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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.06.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140612026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914061202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914061202
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-06
- Tag 1914-06-12
-
Monat
1914-06
-
Jahr
1914
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Sette 2. Nr. 294. Nvenü-Nusgave. Leipziger Tageblatt. Freitag, 12. Juni 1914. chcs heule vor das Parlament tritt, wird noch heute gestürzt werden. Iaurö 2 schreibt in der „Humanitü": Die Regie rung greift, um sich zu retten, zu der kindischen Aus flucht, aus der republikanischen Mehrheit die 102 So zialisten ausmichlicßcn. Will man damit das ltzc- wisfen L^on Bourgeois beruhigen, der als Minister präsident nur von den Stimmen der Sozialisten ge lebt hat? Will man damit die Minister Dossoye. Dariac und R,ville oejch wichtigen, die bei den letzten Stichwahlen nur mit Hilfe der geeinigten Sozialisten durchgcdrungen sind? Das Ministerium Ribot kann nur mit Hilfe der Rechten am Ruder bleiben. Dagegen erklärt die „Petite R. publique": Ribot stürzen und Bourgeois, Delcajst-, Dupuy, Dessoye und ihre Mitarbeiter als verdächtige Republikaner er klären, das wäre eine unerträgliche Herausfor derung des gesunden Menschenverstandes und ein sträflicher Anschlag gegen das nationale Interesse. Die „Action" jagt: Wenn das Kabinett bereits heute klar und entschieden die Frage der drei jährigen Dienstzeit als den Maßstab seiner Poli tik bezeichnet, dann kann es auf mehr als Stim men rechnen. Wenn es aber bei dieser Frage -ändert, dann werden wir leinen 2Lert aus den Fortbestand eines Ministeriums legen, das nicht den Mut hat, jeder Besorgnis über die Zukunft der nationalen, Verteidigung sofort ein Enoe zu machen. Vie wirren in Mdanien. Die Situation in Albanien scheint tatsächlich ihrer Klärung entgegenzugehen. Die Einmütigkeit der Großmächte. die übereinstimmend erklärt haben, sie würden bereit sein, ein Kriegsschiff nach Durazzo zu entsenden, hat anscheinend ihre Wirkung nicht ver fehlt und auch dem Fürsten Wilhelm den Mut etwas aufgesrischt. Da die internationale Kontroll kommission überdies für das Wichtigste gesorgt hat, was nach Montecuccolis berühmtem Ausspruche zum Kricgsiihren gehört, so steht einem energischen Aut- treten der albanischen Regierung gegen die Auf ständischen nichts mehr im Wege. Interessant ist übrigens die Mitteilung, das; eine Minderheit in der Kontrollkommission sich gegen die Darleihung der j>/, Mill. Franken zur Ausnahme der Operationen gengen die Aufständischen ausgesprochen hat. Ueber die Zusammensetzung der Minderheit wird vor sichtigerweise nichts gesagt, aber es ist nicht schwer zu erraten, wer die treibende Kraft dabei rst. Es iit übrigens doch recht unwahrscheinlich, das; cs zu Kämpfen von Bedeutung kommen wird, da die Ausständlschen diesen offenbar aus dem Wege gehen und sich lieber auf einen Kleinkrieg verlegen wollen, der sich allerdings nach berühmten Mustern zu einer sehr dauerhaften Sache ausgestalten könnte. Einstweilen konzentrieren sich die Aufständischen er heblich rückwärts, wie folgende Meldung erkennen läfzt: Wien, 12. Juni. Die albanische Korrespondenz meldet aus Durazzo, daff sich die Aufständischen weiter zurückgezogen haben und einige von ihnen in letzter Zeit besetzte Orte wieder räumten, wo die albanische Flagge gehifft wurde. Wenn Vie gestern begonnene Bermittlungsaktion erfolglos bleiben sollte, wird der allgemeine Vormarsch gegen die Insurgenten spätestens am Sonnabend beginnen. Rach einer anderen Meldung aus Durazzo sind am Donnerstag früh auf dem italienischen Puglia- Dampfer „Molfetta" drei Abteilungen bewaffneter Rationalisten mit zwei Kanonen und 200 Pferden, begleitet vom rumänischen Militärattache Prinz Sturdza, nach Alessio abgefahren. Die Erklärungen Turkhans und die Rachrichten, die auf der italieni schen Gesandtschaft in Durazzo cingetroffen sind, stimmen darin überein, das; ein Angriff auf die Rebellen vorbereitet wird. Die Mirditen Bib Dodns konzentrieren sich um Alessio. In Valona und Halneti werden energisch die letzten Vorberei tungen getroffen. Turkhan Pascha hat erklärt, er sei der Ansicht, cs werde gar nicht zu einer Aktion kom men, da die Aufständischen ihre hoffnungslose Lage erkennen und sich unterweisen würden. Ueber das künftige Schicksal derAegäischen Inseln meldet ein Telegramm folgendes: Athen, 11. Juni. Die Kammer hat in zweiter Lesung den Gesetzentwurf über die Abtretung vss 8Iück cler anaeren. 2?j Roman von Fritz Stüber-Gunther. Wit (-rctlUoin » Oo. <1. m. d. U. l-ochriF.» Und dabei hatte er Herrn Gollsmann fort während fest an der Hand gehalten nnd hätte ihn vielleicht niemals wieder losgelassen, wenn nicht dieser selbst sich schliesslich sreigemacht hätte, um nun seinerseits die feinbehandschuhle Rechte des Fräuleins Anna Neinold zu drücken. „Verehrtes Fräulein", sagte er dabei, all seine männliche Fassung und artige (Galanterie zusammenrassend, „hochverehrtes Fräulein, glau ben Sie mir, das; Sie — das; Sie — im bescheide nen Heim eines Menschen sind, der Ihr Ver trauen zu schätzen weis;. Und nehmen Sie meinen innigsten Tank dafür entgegen, das; Sie mich dieses Vertrauens würdig erachteten. . ." Als er diese rednerische Leistung vollbracvt hatte, da standen Helle Tropfeil auf seiner Stirn sowohl als auch in seinen Augen. Und dann sahen sie «zu dritt am grossen Tische in der großen, dreifenstrigen Wohnstube. „Tu kennst ja den Vater," sagte der Ober leutnant, „du kennst ihn, Oheim, vielleicht besser als ich. (5r hat nun einmal für nichts mehr Interesse in der Welt, als für seinen Ticnst und die damit verbundene ungeheure Verantwortung, ivie er's nennt, und hat mich, als ich ihm die be vorstehende grosse Aendcrung meiner Lebens umstünde ankündigen wollte, nicht einmal zu (Lude angehört. Er kennt auch meine Vraut bis heute nicht." „Wie hübsch, wie anheimelnd Sie cs hier haben," lenkte Anna Neinold ab. „Auch ich zöge solch ein altes, berühmtes Haus mit seiner sesshaften Einwohnerschaft und seiner unbeküm merten Nanmvcrschwcndung dem Talmiprunk nnd der zweifelhaften Eleganz moderner Zins kasernen vor . . . Du nicht, Paul?" „Nun, so bitte den Oheim, Anna, dass er uns seine Wohnung überantwortet!" lachte der Oberleutnant. „Er wird sie ja ohnehin bald räumen. Sehen wir ihn dann schon nicht mehr le>' hastig, so haben wir wenigstens immrr die Wunde vor Augen, in denen er schaltete, und tonnen uns durch sie von ihm erzählen lassen." Anton Gottsmann wurde rot und verlegen: „Was für so einen alten Sonderling wie mich pafft, das eignet sich wohl kaum für ein junges Ehepaar . . . Und überdies schwebt über diesem ehrwürdigen Hause drohend das Schwert der Insel Sasseno an Albanien angenommen. Ministerpräsident Venizelos erklärte, die Angliede- rung von Epirus an Griechenland könne noch nicht durchgesührt werden, da die Grenzen noch nicht end gültig festgestellt worden seien und die griechische Regierung die Abänderung der Grenze auf der Seite von Argyrokastra und Koritza erwarte. Sobald die Abtretung von Sasseno endgültig angenommen worden sei, werde die Regierung ein königliches Dekret veröffentlichen, durch das die Aegäi; chen Inseln Griechenland ein verleibt würden. polililette UebeMettl weitere Preßstimmen zum kaiferbesuch in Konopistht. Tas „Neue Wiener Tagbatt" sagt zu dein Besuch des Deutschen Kaisers in Kono- pischt: „Mit aller Entschiedenheit wird be kräftigt, das; der Aufenthalt des Kaisers in Konopischt ohne politische Ziele als Fr c n n d s ch a f t S b e s u ch zu bewerten ist. Ge rade diese Kennzeichnung erscheint wichtiger nnd bedeutsamer als eine sogenannte politische En- trcvue. Tenn so festgesügt ist das Bündnis Testerreich Ungarns rind Deutschlands, so aus gebildet bis in die letzte Einzelheit, das; selbst in kritischen Angenblicken der Weltlage gewisser massen automatisch die Uebcreinstimmung des Willens zwischen Berlin und Wien erfolgen muff. Tas Blatt weist auf die Anwesenheit Les Staatssekretärs v. Tirpitz im Gefolge des Kaisers hin nnd sagt, diese finde ihren ge wichtigsten Grund darin, das; der Kaiser seinem Freunde, der die österreichisch-ungarische Marine unter seinen mächtigen und liebevollen Schutz genommen hat, eine besondere Auf merksamkeit erweisen wollte, indem er ihm den Ehcf des deutschen Marincamts vor stellt. Gewiff wird der Aufenthalt des Kaisers in Äonopischl nicht v o r ü b e r g e h e n, ohne dass politische und militärische Be sprechungen stattflnden. Jede derartige Aussprache kommt dem Grundprinzip des Drei bundes, dem Friedcnsgedanken, nur zugute. Starke Beruhigung, aber nicht ein Atom Sorge oder Angst weckt jede Besprechung, die die Fürsten des Dreibundes pflegen. Das Blatt schlicfft: Man freut sich in der ganzen habs burgischen Monarchie des Beisammenseins der Freunde, und zu dem herzlichen Will kommen, das dem Kaiser bei der Uebcr- schrcitung unserer Grenzen entgegcntönt nnd ihn bis Konopischt begleitet, mischt sich ein huldigender Gruß an den Schloß- herrn, der jetzt der Gastgeber des Freundes unseres Kaisers" und unserer Monarchie, des Schutzherrn des europäischen Friedens, ist. Wie ein herzlicher Nuf: „Ich bin auch bei Euch!" erscheint die bedeutsame Kundgebung des Mi nisters di San Giuliano in der letzten Sitzung der italienischen Kammer. Die „Ocsterrcichischc VolkSztg." sagt: Es werden wohl heute auf Konopischt keine besonderen Abmachungen ge troffen werden. Auch die Anwesenheit des Ad mirals v. Tirpitz, des ruhmvollen Schöpfers der glanzvollen deutschen Marine, ist schwerlich geeignet, solchen Vermutungen Nanm zu geben. Dennoch ist dem Händedruck, den der Kaiser und der Erzherzog heute austauschen, eine pvti- tische Bedeutung nicht abzusprcchen. Die beiden Reiche, verkörpert in den fürsttichen Freunden, erneuern immer wieder die Baude ihrer Vöt- ker, deren Bündnis die stärkste Stütze des Welt friedens ist. des Abbruches. Wer weis;, ob es nicht noch früher von mir Abschied nehmen will, als ich von ihm . . . Aber sehen werd' ich euch — werd' ich dich, Paul, und Sie, liebes Fräulein, gewiff in meiner neuen Heimat auch! Es gibt Urlaube, es gibt Ferien, es gibt Eilzüge — und der alte Musikant wird sich nicht minder freuen als früher der alte Bureaukrat, wenn ihn sein Paul besucht." Abermals gab Fräulein Anna Reiuold dem Gespräche eine neue Richtung, indem sie auf Gotlsmauns künstlerische Neigungen, denen er den Abend seines Lebens weihen wollte, mit bescheidenen Erkundigungen einging. Ob sie selbst musikalisch sei, fragte Gottsmann, über ihr zartes Vcrstäuduis erfreut. „Insofern wohl," antwortete das Mädchen, „als ich nichts Erhebenderes und Befreienderes kenne, als gute Musik zu hören, und als ich mir einbilde, Werke der Tonkunst so in mich ausnehmen zu können, das; sic mir nicht nur ins Ohr, sondern ins Gemüt übergehen: in sofern nicht, als ich kein Instrument beherrsche. In tiudlichen Jahren bin ich natürlich auch ans Klavier gezwungen worden und konnte mich nicht erfolgreich widersetzen. Seit ich jedoch, älter ge worden, klar erkennen muffte, das; mir besondere persönliche Begabung dafür fehlt und ick; also nur das ungeheure Heer kläglicher Stümperinnen um eine vermehren würde, seitdem öffne ich das Klavier nicht mehr." „Auch nicht, wenn ich dich darum bitten würde?" fragte Paul schelmisch. „Du wirst mich gewiff nicht um etwas bit ten, was mir seelische Qual verursachte," ent- gcgnete Anna. Der Herr Revisor sagte nichts dazu, denn irgendein banales, verlogenes Schmeichclwort brachte er nicht über die Lippen, und jener bit teren Selbsterkenntnis zustimmen konnte er doch auch nicht. Aber im Laufe des Abends fügte es sich, daff er aus Pauls nnd Annas Bitten sich selbst an den Flügel setzte. Er begann, wie fast immer, mit Mozart. Dann aber, ohne viel zu denken, gleichsam un willkürlich und aus innerem Drange, gab er Melodien preis, die er bis dahin noch niemals vor fremden Ohren hatte erklingen lassen: Zwei Stücke aus der „Kritik des Herzens", das lebensfroh scherzende „Sei mir nur nicht gar zu traurig, daß die schöne Zeit entflicht . . Vie Errichtung -er ersten Zachausjchüste I für üie Hausin-ustrie auf Grund des am 1. April 1912 in Kraft ge- lretcncn Hausarbeitogesetzes rvird, wie wir er fahren, voraussichtlich Ende dieses Jahres er- folgen, da die Vorbereitungen hierzu jetzt wesentlich fortgeschritten sind. Tie Bestimmun gen des Bundesrats über die Errichtung von Fachausschüssen, deren Erlas; dem Bundesrat durch Z 24 des Gesetzes Vorbehalten ist, sind im Entwurf zwischen dem Reichsamt des In nern und dem prcuffischen Handelsministerium fertiggestellt worden, so das; der Bundesrat demnächst über sie Beschluß fassen kann. Ferner liegen in Preußen die Berichte der meisten Ober präsidenten bereits vor, und nach dem einge gangenen Material ist anzunehmen, das; in allen Bezirken, wo Konfektionsindustrie vorhanden ist, in der Regel für sie auch Fachausschüsse einge richtet werden. Die Prüfung der Frage, ivo die Einrichtung von Fachausschüssen sachlich ge- boten erscheint, erfordert erhebliche Zeit, da auch ' die Unternehmer durch die Handelskammern ge hört werden mußten. Dann ist ber der Prüfung der Einrichtung der Fachausschüsse auch zu er wägen, daß die Errichtung eines solchen für eine Provinz manchmal davon abhängig gemacht werden muß, ob in der Nachbarprovinz ein gleicher Fachausschuß gebildet wird. Auch muß fcstgcstellt werden, inwieweit die Voraussetzun gen für die Errichtung der Fachausschüsse nach der Richtung hin vorliegen, als cs sich um sogenannte Elendindustrien handelt, d. h. uni Hansarbeitszweigc, die nicht aus eigener Kraft angemessene Lohne erringen können. Danach wäre zu prüfen, inwieweit Fachausschüsse für einen einzelnen Gewerbczwcig zweckmäßig ein- zurichtcn sein würden, oder ob inan verschiedene Gcwerbczwcigc in einen Fachausschuß zusam- meufassen kann, eventl. mit verschiedenen Ab teilungen. Da iil manchen Provinzen, so nament lich in der Provinz Sachsen, die Haus industrien auf das Gebiet der benachbarten Bun desstaaten übergreifen, ist festzustcllen, ob es zweckmäßig ist und die Zustimmung der benach barten Bundesstaaten findet, daß die Haus industrie in den Staaten zu einem Fachausschuß zusammengcfaßt wird. Aussicht auf eine üeutsthe Einheitsstenographie. Am 20. und 21. d. M. wird im preußischen Kultusministerium unter dein Vorsitz des Geh. OberregierungsratS Klatt und des Geh. Rc- gierungSratS Tiebc der 23er Ausschuß, der ans Vertretern der größten deutschen steno graphischen Schulen besteht, zu einer Beratung zusammentrctcn, um den Bericht des Unter ausschusses für die Prüfung verschiedener Sy steme auf ihre Geeignetheit für eine Einheits stenographie in Empfang zu nehmen. Es ist zu hoffen, daß bei diesen Beratungen eine Ent scheidung fallen wird, die dein seit Jahren ge hegten Wunsch nach Schaffung einer deutschen Einheitsstenographie Erfüllung bringt. Wenn dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, so kst es dem Umstand zu danken, daß die Vertreter der größten Schulen bei den Beratungen im Unter ausschuß dasjenige Maß von Entgegenkommen gezeigt haben, das zur Erreichung eines Er folges notwendig ivar. Die Bestrebungen, nuier Mitwirkung des Reichs und der preußischen Unterrichlsverwaltttttg eine deutsche Einheits stenographie zu schaffen, haben bereits vor 4 Jahren ihren Anfang genommen. Falls die be vorstehende Konferenz zu einem positiven Er gebnis gelaugt, wäre zur allgemeinen Ein führung des erwählten Systems die Mitwirkung der Bundesstaaten erforderlich. Diese könnte darin bestehen, daß für alle Schulen, in denen stenographischer Unterricht, sei es obligatorisch oder fakultativ, erteilt wird, die Vorschrift er lassen wird, diesen Unterricht ausschließlich in. dem neuen Einheitssystem zu erteilen. Da in dem 23cr Ausschuß auch Oesterreich durch zwei Delegierte vertreten ist, bestellt die Möglichkeit, daß die deutsche En'hcitsstcnographic auch über die Grenzen des Reichs hinaus im deutschen Sprachgebiet Oesterreichs zur Einführung ge langt. Deutsche» Reich. * Jahreshauptversammlung des Nationollibera. len Vereins zu Annaberg-Buchholz. Der 1. Vor sitzende, Stadtrat Slesina, eröffnete die gut besuchte Versammlung und erstattete den Tätig keitsbericht des Voräaudes. Es haben natw- nalliberale Versammlungen in Oberstützcngrün, Garlsfeld, Eibenstock, Pöbln, Oberwiesenthal, Lehma, Jöhstadt. Schmalzgrube, Steinbach, Neudors, Pockau. Annaberg, Schlettau und Schwarzenberg statt gefunden. Ec, sind einige neue Ortsgruppen ge gründet worden: die alten haben fast alle ihre Mit- glicderzahl gewahrt, einige, wie Lehma und Wiesen bad, nennenswerten Zuwachs erfahren. Buchhändler Licsche hiolt dann ein Referat über das Land tag s w a h l a b k o m m e u mit der Fortschrittlichen Volkspartci, das im Prinzip einstimmig ge billigt wurde. Der Kassenbericht, der ein zufriedenstellendes Bild bot, wurde von Zeichenlehrer Kohlmann erstattet. Sämtliche Herren des Vor standes nahmen ihre Aemter von neuem an. Auf Antrag des Schriftführers sand folgende Resolution noch einstimmige Annahme: „Der Nationalliberale Verein Annaberg-Buchholz steht auf dem Boden des Beschlusses des Zentralvorstandes vom 29. Mörz d. I. und spricht die unbedingte Hoffnung aus, daff im Interesse der Einheit der Partei der altnationallibe rale wie der jungliberale Verband baldigst d-e Schwierigkeiten zu überwinden bestrebt sein werden, die der Auflösung ihrer Sonderorgani sationen noch im Wege stehen." Alsdann sprach der frühere Abgeordnete des Wahlkreises Dr. Stresc m ann über die politische Lage. Die Depesche der konservativen Korrespondenz über die Reichstags auflösung im Herbst leiteten feine Ausführungen über die innere Politik ein. Jeder anständigdenkende Mensch müsse das Verhalten der Sozialdemokratie beim Kaiserhoch verurteilen: in der sozialdemo kratischen Partei sei der Beschluff auch nur mit drei Stimmen Mehrheit zustande gekommen. Von der Regierung sei cs aber unklug, die jetzt bestehende Ent rüstung bis zum Herbste einpökeln zu wollen. Sie hätte, um Erfolg zu haben, binnen 24 Stunden han deln müssen. Redner kam dann auf die Zabern An- gclegenheit zu sprechen und rechtfertigte das Ver halten der Nationalliberalen. Die nationallibcrale Partei stehe nach ihrer Geschichte und ihren sonstigen Abstimmungen über den Vorwurf etwaiger Heeres- fcindlichkeit erhaben da. Immer gehe man auch noch mit der Phrase krebsen: die nationalliberale Partei dulde Angriffe auf die Kronrechte und strebe eine Parlamentsherrschaft an, indem sie z. B. die kurzen Anfragen vertrete. Das sei unwahr, fei auch undenk bar, da dazu unbedingt im Reichstage ein Zwischen parteiensystem nötig sei, das es aber in Deutschland nicht gebe. In ausführlicher Weise wies Dr. Strcse- mann auch auf die Angriffe der Sozialdemo kratie hin. Wenn man Sammlungspolitik treiben wolle, so müsse sie alle nationalen Parteien, ein schließlich der Fortschrittlichen Volkspartei umfassen. Daher solle man sich doch von rechts her den National liberalen gegenüber jedes Graulichmachen vor dem Linkslibcralismus ersparen. Außerdem habe eine Sammlungspolitik die andere Voraussetzung, daß der Staat wirklich paritätisch regiert werde: die Re gierung müsse es nicht wie in Sachsen treiben, wo ein liberales Parlament von vornherein nicht ge nügend gewürdigt werde. Hierauf zeichnete Dr. Stresemann in markigen Strichen die auswärtige Politik. Den von wahrer Vaterlandsliebe getrage nen, glänzenden Ausführungen des geschätzten Red ners folgte rauschender Beifall. SvbllbwrreildLus dper: Tel 11189 Lei und das ernst nachdenkliche, getragene: „Tu hast das schöne Paradies verlassen . . ." Obwohl er ohne sein Notenhcft, aus dein Gedächtnisse spielte nnd infolgedessen keins von den beiden Zuhörern den Ursprung der Kom positionen auch nur ahnen konnte, so war dem Revisor doch zumute, als verrate er seines künst lerischen Trachtens tiefstes Geheimnis: aber zu gleich war's ihm auch, als Hütten diese zwei jungen, glücklich verliebten Menschenkinder das erste und meiste Anrecht darauf. „Prächtig, nicht wahr, Anna, ganz präch tig!" war des Oberleutnants Urteil, als die Lieder verklungen waren. „Ja, der Oheim, der versteht's, der könnte manchen berühmten Vir tuosen noch übertrumpfen!" Fräulein Anna Reinold aber sagte: „In welchem stillen Dörfchen oder patri archalischen Provinzstädtchen, bitte, haben Sie, Herr Revisor, diese schlichten Weisen entdeckt? Tenn Weisen sind es sicherlich, die aus der Seele des Voltes geboren wurden, die unserem Volte tief im Blute stecken!" Ter Herr Revisor Anton Gottsmann konnte darauf schwören, daß die Melodien seine eigenste Erfindung waren. Warum also schlug fein Herz höher und stolzer vci dieser irrigen Kritik? Warum leuchtete es dann so sonnenhell in seinen Augen, so rosenrot durch seine wellen Wangen? Er vermied es, Annas Frage direkt zu be antworten. Aber er faßte abermals ihre weiße, wcictzc Hand nnd hielt sie dankbar in der sei- nigcn . I . Und es war ihm ein rechter Trost, vom Him- mel gesandt, daß ei nm seinen Augapfel, seinen Paul, nun nicht mehr ,n bangen brauchte, daß er ihn nicht allein in der Großstadt znrückließ, sondern an dieses reine, gute, schöne Wesen ge fesselt wusste, das seine künftigen Wege aus jeden Falt besser beschirmte und leitete, als er es, Gottsmann, imstande gewesen wäre. Sie bedurften seiner, des Alten, nickst, die zwei für einander nnd nur für einander be stimmten jungen Leutchen. Freiliry, auch ein wenig wehmütig stimmte ihn dies Bewußtsein, als er wieder still und allein in seiner weilen, schattenden Stube saff. 11. Kapitel. Fräulein Anna Reinald war die mittlere von drei Schwestern, den Töchtern der Eafötiers- witwc Reinold. Ihr Vater war einst eine sehr bekannte Persönlichkeit gewesen, sein Kaffeehaus erfreute sich großer Beliebtheit, ja Volkstüm lichkeit. Tenn zu diesem, obwohl es in einem dichtbevölkerten nnd verkehrsreichen Stadtteile lag, gehörte, was sonst kaum ein Kaffeehaus anfznweisen hatte, ein schöner, baumrcicher, dicht schattiger Sitzgarten, der sich von ähnlichen, marktschreierisch gepriesenen Wirtschaftsgürtcn dadurch unterschied, das; er nicht von himmel hohen, viclsenstrigcn und fensterlosen Häuser mauern, sondern auf allen Seiten von privaten Gärten begrenzt war, deren Kühle nnd Duft sich mit den seinen mischte. Saß man an seinen Tischen, so sah und hörte man ringsum nichts als Wipfelgcwoge und Vogelgezwitscher. Dieser Vorzug war cs, der die altmodische Einrichtung des Reinoldschen Kaffeehauses reichlich aufwog nnd jeden Wettbewerb aus dem Felde schlug. Berühmte nnd angesehene Männer hatten zu seinen Stammgästen gezählt. — Reinold war nickit Besitzer des Gebäudes nnd des Gartens, sondern nur Mieter darin. Die Eigentümerin jedoch, eine reiche altjüngferliche Tamc, der cs leine Sorgen machte, ob sie nicht ihren lachenden Erben dereinst ein noch größeres Vermögen hin terlassen tonnte, war entschlossen, ihren lang jährigen '.Nieter ungestört so lange in seinem Betriebe zu belassen, wie er selber wollte. Reinolds Kaffeehaus galt als eins der ertrüg- nisrcichsten der Residenz, als eine wahre Gold grube. Allmählich jedoch, da immer zahlreichere neue Kaffeehäuser einen unerhörten Komfort nnd Lupus entfalteten, hinter welchem die altväte rische Behaglichkeit des Rcinolchchen immer wei ter znrückblieb, nnd da eine Generation von Kasseehansbesncl'ern heramvnchs, die andere Sit ten pflegte, andere Anforderungen stellte, all- mühlicb büßte das Lokal einen Teil seines RufcS nnd seiner Beliebtheit ein. Und gar, als von den umliegenden Gärten der und jener zu Bau stellen parzelliert wurde, da hatte das Eas6 Reinold die stärkste Anziehungskraft verloren. Blieb ihm denn eine andere? O ja, noch eine zweite, die man, wie seine grüngclaubtcn Bäume als sommerliche gelten bunten, eine winterlickfc l-äite nennen lonncn: die zahlreichen Bilder, Oclgemälde, Aquarelle, Pastell- und Federzeich nungen, die seine Wände schmückten und die unmittelbar von ihren Urhebern erworben wor den waren. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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