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Vor 1V Jahren starb Schlageter Albert Leo Schlageter in seinen Briefen Zum Gedächtnis der Erschiessung Albert Leo Scl;lageters bringen mir eine Reihe seiner Briefe, die er aus dem Felde und dann aus dem Gefängnis an seine An gehörigen gerichtet hat. Diese Briese zeigen mit aller Deutlichkeit den deutschen Charakter und die lebendige katholische Gesinnung Schlageters. Unsere Artikelreihe „Schlageters Kanins und Tod" werden mir in der Sonntagsnummer vom 28. Mai fort sehen. Die Redaktion. Im Feld, den 17. Dezember 1917. Liebe Eltern? Euern lieben Brief mit bestem Dank und grosser Freude erhalten. Geht mir recht gut. Hoffe das gleiche von Euch auch. Liebe Eltern und Geschwister! Zum hochheiligen Weihnachtsseste wünsche ich Euch recht viel Glück und Se gen. Möget Ihr an dem Feste viel Freude erleben. Gclu: Galt, das; Ihr van überallher mir gute und erfreuliche Nachrichten bekommt und Ihr in tOefundhoit das Fest feiern könnt. Leider wird Euch dieses Jahr und nie wie der unser lieber Emil sEmil ist der im Jahre 1917 gefallene Bruder Schlageters.) keinen Weihnachtsbrief schreiben. Leider wird gerade an diesem frohen Feste die Erinnerung an unseren lieben Emil recht graft und sehnsüchtig sein. Leider oder vielmehr Kott sei Dank wird uns an diesem Feste der Berlust von ihm riesig groft erscheinen. Es ist besser so. Wir können und sind ivenigstens der festen Neberzeugung, daft unser lieber Emil als guter, braver, v.-'! > :a >,- Mtgn» von dieser Welt geschieden und vor Gottes Nichterstuhl erschienen ist. Gott im Himmel wird ihm nicht Nickter. sondern Netter gewesen sein. Netter aus all den Müksalen der trügerischen und verführerischen Welt, Netter aus all deu Sorgen und Gefahren des Krie ges. Er ist cingegangen von der stürmisch bewegten Welt in den ewigen Frieden. Meine Lieben, ivenn wir alles so bedenken, wissen wir ja, daft er ein viel besseres, schöneres und reineres Weihnachten feiert als wir, und daft sein Weihnachtswunsch ist. daft wir alle einst mit ihm vereint Weihnachten feiern werden. Und so wollen mir den Schmerz, den wir seines Berlustes ivegen empfinden, um wandeln in sehnliches Verlangen auf das grafte Wieder sehen. Wir wallen Gatt danken, daft er uns in unserm lieben Emil einen so braven und folgsamen Sohn, einen so treuen und nacixihmcnswürdigen Bruder gegeben hat. Die Zeit war allerdings kurz. Dach darüber dürfen wir nicht traurig sein. Gatt allein weift, wie es am besten ist. Liebe Eltern, für mich hat dieses Weihnachten nach eine besondere Bedeutung. Ich bin über die Festtage in Rul>e und muft mit den Leuten der Batterie das Fest feiern, das heiftt, ich muft natürlich eine kleine Ansprache halten. Möge mir Gott die richtigen Warte in den Mund legen, das; den Leuten Weihnachten auch ein Fest ist, und das; ich in religiöser wie in patriotischer Hinsicht das er reiche an Gutem, was man bei derartigen Anlässen er wartet. Dach es wird recht werden. Es wünscht Euch nochmals ein vergnügtes, fröhliches Weihnachten und grüftt Euch alle, besonders Bater, Mutter und die kleine Lisbeth Euer Albert. 22. April 1923. LiLbe Eltern und Geschwister? Soeben habe ich Euern und der Tante Brief erhalten. Tausend Dank dafür. Nun kann ich endlich etivas erleichtert aufatmen, da ich weift, das; Ihr alle gesund seid und mit Gottes Hilfe den ersten Schinerz und vor allem den Schrecken über die Nachricht hinter Euch habt. Es waren seit meiner Verhaftung am 7. April bis heute entsetzliche Tage. An mich konnte 'ch gar nicht denken, mein Schicksal war auch Nebensache, ich habe gehandelt aus Liebe zu Euch, zu meinem Vaterlande: ich weift dafür zu büften. Die Grüfte meiner Strafe kann mich nicht schrecken noch traurig machen. Wäre ich allein auf der Welt, wüftte ich überhaupt nicht, was es Schöneres geben könnte, als für fein Vaterland zu sterben. Al>er um Euch habe ich gebangt, Tag und Nacht. Hätte ich Euch bas ersparen ftöimen, ich wäre gern zwei- oder dreimal vor die Kugel getreten. Bleibt weiter so tapfer. Hasst weiter. Sollte keine Aenberung eintreten, dann denkt' sch bin an irgendeiner Krankheit oder sonstivas aestorben — zwar eln paar Jahre früher als zu erwarten war, alier das kommt ja öfter vor. Also noch einmal tausend Dank für die Briefe und herzliche Grüfte an Euch alle, lvsonders Vater und Mutter. Euer Albert. IN. Mm 1923 (am Tage nach dem Urteilsspruch). Liebe Eltern und Geschwister? Höret das letzte, aber wahre Wort Eures ungehorsamen und undankbaren Sohnes und Bruders. Seit 19l4 bis heute habe ich aus Liebe und reiner Treue meine ganze Kraft und Arbeit meiner deutschen Hnn at geopfert. Wo sie in Not war, zrg es mich hin um zu Helsen. Das leftte Mal hat mir gestern mein Todes urteil gebracht. Mit Ruhe habe ich es vernommen, ruhig wird mich auch die Kugel treffen. Hab ich doch alles, was ick tat, nur in der besten Absicht ausgmuhr' Kein wildes Alxudu-erleben war mein Verlangen, nicht Bandenführer war ich, sondern in stiller Arbeit such e ich meinem Vater lande zu helfen. Ein gemeines Vrr r.echen oder gar einen Mord habe ich nicht begangen. Wie alle andern Leute auch über mich urteile» mögen, denk* * Ihr doch wenigstens nicht schlecht von mir. Verurteilt Ih - mich nicht auch noch, sondern verzeiht! Versucht wenigstens Ihr das Gute zu sehen was ich gewollt habe. Tenirt auch in Zukunft nur mb Liebe an mich und haltet mir ein ehrenvolles Anden ken. Tas ist alles, was ich von diesem Leben noch ver lange. Liebe Mutter, lieber Vater! Das Herz droht zu drecken bei dem Gedanken, welch gewaltigen Schinerz und w-üch grafte Trauer Euch dieser Br-et bringt. Werdet Ihr sie ei tragen können? Meine grZftte Bitte wird bis zu wen.er letzten Sekunde die sein, daft unser lieber Gott Euch Kraft und Trost senden möge, daft er Euch stark erhält in diesen schweren Stunden. Wenn es Euch irgend möglich ist. bitte ich Euch, mir noch einige Zeilen zu schreilvn. Sie werden mich stärken auf meinem letzten Gang. Ich lege heute gegen das Urteil Revision ein. Nun lebt wohl, seid in Gedanken noch einmal gegrüftt von Eurem Albert. Gemälde von Andrea Man tag na (1-131—1506). Christi Ktmmelfahrl O, welche Stille schreitet lind Durch's grüne Maigesild! Du hörst, wie jedem Blumenkind Der würzige Atem quillt. Und leise streichelt die Natur Mit weicher Mutterhand Ueber die Gräslein auf der Flur. Die Knospen an, Waldesrand. Und jedes Hälmchen reckt sich hoch, Und jedes Blütchen dehnt Sich in Entfaltung, die es noch Nie seliger ersehnt . . . Die Sonne steht in heiliger Ruh, Doch kräftig schasst ihr Strahl. O Herz, mein Herz, wie wurdest du Wieder so jung einmal! Du spürst, wie aller Kräfte Brand Sich brausender erhebt, Wie deiner Lebenssäfte Land Nach Reife zitternd bebt. Und weifte Wolken schwimmen weit Im blauen Lustsee zart . . . Das ist die wundervolle Zeit Um Christi Himmelfahrt. An Jürgens. 10. Mat 1923. Ich bin ruhig und gefaftt, wenn es auch schiver füllt, als Verbreci-er hiugerichtet zu werden, wo inan doch nur das Beste gewollt hat. Nun das ist Mensckensckicksal. Ver gift das Leben und vergebe Richtern und Anklägern. Ich habe beides getan. So Gott will iverde ich Dich bald einmal sprechen können. Mit Gruft Dir und der Heimat Tein Schlageter, Zelle 6 IV. 12. Mai 1923. Ich hoffe sehnlichst, daft der erste Schmerz vorbei sein wird und ernster Trauer Platz gemacht har. Ich habe Euch, liebe Eltern, Schweres aufgebürdet in Euren alten Tagen; ich weift es. Tag und Nacht sind meine Gedanken bei Euch. Könnte ich nur für wenige Sekunden bei Euch sein, Euch zu sehen. Euch Trost zu bringen. Tausendmal bitte ich Gott, Euch Kraft und Trost zu verleihen, Euch in diesen schrecklichen Tagen der Angst um mich nicht zu ver lassen. Wüftte ich Euch getröstet, wieviel leichter würde es mir auch werden! 17. Mai 1923. Liebe Eltern und Geschwister! Wünsche Euch alle» ein recht frohes und gesundes Pfingstfest. Laftt Euch ja Feststimmung durch mein Los nicht trüben. Mir geht es gut. Ich befinde mich wohl und in guten Händen. Warum bekomme ich keine Nach richt von Euch? Mit bestem Grus; besonders Vater und Mutter Euer Albert. Nochmals frohe Feiertage. Morgen mehr. Gruft an Familie Zeller und Riester. * 20. Mai 1923. Liel>e Eltern und Geschwister! Unwillkürlich sind heute (Pfingsten) die Gedanken öfter und nachdrücklicher bei Euch als sonst. Wie hüte ich mich gefreut, wenn ich irgendein« gute Nachricht von Euch gehabt hätte, aber leider habe ich all diese Tage umsonst gewartet. Na, es muft wohl so sein. Tausende von Vorstellungen zernagen einem zwar das Gehirn, doch siegt schliesslich immer die Hoffnung, daft zu Hause ja alles in Ordnung ist, daft Ihr alle gesund und wohl seid und daft Ihr Euch um mich nicht allzu viel Kummer und Sorge macht, da ich mich äusserlich wie innerlich ja auch ganz gut zurechtfiude und soweit mit meinem Schicksal zufrieden bin. Oder wollt Ihr mir etivas Unangenehmes verschweigen? Seid nicht nnnch. Ich habe eine Rücksichtnahme von Euch nicht verdient. Ich bin doch allein schuld an allem. Seid offen? Gewift- heit ist leichter zu ertragen als das ewige Hin - und Her» zweifeln... Ich hoffe nochmals von Herzen, das; auch Ihr ein angenehmes und frohes Fest erlebt. Denkt nicht z»