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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.06.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-06-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140610016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914061001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914061001
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-06
- Tag 1914-06-10
-
Monat
1914-06
-
Jahr
1914
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Sette 2. Nr. 2SS. Moryen-Nusqade Leipziger Tageblatt. steuergesetz. Der Referent Bürgermeister Vost- DUlken (Rheinland) hatte dazu folgende Refolution vorgelcgt: Der Rciä>s verband Deutscher Städte wolle befchlicsten, den Landtag zu bitten, «ine Aenderung des Ausführungsgejetzes zum 8 1 des Reichszuwachr- stcuerges«tzes dahin ointreten zu lassen, dast 1. die Wertzuwachssteuer den kreisangehörigen Städten ungeteilt belassen werde, 2. den kreisangehörigen Städten die Pflicht auf erlegt werde, eine den örtlichen Verhältnissen an gemessene Zuwachssteuer einzusühren und 3. die Mitteilungspflicht der Amtsgerichte und Notare über Bcsitzveränderungen beibehalten werden möge. Punkt 1 der vorliegenden Resolution wurde daraus ohne weitere Debatte angenommen, bet Punkt 2 erhob der Vorsitzende Bürgermeister Saal« mann-Plest (O.-S.) Einspruch, denn es sei nicht angängig, daß die Städte, die selbst Organe der Selbstverwaltung sind, einen Beschluß fastten, der auf Beschränkung der Selbstverwaltung hinausgeht. Die Versammlung schloff sich dem an und lehnte den Punkt 2 der Resolution ab, worauf Punkt 3 ohne Debatte angenommen wurde. Ferner wurde beschlossen, an den preustischcn Städtetag mit dem Ersuä)en heranzutreten, er möge über die im Punkt 3 niedergelegte Bestimmung eine Eingabe im gleichen Sinne, wie sie hier vom Reichsverband Deutscher Städte beschlossen wird, an das Abgeordnetenhaus richten. Hierzu teilte der Vorsitzende Bürgermeister S a a l m a n n - Pletz mit, dast er über eine Eingabe an den Kaiser heute mit dem Ches des Zivilkabinetts zu sprechen Gelegenheit hatte, wobei der Vorsitzende den Wunsch befürwortet hat, das; den Kreisstädten eine Vertretung im Herrenhaus ermöglicht werde. Weiterhin behandelte der technisch-wirtschaftliche Sachverständige Emil Schiff- Berlin-Gruncwald die Hauptmängel der K o n z e s s i o n s v e r - träge in derElektrizitätswirtschaft. Der Vortragende zählte folgende Hauptmängel auf: l. Unzureichende oder ungeeignete Abgrenzung des Konzeffionsgebictes, sowie von Gegenstand, Art und Dauer der Konzession. 2. Mangelnder Einfluß der Gemeinde auf die Ausführung, den Betrieb, die Unterhaltung und die Erweiterung der Anlagen und aus die Einführung von Verbesserungen. 3. Man gelnder Einslust auf die wirtschaftliche Gestaltung und Entwicklung des Konzessionsunternehmens (Finanzierung, Zusammcnschlust, Beteiligung, Er werb von Anlagen, Fremdbezug von Energie, Ver pachtung des Betriebes, Bevorzugung bestimmter Lieferer und Installationsfirmen). 4. Mangelhafte Bestimmungen über Beteiligung der Gemeinde an Einnahme oder Gewinn (ungenügende Bestimmung der zweifelhaften Begriffe Anlagekosten, Anlage kapital, Einnahmen, Betriebskosten, Reingewinn, Verzinsung, ungenügende Bestimmung über Abschrei bung, Tilgung, Erneuerung, Rücklagen), 5. Mangel hafte Bestimmungen über die Ablösung der Anlagen durch die Gemeinde, insbesondere über den Gegen stand des Erwerbs, und der Mitübernahme von Rück lagen und Schulden: ferner unzureichende Bestim mungen der Preisgrundlagcn (insbesondere der Be griffe Buchwert, Schätzungswert und Ertragswcrt), schließlich ungenügende Festsetzungen über die Ab schreibungen und die Verbuchung von Wertzugängcn und -abgängen, von Tilgung und Erneuerung. 8. Mangelnder Einflug auf die Tarife und chre Ent wicklung nach Art und Höhe. 7. Mangelnde Bestim mungen über den etwaigen Heimfall der Anlagen, namentlich über den Umfang der Heimfallast, den Heimfall von Rücklagen und Betriebsvermögen und über Erwerb und Preisfestsetzung nicht kostenlos herauszugebendcr Anlageteile, weiter unwirtschaft liche zur Vernachlässigung der Entwicklung und des Zustandes der Anlagen führende Uebersvannung des Heimfallgrundsatzcs (kostenloser Heimfall aller Er weiterungen). 8. Mangelhafte Bestimmungen über Aufsicht und Einsicht, fehlendes Recht entsprechenden Eingriffes. 9. Unzweckmässige Bestimmungen über die Entscheidung von Streitigkeiten, auch vorwiegend rechtlicher Fragen durch technische Sachverständige. Dann behandelte Bürgermeister Schulz- Briesen in Westpreusten einige Kanalisationssragen in Theorie und Praxis. Nach Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten wurde die Tagung geschlossen. k*oliMetie Ueberlickl Eine Eingabe gegen -as Schiebung-- Unwesen. Den Bundesregierungen und dem Reichstage ist eine Eingabe zugegangcn, in der die Einrichtung eines Eewerberegisters, in das gleich dem Handels register die Einsicht jedem gestattet sein soll, verlangt wird. Zur Begründung dieser Forderung wird aus geführt, daß, wie genügend bekannt fei, das Schiebungsunwcsen zum »rotzen Teil erst ermöglicht, sicherlich aber begünstigt wird durch die Unklarheit, die in Ermangelung geeigneter gesetzlicher Vor schriften über die Inhaberoerhültnissr bei den handclsgcrichtlich nicht eingetragenen Gewerbe treibenden vielfach besteht. Nach 8 Iba der Ge werbeordnung sind zur Anbringung ihres Familien namens mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen Gewerbetreibende verpflichtet, die einen offenen Laden haben oder eine Gast- oder Schank wirtschaft betreiben. Die »rotze Zahl der Klein gewerbetreibenden und Handwerker, die keinen Laden besitzen, aber ebenfalls Kredite in Anspruch nehmen, unterliegt also nicht der Bestimmung des 8 15 n. Von grösster Wichtigkeit für den Geschäfts mann ist es aber, festzustcllcn, wann bestimmte In haberänderungen vorgckommen sind. Hierüber wird jedoch von den Gcwerbrbchörden in der Regel die Auskunft verweigert. Den erwähnten Mängeln sollte nun durch Errichtung eines Gewerberegisters, ähnlich dem Handelsregister, abgeholfen werden. Mindestens müsste die Bestimmung des 8 15 a der Gewerbeordnung aus alle handelsgerichtlich nicht eingetragenen Gewerbetreibenden ausgedehnt und den Gewerbebehörden auch die Verpflichtung auf erlegt werden, Auskunft zu »eben, wer Inhaber eines Gewerbes ist oder war und an welchem Zeitpunkte bestimmte Veränderungen cingetrcten find. Ueber ein köstliches bünülerisches Ziasko lesen wir in der „Sächsischen Umschau" folgendes: „Jüngst einmal unternahm die agrarische „Dtsch. Tgsztg." einen Angriff auf den Hansabundespräsiden- ten Riester und den Syndikus Dr. Stresemann vom Verband sächsischer Industrieller. Beide hätten, so verkündete das treffliche Blatt, einmal eine Rede, bevor sie gehalten war, dem Prcssetisch übermittelt, und in dem Manuskript wären bereits Beisallszeichen ein»efü»t gewesen. Mit der Stresemannschen Rede hatte die „Dtsch. Tgsztg." die „Dresdn. N. N." in an zügliche Verbindung gebracht. Die „Dresdn. N. N." antworteten mit „dreister Erfindung" und „tenden ziösem Schwindel", und auch Dr. Stresemann verwies die Geschichte ins Reich der Fabel. Nun kommt aber das Beste, indem die „Freisinnige Zeitung ' nachweist, dast, salls obige Vorkommnisse wahr wären, sie ein Vorbild in dem Bunde der Landwirte gesunden hätten: denn als dieser 1894 das erstemal mit allerhand Tamtam vor die Oessenllich- keit in Berlin getreten, wäre von den Regisseuren seiner Generalversammlung den Zeitungen ein Be richt zugestellt worden, in dem nicht nur die noch ungehaltene Rede des „Vaters" Ploetz mit einer dichten Reihe von Zuslimmunaszeichen vom einfachen „Bravo!" bis zum „stürmischen minuten langen Beifall!" enthalten war, in dem sich sogar auch folgender Satz befand: „Ein Tusch der verdeckt ausgestellten Kapelle be gleitete dieses Hoch, und Freude erstrahlte in den gebräunten Antlitzen der Landwirte, als ganz unerwartet die Klänge des „Heildir im Siegerkrnnz" in mächtigen Akkorden durch den Saal ertönten. Die Versammlung stimmte begeistert in diese Nationalhymne ein." Zn Wirklichkeit wurde aber dann gar nichts aus der Mache: denn die bestellten Musikan - t e n waren ausgeblieben. Aber wer Sinn für Humor hat, vergegenwärtige sich blotz diese Vorschub begeisterung in den „gebräunten Antlitzen der Land wirte", denen vorher der famose Bundesvater Ploetz in seinem bekannten Weckruf empfohlen hatte, „unter die Sozialdemokraten zu gehen und energisch Front wider die Regierung zu machen!" Die „Dtsch. Tgsztg." versuchte sich aus ihrer Blamage mit der verunglück ten Wendung herauszudrücken: „Was der Bund der Landwirte auf seiner ersten Versammlung 1894 ge macht . . ., wisse die „Dtsch. Tg»zt." nicht" weil sie erst ein Jahr später gegründet worden wäre. Die komische Seite des ganzen Vorfalls leidet dar unter aber nicht im geringsten." Deutsches Reich. * Schwedischer Besuch beim Kaiserpaar. Etwa hundert schwedische Sänger und ichwedische Tuxner treffen heute. Mittwoch, in Berlin ein. Die Sänger sollen am Donncrstagnachmittag vor dem Kaiser paar im Neuen Palais singen. * Der Kronprinz ist mit dem Grasten Eeneralstab, von Montjoie kommend, am Dienstag vormittag in Köln ei «getroffen. Die Weiterreise erfolgt voraus, sichtlich ain Donnerstag. * Zum Befinden deo Grotzherzogs von Mecklen burg - Ltrelitz. Der offiziell am Dienstag vor mittag 9', Uhr ausgegcbene Bericht über die Er krankung des Grotzherzogs lautet Leim Grostherzog hat sich gestern im Laufe des Tages eine Entzündung derOhrspetchel- drüse eingestellt. Im übrigen ist das Befinden unverändert. Die Temperaturen sind annähernd normal. Puls 88: Nahrungsaufnahme und Schlaf sind gut. Immerhin bleibt der Zustand sehr ernst. Berlin, den 9. Juni. gez. Bier. gez. Schillbach. * Fünfzigjähriges Dienstjubiläum des Admirals Vendemann. Der Staatssekretär des Reichsmarine amts Grotzadmiral v. Tirpitz hat an Admiral Vendemann folgendes Telegramm gesandt: „Euer Exzellenz sende ich in alter Kameradschaft und Freundschaft, zugleich namens der Kaiserlichen Marine meinen warmen und aufrichtigen Glück wunsch zu Ihrem 50jährigen Dienst- jubiläum. Durch Ihre Treue und Ihre an Er folgen so reiche Tätigkeit werden Euer Exzellenz als leuchtendes Vorbild auch zukünftig in der Marine weiterwirken." gez. v. Tirpitz. * Die Inthronisation des Fürstbischofs von Breslau wird Mitte September erfolgen. Bischof Bertram hat die Wahl angenommen, * Der Gouverneur von Neu-Guinea Dr. Hahl ist auf Heimatsurlaub in Berlin eingetroffen. Er wird nicht wieder auf seinen früheren Posten zurllcktehren. * Beförderungen. Der bisherige ständiae Hilfs arbeiter im Reichsschatzamt Regierungsrat Dr.M aeder ist zum Geheimen Negierungsrat und Vortragenden Rat im Reichsschatzamt und der bisherige Regie- rungs- und Baurat Geheimer Baurat Hesse zum vortragenden Rat im Ministerium der öffentlichen Arbeiten ernannt worden. * Die Reichseinnahmen 1913. Die endgültigen Zahlen über die Einnahmen des Reiches an Zöllen, Steuern und Gebühren für das Rechnungsjahr 1913 werden im „Rcichsanzeiger" veröffentlicht. Nach ihnen beträgt die Gesamteinnahme 1659,28 Millionen Mark »egen 1664,37 Millionen Mark nach dem vor läufigen Ergebnis. Die Einnahmen des Reiches aus den Zöllen, Steuern und Gebühren sind damit um 10,5 Millionen Mark hinter dem Etatsanschlag zu rückgeblieben. * Zur Beisetzung des Freiherrn von Hammerstein- Loxte». Der Landwtrtschaftsminister Freiherr von Cchorlemer hat im Auftrage des Kaisers und der Kaiserin bei der gestrigen Beisetzung des früheren Landwirtschaftsministero Staatsministers Freiherrn Griechenland als Reiseziel. Von Adolf Grabowsky. Plahrscheinlich schon in einem Jahre wird die Eisenbahnstrecke Papapuli—Topciu eröffnet werden können, und damit gewinnt dann Griechenland den Anichlust an die europäischen Bahnen. Die direkte Fahrt Berlin—Athen wird künftig 45 Stunden dauern, während man jetzt von Triest nach Patras mit guten Schiffen etwa 65 Stunden fährt, von Patras ober nach Athen noch einmal sieben bis zehn Stunden mit der Bahn. Von Berlin bis Athen sind es auf diesem Wege 4-^ bis 5 Tage. Etwas schneller kommt inan von Berlin aus nach der griechischen Hauptstadt, wenn man dis Brindisi mit der Bahn fährt, von dort in 26 bis 30 Stunden zu Schiffe nach Patras und von Datras wieder mit der Basin. So oder so — jedenfalls liegt heut« noch Griechenland so gut wie autzerhalb von Europa, und man versteht es daher, das, selbst diejenigen Athener, die in allem sich zu bencymcn uchen wie die Pariser, von einer Reste nach Europa sprechen, wenn sie nach Frankreich fahren. D e Türkei hat diese Abschnürung Griechen lands vom übrigen Europa bewirkt durch ihr« Stei gerung, Len Aistchlutz der griechischen Bahnen an die mazedonischen Linien zu gestatten. Jetzt aber ist das alles griechisches Gebiet, und Las ist die erste Tot Les Königreichs, die Eisenbahnverbindung nach Europa herzustellen. Damit wird Griechenland aus seiner Abgeschiedenheit erweckt und zu einem viel- oesuchten Reiseland werden. Das ist für den, der immer wieder bedauert, daß Italien. Aegypten, Nor wegen und jetzt sogar schon dos südliche Spanien alle Untugenden eines Reiselandes angenommen haben, nicht sehr erfreulich. Heute ist Griechenland mit seinen wenigen Hotels und seinen spärlichen und langsam lausenden Dahnen ein Land, wo man die volle Ursprünglichkeit der Natur und der Menschen findet. Nichts ist auf den Fremden berechnet, nichts auf ihn hergerichtet, bis auf einige Strasten in Athen, deren Geschäfte aus Engländer zählen. In Italien kann es einem passieren, dast man beim ersten Ein tritt in das Land in Desenzano falsche» Wechselgeld bekommt und dast man zum Schluss in Taormino unter hundert antiken Münzen, die man kauft, nicht eine erhält, die echt ist; in Griechenland begegnet einem das fast nur in den erwähnten athenischen Strasten, wo allerdings salfchc Antiken — namentlich griechische Vasen — zu Hunderten verkauft werden. Aber sogar jeder verständige Einheimische sagt dem Fremden, dast diese Geschäfte die Giftetikette tragen. In Grie chenland wird nicht selten da» Trinkgeld, das man gibt, zurückgewiesen, etwas, da» in Italien von den Alpen bis zum Aetna undenkbar wäre. In Italien hat man neben sich, wo man auch gebt und steht, eine Schar von Bengeln, die „Soldo Soldino!" schreien In Griechenland kannst du meilenweit wandern, ohne dast auch nur ein Mensch auf dich achtgibt. Griechenland ist bisher so entfernt von der Frem- deninduftvi« «te von s«d«r oftd«ron Industrie. E» hat Las Streichholzmonopol, aber die Streichhölzer werden in Wien gemacht, es druckt Banknoten — und gar nicht wenig —, aber die Notcndruckerei ist in New Pork. Ein paar Bierbrauereien bestehen, aber sie werden von cingewanLerten Deutschen geleitet, was man dem lehr guten Stoff auch anmerkt. Dem Fremden tritt eine unverbrauchte, nicht durch Fabrik hetzerei abgenutzte Bevölkerung entgegen. Gewist ist der Grieche ein schlauer Kerl, stir den Handel auster ordentlich brauchbar, aber er ist nicht, wie man das so oft meint, untergesunken in einem übersteigerten Händlcrtum. Man darf die Griechen des Königreichs, die Bodenständigkeit haben, nicht mit Len Kolonie griechen verwechseln, womit die Griechen fremder Staatsangehörigkeit oder auch die staatsangehörigen, doch im Ausland lebenden Griechen gemeint sind. Der schlechte Ruf, den die Griechen im Handel haben, rührt hauptsächlich von diesen Koloniegriechen her, denen man gar nicht scharf genug auf die Finger sehen kann. Sie Haven eine patriotische Anhänglich keit an Griechenland, und sie geben auch oft, sind sie zu Reichtum gekommen, »röste Geschenke für das Heimatland, mit der griechischen Scholle aber, sofern man darunter ein crdhaftes Vcrwurzeltsein versteht, verbindet sie nichts. Der begüterte griechische Kaufmann des König reichs hat kommerziellen Willen im grohen Stile, doch er denkt nicht daran, sich um den Fremden zu kümmern, und so hat der Fremde keinerlei Aus nutzung von ihm zu befürchten. Der Grieche der ärmeren Schichten aber hat so wenig Bedürfnisse, dast es ihm noch viel ferner liegt, den Fremden auszu beuten. Wozu die Jagd aus den Fremden, wenn er nur etwas Brot, ein paar Oliven, ein paar kleine Fische und einen weihen Ziegenkäse zur Nahrung notwendig hat? Dazu trinkt dieser Grieche fast nichts, höchstens einmal einen harmlosen Mastikichnaps. Auch der Nordländer gewöhnt sich übrigens in Griechenland sehr bald daran, weniger zu essen, ein Beweis, dast wir im Norden die reichliche Nahrung viel mehr zur Heizung als zur Ernährung des Körpers gebrauchen. Da die groste Masse des Volkes so bedürfnislos dahinlebt, ist der Bettel in Griechenland eine «elten beit. Ich sprach schon davon, dast die Jugend nicht bettelt, aber auch der Bettel Erwachsener ist auf dem Lande und in den kleinen Städten niemals, in Athen und etwa in Patras selten zu finden. Patras ist mit keinen 40 000 Einwohnern zwar die drittgrösste Stadt Griechenlands — cs kommt gleich nach Athen und der mit Athen unmittelbar zusammenhängenden Hafenstadt Athens, Piräus —, aber Patras ist schliest- lich auch nur eine kleine Mittelstadt zu nennen. Dann aber gibt es nur noch Nester. Man stellt sich wohl Korinth im Andenken an das Altertum al» eine pomphafte Ansiedlung vor. cs hat aber heute nicht mehr als >000 Einwohner und hat einzig und allein eine gewisse Bedeutung als Knotenpunkt weicr Bahnlinien. Mit der mangelnden Industrialisierung und Kom- merzialifieruna d«, Lande» hängt die Tatsache zu- stimmen, dost Zeit nicht» Gilt. Spanische Eisenbahnen, die auch schon fürchterlich sind in ihrer Langsamkeit, gleichen Blitzzügen, wenn man die griechischen Bahnen dagegen nimmt. Es gibt einen ri-ain rapicto von Patras nach Athen, was man so in Griechenland liuin rapisis nennt. Er fährt vierzig Kilometer die Stuirde, verkehrt dafür aber nur dreimal in der Woche. Der Durchschnitt sind zwanzig bis fünfund zwanzig Kilometer, doch wird auch, wenn der Loko motivführer sich Müh« gibt, noch weniger geleistet. Mit Ausnahme der Strecke Athen—Larissa — dies ist eben die Linie, die jetzt verlängert wird, um den Anschlust nach Europa zu gewähren — und der Streck« Athen—Patras sind alle Bahnen nur schmalspurig. Die Bahnen gehören Aktiengesellschaften, in Lenen englisches und französisches Kapital steckt. Wenn man als Segen des Privatbetriebes der Eisenbahnen häufig Len Wettbewerb der Bahnen untereinander rühmen hört so kann man in Griechenland sehen, wie falsch diese Behauptung ist. Die Bahngesellschaften sind einig in ihrem Schlendrian, in dem Bestreben, möglichst wenig in den Bahnkörper und in das rollende Material zu stecken und möglichst viel für die Aktionäre herauszuholen. In England trifft di« Behauptung vom Wettbewerb verschiedener Gesell schaften nur deshalb ,zu, weil dort auf derselben Strecke teilweise mehrere Gesellschaften nebcnein- ander bestehen. Es gibt in Griechenland drei Fahrklassen. Die deffergestellte Bevölkerung reist wie bei uns in der zweiten. Die erste Klasse unterscheidet sich nur wenig von der zweiten; auch ist der Preis nur unerheblich teurer. Alle Klaffen, die erste, die zweite wie die dritte, haben das gemeinsam, dast es von Ungeziefer in ihnen wimmelt. Di« Kabinen der griechischen Schiffe find als Ungezieserhöhien verrufen, aber die Eisenbahnabteile bieten genau soviel. Dieser Mist stand wird für den Nordländer nur dadurch gemildert, dast man in Griechenland mcht sehr viel Eisenbahn zu fahren hat. Einmal kann man nur selten Bahn fahren, w«il wenig Linien vorhanden sind, zweitens braucht man auch nicht soviel zu fahren, da das Land klein ist und für die geringen Entfernungen Wagen, Pferd und Maultier oft genug ausreichen. Dazu kommt, dast überall Küste ist und dast hier über all Schiffe verkehren. Reist man aber am Tage, so sind die griechischen Dampfer durchaus erträglich, für Nachtfahrten kann man sich dagegen häufig öster reichische Schiffe, italicniiche, rumänische oder noch ander« aussuchen. Wenig erfreulich ist allerdina» auch, dast Vas Pferdcmaterial sehr schlecht ist. Die Athener Drosch- kcngäule sind ein« furchtbare Raffe. Doch hier ge nügen in der Regel die elektrischen Bahnen, die zwar sehr langsam fahren, mit denen man aber an alle wichtigen Punkte der Stadt unv auch bequem nach dem Piräus gelangt. Für den Piräus stehen auster- dem noch eine Untergrundbahn und eine Eisenbahn zur Verfügung. Unangenehmer ist, dast man auf dem Lande nicht viel besser« Pferde hat als in Athen; am besten sind die in Argo», da, heute noch seinem Ruhm, da, „roffenährende" >u sein, einig« Eh« RUNW0H, 10. Juni 1914 von Hammer st »in. Loxten «inen Kran, niedergelegt. * Li« deutschsetndlichen -«tereien gewtffer dä nischer Blätter im Anfchlust an die Debatten im pieti stischen Herrenhause Über die preustische Nordmark- polittk werden, wie man uns au, Kopenhagen schreibt, in den dänischen Reaierungvkreisen auf das schärfst« mtstbilltgt. Man wünscht in diesen Kreisen keine Verschlechterung in den Beziehungen mit Deutschland, weil jeder Grad von Verschlechte rung wirtschaftlich Dänemark allein schädigt. Der dänische Gesandte in Berlin hat diese Auffassung erst kürzlich in einer Unterredung dem Reichskanzler unterbreitet. Man macht in Kopenhagen darauf auf merksam, dast Dänemark und besonders Bornholm von Jahr zu Jahr immer mehr von Deutschen aus gesucht werden und dast ein Unterbleiben des deutschen louristenstromes für Dänemark, vor allem für Kopen hagen, groste finanzielle Verluste bedeuten würde. In Dänemark sind fast 80 Prozent aller Touristen deutsche Reichsangehörige. Es sei anerkannt, dast der Däne im allgemeinen zum durchreisenden Deutschen freundlich ist, die groste Masse der Dänen wünscht auch gute Beziehungen zum »rosten Nachbarreiche, die dänischen Chauvinisten sind nur eine kleine Gruppe. Um so 7.iehr sollte Dcinemnrk darauf achten, Last diese kleine Gruppe dem Lande keine wirtschaftlichen Wun den schlügt. Der lachende Dritte wäre jchliestlich Schweden, das mit Deutschland sehr freundschaftliche Beziehungen unterhält. * Die Windthorstbünd«, die Schule für die Jung- Mannschaft des Zentrums, zählen gegenwärtig, wie auf dem soeben atgehaltenen Vertretertage mitgeteilt wurde, 20 100 Mitglieder gegen 18 600 im Vorjahre. Dieser Mitgltederzuwachz hat die Verbandsleitung nicht befriedigt und lästt in ihren Augen besonders deshalb zu wünschen übrig, weil die akademische Jugend den W.nothorstbünden fernbleibt. Vermut lich beruht dies« Haltung der katholischen Studieren den auf dem Umstande, Last sie durch die katholischen Studentenoereine schon hinlänglich für die Zen trumspartei in Anspruch genommen werden. Wie die Heranziehung der Akademiker mit größerem Erfolge versucht werden soll, ist im Laufe der Verhandlungen „ausgiebig" erörtert worden. Die „Köln. Volksztg." berichtet aber hierüber ebensowenig irgendwelche Einzelheiten wie über die Kaffenverhältniffe der Windtyorstbünde. Man erfährt nur etwas von „fort schreitender Gesundung" der Finanzen. Dast letztere sich noch nicht im Zustande völliger Genesung be finde«, verrät die vom Vertretertage beschlossene Er Höhung des Verbandsbeitrages von 40 Pf. auf 50 Pf. * Herr Hestermann ist nunmehr zum Bunde der Landwirte zurücke,eiehrt. Auf dem westfälischen Provinttalfest des Bundes der Landwirte, das am 6. d. M. in Bielefeld gefeiert wurde, wurde er von dem Provinzialvorsitzenden Freiherrn von der Recke als Ehrengast begrüstt. Er wird event. auch als Redner sür den Bund der Landwirte auftreten. * Noch ein programmwidriger Sozialdemokrat. Bei dem Besuch König Ludwigs am Dienstag in Augsburg wurde auch der sozialdemokratische Eemeindebevollmächtigte und Geschäftsführer des Gemeindekollegiums, der Gewerkschaftsführer Wern- dauer, dem Könige vorgestellt. Der König unterhielt sich längere Zeit mit ihm. Ausland. Vänrmark. * Die Vorlage über di« Verfassungsänderung an genommen. Aus Kopen Hagen wird gemeldet: Das Folkething beriet am Dienstag über eine die Verfassungsänderung betr. Vorlage. Der Bericht der Mehrheit (Linke, Radikale, Sozialisten! des von Folkething und Landsthing gemeinsam ein- Jm Sommer ist auf die Ernährung Ihres Säug lings besondere Sorgfalt zu verwenden. Darm katarrhe treten in dieser Zeit häufiger auf, weil die Nahrung im Darm der Kinder schneller in Gärung übergeht. Wenn Sie Ihr Kind jedoch mit „Kufeke" und Milch ernähren, so beugen Sie in wirksamster Weise den gefürchteten Darmkrankheiten vor. macht. Erträglich und an riesenhafte Kletterpartien gewöhnt sind die Maultiere. So nehmen sie spielend die steile Höh« von Akrokorinth, der alten Burg von Korinth. Schliestlich aber ist der Fremde sehr zufrieden, dast alles so langsam geht, Last er endlich aus Ver euro päischen Hetzerei heraus ist. Wie schön zum Beispiel, wenn bei der Eisenbahnfahrt die Maschine irgendwo Wasser nimmt! Hier Lehnt sich der Aufenthalt zu einer kleinen Tcestunde aus. Alles verlässt seinen Sitz und lagert sich auf dem Bahnhof; das ganze Dorf, an dem der Zug gerade hält, ist versammelt. Macht der Zug endlich Loch Anstalten, fortzufahren, so stehen die Dorfbewohner noch minutenlang auf den Tritt brettern, bis sie dann gemütlich im Fahren absprin gen. Am erstaunlichsten aber ist dies in der stolzen Stadt Patras. Dort fahren die Züge im Schnecken- tempo durch die ganze Stadt, und die Trittbretter sind dann immer voll behängt mit Menschen. Wer gerade vorbeikommt, springt auf d?n Zug und sucht Bekannte. Dast bei dieser Wertlosigkeit der Zeit das Tele phon obwohl bekannt, nicht ordentlich funktioniert, ist klar. In Konstantinopel besteht bis jetzt über haupt nur ein telephonischer Verkehr zwischen ein paar Ministerien und öffentlichen Anstalten, in Athen jedoch ist eine ganze Menge privater Telc- phonanschlüsse vorhanden. Dafür aber kann man auch durchschnittlich eine halbe Stunde rechnen, bis man eine Verbindung bekommt. Dabet ist das Tele phon kein Prtvatinstitut, sondern wird von der staat. lichen Post verwaltet. Diese Post ist aber auch sonst sehr unzuverlässig. Briefe bleiben tagelang liegen, ohne befördert zu werden, «inigermahen sicher geht man nur, wenn man die Briefe einschreiben lästt. Auf den Postämtern sind oft keine Briefmarken zu haben; so ist cs mir in Korinth passiert, dast auf der ganzen Post nur Marken zu 5 Lepta, aber keine höherwertigen Marken — also Marken nach dem Auslande — vor handen waren. Da» wird allerdings jetzt wo nach den glücklichen Kriegen ein großer nationaler Elan durch das Volk geht, bald anders werden. Griechenland ist wieder in die Welt hineingeworfen worden und wird und must sich darin behaupten. Es wird schon deshalb seine Aktivität nicht wieder verlieren, weil e» ein Ziel vor Augen hat, noch größer al» alle» das. was es bisher gewann: Byzanz, Konstantinopel. Athen ist dem modernen Griechen nichts mehr, da» alte byzantinische Kaisertum hat nach seiner Ueberzeugung Griechenland wieder aufzurichten. Aber wird der Grieche auch die anhaltende Arbeit aufbringen» die dazu gehört, um nicht nur Augenblickserfolge »u er reichen, sondern dauernd vorwärtszukommen? Heute arbeitet der Grieche nicht viel. Vcnizclo» ist vor allem deshalb so angesehen, weil er die Är- bcttsfreudigkeit hat, die dem Durchschnittsgriechen fehlt. Unsere Beamten arbeiten von 9 bi» 3 Uhr, und ost klagt man, dast di«se Arbeitszeit zu gering bemessen sti. Auf d«r griechisch«» NaNenarbank. di«
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