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cs sicherlich nicht zuletzt seiner vortrefflichen Frau zu danken. Ader anch nach seinem Ausscheiden aus dem Reichstag blieb er uns Iren. Als Mitglied der 1. badischen Kammer und deren Vizepräsident von 1005—10 setzte er seine nationale und liberale Politik fort. Er war Mitglied unseres Z e n t r a l v o r st a n d e s, und wo es zu helfen galt, war er zur Hilfe bereit. Ich erinnere mich langer Perioden, m denen Bürktin kaum in einer Sitzung fehlte. In der badischen Politik war Bürktin als Mitglied des Vorstandes der badischen Partei seineil Freun den in guten und schweren Zeiten ein treuer Berater, und seine Opferwilligkeit half manche Schwierigkeit überwinden. 29enn Bürklin sprach, wurde sein Wort gehört, und er sprach nur, wenn er etwas zu sagen hatte. Bürklin war allezeit der Typus eines echten Patrioten und kernigen liberalen Mannes. Ich sehe ihn, den geborenen Volksredner, auf der Tribüne zu seinen Pfälzern sprechen, die er zu begeistern und rortznrcißen wusste. Er war ein Meister des Wortes, dabei abhvtd der Phrase, und weil er es fühlte, weil es ihm aus der Seele drang, wußte er die Herzen der Hörer zu füllen, und jeder ging befriedigt von dem, was er gehört hatte, nach Hause. Dem körperlich und geistig frischen, kernigen Manne, dem deutschen Patrio ten und liberalen Führer rufen am heutigen Tage seine Freunde zu: Mögest dit an der Seite deiner treuen Lebensgefährtin noch lange Jahre dem Vater land, der Partei, den Freunden erhalten bleiben! Der Kaiser in Hannover. Der Kaiser in der Uniform des Königs- Ulanen-Regiments begab sich am Freitag vor mittag im Automobil zur Wanderausstel lung der Deutschen Landwirtschafts- Gesellschaft auf dein Großen Bult in Han nover, wo er um 10 Uhr eintras. In der Be gleitung des Kaisers befanden sich: Oberhof marschall Freiherr von Reischach, Generaloberst von Messen, Admiral Mueller, Chef des Ma- rinekabinetts, Oberst Marschall vom Militär kabinett und Vizeoberstallmeister von Franken berg und Ludwrgsdorf. Der Kaiser fuhr zur Tribüne des Borführungsringes, wo er empfangen wurde vom Fürsten zu Schaumburg-Lippe, dem Präsidenten der Deut schen Landwirt)chasts-Gcs?llfchaft, Kammer h.rrn v. Freie, dem Vorsitzenden dieser Geselljcyaft, Kammerherrn v. Marenholtz, dem Vorsitzenden der Königl. Landwirtschafts-Gesellschaft zu Han nover. Als der Kaiser an dec Brüstung' der Kaiserloge erschien, brachte der Fürst zu Schaum burg-Lippe ein dreifaches Hurra aus den Kaiser aus, das bei den vielen Tausenden, die am Vor führungsring versammelt waren, brausenden Widerhall fand. Die 2700 Mädchen sämt licher Schulen, die im Großen Ring aufgestellt waren, sangen die 'Rational hymne. In der Kaiscrloge bemerkte man u. a. den Prinzen Friedrich von Sachsen- Meiningen, den Landwirtschaflsminister Frei herrn von Schorlemer-Lieser, den Obcrpräsiden- tcn Dr. von Wentzel, den Kommandierenden Ge neral v. Emmich, den Generaloberst v. Bülow und den Sladldirektor Tramm. Tie Kinder führ ten Freiübungen aus, die vom Kaiser durch Händeklatschen begleitet wurden. Der Kaiser winkte den Kindern beim Abmarsch andauernd freundlich zu. Es folgte nun die Vorfüh rung von mehreren hundert preisgekrönten Rindern und Pferden und dann die Vor führung von P f e r d e m a t e r i a l des Mi litär r e i t i n st i t u t s sowie die Vorführung einer kombinierten, vollständig bespannten Bakterie in allen Fahrarten. Darauf wurde ui Gegenwart des Kaisers das Turnier deut scher Pferde des Reichsverbandes für deutsches Halbblut mit einem großen Jagdspringen fort gesetzt. Der Kaiser besuchte nach Schluß der Vor führungen noch die S o n d e r a u s st e l l u n g d e r L a n d w ir t s ch a f ts k am m c r d e r Pr o- vlnz Hannover und verließ durch ein Spa lier von Schulkindern und unter andauernden Hochrufen des Publikums die Ausstellung um 1 Uhr. Der Kaiser begab sich nach dein (General kommando, wo er das Frühstück bei dem Kom mandierenden (General v. Emmich nahm. An dem Frühstück nahm der Fürst zu Schaumburg- Lippe teil. Gegen 3 Uhr fuhr der Kaiser mit Gefolge in Automobilen nach Eilvese zur Besich tigung der F u n t e n s p r u ch sta t i o n. die wirren in Albanien. Während Fürst Wilhelm in Durazo vollständig eingeschlossen und nicht mehr in der Lage ist, di« Auf. ständischen aus eigener Kraft zu vertreiben, nähern sich ihm von süoen und Norden Hilfstruppen. An der Rühe von Valoua haben, wie wir bereits in der gestrigen Abendausgabe meldeten, di« Regierungs anhänger die Ausüändilcheu gejagagen, und in Va» Iona selbst stimmt cxr atte Ismail Kemal ein Klage lied über den betrogenen Fürsten an, obwohl er selbst ihm nicht zu Helsen weiß. Di« Hilfe von Norden, di« Prenk Bibdoda bringt, ist höher zu bewerten. Dieser ist der hochangesehenc Führer des Miriditenoolkcs S14. >1. z. Juni, tnige, das ranne Tch. nterhalten ver Vater hat. Im außerdem 2000 .L, hriftlichem endgültige icses Ber och immer erhalten, um Geld auch das 'ädchen zu alten und te, schrieb ren Bries, Bernburg entfernen en Straf- lagte Sch. cht umge- habe sich habe sie öbcl seien versuchter Monat rn. Der iüpfert berg eine Monaten, n in der n irgend, ^ren an- heinendcn der bctr. rren seien en Stelle und solle el hat L. bekannten in einem nen. Es dgerichts- lautende >ies, nach Gesetz ge- auf sein l worden >chen hat i in den« der Vor ¬ der An il haben, ert habe. werden, Beihilfe 1 Mo- c vierten e frühere -ermann Der An- en Sach- entlichen rdv jetzt > naten cwn ihm it, auch Polizci- hrlcht.) Klaae- eidler o s i m a, a Vater- mer des urteil ;n. Die : tragen. Zum. In der afnahme >ie zu n über Wohn- Opera- ild nach Heimrat lammen, rletzuna g muß Kunst- eklagten ixaltiert he Lüge »antasie. ind des ;en den en und n. 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Jahrgang siazelgenpreise: L'. von auowart»ro Pf., Neklamen I.20M., lllein« fln,«lg«n SI»prtit;rU» »» S4pf.b.wieS«rh»l.Nob.,Sns»rat» von Srb-rüen im amtlichrnTrll Sir Petit zeil, SS Pf. Orschaft»onzr>grn mit plahvorschrift >m Preis» erhöht. Nodatt «ach Tarif. SeUagen: chrsamtaufl. SM.Sa» Lausen- ouoschl. Postgebühr. Mnzelgen-Mnaahmr: 1»banni»gaste«, bet sämtlichen kUiolrn Sr» Leipzig« Tageblatt«» unS allen -innoncen-ExpeSItlonen Se» In» unS stuslanSe». Geschäftsstelle für Serlin u. Sie pr. Sranüenburg: virektionwaltrrjtiegrl, Verli« w. 1», Margarethenftratze 4. Zernsprech-NnschluS- LÜNow »471 Nr. 308. Ssnnsbrnü, üen 20. Juni. 1914. Das wichtigste. * Der Reichsoerband der deutschen Presse tritt heute in Leipzig zusammen. * Ein Sächsischer Hansatag wird am Sonnabend und Sonntag in Leipzig veranstaltet. * Der Kaiser besuchte am Freitag die Wanderausstellung der Deutschen Landwirt schaftsgesellschaft inHannover. sS. bes. Art.) * Der nationalliberale Politiker Wirtl. Geh. Rat Dr. Bürklin in Karlsruhe vollendet heute sein 70. Lebensjahr. sS. bes. Art.) * Prenk Bibdoda beabsichtigt, Durazzo so schnell wie möglich zu entsetzen. sS. bes. Art.) * Die Vereinigten Staaten bestehen auf der Einsetzung eines provisorischen Präsi- denten von Mexiko aus r«en Reihen der Auf-- stä irdischen. sS. Pol. Uebers.) * Zn dem angeblichen Agenten Hain, der vor kurzem in Leipzig einen Raubüberfall auf einen Geldbriefträgcr beabsichtigte, ist von der Berliner Kriminalpolizei der 21jährige Konstrukteur Max Läufer ermittelt worden. lS. Leipzig.) * Der Niedcrsachsenpreis wurd«e in Hannover von Dr. Lemckes Austerlitz unter Rastenberger gewonnen. sS. Sp. u. Sp.) Dem Re-chsverban- -er -rutschen presse zum Gruß! Am heutigen Sonnabend treten in Leipzig die Abgesandten des Reichsverbands Ver deutschen Presse zu ihrer diesjährigen Tayung zusammen. Was andere Berufe und Stände schon lange besitzen: eine Bereinigung zur Förderung der gemeinsamen Interessen, dessen erfreuen sich die Leute, die vom Ertrage ihrer Feder im Zeitungsdienste leben, erst seit wenigen Jahren. Die älteren deutschen Schriftstelleroereinigungen entsprachen den eigenartigen Zwecken der Presse nicht, weil sie die Grenzen für die Aufnahme fähigkeit ihrer Mitglieder zu weit steckten und weil sie zum Teil auch ihre Betätigung auf Gebieten suchten, die mit der Presse im Grunde herzlich wenig zu tun haben. Und der sogenannte Internationale Pressekongreß ist hauptsächlich auf rein repräsentative Veran staltungen gerichtet. Der Reichsverband der deutschen Presse will mit dieser internationalen Vereinigung nichts zu tun haben, denn seine Mitglieder sind sich bewußt, daß die Aufgaben, die auf dem Gebiete der Presse der Lösung harren, wirksam nur im Rahmen eines be stimmten Staates erfüllt werden können. Die Lebensbedingungen der englischen, französischen oder russischen Presse sind von denen der deutschen grundverschieden. Diese Erkenntnis hat auch gerade die großen führenden Organe aller Kulturstaaten veranlaßt, sich von solchen internationalen Veranstaltungen fernzuhalten, und der geringe Ertrag der bei solchen Zu sammenkünften geleisteten Arbeit hat diese Ansicht nur befestigt. Die Journalisten im Deutschen Reiche haben noch lange zu tun, ehe sie all die schlimmen Vorurteile gegen die Presse endgültig ausge merzt haben, von denen weite Kreise im deutschen Vaterlande leider immer noch sehr beherrscht sind. Zweifellos ist im letzten Jahrzehnt in dieser Beziehung manche beachtenswerte Besserung zu verzeichnen gewesen, viele maßgebende Persönlichkelten, auch viele Behörden haben einsehen gelernt, daß die Presse unter den Kulturerscheinungen der Gegenwart einer der am mächtigsten bewegenden Faktoren ist, und die Weltausstellung für Buchgewerbe und Graphik auf geschichtlich denkwürdigem Boden in Leipzig rünoet aufs gewaltigste davon, daß die Männer, die mit dem geschriebenen und gedruckten Wort aus bescheidenster Enge in die weiteste Ferne wirken, rn der Tat als Welteroberer in geistiger Beziehung zu gelten haben und zu würdigen sind. Aber noch ist viel Aufklärungsarbeit über die Presse zu leisten. Jüngst hat in Kopenhagen der deutsche Ge. sandte Graf Brockdorff-Rantzau zwischen Diplo matie und Presse das Verhältnis eines „herz lichen Einvernehmens" herbeigewünscht. Dieses Wort würde zweifellos freudigen Widerhall im Herzen der deutschen Presse wecken, wenn nicht eben von hochmögender Seite wiederholt, zum Teil in recht kränkenden Worten, Abneigung, sa Geringschätzung der Journalisten und ihrer nervenzerrüttenden Arbeit bekundet worden wäre. Die Tätigkeit der Männer der Presse erschöpft sich eben nicht in einer formvollendeten Berichterstattung über höfische Feste, über Akte der Repräsentation, sondern es ist im besondern ihre Aufgabe, auf den Kern des Wesens derDinge zu dringen, die Zeitereignisse, die Handlungen und Kundgebungen der führenden Persönlich keiten im öffentlichen Leben durch das klug und geschickt bemeisterte Wort auszudeuten, zu er läutern und nötigenfalls auch zu bekämpfen. Gerade dieser Kampf, diese Kritik aber sind es, die an manchen Stellen übel vermerkt werden, um derentwillen die Presse nicht selten harte Worte zu hören bekommt. Allen solchen vorgefaßten Meinungen das Wasser abzugraben, soll auch die Leipziger Tagung des Reichsverbandes der deutschen Presse dienen. Wie alle Stände, jo birgt auch der Stand der Journalisten manches Element, dessen rücksichtslose Ausschaltung nur zur Mehrung der langsam zunehmenden Achtung vor der Presse dienen kann. Es werden deshalb mit schonungs loser Offenherzigkeit alle die Mängel zur Sprache gebracht werden, die schädliche Vorurteile be günstigen können und die deshalb gründlich abgestellt werden müssen. Es wird aber auch gezeigt werden, wie sehr die Oeffentlichkeit auf die Unterstützung der Presse angewiesen ist, wie außerordentlich dienlich es dem Staate und allen seinen Gliedern ist, wenn endlich das Verhältnis herzlichen Einvernehmens, das Gras Brockdorfs-Rantzau in Kopen hagen so schön und vernehmlich gepriesen hat, zur Tatsache wird. Der frühere österreichische Ministerpräsident Dr. o. Körber prägte einmal bei einem Empfang der Presse das feine Wort: „Die Presse mag mancher Regierung unbequem jein, aber keine oarf jagen: ll'etate'est moi. Ich bin üoerhaupt bei Anklagen gegen die Presse, weil sie nach der einen oder der anderen Rich tung heftiger auftritt, sehr zurückhaltend. Jede Vergangenheit war einst Zukunft, und alle Zu kunft wird wieder Vergangenheit: jedermann hat bloß das Recht, der fremden Meinung die eigene entgegenzuhalten, und die Pflicht, nach seiner inneren Ueberzeugung zu handeln." Wenn solchen Anschauungen durch die Leipziger Tagung des Reichsverbandes der deutschen Presse neue Anhänger gewonnen werden, dann wird die gesamte Oeffentlichkeit davon unerschöpflichen Nutzen haben. Daß die Be ratungen zur Förderung dieser Anschauungen bei tragen, ist ein Ziel, aufs innigste zu wünschen. Unb zu solcher Arbeit rufen wir den Mit gliedern des Reichsverbandes der deutschen Presse zu: „Willkommen in Leipzig!" Au Mbert Sürklins siebzigstem Geburtstag. Vom Reichstagsabgeordncten Ernst Bassermann. Am 20. Juni 1841 ist Dr. A 1 bert Bück lin in Heidelberg geboren und sieht, wenn die ser Glückwunsch in die Welt hinauSgeht, ans ein reiches, gesegnetes Leben in seinen vollen deten 70 Jahren zurück. Tansendc nallonnllibe- raler Männer und aber Tausende deutscher Pa trioten werden au diesem Iubeltage seiner ge denken und ihm ein „ml mnltos amws" zurusen. In der Reihe der parlamentarischen Gestatten, denen ich in einem langen politischen Leben naheirelen durfte, war nur eine der sympa thischsten mein engerer Landsmann und politi scher Freund Dr. Bürklin. Schon früh ist Bürklin in das politische Leben eingeireien. Schon in der Kinderstube hat ihn politische Lust umweht. Er entstammt einer Beamtenfamilie. Sein Vater war Ober ingenieur, sein Großvater Geheimer Finanzrat. Aber über. die Beamtentätigkcit hinaus reichte der Wirkungskreis des Vaiers, der ein Volks schriftsteller in des Wortes bester Bedeutung und der Herausgeber des vielgelesenen und weilver- breiteten „Lahrcr hinkenden Boten", des besten deutschen Volkskalcnders, war. Anch das Reichs waisenhaus in Lahr verdankt seine Entstehung deut Vater Bürkllns. Von 1871—1870 saß Bürk lin sen. als liberaler Abgeordneter für Wcin- Heim-Ladenburg in der Zweiten badischen Kam mer, und schon 1875 trat, 31 Jahre alt, unser Jubilar für Bonndorf in sie ein und vertrat diesen Wahlkreis bis 1881. Sv saßen Vater und Sohn auf denselben Bänken und trieben vater ländische und liberale Politik in der Blütezeit der badischen narionalliberalen Partei. Unser Bürklin hat, seines Vaiers würdiger Nachfolger, zeitlebens liberal gedacht und emp funden. Das hat er, wie mancher Badener, aus dem Vaterhause mitgebracht und nicht ver lernt. In seinem badischen Heimatlande hat er die Abneigung gegen den Ultramontanismns ge lernt, die ans der klaren Erkenntnis der Ge fahr dieser internationalen Bewegung für unser nationales Leben entsprang. Er gehört darin zu den Alten, den Ekhard, Lamey, Kiefer, Fieser, meinem Vater, die in dem Zentrumsmann den Hauptfcind sahen. In der badischen Kammer stellte er in diesem Kampfe seinen Mann, rcde- geivandt und sachkundig, wie dec junge Ober schulrats Assessor war. In den Reichstag trat er für den Wahl kreis Freiburg 1877. Der erste Wahlgang hatte die .Stichwahl zwischen Zentrum und Bürklin gebracht. In der engeren Wahl erhielt jeder der beiden Kandidaten 0643 Stimmen. Es mußte das Los gezogen werden, das für Bürk lin entschied. Mein schon am 6. April 1878 wurde die Wahl für ungültig erklärt. Eine Ersatzwahl fand aber nicht mehr statt, da das Jahr 1878 allgemeine Neuwahlen brachte. Dann war er von 1884 bis 1808 Abgeordneter für Neustadt-Landau, in welchem Bezirke er als einer der größten Weingutsbesitzer bodenständig und den linksrheinischen Pfälzern vertraut' war. Seine Gegner waren in den vier Wahlperioden 1884, 87, 00, 93 Fortschrittspartei und Zentrum. 1887 und 1890 fochten diese beiden Parteien ver eint für die Kandidatur der Fortschrittspartei, 1884 und 1893 stellte jede Partei einen beson deren Kandidaten auf. Jedesmal wurde Bürklin glänzend gewählt. Die Sozialdemokratie war in diesem Wahlkreis bedeutungslos. So brachte das Jahr 1884 seinen Wiedereintritt in das deutsche Parlament. Am 23. März 1884 ver sammelten sich in Heidelberg znr Besprechung über die politische Lage Mitglieder der national liberalen Partei aus Baden, Württemberg, Bayern, Hessen und Hessen-Nassau. Das Ergeb nis ihrer Beratungen war die Heidelberger Erklärung, die auch von Dr. Bürklin (Wochenheim) unterschrieben ist. Vor nicht zu langer Zeit habe ich an meinen verehrten Freund die Bitte gerichtet, über seine t^litischcn Erleb nisse, insbesondere über die Heidelberger Ta gung uns zu erzählen, hoffentlich mahnt ihn der heutige Tag an die Erfüllung dieses Wun sches seiner Freunde. Die Legislaturperiode 1884—87 war durch aus unerfreulich. Das Zentrum mit seinem An hang war ausschlaggebend und konnte sowohl mit den Deutschfreislnnigen als auch mit den Konservativen eine Mehrheit bilden. Damit war die Möglichkeit gegeben, der bismarckischen Politik die größten Schwierigkeiten zu machen. Der Konflikt bei der 1886 vorgelcgten Militär vorlage, zuvor schon bei der unerhörten Ab lehnung des neuen Direktorpvstens für das Aus wärtige Amt, welche große Erregung in Deutsch land verursacht hatte, so daß schließlich unter diesem Druck die Bewilligung in dritter Lesung mit knapper Mehrheit erfolgte, führten zur Auf lösung und den ^eptcnnatswahlen des Jahres 1887. War die bisherige Periode unbefriedigend, um so erfreulicher war der Wahlkampf des Jah res 1887 mit seiner frischen nationalen Bewe gung, die durch das deutsche Land ging und die so recht dem warmen patriotischen Sinne un seres Bürklin entsprach, echt deutsche Begeiste rung vermochte cr in diesen Wochen über seine Wähler auszugicßen. Galt es doch, der Bismarck- schen Idee der Stärkung deutscher Wehrkraft zum Durchbruch zu helfen gegen verblendete Kurzsichtigkeit, war es doch notwendig, erneut die sichere Grundlage für das Deutsche Reich zu schaffen, auf der wir bis zum heutige» Tage wcitergebaut haben. In die Zeit der Bürtlin- schen Reichstagstätigkeit fällt der Abschluß der Eaprivischen Handelsverträge mit den heftigen und interessanten politischen Kämp fen, die sic aufwarfen. In diesem Streite war Bürklin als vorderster Kämpfer be teiligt. Machte ihm doch der österreichische und italienische Handelsvertrag, da er die Interes sen des deutschen Weinbaues in ihnen nicht genügend gewahrt sah, schwere Sorgen. Bürk lin stimmte gegen den österreichischen Handels vertrag. In diese Zeit füllt auch die Beratung eines neuen Weingesctzcs, an der Bürklin lebhaften Anteil nahm. Von 1893—98 saß ich mit Bürklin zu sammen in der Reichstagsfrattion, deren Vor stand er angehörtc. Er wurde in der ersten Session von der Fraktion zum zweiten Vize präsidenten präsentiert und am 5. Juli 1893 als solcher gewählt. Freilich nicht lange sollte cr sich dieses Amtes erfreuen. Am 23. März 1805 faßte der Reichstag jenen unglaublichen, im In- und Auslände mit gleicher Entrüstung aufgenommencn Beschluß, der Bismarck die Ehrung des Parlaments zu seinem 80. Geburts tage, mit 163 gegen 146 Stimmen, versagte. Alsbald nach Verkündung des Ergebnisses der Abstimmung legte der Konservative v. Levetzow das Präsidium und im Namen Bürklins, der damals im Süden weilte, v. Bennigsen die Vizepräsidentenstelle nieder, v. Buol-Be'hrenberg wurde erster Präsident, Schmidt (Elberfeld- erster und Spahn zweiter Vizepräsident. In dieser letzteren Zeit seiner Reichstags tätigkeit war Bürklin des öfteren stark erkältet und mußte seiner Gesundheit wegen den Süden aufsuchen. Oft schivcr von seinen Freunden, denen er ein treuer Berater war, vermißt, war dieses oft länger dauernde Unwohlsein der Grund, daß er sich von der Reick-stagstätiakeit zurückzog und nicht mehr kandidierte. >-ein Nachfolger in seinem Wahlkreise war sein Freund Deinhardt. Icb möchte hier auch der Gattin unseres Freundes gedenken, seiner treuen Lebensgefähr tin und ständigen Begleiterin. Oft war diese liebenswürdige Frau fröhliche Teilnehmerin un serer Tafelrunde; sic folgte als uncrmüdlicl-e Hörerin unseren Debatten auf den Tribünen des Reichstags; ihrem Manne ivar sie jederzeit die besorgte vütcrin seiner Gesundheit, und wenn er so frisch noch heute in die Welt schaut, ist