das schallende Gelächter ob dieser Antwort reizte den Kna ben und er krähte frisch und mutig in die Versammlung hinein: „Wenn ich nicht Pamper heitz', dann heitz' ich Bartl." „So ist's recht", ermunterte der Dekan. „Ja freilich, Bartl heitzt du. Aber sieh, wenn man schön redet, sagt man nicht Bartl, sondern Vartlmä." Der Knabe nickte. Nun kam die Reihe an Hansl. „Und wie heitzt denn du, mein Kleiner?" Der Hansl überlegte und zog seine klugen Schlüsse aus all dem Vorhergegangenen, dann kollerte es frisch und munter heraus: „Ich heiße Hanslmäi" Nun war die Lustigkeit auf der Tagesordnuna. I^eujakr Neues Jahr, wir griihen dich! Neues Jahr, wir hoffen aus dich! Mit Wünschen und Verlangen Wir sehnlichst dich empfangen: Gib uns, was wir erstreben! Mach' reicher unser Leben! Hilf, datz die schweren Stunden, Die wir überwunden. Nicht umsonst gewesen, Datz wir daraus genesen Zu besserem Wollen, Zu stärkerem Sollen, Zu freudigerem Schassen Mit reineren Waffen Im Kampf mit den Tagen! Latz freudig uns tragen Was uns das Leben An Lasten gegeben, Datz größer wir werden Auf dieser Erden Und uns am Ende des Jahres geblieben Festeres Hoffen, wärmeres Lieben! M. T. „Also gut, du heitzt Johann", verbesserte der Dekan. „Nun sag', tut ihr auch beten daheim?" „Ja, alle Tage z'nachts einen Rosenkranz und ein« Leiter (Litanei) und einen Korb voll Vaterunser! Svenn wir nicht beten, sagt der Vater, Iaht er den Heilg'n Geist (Birkenrute) tanzen auf unfern Ranzen." „Könnt ihr hübsch beten?" Statt einer Antwort beteten nun die Knirpse miteinander zweistimmig, hell und klingend, das Vaterunser, Ave-Maria und den „Glaubengott". Das ging prächtig. „Sehr schön", lobte der Dekan. „Könnt ihr noch ein anderes Gebet!?" „Ich wähl", krähte der Bartl, zum hl. Tunning (Antonius) in der Tunningkapcllei" Und ohne eine uxitere Frage abzu warten, trillerte er: Heiliger Tunning, latz 's Kindl nit fall'«, t kann dir koans schnitzen, i kann dir koans mal'n. „Das ist nicht gar so ein schönes", lächelte der Dekan. Dann wandte er sich an den Hansl: „Kannst du ein schöneres?" „Ja, ja, erwiderte dieser freudig, „zu Unserem Herrn im Elend droben in den Vergmahdern. Der Vater betet's alle mal, wenn wir den schweren Korb hinaustragen müssen." „Wie heitzt denn das?" „O mein Gott und Herr, cs geht säst nimmer mehr; bei all mein Kreist'n und Schnauf'n zieh mich weiter in Himmel aus'n!" „Das ist nicht Übel; aber könnt ihr auch eines zum heiligen Schutzengel?" „Woll, ja — woll ja", stürmten die beiden, und ohne wei tere Mahnung abzuwarten, begannen sie abermals zweistimmig in Hellem Gesang: „Heiliger Schutzengel mein, latz uns fromm und g'sund und lustig sein und tu den Teufel brav schneuzen, datz er uns nit kann zur Sünde reizen, und tu uns sein den Weg anzeigen, wo man leicht kann in Himmel steigen!" „Kinder, wer hat euch denn die Eebetlcin gelernt?" fragte der Dekan lächelnd. „Der Vater hat sie uns gelernt," schnäbelte der Bartl. „Er hat uns noch einen Hausen andere gelernt, zum heiligen Fritz und zum heiligen Florian." Und schon spitzten die beiden wieder den Mund, um ein neues Berschen im Duett loszulassen. Der Dekan fuhr ihnen aber dazwischen; „Es ist schon gut, Kinder. Saget dem Vater, die Gebetletn wären sonst schon recht, nur ein bitzchen frisch, ein bitzchen gar zu frisch! Er soll euch die anderen auch lehren, die im Kate chismus stehen. Und jetzt sagt ihr mir noch etwas anderes. Was hat denn unser Herr sür euch getan?" „Er ist sür uns gekreuzigt worden und am Kreuze gestorben." „Schön. Wer hat denn unser» Herrn gekreuzigt, Johann?" Der Knabe überlegte. Das konnte gefährlich werden. Mir gruselte. Da platzte er auch schon heraus: „Der Bischof und der Dekan!" „Ja, wie denn?" fragte der Dekan mehr als überrascht. Li8enbaknAe8prsek vor 8ilve8ter Plauderei sm ^oekenen6e Von (ttsrsbu. „Hast Du gut zu Weihnachten beschert bekommen?" fragte Kilian, als wir im Abteil Platz genommen hatten. „Das ist die meistgebrauchte Frage in dieser Woche", stellte ich fest. „Die ganze menschliche Geistesarmut und die ganze menschliclze Bosheit verbirgt sich dahinter. Denn in erster Linie möchte man natürlich feststellen, das; der andere diesmal doch nichts rechtes gekriegt l)at." „Bel boshaften Leuten wie bei Dir", gab Kilian zurück, „mag eine solche Annahme zutreffen. Aber bei mir ist es die pure Nächstenliebe. Wenn Du andern nichts gutes zutraust — ich jedenfalls gönne anderen etwas gutes." „Ich habe auch allerlei Gutes gekriegt", gab ich nun zu. „Vor allem Grippe, so daß ich die Feiertage im wesentlichen im Bett verbracht habe. Ferner Zahn schmerzen, damit mir dabei die Zeit nicht lang wurde. Wetter Bindehautentzündung, damit mir das Lesen etivas leichter wird. Und endlich Schreibkrampf, damit das Lesen gegenüber dem Schreiben nicht im Nachteil ist." „Ein unverbesserlicher Pessimist!" seufzte Kilian. „Nicht im mindesten" behauptete ich. „Ich bemühe mich nur, am Jahresschlüsse eine saubere Bilanz zu machen. Es ist, bei Gott, nicht meine Schuld, wenn sie etwas negativ aussieht." „Aber nimmst Du denn garnichts Gutes in das neue Jahr mit?" fragte er teilnehmend. „Gewiß!" gab ich zu. „Nur merkt man das Schlechte immer gleich und das Gute erst hinterher. Hoffen mir also, daß sich für mich hinterher doch etwas Gutes Heraus stellen wird. Ich hoffe es sogar sehr stark < . , " G Hier wurde unser Gespräch unterbrochen. Di« alte Dame, die uns schräg gegenüber Platz ge nommen hatte, erhob sich nämlich mit einem energischen Ruck. Schon glaubte ich, wir hätten ihren Unwillen er regt — denn gewisse alte Tanten beiderlei Geschlechts können mich nun einmal nicht ausstehcn — also die Dame drehte sich auf dem Absatz um und lies; den vollen Strahl ihrer Zorncsblicke in das Ncl'enabteil Herüberfunken. „Fräulein", sagte sie mit mühsam verhaltenem In grimm, „Fräulein, wollen Sie das Abteilfenster nicht schließen?" Im Nebenabteil hatten nämlich zwei junge Damen Platz genommen, deren Aeußeres schon erkennen ließ, daß sie des edlen Skisportes wegen ins Erzgebirge fuh ren (und nicht wie wir, um dort den Schneebruch und die Frostschäden zu betrachten). Es genügt aber nicht, sport lich auszusehen, man muß sich auch so benehmen. Und also hatten die beiden „Skihaserln" — um den liebens würdigen bayrischen Fachausdruck für diese Art Lebe wesen zu verwenden — das Abteilfenster sperrangelweit aufgerissen. Sie waren auch keineswegs bereit, das Luftloch wieder zu schließen. „Aber gnädige Frau" sagte die eine, deren rote Slalom-Bluse nicht übel zu ihrem schivarzen Haar stand, „man kann doch hier nicht ersticken! Es ist wirklich in dieser lvarmen Luft nicht auszulzalten! Und draußen ist ja -er reinste Frühling!" „Ich merke nichts von Frühling!" rief die würdige Dame streng. („So siehst du aus!" flüsterte Kilian grin send.) „Ich bestehe drauf, daß das Fenster geschlossen wird!" Die Slalom-Bluse zuckte resigniert die Schultern und zog das Fenster hoch. Die alte Dame setzte sich befriedigt — — um sich nach fünf Sekunden wieder umzu drehen. Es zog ja immer noch! In der Tat. Die listen reichen Jüngerinnen des Schneeschuhs nebenan hatten das Fenster nicht ganz geschlossen, sondern oben noch einen Spalt offen gelassen. Just zur rechten Zeit trat in diesem Augenblick der Schaffner ein. Wie Schlangen sich aus die Beute stürzen, so fuhren die drei Damen zugleich aus ihn los. „Herr Schaffner, es zieht!" rief die alte Dame. „Das Fenster muß geschlossen werden!" „Herr Schaffner, es ist so furchtbar warm!" schmei chelte die junge. .„Das Fenster darf doch assen bleiben?" Mit unbeschreiblicher Ruhe hielt der Schaffner die sem Ansturm stand. „Sie haben recht", sagte er zu der alten Dame. „Es zieht, also schließen wir das Fenster. — Und Sie", ver beugte er sich vor der jungen, ..haben auch recht. Es ist zu warm, also drehen wir dre Heizung ab." * „Ein salomonisches Urteil, Herr Schaffner!" gab ich meiner Bewunderung Ausdruck, als gleich nachher unsere Fahrsclzeine geprüft wurden. „Das ist ein nicht zeitgemäßer Ausdruck", meinte er lächelnd. „Und so schwierig ist das auch nicht. Es begegnen einem ja immer wieder dieselben Streitfälle. Das offene Abteilfenster ist in diesen warm-kalten Tagen eine der meist umstrittenen Tagessragen. Und >venn man im Dienste des Staates steht, muß man beizeiten lernen, nicht nach der Person, sondern nach der Sache zu unter scheiden." Salutierte stramm und verschwand. „Weißt Du", sagte Kilian nachdenklich, „so unge fähr wie dieser Sä-affner denkt glaube ich der liebe Gott auch, wenn ihm am Jahresende so die verschiedenen Wünsche vorgetragen werden ..." Indessen hatte sich in der anderen Ecke des Abteils eine lebhafte Unterhaltung entspannen. Gegenüber der alten Dame, die so siegreich die Schließung des Fensters durckrgeseht hatte, saß nämlich ein etwa gleichaltriger Herr, der bislang geschwiegen hatte. Jetzt aber, da di« Sache entschieden war, gab er — tapfer, wie schon die meisten Männer sind — nach geschlagener Schlacht auch seine Meinung kund. „Ganz recht hatten Sie!" sagte er unteranderem — im wesentlicl-en sagte er nämlich zwanzig Mal dasselbe