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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.05.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140502024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914050202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914050202
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-05
- Tag 1914-05-02
-
Monat
1914-05
-
Jahr
1914
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)I4 ter. Val. >. «kt» n. 4. Uch. !». r. ssio«. ler n IV e. "'!N - »ur ern. 11. US. a«. >l. c» 8. l. c« uns doch zugleich auch eine wirtschaftliche Be deutung hätte? Vir finden: so läßt sich besser als mit dem unbezähmbaren Drange nach Bil dungsreisen die Forderung begründen. Es ist sicher richtig: die wirtlichen Arbeiter in den Parlamenten — und ihr Kreis wird bei der Unzahl von Kommissionen stetig größer haben ein nicht geringes Pensum zu bewältigen. Und es wäre nur eine billige Anerkennung, wenn man ihnen, die das Institut der Eisenbahnen in der Regel nur von nächtlichen Herfahrten von der Heimat »ach Berlin und umgekehrt kennen, es zwischendurch auch einmal zu ihrem Vergnügen überantwortete. Zumal da ein Ausfall für die Staatskasse doch nicht cinträte und die Allgemeinheit in keinem Belang geschädigt würde. Das sind nur so ein paar Punkte (auch die Abneigung der Regierung, den Abgeordneten die ostafrikanische Studienfahrt zu bewilligen, gehört mit dazu), die wir aufs Geratewohl her- ansgreifen. Die aber, scheint uns, zur Genüge darin», daß man in den regierenden Sphären zurzeit nicht gerade von sonderlichem Wohl wollen für den vielziticrten „anderen Faktor" erfüllt ist. Und das ist schade. Denn die Dinge haben eine Bedeutung, die über das Gebiet der persönlichen Zänkereien hinausrcicht. Es ist nun einmal nicht anders: Menschen, Menschen sein m'r alle, und wie man in den Wald hin einruft, so schallt es heraus. Manches, was in diesen Tagen in den Koininissionen sich begab, ist am letzten Ende vielleicht auf diese Stim mung der Gereiztheit zurückzuführen, die in erster Reihe doch wohl die Regierung ausbreiten und vertiefen half . . . Der Kampf um Tampico. Die Amerikaner spicken jetzt die lachenden Dritten gegenüber den jich bekämpfenden Mexikanern, Kaum glaublich dünkt unserem Empfinden dies Schauspiel, daß der Lanüesfeind ungestört immer neue Truppen landet, während die Parteien im Innern nicht los kommen von ihrem Haß und persönlichen Ehrgeiz, und sich selbst zerfleischen. Demgegenüber ist cvenigstens mit Freuden sestzustellcn, daß fast alle Ausländer Mexiko verlassen haben. Auch der amerikanische iilgent Ryan, der bereits standrechtlich erschossen sein sollte, lebt noch und befindet sich auf der Fahrt nach Veracruz. Um Tampico. — Veracruz, 2. Mai. Der Sonderberichterstatter der „Telegraphcn-Union" meldet: Der entscheidende Angriff der Rebellen auf Tampico wird jeden Augenblick erwartet. Die Rebellen haben 6900 Mann in der 'Rahe der Stadt konzentriert und den Sturm bereits durch eine Kanonade ihrer Artillerie eingelcitet. Die Ausländer sind sämtlich in Sicherheit gebracht, so daß dem Kampfe zwischen den Rebellen und den Bundcstruppen seitens Ler Amerikaner mit größter Ruhe cntgegengesehen werden kann. Der Schutz der Oelfelder. Washington, 2. Mai. Die hiesigen Agenten der Konstitutionalisten haben an die militärischen Befehlshaber vor Tampico telegraphiert, sie sollten ihr möglichstes zum Schutze der Oel felder tun. Die Freilassung Ryans. Washington, 2. Mai. Huerta hat ver sprochen, Ryan f r e i z ul a j s e n, wenn es sich herausstelle, daß er in Zacatecas gesangengehalten werde, wie der brasilianische und der spanische Bot schafter berichteten. Der Vizekonsul Miller be richtete, daß er auf das Versprechen unbedingten Schutzes seitens des Generals Zaragosa der Bundes truppen das amerikanische Konsulat tn Tampico wieder eröffnet habe. Veracruz, 2. Mai. Amtlich wird erklärt, daß Dr. Ryan in Zacatecas freigelassen worden ist und sich auf dem Wege nach Mexiko befindet. General Huerta Hal sich für seine sichere Fahrt nach V e r a- cruz verbürgt. Zur Verurteilung -er -eutschen Luftsthiffrr in Nußlan-. Wie uns gemeldet wird, soll die Kaution für die in Perm verurteilten deutschen Luflschiffec Berliner, Haase und Rikolai im Lause des heutigen Dormittags gezahlt werden. Die Kaution wird für Berliner vom Deutschen Luftfohreroerband und für die beiden anderen von deren Angehörigen gezahlt werden. Das Urteil, dessen Begründung leider noch nicht vorliegt, ist bereits auf Grund des neuen Spio nage g c s e tz e s gefällt, Las vor mehreren Monaten in Rußland m Kraft trat und gegenüber dem alten Gesetz außerordentliche Verschärfungen aufwegt. Be sonders hat der Begriff der Spionage in dem neuen Gesetz eine bei weitem allgemeine Ausdehnung -c sunden. Es kommt damit dem englischen Spionage gesetz sehr nahe, das auch sehr scharfe Maßnahmen gegen die Spionage kennt, jedenfalls viel schärfere als die entsprechenden deutschen gesetzlichen Bestim mungen. Besonders interessant ist die Tatsache, daß in oem neuen Gesetz zum ersten Male Maßnahmen über Spionage vom Luftschiff ans vorgesehen sind. Untertan seines Königs" über religiöse Dinge zu schweigen. Der König starb, und Kant erklärte, jetzt binde ihn die Verpflichtung nicht mehr; er sei jetzt der Untertan Friedrich Wilhelms III. Diesen Fall habe er schon bei der Abfassung seines Schreibens in Betracht gezogen! Das ist aber eine echt jesuitische „ro-sorvutio invntalis". Hier enthüllt sich Kant völlig als „der Jesuit von Königsberg". Ich halte die Entrüstung Bunds über den letzten Punkt für etwas übertrieben. Die Sache wirkt eher humoristisch und erinnert an die Kniffe, mit denen sich die Schuljungen zu helfen juchen, wenn sic ein Verbot übertreten haben oder es tun wollen. Weiter aber steht uns fällt Bunds Auffassung mit der Ant wort auf die Frage, ob die „Kritik der reinen Ver nunft" wirklich nur eine Einleitung zur Moral philosophie Kants ist. Und das leuchtet mir in keiner Weise ein! Die „Kritik der praktischen Ver nunft" ist nicht Kants Hauptschrift, sondern ein Zurückweichen, ein halber Widerruf. Er ist erfolgt, weil Kant vor den Resultaten seines eigenen Denkens graute. Zugleich aber mag es ihm ähnlich ergangen sein wie Auguste Comte, der auch im Alter in die religiösen Gedankengänge zurückfiel, die ihn in der Kindheit beherrscht hatten. Die physiologischen Vorbedingungen einer solchen Rückcntwicklung hat Ostwald in seiner jüngst erschienenen Comte- Biographie ausgezeichnet beleuchtet. Der alternde Kant ist wieder zum Leibnizianer geworden. Er hat den Optimismus wenigstens in der Form zu retten gesucht, daß er den Ausgleich ins Jenseits verlegte. Stimme ich demnach nicht mit Bund über ein, so muß ich doch gestehen, aus seinem eigen artigen und eigenwilligen Buche sehr viel gelernt zu haben. Es steht hoch über dem Gros der Kant literatur, die längst bekannte Gedankengänge immer wieder durchläuft und den Leser zwar niemals durch paradoxe Behauptungen erschreckt, aber dafür stets gründlich langweilt. k)r. Rotz, liic-mnnn. Kunst un- Wissenschaft. * t.'erele <1e8 -luuule». ,,1.u musiguo et la litteratiirv ?o"8 Io Oonsulat <t I'Lwpire" lautete das Thema, das sich M. Paul Segny von der Großen Oper in Paris für seine Causerie gestellt hatte; er hat sich seine Aufgabe sehr leicht gemacht, da er sich darauf beschränkte, nur Anregungen zu geben und es seinen zahlreichen Hörern überließ, sich selbst in das interessante Thema zu vertiefen. M. Segny beschäftigte sich fast ausschließlich mit Napoleon in leinen verschiedenen Lebens stadien und seinem Verhältnis zur Musik und zur Literatur, soweit sie in den literarischen Salons damals zum Ausdruck kam. Der große Korse hatte ein gutes musikalisches Empfinden, obgleich er selbst kein Instrument spielte und stets falsch sang. Musik und Literatur unterstützte er von Staats wegen. Die vorzugsweise aus Bonmots und A propos zu sammengesetzte Causerie ließ meist das ernste Studium vermissen, das wir bei Vorträgen an dieser Stelle zu konstatieren gewohnt sind. Wer somit über den sonst ganz unterhaltenden literarischen Teil vielleicht etwas enttäuscht war, wurde jedoch durch den vollendeten musikalischen Vortrag des Künstlers, in dem er uns einen in jeder Beziehung vollendeten Vortrag sowie icine hervorragende Mimit und Technik offenbarte, über reich entichädigt Das vornehme Auditorium dankte dem Gaste für seine vielseitigen, musterhaften Dar bietungen durch lebhaften Beifall. Mr. Segny wurde am Blüthner von Mme. Hermsdorf gleich wertig sekundiert. .4. 1*. * Die Krankheit Ernst o. Schuchs. Wie unser Dresdner Mitarbeiter crfähit, besteht die Krankheit des General-Musikdirektors v. S ch u ch in einem schweren Nervenzusammenbruch. An eine Wiederaufnahme seiner Tätigkeit vor dem Herbst ist nicht zu denken. " Teresa Care w hat nach einer langen und er- solgreichen, aber freilich durch eine hartnäckige Bron chitis vielfach erschwerten Konzerttournee durch die Vereinigten Staaten am !1O. April mit dem Dampfer „Viktoria Luise" ihre Rückreise nach Europa angetreten " Der Berliner Maler Hans Busse ist, wie ge meldet wird, in Taormina auf Sizilien ge storben. Busse, der in Berlin am 21. Mai 1867 geboren war und zuerst als Architekt wirkte, malte besonders Bilder aus der italienischen Landschaf t. Für die Lesehallen des preußischen Abgeordnetenhauses schuf Busse eine Reihe von Wandgemälden aus Kalabrien und Sizilien. Zum Rektor der Universität Halle wurde, wie uns telegraphisch gemeldet wird, für das kommende Amtsjahr der Mathematiker Geheimrat Gutzmer gewählt. * Otto Henne-am-Rhyn gestorben. Wie der Tele graph aus St. Gallen meldet, ist der bekannte Kulturhistoriker Otto Henne-am-Rhyn im 86. Lebensjahre gestorben. Am 26. August 1828 war Otto Henne-am-Rhyn als Sohn des Dichters Otto Henne zu 2t. Gallen geboren. Er besuchte die Uni versität Bern und trat dann in den Dienst seines Heimatkantons, in dem er 1852 Departements sekretär. 1857 Gymnasialprofessor und 1859 S t a a t s a r ch i v a r wurde. 1872 schied er aus dem Amte, um sich der Journalistik zu widmen. Er ging als Redakteur nach Leipzig, 1877 nach Hirschberg in Schlesien und 1879 nach Zürich. 1885 kehrte er in seine alte Stellung als Staat archivar in St. Gallen zurück. Er hat jich mannigfach mit Erfolg literarisch betätigt. Wir nennen die „Kulturgeschichte des deutschen Volkes" und die Kulturgeschichte des 2 udentums". Men--Ausgabe Gr Leipzig un» vororl« durch unser, Träger . un» SprSiteure rmoltügltch in» yau» gebracht: monatlich i.LS M., vierteyahrlich A.7S M Sri Ser Geschäftsstelle unsren Ztlialeu vuü siu»gab,steU,n adgrholt: monatlich im.,vlert«llährllch SM. Durch die Post: innerhalb drutschlan»» un» »er »rutschen tlolonlru monatlich 1^0 M.. vtertrllührltch «.r» M. ausschließlich postbesteUgrt». Vas Leipziger Tageblatt erscheint werktags rmal.Sonn-u.Zeiertagstmal. Lu Leipzig, »en Nachbarorten un» Sen lvrtrn mit eigenen Zilialen wir» Sl« fldenüausgad« «och am Ndenü »es erscheinens in« Haus geliefert, verliner Neöaktiou: Ln üeaLetten 17, Zrrnsprech.sinschluß: Moabit Nr.«47 Amtsblatt des Rates urrd des Poläseiamtes der Stadt Leipzig Neüaktion un» Srschilstoftrllrr Zohannisgass» Nr.«, a Zernsprech-sinschluß Nr. t«»»2, i»b»r un» I»»»». ISS. Jahrgang für Inserat« au» Lripzig UN» Umgebung Sie ispaltigiPetitHeilersps, »ie Neklameveile > m„ von ouswärt» rs ps., Neklamen '.SS M-, Kleine Nnzelgen Siepetitzellr nur 2» ps.b.wieSerhol.fiab., Lnserat» »on SekbrSea im amtlichen keil Sie Petit zeil« S» Pf. Srsch«ist»anz«igrn mit plonvorschrist »m Preise erhöht. Nabatk nach Tarik. Seilageo: Selamtousl.SM.»«»Tausend au»schl.poygcdühr. sinzeigea-ynnahme: lovannisgalse». sei sämtlichen jiliolen S», Leipziger Tageblatt«» un» alle« Ynnoncen-Txprditionra Sr« Ln» un» Nuelan»«». Geschäftsstelle für SrrlU, u.Si« pr.Sranöendurg VIccttlonwal'rrZliegel, Verlin w. IS. Margareldeustraß, ». Z-rnspreG-slnschluß: Luhow S07l. Nr. 22l Sonnsben», Sen 2. Mai 1914. Vas Wichtigste. * Der Reichstag erledigt am Sonnabend die erste Lesung des Rennwettgesetzes. jS. Art. u. Bericht.) * Die albanische Stadt Kolonia ist von Len Epiroten eingenommen worden. (S. Ausl.) * Roosevelt soll sch wer krank von seiner Expedition zurückgekehrt sein. (S. Nachr. v. Tage.) * Um Tampico tobt ein heftiger Kampf zwischen den Rebellen und Len Regierungstruppen. sS. Pol. Hebers.) Verstimmungen. o Berlin. 1. Mai. Als der Reichstag in die Osterferien ging, war das Verhältnis zwischen ihm und der Re gierung einigermaßen gespannt: das war es freilich so ziemlich den ganzen Winter hindurch gewesen. Aber wie das so zu gehen pflegt: die Welt wird alt und wieder jung, der Mensch hofft auf Verbesserung. Im letzten Sessions abschnitt, meinte man, würden die Dinge sich schon noch zurechtrücken. Run ist von diesem Abschnitt der vierte oder, wie einige rechnen, der dritte Teil bereits verstrichen (denn die Optimisten hoffen, daß man schon am 16. Mai endgültig wird auseinandergehen können), aber es ist doch wahrheitsgemäß fcstzustellen, daß die Eintracht immer noch nicht cinkehrte. Man ist im Reichstage keineswegs händelsüchtig. Schon weil unser Bürgertum, auf dessen Emp findungen und Auffassungen die Gewählten heute lebhafter reagieren denn je zuvor, so voll Fricdenssehnsucht, so (nicht immer im besten -sinne) „regierungsfromm" ist. Aber mau fühlt sich gekränkt, zurückgesetzt uud andauernd schlecht behandelt. Man hat auch hier wieder den Ein druck, daß der Kanzler selbst da, wo er an sich im Recht ist oder cs vielleicht gar nicht so schlimm meint, eine bemerkenswert unglückliche Hand hat. Da ist zunächst das Verlangen der Budget kommission, der Kanzler möge sich selbst be mühen und seine Anschauungen über die aus wärtige Politik in eigener Person vortragen. Herr v. Bcthmann hat dies Verlangen abge lehnt, und man kann das am Ende verstehen. Es ist nicht angenehm, wo Kommission und Plcnarverhandlung in so kurzem Zeitraum sich folgen, zweimal hintereinander dasselbe sagen zu müssen. Ohnehin sind von dem einen und anderen Redner bei dieser Gelegenheit in der Kommission Tinge vorgebracht worden, die von Rechts wegen durch..ns ins Plenum gehören. Aber schließlich hätte, nm zu versagen, der Herr- Reichskanzler etwas mehr sprechen und wohl auch eine verbindlichere Wendung finden können. Die Abgeordneten, die im vorigen Jahre bis lief in den Sommer hinein beisammen bleiben mußten, hegen Heuer das sehr verständige Be gehren, früher auseinanderzngehen. Sie kom men zum Kanzler oder, wie es'neumodisch heißt, zur „Reichsleitnng" und sprechen: Bitte, sag' uns, was du noch erledigt zu scheu wünschst; was unbedingt noch geschasst werden muß, was zur Not einen Aufschub verträgt. Die also apostrophierte Regierung aber hüt die Freund lichkeit, überhaupt nicht zu antworten. Der Sc- niorentonvent tritt zusammen und geht unver richteter Sache wieder auseinander, ttcbcr die immerhin auch sachlich wichtige Frage, ob ver tagt oder geschlossen wird, tappt man noch heute — also, hoch gerechnet, drei Wochen vor dem Abschied von Berlin — im dunkeln. Nun heißt cs ja neuerdings, nachdem noch vor ein paar Tagen in sehr bestimmter Form das Gegenteil verbreitet worden ist: die Regierung wolle ver tagen. Schön: aber warum sagt sie denn das nicht? Es ist doch kaum anzunehmen, daß die Regierung, damit die Freude großer sei, den Abgeordneten eine Ueberraschung bereiten will. Wir bemühen uns hier absichtlich, das alles so ruhig und leidenschaftslos wie möglich zu behandeln. Aber man wird cs doch aussprcchen müssen: freundlich und übermäßig höflich ist das Vorgehen am Ende nicht. Leute, von denen man noch zum Lebewohl verlangt, daß sie so unbehagliche Dinge wie den Grundstückshandcl mit dem Militärkabinett herunterwürgen, sollte man schon aus Klugheit sanfter anfassen. Und dann, der alte Streit um die freie Ei s e n b a h u f a h r t! Wir geben ohne weiteres zu: man kann rein theoretisch — wir haben das ja auch schon früher an dieser Stelle angc- dcutet — darüber seine eigenen Gedanken haben. Aber in der Praxis des Parlaments — dieses unseres Reichsparlaments — stellt sich die Frage vielleicht anders. Wir haben in den letzten Tagen Abgeordnete gesprochen, die für ihre Person kei neswegs zu den Stürmern und Drängern und ewig Oppositionellen gehören. Die erklärten uns: Wir haben im Dienst der Allgemeinheit Jahr für Jahr ein ansehnliches Stück Arbeit zu leisten; warum versagt man uns dieses kleine Ehrenrecht, dessen Zubilligung für viele unter Es hat immer Menschen gegeben, welche an allem, was groß und schön war, Flecken aufsuchten oder sie anhefteten, und diese haben sich immer vor der Nachwelt verächt lich gemacht. Niebuhr. kant - ein Jesuit! Hugo Bund: Kantals Philosoph des Katholizismus. Verlag von Carl Hause, Ber lin 1918. 858 S. Gr. 8". Preis 7 geb. 8 -k. Paulsen hat Kant als den philosophischen Ver- treter protestantischen Geistes gefeiert; die Jesuiten haben sich darüber entrüstet, daß Kant den Schluß vom Dasein der Welt auf einen Weltschöpjer für falsch erklärte und nur aus den moralischen Bedürf nissen des Ich die Ideen der Gottheit und Unsterb lichkeit ableitetc. Papst Pius X. hielt den auch unter der katholischen Geistlichkeit verbreiteten Neukantia nismus für einen so gefährlichen Feind Les Kirchen- giaubens, daß er den Antimodernisteneid vorschrieb. In ihm bekennt sich der Kleriker zu dem Glauben, „Gott aus den Werken der Schöpfung, gleichwie die Ursache Lurch ihre Wirkungen, mit Sicherheit er kennen und somit auch beweisen zu können". Diese Stellungnahme der Protestanten und der Katholiken hält Hugo B u n d, der aus dem Boden des liberalen Protestantismus steht, für falsch. Er meint, Kant habe in seiner Erkenntnistheorie Las Dasein r>er Zeit, des Raumes, der Kausalität und der Substanz nur bestritten, um Gott in der „Kritik der praktischen Vernunft" die Eigenschaften der Ewigkeit, Allgegenwart, Allmacht und Geistigkeit beilegen zu können. Deshalb setzte er die Wesenheiten, die durch diese Eigenschaften Gottes aufgehoben werden, in der „Kritik der reinen Vernunft" zu bloßen Denk formen unseres VerstanL-es herab. Er wollte mit diesem Werke die Metaphysik nicht stürzen, sondern begründen. Es bildet überhaupt nur eine, freilich ungebührlich lang geratene, Einleitung zu Kants Hauptwerk, zur „Kritik der praktischen Vernunft". Seine ganze Philosophie will nur das Dasein Ler Ideen Gott, Freiheit und Unsterblichkeit sichcrstellen. Demnach ist sie nur eine Magd der Theologie und er füllt nur die Aufgabe, die Thomas von Aquino der Philosophie zuwics. Sie stützt den Glauben: „Kant hätte ganz ruhig die erste These des Antimodernisten- eides schwören können." Er hat die scholastische Philosophie nicht vernichtet, sondern belebt. Die Ka- - tholiken stecken selbst schon in Kantischen Gedanken gängen, ohne es freilich zu merken Der Freiherr von Hertling betont, daß es ohne Goct keine Sittlich leit gibt. Das ist derselbe Idccngang, den Kant vom anderen Ende her durchläuft, wenn er aus dem Dasein des Sittengesetzes das Dasein Gottes folgert. Als echter Scholastiker philosophiert er auf ein bestimmtes Ziel los. Nur bevorzugt die Kirche die Beweise der theoretischen Vernunft, Kant die der praktischen. Er wollte Natur und Geschichte gern nach Ursache und Wirkung auslegen, fiel aber immer wieder in die alte Erklärung nach Zwecken zurück, an der die Kirche noch haute festhält. Seiner auf den Kom mandoton Les kategorischen Imperativs gestimmten Ethik fehlte das Beste, Las Gefühl. Darin gleicht sic völlig osm Pflichtenverzeichnis der katholischen Kirche. Kant verlangte eine „ethische Gymnastik". Die Iesuiteupädagogil bringt sie in den „oxvi-chtin .^>irtt,ualin". Sehr amüsant fragt Bund endlich, ob ein überzeugter Kctzerrichter einen anderen Wunsch hegen tonne als den, „daß die Maxime seines eigenen Handelns in der Tat zugleich auch als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung angenommen würde". Auf der einen Seite folgen aus dem kategorischen Imperativ das Dasein Gottes und die Unsterblichkeit der Seele. Auf der anderen Seite darf man diese doch nicht ganz unwichtigen Tatsachen nicht vor Augen haben, darf man niemals an die Belohnung im Jenseits denken, während man diesem Imperativ gehorcht. Das sind oer st eckte theologische Voraus setzungen, die den Menschen unter die Polizeiaufsicht der Gottheit stellen, wie das auch die katholische Kirche tut. Schlimmer aber ist die „Als-ob-Theorie", mit der Kant die Zweifel gegen die Gültigkeit des moralischen Gottesbeweises abwehrte, eine Theorie, die von Vaihinger in seiner „Philosophie des Als- ob" wieder ans Licht gezogen wurde und jetzt von Len meisten Neukantianern vertreten wird. Kant sagte: „Es ist weise, so zu handeln, als ob ein anderes Leben und der moralische Zustand, mit dem wir das gegenwärtige enden, samt seinen Folgen beim Eintritt in dasselbe unabänderlich sei." Hier wird Bund grob. Er meint, dies« Theorie rücke den Inhalt der Religion aus dem Gebiete den Hypothese einfach in das der Fiktion. Dieser Widerspruch zwischen Denken und Handeln fei sonst nicht im Pro testantismus, sondern nur im Iesuitismus nachweis bar. Bund meint, wenn Kant diese bedingte Geltung allen Dogmen zugestehe, die „zur Beförderung und Belebung moralischer Antriebe" geeignet sind, dann brauche er vor allem eine Instanz, die darüber ent scheide, welche Dogmen sich dazu eignen, also — einen Papst. Schließlich sucht der erbarmungslose Forscher auch nachzuweisen, daß Kant sich bisweilen benommen hat wie ein Jesuit. Ms die freigeistig« Regierung des Alten Fritz der frömmelnden Friedrich Wilhelms II. Platz gemacht hatte, mußte sich Kant schriftlich verpflichten, „als der getreueste
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