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Kolpingsgeist in Rom , getzliche Weihnachtsfeier im kleinen Festraum sah in ihrer ! Mitte den Kardinal Schwarzenberg, den Fürst- erzbischof von Salzburg, den Erzbischof von Köln, den Bischof von Osnabrück» und mehrere deutsche Adelige. Zwei folgende Theaterauffüh- rungen des eigens dafür geschriebenen Stückes „Um Krone und Palme" vom nachmaligen Rektor des deul- sck)en Campo Santo de Waal versammelten eine noch glänzendere Gesellschaft. Namentlich am Sonntag nach Epiphanias war das der Fall, als sich der grötzte Teil des deutschen Episkopats, außerdem die deutschen Prälaten des päpstlichen Hofes, Adelige und Offiziere des Zuaven- regiinents hier einfanden. Aber schon bald sollten sich die Neil)en des Gesellen« Vereins erheblich lichten, als 1870 der deutsch-französische Krieg ausbrach und gleichzeitig die Eroberung Roms durch die pieinontesischen Truppen erfolgte. Unter dem Präses de Waal konnte dann der Gesellenverein am 21. April 1872 seinen bisherigen provisorischen Sitz bei der Anima verlassen und in den deutschen Campo Santo einziehen, wo er z. T. in die alten Rechte der eingegan genen Bückerbrnderschast einrücken durfte. Pius IX. schrieb damals auf eine Widmung zum Andenken an diese Feier: „Es segne Euch Gott und leite Eure guten Werke." (Von unserem eigenen römisck)en Mitarbeiter.) Im Jahre 1929 sind durch Kardinal-Erzbischof f Schulte von Köln die ersten vorbereitenden Schritte für den Se l ig s p r e ch u n gs p r o z e tz des Gesel len vaters Kolping unternommen worden. Am 4. Dezember 1935 werden es siebzig Jahre seit dem Tode Pater Kolpings sein. Ein Jahr vorher hatte er noch die grotze Freude erleben dürfen, datz auch in Rom ein Ge sellen verein ins Leben gerufen wurde. Der römisck)e Gesellenverein bereitet sich also, wenn er demnächst wie der seine Herbstarbeit beginnt, auf die Feier des siebzig sten Geburtstags vor. Mols Kolping hatte bereits 1846 in Elberfeld den ersten Gesellenverein gegründet, der dann bald über ganz Deutschland und selbst nach Oesterreich, der Schweiz und Holland verbreitet wurde. Im Frühjahr 1862 kam Kol ping mit mehreren geistlick)en Freunden nach Rom, um dem Papst über die Gesellenvereinsbewegung, deren Zweck, Einrichtung und Erfolge zu berichten. .Diese Audienzen fanden im Mai und Juni statt. Der Papst «var Zwischendurch vom Kardinal Karl August Reisach über den katholischen Gesellenverein genau unterrichtet wor den. Der letzten Audienz wohnte u. a. der Präses der Gesellenvereine Oesterreick;s, der spätere Kardinal von Wien, Dr. Grusck)«, bei. Der Hl. Vater schenkte damals Adolf Kolping ein kostbares, vom Papst selber wieder be nutztes Messgewand. Im Mai des Jahres 1864 lernte der im Hospiz der Anima wohnende Pfarrer Lemke aus der Diözese Pa derborn, der den Gesellenverein aus der Heimat schätzte, zwei deutsche Gesellen kennen, mit denen er öfter Streif züge durch die Stadt machte. Auf diese Weise erfuhr Pfarrer Lemke, datz sich in Rom eine Anzahl deutscher Gesellenvereinsmitglieder befände, die des Zusammen schlusses entbehrte. Pfarrer Lemke regte beim Rektor der Anima, Mons. Gatzner, die Gründung eines römi schen Gesellenvereins an. Dieser war nicht abgeneigt, forderte aber die Gesellen auf, ihre Bitte dem Rektor der Anima selber vorzutragen. So standen am 1. Juli sonntag 1864 drei deutsche Gesellen in der Sakristei der Anima, aber dem Rektor schien, datz die Zahl noch zu klein sei. Am folgenden Sonntag sanden sich bereits acht Gesellen ein, denen nun der Rektor gern die Bitte er füllte. Er überlietz ihnen das Schulzimmer des Hospizes als Vereinslokal. Das Amt des Präses erhielt der Ka plan der Anima Dr. Bernhard Essingholt aus West - falen. Damit war der Verein am 17. Juli 1864 ge gründet worden. Kolping zeigte sich über diesen römischen Zweig seines nun schon stark gewachsenen Baumes ganz beson ders erfreut. Er sandte mit dem Diplom der Ausnahme in den allgemeinen Verband einen besonders herzlich ge haltenen Bries nach Rom, worin er „den Brüdern in Nom tausendfältigen Grutz und Segenswunsch entbietet." Dr. EssinghoIt richtete neben Abenden, die der Erbauung und Erholung gewidmet waren, auch einen Fortbilüungsnnterricht in Rechnen und Italienisch ein, der schon nach kurzer Zeit durch die Mitwirkung weite ¬ rer Hilfskräfte auf Geographie, Geschichte und Gesang ausgedehnt werden konnte. Von den siebzehn Gesellen des ersten Jahres blieben freilich, besonders in den Som mermonaten, zeitweise nur drei Mitglieder übrig. Der häufige Wechsel der jungen Priester in Rom sührte es auch mit sich, datz die Leitung wiederholt in andere Hände gelangte. Immer aber wird von einem autzer» ordentlich rührigen und anregenden Vereinsleben berich tet. Glanzpunkte in der frühesten Geschichte des römi schen Gesellenvereins waren das Jubelfest des Papstes im Jahre 1869, als am 18. April eine Festversnmmlung in Anwesenheit des Kardinals Rei- s a ch und bedeutender deutscher Bischöfe, Gelehrter und hervorragender Mitglieder des katholischen Adels gehal ten wurde, und das über drei Tage verteilte Christfest vor dem K o n z i l s j a h r e 1870. Kardinal Schwarzenberg überraschte damals den Präses mit einem Weihnachts geschenk von mehreren Hundert Franken. Die unver- Das neue preußische Strafvvllzugsrechl Der preutzische Iustizminister, Landtagspräsident Kerrl, rind Staatssekretär Freisler empfingen die Presse, um über die neue Strafvollzugsordnung und das neue Gnadenrecht Mitteilungen zu machen. Staatssekretär Freisler sührte u. a. aus: Man sei bei der Ausarbeitung der neuen preutzi- schen Strafvollzugsordnung, zu der Iustizminister Kerrl den Anstotz gegeben habe, von dem Gedanken ausge gangen, datz man ein Recht schaffen wolle, das volkstümlich sei und auch vom Volke allein gelesen werden könne. Man habe daher darauf verzichtet, auf andere Gesetzesbestimmungen Bezug zu nehmen und einen Wust von Zahlen aus dem Gesetz zu machen, son dern es volkstümlich gefatzt. Neu an dem Gesetz sei die Tatsache, datz bei jeder Bestimmung hinzugesügt sei, wa rum man diese Bestimmung erlassen habe. Der Iustizminister habe sodann darauf hingewirkt, eine überflüssige Ueberorganisation zu vermeiden. So werde zum Beispiel das merkwürdige Zwittergcbilde der Gerichtshilfe, die rein privaten Charakter hat, ausge hoben. Im neuen Staat sei man davon ausgegangen, datz, nachdem das unabhängige Gericht den Strasnnspruch des Staates festgesetzt hat, dieser Strafanspruch auch vom Staate durchgeführt wird. Deshalb hat man diese Auf gabe der Strafvollzugsämter den Staatsanwaltschaften wiedergegeben. Die Strafvollzugsämter verschwinden also von jetzt an. Die grundlegenden Gedanken bei der neuen Strafvollstreckung sind folgende: Bei der Todesstrafe ist es nicht einzusehen, warum da und dort, wo einmal französisches Recht galt, als Vollstreckungsmittel die Guillotine gelten soll, die übrigens dem deutschen Volk absolut fremd ist. Sie wurde also beseitigt, ebenso das Fallschwert. Die Todesstrafe wird jetzt — wenn nicht das Reich etwas anderes bestimmt, etiva durch Erschietzen oder Erhängen — in Preutzen durch das Beil vollzogen. Was die Freiheitsstrafen anbelnngt, so sind in der letzten Zeit Experimente über Experimente gemacht wor den. Die Strafgefangenen wurden in einer Weise be handelt, datz ihr Lebensstandard weit über dem des Ar beitslosen, aber auch über dem Lebensstandard des Ar beiters und des Kleinbauern lag. In Zukunft werden sie aber nichts mehr fürchten, als wieder in dieses Haus hineinzumüssen, und dann werden sie sich vielleicht auch nach der Strafvollstreckung etwas in acht nehmen. Das gilt für die grotze Masse der Strafgefangenen. Irgend ein stufenweises Strafoollzugsrecht kann natürlich nicht in Frage kommen für Zuchthausgesangene. Es ist immer ein Fehler gewesen der vergangenen Jahre, datz zwischen Zuchthaus- und anderen Gefangenen über haupt kein Unterschied mehr gemacht wurde. Grundlegend anders mutz natürlich die Art der Strafvollstreckung bei den Jugendlichen sein, und zwar um der Zukunft der Nation willen, iveil diese straffällig Gewordenen innerlich noch nicht fertig sind. Hier wird natürlich der Sinn der Strafvollstreckung sein die Ein prägung der Notwendigkeit zu Zucht, Ordnung und Ein ordnung; es soll aber auch der Weg der inneren Beein flussung beschritten werden, um damit diese Jugendlichen für die nationale und soziale Gemeinschaft zu retten. Um die Würde der Gerichte. Berlin, 3. August. (E. Ai.) Staatssekretär Freis- ler machte im Rahmen einer Pressebesprechung davon Mitteilung, datz in allernächster Zeit Matznahmen ergrif fen würden, um die Würde des Gerichtsbetriebes insbe- Roosevelts Kamps Vor einer Diktatur in USA. — Eingriffe in das Vertrags- und Tartsrecht Dl« Entwicklung der amerikanischen Politik scheint geraden Weg» auf di« Diktatur des Präsidenten hinzusteuern. Es war ja von Anfang an damit zu rechnen, datz sich bei der Durch führung der für amerikanische Verhältnisse außerordentlich weit- reichenden Maßnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschaft ebenso außerordentlich« Schwierigkeiten ergeben werden. Nachdem die ersten Wochen der Wiederaufbauarbeit im wesentlichen ungestört verlaufen waren, mehren sich doch jetzt di« Anzeichen grö ßerer Widerstände allenthalben. Bekanntlich enthält die „Nira" (National Industrial Recovery Act) die Bestimmung, daß für alle Industriezweig«, die bis zum 8. August nicht frei willig zu einer Vereinbarung zwischen Arbeit und Kapital und zu der Aufstellung einer eigenen Arbeitsordnung (Tode) gekom men sind, der Präsident selbst entsprechende Versiigungen dekre tieren, die Zahl der Arbeitsstunden festsetzen und die Mindest löhne bestimmen wird. In verschiedenen Industriezweigen und an mancherlei Orten bereiten di« Arbeiter und Angestellten der Durchführung dieses Programms Schwierigkeiten. Es wurden mehrere größer« Streiks eingeleitet, und an vielen Orten war es den Unter nehmern nicht möglich, die Forderungen ihrer Arbeiter zu «r- füllen. In der Seidenspinnerei V. kam es zu einem Streik, an dem über 70 000 Arbeiter beteiligt find. Der Streik richtet sich gegen di« Annahme irgendeines Textll-Todes. Dazu kommen eine Reihe grundlegender Streit fragen. So z. V. die Frage, ob der Lode bestehende Ver träge zwischen Unternehmern und Gewerkschaften abzuändern vermag oder nicht. In den meisten dieser Verträge ist eine höhere Arbeitsstundenzahl festgesetzt als in den neuen Todes erlaubt ist. Am meisten umstritten aber ist noch die Frage, ob der Unternehmer bei Verkürzung der Wochenstundenzahl be- rechtigt ist, auch die Lohnsumme entsprechend zu kürzen. Be jahendenfalls sind ausgedehnte Arbeiterkämpfe unausbleiblich, nachdem die Arbeiterführer in bestimmtester Form erklärt haben, daß die Lohnsumme ohne Rücksicht auf di« Stundenzahl die gleiche bleiben müsse, wie bisher, Im andern Fall «rUnren aver di« Unternehmer, daß für sie die Zahlung der gleiche» Lohnsumme gleichbedeutend sei mit der Notwendigkeit, die Betriebe zu schließe». In der Automobilindustrie ist die Lage so schwierig ge worden, daß der Stellvertreter des Diktators, General John son, nach Detroit gefahren ist, um die Hindernisse für den Ab schluß eines Tode zu beseitigen. Für diesen Tode hat die Na tionale Automobil-Handelskammer als Grundlage eine 35«Etundenwoche und einen Mindestlohn von 43 bis 40 Cents für die Stunde je nach Größe der Stadt festgelegt und gleichzeitig jegliche Kinderarbeit ausgeschaltet. Aus allen diesen Schwierigkeiten macht sich in der amerikanischen Oessentlichkeit der Eindruck geltend, daß der Wiederaufbau des Präsidenten in der bisherigen Form wohl kaum erfolgreich zu Ende geführt werden kann. Die Gouverneure der Bundesstaaten haben zwar allen Verwaltungen die Annahme des allgemeinen Rahmen-Code zur Pflicht gemacht. Di- Schwierigkeiten beginnen aber erst bei der Aufstellung der Tode für die einzelnen Industrien. Es ist übrigens interessant, daß der Rahmen-Tode weder für die Eisenbahnen, noch für die landwirtschaftlichen Betriebe und auch nicht für das Hauspersonal gilt. Die Propaganda der Regierung und der Handelskammern für di« Ausstellung von Codes geht inzwischen im ganzen Land mit echt amerikanischen Methoden weiter. Es ist nicht aus geschlossen, daß in der festgesetzten Frist für alle Industrien Tode» vereinbart werden können. Aber damit ist natürlich noch nicht entschieden, ob man sie in der angenommenen Form durchführen kann, oder ob sie Rückwirkungen auf die Gesamt wirtschaft haben werden, die zu einer Aenderung de» bisherigen Systems zwingen. Zwar hört man jeden Tag von unzähligen Preiserhöhungen für Jndustrieerzeugnisse im ganzen Land. Erst die nächsten Wochen werden aber zeigen, ob die Betriebe in ihrer heutigen Organisation in der Lage sind, die erhöhten Mindest löhne zu zahlen aus einem entsprechend höheren Absatz ihrer Erzeugnisse. Das Problem bleibt also nach wie vor, ob die heraufgesetzten Preise die Belebung, d. h. also eine gesteigcrte Umsatztätigkeit und damit lohnende Mehrbeschäsligung siir die gesamte Industrie wirklich bringen werden. Man wird ans die Beantwortung j dieser Frage kaum lange zu »arte» brauchen. sondere im Zivilprozetz wieder herzustellen. Die Verhand lung im Zivilprozetz sei in den letzten Jahren zu einer Börse geworden. Ordnungsstrafen hätten keinen Zweck mehr und könnten keine ^ssernng mehr bringen. Das äußere Bild des Gerichtsbetriebes, insbesondere aber der Zivilprozetzverhandlung, soll daher vollkommen umgestal tet werden. Man werde das Uebel an der Wurzel fassen und mit gesetzgeberischen Matznahmen vorgehen. Kardinal Bertram zur Stellung der Theologiestudenten Breslau, 3. August. Die im öffentlichen Leben eingetrelenen Verände rungen haben für die katholischen Theologiestudenten einige Schwierigkeiten gebracht. Mit Heiligenr Ernst mahnt der Breslauer Kardinal: „Der Episkopat gibt die Hoffnung nicht aus, für die dem theologischen Berufe schuldigen besonderen Rücksich ten Verständnis zu finden bei denen, die es zu würdigen wissen, datz aller Segen seelsorgerlicher Arbeit aus dem inneren Leben quillt, aus einem mit Sammlung geübten andauernden und gründlichen Studium der reiche,, Gei- stessck)ätze der theologisckzen Disziplinen, aus tiefer See lenkenntnis, aus der Wärme religiösen Sinnes, aus dem Gebetsleben, aus der Hingebung an den Geist Jesu Christi. Mag in Zeiten der Gärung meine ruhige Vorstellung über dieses „Eine Notwendige" überhört werden, es kommt doch die vernünftigere Schätzung zum Siege, wenn die Zeit der Gärung vorüber ist." Kardinal Bertram erinnert zur Unterstützung seiner Mahnung an das amtliche Schreiben des Reichskanzlers von, 20. November 1932 betreffs des Werkhalbjahres der Abiturienten, worin Ausnahmebestimmungen für Theo- logiestudcnten in Aussicht gestellt wurden. Brünn, 3. August Die Explosionskiatastroplu! in dein Ho tel Europa hat «in neues Todesopfer gefordert. Einer der Schwerverletzten ist gestern gestorben.