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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.06.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-06-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140605016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914060501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914060501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-06
- Tag 1914-06-05
-
Monat
1914-06
-
Jahr
1914
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Morgen - Ausgabe »ar Lelpgs UN» Vorort, durch uns«, ErSaer VffAll Aspktlf ff» und Speotteur« rmaltSglich tn» Hou» gebracht: monatlich l.rs M., »lertellShrttch 3.7S M. Sri d,r SrschäftoftrU«, unfern Ztttaien un» NuogadefteUen ad,»holt: monatlich 1M.,ot»rt«yahrUch 3 M. Durch di, Post: >nn,rhalb vrutschland» und Ser Seutschen «olonlea monatlich 1.S» M.. vierteljährlich 4.LS M., auoschlteKiich postdrstrUgel». Da» Leipziger Tageblatt erscheint Werktag» Lmal, Sonn» u. Zelertagolmal. In Leipzig, Sen Nachbarorten unS Sen <vrt«n mit eigenen Zilialrn wir» ti« stdenüouogad« noch am stdenS Ses erscheinen» in» hau» geliefert, verlinr» N-Saktionr In Sen Selten 17. Zernfpre<h»knf<hlu8: Moadlt Nr.447. Nr. 280^ «WWW-SS——ssrsss«rss»!^s! HmrdelsFeLtrurs /irrrtsblockt desRcckes und des polirerrrrrrtes der Stadt Leipzig «eSaktlon nn» S»schilft»st»ll«r )»haani»gaff« Nr.«, p Zernsprech-stnschluA Nr.ttdsr. 1«b»3 und 14»»«. Iss. Jahrgang für Inserat» au» Leipzig und Umgebung S>« /»klAfflAklipt klfff. ispaltig»petitzeilersPf., Sie Neklameeeil« 1 M.» oon auowart» ZS Pf., Neklamrn 1.2S M., Klein« Nnzelgen Sieprtttzrlle n« S0pf.bwleberkol.Nob., Inserat« vonSedörüen im amtlichenTeil Sie Petit» zell» SS pf. ch«schäft»anz»tg«n mit plahvorschrift im Preise «rhSht. Nodatt nach Tarts. veilagrn: Sesamtaufl. 5 M. Sa» raufend au»schl. postgedlihe. Knzelgen-flanahm«: lohanatogajse«, del sämtlichen Zilialrn -»»Leipziger Tageblatt«» un» asten stnnoncen-Sxpeditionea Se» In» unS stuolande». Geschäftsstelle für Serlln u. bi« pr.Sranü«ndurg: viretttonwalterZitegel, Vertin w. io, Margoretdcnstra-e «. Zernfprech-Nnschlusir Lühow 5»7l. /reiwy, üen s. 3uni. 1S14. Vas wichtigste. * Auf der gestrigen Hauptversammlung des Ver eins für das Deutschtum im Aus lande hielt Geh. Hofrat Universitätsprofessor Dr. E. Tee rig e r - Leipzig einen Fe st vortrag über „Der Reichsdeutsche und das Deutschtum im Auslande". (S. Bericht.) * Kaiser FranzIoseph wird am 18. Juni beim Jubiläum der Wiener Militärakademie zum ersten Male seit seiner Krankheit wieder in der Oeffentlichkcit erscheinen. * Die deutsche und englische Regierung aben sich bereit erklärt, Kriegsschiffe nach Al anten zu entsenden. (S. les. Art.) * In London ist der Plan eines Anschlags der Suffragetten auf den dritten Sohn des Königspaares entdeckt worden. * Die Meldung, das; der r u m ä n i s ch e T h r o n- folger in Konstantinopel einen Besuch ab statten werde, wird von der dortigen rumänischen Botschaft dementiert. Krisenlütte. o Berlin, 3. Juni. 'Im preußischen Herreuhause hat am letz ten Freitag Herr Beseler mit dem Ausdruck des Bedauerns mitgeteilt: das Verhalten der sitzen gebliebenen Sozialdemokraten würde eine straf rechtliche Ahndung nicht finden rönnen. Die Staatsanwaltschaft hätte die Einleitung des Verfahrens, das wahrscheinlich mit einem Frei spruch enden würde, abgelehnt, und er schließe dieser Auffassung sich au. Dafür hat die Re gierung in diesen pfingstlichen Lagen von der konservativen Presse manch hartes Wort hören müssen. Man hat ihr Resignation vorgeworfen und Tatenlosigkeit und passives Verhalten, aber man hat ihr das alles — vom Standpunkt dieser Ankläger nämlich — zu Unrecht vor geworfen. Denn die Regierung ist gar nicht so. Herr Beseler hat im Herrenhause uur als Jurist gesprochen; hat bloß ressortmäßig die Ahn dung mit Hilfe der Gerichte abgelehnt. Im übrigen glauben ivir zu wissen, daß die so tö richte wie unpassende sozialdemokratische Kund gebung beim Kaiserhoch unsere regierenden Kreise noch unausgesetzt beschäftigt und man dort sehr ernstlich sich mit dem Gedanken trägt, was die Sozialdemokratie als ein Teil des Reichstages verbrach, an ihm als Ganzem zu strafen. Wenn man vorm Jahr von Auflösung sprach, begegnete man allerorten einer kühlen, stellenweise sogar ironisch gefärbten Abweisung. Der Reichstag der 111 Sozialdemokraten galt damals noch als brauchbar und durchaus pro duktiv. Diese Stimmung ist längst verflogen. Sind es die Ausläufer der Zaberndebatte, hängt es mit anderen mehr verborgenen Ursachen zu sammen? Tatsache ist jedenfalls, daß in den Schichten, die man zusammenfassend, aber staats rechtlich nicht ganz korrekt die Reichsleitung heißt, eine kalte Feindseligkeit gegen den Reichs tag aufgekommcn ist und man dort bereits seit geraumer Frist mit der Vorstellung sich vertrant gemacht har, ihn beim ersten, einigermaßen passenden Anlaß nach Hause zu schicken. Man ivar vor 14 Tagen fest entschlossen wegen des sozialdemokratischen Antrags zur Besoldungs erhöhung aufzulüsen und man wird, möchten wir annehmen, die neue Handhabe, die in ihrer Ver bohrtheit die Sozialdemokratie bot, kaum un genützt lassen. In diesen Kreisen pflegt man etwa so zu argumentieren: was sich im April in Straßburg und im Mai in Berlin im Deut schen Reichstag zutrug, das würde von nun ab immer aufs neue in Parlamenten und Kommu- nalvertretungcn sich wiederholen. Von diesen Wiederholungen aber möchte leicht eine sug gestive Gewalt ausgcheu, die zu fürchten wäre. Gewöhne sich das Volk erst an den Anblick, daß ansehnliche Teile in allen parlamentarischen Körpern vor der breitesten Öffentlichkeit den monarchischen Institutionen ins Gesicht schlügen, dann sei die Zeit wohl nicht mehr fern, wo man den Versuch machte, diese selber zum alten Eisen zu werfen. Deshalb hieße es, schon den An fängen einer solchen Entwicklung sich entgegen- zustemmen und die Schlacht, die einem schließlich doch angeboten wird, anzunehmcn. Wenn man die von derlei Gedankenreihen Umfangenen dar auf verweist, daß die herben und grundsätzlichen Verächter der Monarchie in Wahrheit auch in der Sozialdemokratie verhältnismäßig dünn ge sät seien, daß — wie vielfältig schon der Augen schein lehre — die Erinnerungen der militäri schen Dienstzeit und die Tradition dieses Landes auch die Genossen mit den monarchischen Ein richtungen verknüpften, pflegen sie zu antworten: das wolle nichts bedeuten. Nicht nur, wenn der Kaiser und der Kronprinz durch die Straßen führen, riefen die Leute Hurra: aucb wenn eine Deputation der Dualaneger im Auto über die Linden rollte, würde die Masse sich stauen. Und selbst von Regierungsbeamten, die nns sonst durch ihren Freimut, ihre liberale Duldsam- keil und ihren sozialen Sinn auffielen, kann man jetzt hören: wer meinen König nicht grüßt, mit dem kann ich nicht paktieren. Man wird also, wenn die Sozialdemokratie an den Demonstrationen festhält, die Herr Wolf gang Heine soeben in einem Artikel der „So zialistischen Monatshefte" sehr richtig „hohl und lächerlich" genannt hat, schwerlich lange fackeln, sondern die Gelegenheit beim Schopf nehmen und den Reichstag auseinanderjagen. Di se Gelegen heit aber kann sich leicht finden, wenn die An träge über den schweren Arrest im militärischen Strafvollzug, über die Stellung des Militärkabi- uettS und die Einschränkung der militärischen Eigenschaft der zur Kontrollversammlung Ein berufenen wieder angemeldet werden sollten. ES spielt für viele unter den sogenannten Maß gebenden da auch die Vorstellung von dem „Zug nach rechts" mit hinein, der angeblich die Ge müter der Deutschen mehr und mehr in Banden schlüge: Mit diesem Zug hofft man zu segeln, wenn man die Nation an ihren monarchisch militärischen Idealen packt und ihr erklärt: Die Kommandogewalt und die Monarchie sind in Ge fahr. Der Stoß könnte am ehesten von der Sozialdemokratie pariert werden. Ist sie gut beraten, so hört sie auf die Stimme des "Abge ordneten Heine und seine Mahnung, Gefühls werte auch bei anderen Parteien zu achten. In des dünkt uns das bei den Kräften, die auf den sozialdemokratischen Parteitagen zu walten pfle gen, nicht eben wahrscheinlich. Es gibt keine doktrinäre Dummheit, die von der deutschen So zialdemokratie nicht mit Begeisterung mitgemacht würde. Wobei wir freilich nicht verhehlen wol len, daß uns eine Reichstagsauflösung auch unter dem Gesichtswinkel der bürgerlichen Welt als eine Riesentorheit erschiene. In diesen gespann ten weltpolitischen Zeitläuften, da jeder Tag uns auf die Schanzen rufen mag, können wir nichts weniger brauchen, als innere K ämpke. . .. Der Schutz »er ftrbeitswilligen. Bon O.-V.-G.-Nat Blüher in Dresden. Entsprechend den Ausführungen, die im Namen der nationalliberalen Landtagsfraktion in per Zwei ten Kammer unseres Landtags am 29. Januar 1914 der Abg. Dr. Kaiser machte, hat an demselben Tage der Minister des Innern Graf Vitzthum erklärt, die sächsisck)e Regierung halte die bestehende Gesetz gebung im allgemeinen für ausreichend, um Ver gehen gegen die öffentliche Ordnung mit energischer polizeilicher Hilfe zu unterdrücken und angemessen zu ahnden. Damit hat die sächsische Regierung das von mancher Seite gewünschte Eintreten für ein allge meines Streikpostenverbot, das — wegen der bekannten Entscheidung des Reichsgerichts vom 4. Februar 1901 über die Ungültigkeit des Lübecker Streikpostenoerbots — nur im Wege eines Reichs gesetzes möglich sein würde, abgelehnt. Gleich zeitig aber hat derselbe Minister, wiederum ent sprechend den Ausführungen des Abg. Dr. Kaiser und auch im Einklang mit den Anträgen des Ver- bandes Sächsischer Industrieller, sich bereit erklärt, nicht nur im Bundesrate bei der bevorstehenden Re vision des Strafrechts für besseren paritätischen Schutz der persönlichen Willensfreiheit sich einzusetzen, son dern auch alsbald im Wege einer Ministerial anweisung an die Polizeibehörden allgemeine Richt linien für ihr Verhalten bei gewerblichen Streitig keiten (Ausständen und Aussperrungenf aufzustellcn. In der Gesctzgebungsdeputation, der die Angelegen heit überwiesen wurdL, hat am 15. Mai die Regie rung den Entwurf einer derartigen Anweisung vor gelegt, und die Mehrheit der Deputation hat be schlossen, der Kammer vorzuschlagen, die Regierung um Erlaß einer Verordnung (richtiger: Anweisung) über das Verhalten der Polizeibehörden bei gewerb lichen Streitigkeiten im Sinne der Erklärung des Herrn Ministers des Innern in der Sitzung der Zweiten Kammer vom 29. Januar 1914 sowie ferner darum zu ersuchen, im Bundesrate dahin zu wirken, daß die Willensfreiheit des einzelnen Staatsbürgers gegenüber den bei wirtschaftlichen Kämpfen hervor- getretenen Ausschreitungen, von welcher Seite sie auch ausgehen, durch Strafvorschriften sowohl im Straf gesetzbuch wie in der Gewerbeordnung einen aus reichenderen Schutz erhält, als er jetzt vorhanden ist. Das Plenum der Zweiten Kammer ist zur Beratung dieses Antrages nicht mehr gekommen, ebensowenig hat sich die Erste Kammer mit der Sache beschäftigt. Der Entwurf der geplanten Ministerial anweisung ist der Oeffentlichkeit noch nicht voll be kanntgeworden. Soweit aber ihre Vorschriften in der Presse wiedsrgegebsn worden sind (z. B. im „B. T." vom 29. Mai), hält sie an dem auch von mir wiederholt befürworteten Grundgedanken fest: kein allgemeines Verbot des Streikpostenstehens (das ja ungültig sein wird), aber eine tatkräftige Anwen dung der gegebenen Machtmittel, um den vielfach be klagten Ausschreitungen von Streikposten ent- gcgenzutreten. Gegen diesen Grundgedanken wird sich nichts einwenden lassen. Dies ist auch nicht ge schehen. Ueber seine Ausführung dagegen sind nun an der Hand der bekanntgewordenen Einzel- bcstimmungen des Entwurfs Bedenken geäußert worden. Die Regierung will Belästigungen des Straßenverkehrs verhüten. Das ist ihre Pflicht; denn jeder, der sich auf der Straße bewegt, hat das Rrcht, unbehelligt seines Weges zu ziehen, und die Verkehrspolizei hat die Freiheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten. Die Streikposten haben keine Aus nahmestellung; sie mögen ihre Aufgabe wie jeder andere Staatsbürger erfüllen, ohne andere zu be lästigen. Dieser Gedanke des Entwurfes ist also gleichfalls einwandfrei. Was „Belästigen" ist, kann zwar mitunter zweifelhaft sein. Aber solche Schwie rigkeiten dürfen nicht dazu führen, auf die polizei liche Verhütung von Belästigungen überhaupt zu verzichten, sondern es muß nur möglichst dafür gesorgt werden, daß keine Irrtümer der Polizeiorgane vor kommen. Wenn in dieser Hinsicht die geplante An weisung (nach einer Notiz der Lpz. Bz. vom 27. Mai) eine Belästigung darin erblicken will, daß die Streik posten andere Personen wider ihren erkennbaren Willen ansprechen oder augenfällig begleiten, so ist damit lediglich das Allgemeingültige auf die Streikposten angewendet. Over muß sich sonst ein Passant gefallen lassen, daß jemand fortgesetzt neben ihm herläuft und trotz aller Abwehr fortgesetzt auf ihn einspricht'? Man braucht, um das Richtige zu erkennen, nur zweierlei zu tun: erstens sich auf den Standpunkt dessen zu stellen, der ruhig auf der Straße seinen Weg gehen will, und zweitens den Streikposten keine Ausnahmestellung — weder zu ihren Gunsten noch zu ihren Ungunsten — anzuweisen. "Natürlich muß auch dieses letztere gefordert werden, also: die Streikposten dürfen auch nicht schlechter gestellt werden, als andere Personen. Wenn sie niemanden belästigen und den Verkehr nicht stören, dann darf auch die Polizei sie nicht etwa, um dem Aus stande entgegenzutreten, wegweisen oder hindern. Weiter soll — nach dem bekanntgewordenen Ent würfe — die Polizei unter Umständen für die Dauer eines Ausstandes das Streikpostenstehen dann ver bieten dürfen, wenn Streikposten wegen Be lästigungen haben fortgewiesen werden müssen, oder wenn von ihnen eine unmittelbare Störung der öffentlichen Ordnung zu erwarten ist. Auch hier gegen ist nichts einzuwenben. Die Polizei hat auch die Aufgabe, einer bevorstehenden Störung des Straßenverkehrs vorzubeugen. Sie hat, wenn eine solche Störung bevorsteht, ihre Maßnahmen zu treffen und kann dabei auch den einzelnen beschränken, der artiges müssen wir uns — man denke an die Sperrungen bei Festzügen usw. — alle gefallen lassen; die Streikposten haben auch hier keine Ausnahme stellung. Der Begriff der „bevorstehenden" Störung ist längst durch die Rechtsprechung festgelegt: Tat sachen, die eine Störung als wahrscheinlich hinstellen. Ob man das „zu erwarten" nennt, oder nicht, ist gleichgültig; der Polizeichef weiß, was ge meint ist; denn diese Fragen kommen in der Präzis alle Tage vor. Auch hier handelt es sich wieder nur darum das Allgemeingültige anzuwendcn. Man klagt doch sonst so oft, daß die Polizei den Brunnen erst zudeckc, wenn das Kind hineingefallen ist. Warum soll hier der gegenteilige Standpunkt eingenommen werden'? . - Ich glaube daher nicht — mehr kann natürlich niemand sagen —, daß das Reichsgericht die An sichten, von denen die geplante Anweisung ausgeht, für rechtsirrig erklären wird. Ich hoffe auch, daß diejenigen Arbeiterorganisationen, deren Streikposten sich im Rahmen ihrer Ausgabe halten, die also ledig lich den Streikstand beobachten und friedlichen Ver kehr — d. h. mit solchen, die keine Annäherung ab lehnen — pflegen, daß diese Organisationen keinen Anlaß zur Klage haben werden. Natürlich die jenigen, die mit Hilfe der Streikposten terrorisieren, werden klagen. Aber ihnen entgegenzutreten, ist gerade der Zweck des Vorgehens. Soviel über das Vorgehen gegen Streikposten, die durch Ausschreitungen die Freiheit des Straßenver kehrs stören oder gar gefährden. Neuerdings hat man nun in Preugen noch einen zweiten Gesichts punkt verwendet. Man ist dort davon ausgegangen, daß die Polizei nicht bloß im Straßenoerkehre, sondern auch sonst die Ruhe, Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten, insbesondere für den Schutz der Person und Les Eigentums zu sorgen hat. Deshalb haben die Oberpräsidenten der Nheinprooinz und von Westfalen Polizeioerordnungen erlassen, wonach den zu diesen Zwecken ergehenden Anordnungen der polizeilichen Aufsichtsbeamten bei Strafe Folge zu leisten ist. Die Verordnung für Westfalen ist bei einem Streik angewendet worden, bei dem die Arbeitswilligen von den Fenstern einer zum be streikten Werke führenden Straße aus ständig be lästigt worden waren; die Psli.zeibeamien hatten das Schließen der Fenster während des Schichten wechsels angeordnet, und ein Zuwiderhandelnder wurde deswegen und weil er bei der Festnahme Widerstand leistete, bestraft. Das Reichsgericht hat am 18. Juni 1902 die Verurteilung gebilligt. Nun hat in Preußen am 11. Februar 1914 der dortige Minister des Innern mitgeteilt, daß er ein allge meines Vorgehen auf dieser Grundlage angeordnet hat. In Sachsen ist darauf vom Verband Sächsischer Industrieller bei der Regierung angeregt worden, die geplante Ministerialanweisung auf dies« Maß nahmen zu erstrecken. Auch in der Gesetzgebungs deputation ist hierüber verhandelt worden. Die Konservativen haben den Antrag gestellt, die Re gierung solle eine Polizeioerordnung erlassen, die die SH 1 und 2 der westfälischen Verordnung enthält. In den letzten Tagen ist aber bekannt geworden, daß das preußische Kammergericht die preußische Ver ordnung in demjenigen Teile für ungültig erklärt hat, der sich auf die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, insbesondere den Schutz der Person und des Eigentums bezieht; nur der andere Teil, der die Freiheit des Straßenverkehrs betrifft, ist unbeanstandet geblieben. Di« Gründe des Kammergerichts sind m. W. noch nicht bekannt. Es ist ja ein eigenartiges Geschick, daß gerade der preußische Teil des Gedankens vom preußischen obersten Landesgericht für ungültig erklärt ist. M. E. liegt indessen kein Grund vor, diesen preußi schen Teil des Gedankens besonders hoch zu bewerten. Das nächste ist jetzt, den Ausschreitungen der Streik posten entgegenzutreten, und dazu genügt der ver- kehrspolizeiliche Gesichtspunkt. Zum Ueberblick über den jetzigen Stand der ganzen Frage gehört aber noch eines. Bekanntlich hat die konservative Partei Sachsens einen Industrie ausschuß gebildet, und dieser hat sich Mitte Februar an die sächsische Industrie mit einem Schreiben ge wendet, dem eine Rede des Herrn Geh. Kommerzien. rates Weber-Gera über den Schutz der Arbeits willigen beilag. Herr Weber vertritt die Forderung, daß durch Rcichsgesctz jedes Streikpostenstehen ver boten werde. Er bestreitet, daß Ausschreitungen, wie sie den Arbeitnehmern vorgeworfen werden, bei den Arbeitgebern (z. B. bei Aussperrungen, Kartellen und Syndikaten) vorkämcn, und leugnet deshalb die Notwendigkeit eines paritätischen Vorgehens. In erfreulichem Gegensätze zu diesem einseitigen Stand punkte steht die Rede, die der Abgeordnete Böhme namens der konservativen Landtagsfraktion am 29. Januar 1914 in der Zweiten Kammer gehalten hat; er sagte: „Der Koalitionszwang und der Organisationszwang finden sich ebenso bei den Unternehmern", und betonte, daß es den Konserva tiven darauf ankomme, „paritätisch beide Teile gleichmäßig zu behandeln". Wie konnte aber Mitte Februar 1914 der konservative Jndustricausschuß unter Bezugnahme auf die Weberfche Rede eine Um frage veranstalten, ohne hervorzuhebcn, daß in einem der wichtigsten Punkte — nämlich in der Frage, ob das geforderte Gesetz nur gegen Ausschreitungen der Arbeitnehmer sich richten sollte — die konser vative Landtagsfraktion den Wcbcrschen Standpunkt ablehnte? Die Entsendung von Kriegsschiffen nach Albanien. Die Zustände in Albanien haben sich so ver wirrt, daß ein Eingreifen der Großmächte immer notwendiger erscheint. Die daraus hinzielendcn Verhandlungen haben jetzt insofern zu einem positiven Ergebnis geführt, als sich Deutschland und England bereiterklart haben, an der Schifss-'nt- sendung nach Albanien teilzunehmen. Wir ver zeichnen folgende Meldungen: Deutschlands und Englands Zustimmung. Rom, 4. Juni. „Agenzia Stefani" meldet aus Berlin: Die deutsche Regierung hat die Mächte wissen lassen, daß sie, wenn die anderen Mächte zustimmen würden, geneigt sei, ein Kriegsschiff nach Durazzo zu entsenden. Man hat hier das Vertrauen, daß die moralische Wirkung in Albanien damit in gleicher Weise erreicht wird wie mit der Entsendung eines Truppendetachemcnts. Rom, 4. Juni. Die „Agenzia Stefani" meldet aus London: In den politischen Kreisen Londons wird versichert, das; die englische Regierung der Entsendung eines englischen Kriegsschiffes nach Durazzo zugestimmt habe für den Fall, daß die übrigen Großmächte sich anschlössen. — Diese Nach richt und diejenigen aus den übrigen Hauptstädten geben Grund, an das lebhafteste Interesse aller Großmächte für das Schicksal Albaniens zu glauben, in der Absicht, Verwicklungen zu vermeiden. Die Entsendung eines englischen Kriegsschiffes. Berlin, 4. Juni. England hat bereits den in Malta stationierten Panzerkreuzer „Herzog of Ed in bürg" nach Albanien in See stechen lassen. An hiesiger amtlicher Stelle bezeichnet man denn auch die Meldung, daß Fürst Wilhelm bereits im Begriff stehe, das Land zu verlassen, als tendenziöse Erfindung. PMileke Uebeilietil Vakteriologische Fleischbeschau. "Auf Grund von Beratungen im Reichs- gesundheilsamt, im Kaiserlichen Gesundheitsamt und in der Ständigen Kommission für Fleisch beschauangelegenheiten ist eine „Anweisung für die Handhabung der bakteriologischen Fleisch beschau" aufgestellt worden, wodurch eine grö ßere Sicherheit dagegen geschaffen werden soll, daß gesundheitsschädliches Fleisch in den Ver kehr gelangt oder gcnnßtaugliches Fleisch ver nichtet wird. "Als Untersuchungsanstalten sind in erster Linie die größeren Schlachthöfe in Aus sicht zu nehmen, die über ein entsprechend ein gerichtetes Laboratorium und über Personal ver fügen, das mit bakteriologischen Untersuchungen vertraut ist. Ferner kommen namentlich etwa vorhandene Bctcrinärlaboratoricn sowie mit Tierärzten besetzte bakteriologische Institute in Betracht. Es ist anzustreben, daß möglichst alle größeren Schlachthöfe die nötigen Einrichtungen für bakteriologische Untersuchungen besitzen. Die bakteriologische Untersuchung ist nicht dazu be stimmt, dem mit der Fleischbeschau betrauten Tierarzt die Verantwortung für die abschlie ßende Beurteilung des Fleisches nach den slcisch- beschaugesctzlichen Bestimmungen abzunehmen. Nach wie vor hat der Tierarzt darüber zu ent scheiden, ob nach diesen Bestimmungen auf Grund des gesamten Bcschaufundcs eine Verwendung des Fleisches von Schlachttieren zum mensch lichen Genuß zulässig ist. Die bakteriologische Untersuchung soll ihm nur die Entschei dung in den Fällen erleichtern, in denen der VcrdachtdcrBln »Vergiftung besteht, aber durch die gewöhnliche Untersuchung nicht mit Sicherheit sestgestellt werden kann. Wird durch die bakteriologische Untersuchung der Verdacht der Blutvergiftung nicht bestätigt, so haben die Beschautierärztc mit größter Sorg falt namentlich die Eingeweide, einschließlich des Euters, die bei der bakteriologischen Prüfung
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