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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.05.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140502017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914050201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914050201
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-05
- Tag 1914-05-02
-
Monat
1914-05
-
Jahr
1914
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Morgen - Ausgabe kür r«Ipztg UN» Vorort» durch unser» rrdgrr ' un-Sp»dit«ur«rmaltägI!ch>n»yau«g«drocht: monatlich I.2S M., olrrtrllShrllch Z.7» M. Sei der SrschästsN«Ur, unsrrn ZUialr« und fluogadrsteUen adgrholt: monatlich t M.,virrt«ljährllch 2 M. vurch dl« polt: lnn»rhalb veutschland» und der »rutsch«» Kolontru monolllch l.d» M., oiertcliährlich 4.2» M-, auoschlirtzlich postdrsteUgrld. Va» LeipzigerTagrdlatt erscheint werktags Lmal,Sonn- u.Feiertag»»mal. 2n Leipzig, den Nachbarorten und den Drten mit eigenen Filialen wird die slbcndausgab« noch am ftdenü des Erscheinen» in» Hous grlirsert. berliner Ncüaktivn: Süden Zellen 17, Fernsprcch-önschluft: Moabit Nr.447. /trrrtsvloctt des Rakes und despoläzeüurrtes der Stadt Leipzig kteüoktion und SeschSstsNeU«: Fohannisgass« Nr.», o Ferniprech-Hnschlug Nr. >4d»2. >4b»2 and 14-44. Iss. Jahrgang kü» Snserat» au» Leipzig and Umgebung dl» Anzeigenpreise. i,paltls-P»tUzrU«22p»..ai«N«kIam«i«ttr1M., von auswärts 20 ps., Neklamen l.2d M., klein« hnzeig«n Si«p«titzelle nur 20ps.d.wi«d«rho>.kod.,2nserole oon Seborden im amtlichen iril Sie prtlt- z«il« Sd ps. Sischäslsonzrigrn mit playoorschrist im Preise erhöbt. Nodatl nach Saris. Seiiagen - Sesamtaufl. S M. Sa» Sausend ausschl. poNgrbühr. fluzeigen-slnnabm«: Fobannisgasse», bei sdintliäica Filialen de» Leipzig«, Sog«dlatt«o und allen hnnonccn-SepcSitionen des 2n- und huolanüe». SrschästssleU» für verlin u.Sic pr. 0ron"endurg virrktionwalterZliegei, Veclin !v i» Maraarethenstraße 8. Zernsprech-ftnschiuftr Lüyow so?i Nr. 220. Sonnsbenü, »en 2. Msi. 1914. Vas wichtigste. * Der Reichstag erledigte am Freitag die sog. „Di t a » i c"--V v r l a g e sowie noch zwei kleinere Borlagen in allen drei Lesungen. (S. Art. und Per.) * In der Freitagsil'.nng der Bndget- kom Mission des Reichstages antivortete ans "Ausführungen enie-.- Foriscinrilllers der Kriegs- Minister, das; l eine n e n e W e hrvorl a g e in Arbeit sei, ob eine solche später notwendig werden tönne, sei jetzt nicht zu übersehen. (S. Ber.) * Statthalter v. Dallwitz ist in Strast- burg eingetrosfen nnd hat sein neues Amt angetrctcn. (S. Dtjchs. :)c.) * Oesterreich wird sich offiziell an der Weltausstellung in Sa n Fr ancisco l'hl.5 beteiligen. (S. Ausl.) * In der Ulsterlrisis mehren sich die Anzeichen dafür, das; ein Ber gl eich zwischen den Parteien zustande kommen wird. (S. Ausl.) * Die deutsche Postverwaltung erklärt, für ein rechtzeitiges Eintreffen der Post sendungen nach Mexito keine Gewähr leisten zu können. die Parlamentsarbeit in Hapern. PoUtstcher Brief von Dr. M. 2- Jacobi-München. Genug har Die bayerische AbgeoroneterOammer seit Erb, sinnig Dieser reichlich rangen Session ein schönes Arbeitspensum bereits erlooigt. Die Rege lung der Kömgsfrage, die ^iesormierung der y»s- yalmngsfinanzen, die Verabschiedung des Budgets, die Prüfung unio Erledigung des bayerischen Milt täretats — das sind wichtige gesetzgeberische Lei stungen, die — soweit das -Staatsbudget in Frage roinint — auch in arideren Parlamenten nur mit grosjeni Aufwand an Feit und Nedekrast bewältigt §u werden pflegen. Und die konzentrierte Gedanken arbeit in den Ausschutzsitzungen ist gleichfalls wahr lich nicht zu unterschätzen. Freilich rainen die wich tigsten wirtsciMtspollrrjchen Gesetzentwürfe nicht über oas hinhaltende Stadium der Ausschugsitzungen yrnaus. So ist vor allein die Frage der W alche n- >ee-Krastoerwertung oura) den --»taut noch ganz in der schwebe. Die in diesem Sonderfau „feindlichen Brüder" des homogenen Ministeriums, ver stürmische Draufgänger v. Soden, Staats minister des Innern, und der zögernde Berwauungs- bureaukrat v. seid le in, Staatsminijter für Ber- leyrsangelegenheiten, haben die baiierifchen Bolks- bolen mit dickleibigen Denkschriften beglückt, in denen die Herren Minister ihren Standpunkt zur Walchensee-Frage auch dem teilnehmenden Bolle oe- greijlich zu machen versuchten. Fetzt erklärt sich not- gevrungen Berkehrsminister o. Seidlein („halb zog es rhn, halb sank er hin") mit dem Ausbau der Walä-ewee-Wajserlcäfte durch das Staatsministerium des Innern einverstanden. Aber nur unter schweren o.triebstechnijch-en und finanziellen Borbedingungen, Die schon dazu geführt haben, datz ein Teil der ilerikauen Meyrheitspartci nunmehr nicht die ge samte Wasserkraft des Walchensees auskauen lassen will. Dem Hund soll der Schwanz stückweise ab gehauen werden. In letzter Minute will man mög lichst vrel Sonoervorteile für einige klerikal ver- rerene Wahlbezirke erringen. Und wenn diese auch gerade im Staatsintercsse nicht durchgesetzt wer den tonnen, so hat dann doch wenigstens das Zen- trum wieder einmal jein Gesicht nach beiden Seiten gewahrt. Die Meinung matzgebender bayeri scher U n t e r n e h in e r k r e i f e über die Aus sichten des bayerischen Staates als Unternehmers in Industrie werken bleibt ungünstig. Man hat in dieser wie auch in anderer — jo be sonders in agrargesetzlichcr — Hinsicht mit tem bayerischen Perwaltungsburcaukratismus schon kost spielige Erfahrungen gemacht. Die Abneigung des Finanzministeriums als Berwalters der — neben den Berkehrsanstaltcn — bedeutendsten wirtjchasl- liäsen Staatsunternehmungen Bayerns im Brauerei betrieb, im Forst-, Moorkultur- und Bergwerkswesen gegen die Einführung der kaufmännischen Buch- tüyrung zeigt, datz „man" den alten Wein nicht in neue Schläuche füllen will. Ob die nocy in dieser Tagung zu erledigende Reform des Verwal- tungsapparates an den acht Kreisregierungen dauernde Besserung bringen wird, steht noch dahin. Im Grunde genommen trägt an der wirtschafts- politiscben Unfruchtbarkeit des bayerischen Ver- waltnngsapparates auch die wachsende Ueberfüllung aller Staatsdienst-Anwärtcrposten schuld. Leider sorgen gerade di« Mittclstandskreise, die so häufig die Kosten und Lasten durch das Beamtentum nicht immer ohne Grund bekritteln, bei der einseitigen Auswahl des Berufes für ihre Heranwachsenden Löhne am allermeisten dafür, datz der Zudrang zu allen B c a m t e n st s l I e n, mit ihr die jede Arbeitsfreude ertötende endlose Diätarwartezeit und das Strebertum stets empfindlicher bemerkbar werden. Die einheitliche Versorgung des flachen Landes mit elektrischer Kraft durch zweck- gemätz verteilte Ueberlandzentralen soll nun auch jtaatsgesetzlich geregelt werden. In einer gleichfalls umfangreichen und ziemlich inhaltsleeren Denkschrift versucht das Staatsministerium nunmehr, Anhänger für den Gedanken zu werben, jedes private Ueber- landwerk durch zwei Staatskommissare — einen juristischen und einen technischen — samt dem not wendigen Unterbeamtenpersonal überwachen zu lassen. Wer soll diese „Wachposten" ,zahlen? Der Handwerker oder Bauer, der so notwendig billige Eiektrizitätskraft braucht? Ein Antrag der liberalen Fraktion fordert mit vollem Recht staatsgesetz lich c Matznahmen für die m ö g l i ch st billige Vergebung elektrischer Kraft an Bauern und Handwerker. Der selbständige Handwerkerstand Bayerns leidet ohnedies besonders stark unter der ungünstigen wirt schaftlichen Konjunktur, die noch jetzt den städtischen Baumarkt lähmt. Auf eine Umfrage der Münchner Stodtgemeinde wegen Unterstützung beschäfti gungsloser selbständiger Handwerker liefen über Wil Bewerbungen ein, die nur zum klei neren Teile eine Berücksichtigung nicht verdient hätten. Aber die vom Gemeindekolleaiiim Münchens für Handwerker ausgeworfcne Unterstützungssumme betrug nur 10 WO M, während für Arbeitslose aus Lohnarbeiterschichten wieder W 000 -tt den Gemeinde mitteln entnommen wurden. Die staatsgesetzlichc Lösung der Ar beitslosenversicherung durch Zuschüsse zu gemeindlichen Versicherungskassen mit zentralisiertem Arbeitsnachweis droht am Widerstand der Mehrheit in der Reichsratskammer zu scheitern. Gewitz ist es unrichtig, bei einer so folgenschweren Angelegenheit von einem unverbindlichen „Versuch" zu sprechen. Auch sind die Gefahren der Vermehrung der „Leute not auf dem Lande" selbst bei gesetzlicher Festlegung ciner dreijährigen Wartefrist für Landarbeiter vor der Aufnahme in die Arbeitslosenversicherung nicht beseitigt. Vor allem bleibt cs bedenklich, den Zuzug speziell ausgebildeter, deshalb anspruchsvoller oder r nausgeLilderer Lohnarbeiterschichlen aus allen deutschen Gauen nach München oder anderen Giotzstädten Bayerns durch eine bayerische Arbeits losenversicherung zu fördern. Das mit dem 1. Januar 1!>1ö auch in Bayern rcchtswirksame kl u t e r st ü tz u n g s w o h n s i tz g e s e tz, dessen Aus- fiihrungsgesetz gleichfalls noch in dieser Session zur Beratung kommt, wird ohnehin den städtischen Ge meinden Bayerns neue finanzielle Lasten aufbürden, gleichzeitig allerdings vielen Landgemeinden eine durchaus gerechtfertigte Erleichterung schaffen. Der bayerische Staat braucht noch immer Geld. Er hat nicht eine so wohlgesüllte Brieftasche wie Preutzen oder Sachsen. Die jo notwendige Aufbesserung der Landlehrergehälrer, dann dringende verkehrs technische Bedürfnisse sollen gedeckt werden. Also ist das homogene Ministerium auf die Steuerjuche ge gangen. Die Berge haben gekreitzt, ein winziges Mäuslein ist geboren worden — aber eins, das jedem bayerischen Staatsbürger die Nachtruhe rauben kann: der G e b ü h r e n g e s c tz e n t w u r f. Nun sollen alle Mietverträge, Rechtsoollmachteu, Rechts vergleiche der Stempelsteuer unterliegen. Die be stehenden Stempelgebühren sollen erhöht werden! Was in wirtschaftlich bevorzugteren Bundesstaaten als steuerpolitisch einwandfrei gelten mag, das ist noch keineswegs für die bayerischen Verhältnisse reif. Das Gcbühreugesetz wirb wohl in die parlamen tarische Versenkung auf Nimmerwiedersehen hinab gleiten. Auch der bayerische Wertzuwachs- steuergejetzcntwurf wird einem ähnlichen Schicksal nicht entgehen, wenn er nicht gänzlich um gemodelt werden kann. Es bleibt dann zunächst nur noch der Ausweg des Zuschlags zur Einkommen steuer. Denn aus den wirtschaftlichen Unternehmun gen des bayerischen Staates ist vorerst nicht mehr herauszuholen. Bei den staatlichen Verkehrsanstal- tcn sorgen schon die Rescrvatrcchte des bayerischen Staates für den finanziellen Tiefdruck. Das sind nur einzelne Gaben aus dem Füllhorn gesetzgeberischer Hoffnungen und Entwürfe, mit denen die bayerische Staarsregierung die durch die Oster- freudcn gestärkten Volksvertreter beehrt har. Nicht vergessen sei aber noch die Gejetzesnovclle zum bayeri schen P o l i z e i st r a f g c s e tz b u ch, die drei Acnde- rungen oder Ergänzungen von stärkerem Interesse bringt. Die Bestrafung des „Blaucn- M o n ta g" - F c i e r n s wird abgcschafft, der Ver kauf von Alpen bl um en wird unter ein heitliche polizeiliche Uebcrwachung gestellt — das unsinnige Abreitzen von Alpenpflanzen wird unter schärfere Strafen genommen! — und nicht zuletzt: auch das betrügerische Ei »schenken in durch sichtigen Gcsätzen (Gläsern) wird nunmehr an dem ertappten Ucbeltäter hinter dem Schenktisch und seinem Helfershelfer geahndet werden können. Die letzterwähnt ten Acnderungen des Polizeistrafgcsetzbuches werden gerade die Freunde unseres bayerischen Hochlandes sich schon zu den bevorstehenden Sommerferien ml notarn nehmen können! Internationale Gerichtsbarkeit. (D Für Aussenstehende ist cs nicht leicht, sich ein richtiges Bild von den Verhandlungen der Budget kommission über auswärtige Fragen zu machen. Zu mal da die Berichterstattung bei dem fortwährenden Wechsel zwischen „Vertraulichem" und „Nichtvertrau- lichcm" nur lückenhaft sein kann, und weil das Ver trauliche zweifellos einen grötzeren Raum einnimmt, als unbedingt nötig wäre. Unsere Diplomaten können sich noch immer nicht von einer gewissen Heimlichtuerei sreimachen Als wenn sie sozusagen zum Handwerk gehörte. Eines aber tritt mehr und I mehr klar hervor: die zunehmende Verflechtung der I Völker durch ihre wirtschaftlichen Interessen und das sich hieraus entwickelnde Bedürfnis, Streitigkeiten im Wege des Rechtes auszutragen. Ohne Rechtssicherheit kann kein Geschäft gedeihen. Was uns aber im geordneten Staatsleben des Inlandes etwas ganz Natürliches — und gerade deshalb nicht immer genügend Gewürdigtes und Geschätztes — ist, nämlich eine "stets bereite, zuverlässige Gerichts barkeit, das lägt sich im internationalen Leben der Bölter nur mühsam erreichen. Man denke nur an die Länder mit der sogenannten offenen Tür, wie Marokko, wo naturgemäß die wirtschaftlichen Gegen sätze der verschiedenen Völker anseinandertreffen müssen. Helfen lätzt sich hier nur, indem von Staat zu Staat Schiedsgerichte vereinbart werden. Welchen Schwierigkeiten dies im einzelnen Falle be gegnet — namentlich was die Gewinnung wirklich unparteiischer Schiedsrichter oder wenigstens Ob männer anlangt —, konnte man gerade jetzt wieder den Mitteilungen entnehmen, die Ministerialdirektor Kriege in der Budgetkommijsion über das Schieds gericht machte, da', über die marokkanischen Minen rechte entscheiden soll. Scheinbar ist cs abcr gerade hier gelungen, eine Einigung zu finden, die — was immer der beste Gradmesser sein dürfte — auch die Inter esscnten selbst befriedigt und ihr Vertrauen erweckt. Wenigstens sollen sich auch die bekannten Gebrüder Mannesmann, diese kühnen und ausgezeichneten deutschen Pioniere im Auslande, mit diesem Schieds gerichtsver trage durchaus einverstanden erklärt haben. Ersculicherweise konnte übrigens bei der gleichen Ge legenheit der Vertreter unseres auswärtigen Amtes versichern, datz die Ncichsregierung der Schieds- gerichtsidec keineswegs grundsätzlich ab geneigt ist, wie man ihr wohl nachgejagt hat. Im Gegenteil gewann man den Eindruck — der auch nach sonstigen persönlichen Wahrnehmungen nur be stätigt werden kann —, datz das Deutsch Reich auf diesem Gebiete eifrig fördernd wirkt. Natürlich mit der vernünftigen Beschränkung, datz sich Schieds gerichtsverträge immer nur auf bestimmte Rechtsver hältnisse und die aus ihnen entspringenden Rechts streitigkeiten beziehen können. Der Gedanke an all gemeine Schiedsvcrträgc ist nicht von dieser Gegen wartswelt. Mit unseren Begriffen von der Souve ränität der Nationalstaaten ist er nicht vereinbar. Wo die großen Interessen der Staaten als solcher «ufcinandcrplatzcn, da ist nicht das Recht, sondern die Macht die bekannte uliimo rrnio. Zum mindesten, bis einmal jener allgemeine Völkerfricdcn eingetretcn sein sollte, den Moltke einen Traum, und nicht ein mal einen schönen, genannt hat. Inzwischen gdbt es für Schiedsgerichte noch genug zu tun. Datz aber der Gedanke des Rechtes auch im internationalen Verkehr vorwürtsschreitet, zeigt folgendes: Bekanntlich wurde jüngst im Haag durch eine Anzahl von Staaten unter führender Mitwir kung der Kaiserlich Deutschen Regierung der Grund zu einem Weltwechselrecht gelegt. Auch in diesen Blättern wurde darüber berichtet. Nichts eignet sich mehr zur internationalen Regelung als der Wechsel als Zahlungspapicr. Er spottet der politischen Gren zen. Gerade unsere deutschen Vertreter haben nun im Haag auf die Notwendigkeit einer gemeinsamen, ausgleichenden Rechtsprechung hingewiejen. Beinahe ebenso wichtig wie der gemeinsame Gesetzestext ist unter Umständen die einheitliche Anwendung des Ge setzes. Freilich war es — wie so oft — leichter, das Ziel zu bezeichnen, als es zu erreichen. Es wird, wenn erst einmal die neue Wechselordnung von den Vertragsstaaten zum inländischen Gesetze gemacht jein wird — zur,zeit ruht sic bei uns merkwürdigerweise immer noch beim Bundesräte —, ein schweres Stück Arbeit sein, den Weltwechselgerichtshof zu konstru ieren. Wir haben Anlatz zu glauben, datz greifbare Vorstellungen hierüber noch nicht bestehen. Weder darf man daran denken, etwa unser Reichsgericht ais dritte Instanz zugunsten eines internationalen Ge richtshofes auszuschaltcn, noch etwa — eine Idee, bei der man schaudern könnte — an die Aufpsropiung einer vierten Instanz! Just in Wcchselsachen, die an sich doch nach Schleunigkeit schreien, wäre dies ver kehrte Welt. Daher könnte es sich wohl immer nur um einen Kassationsgcrichtshof oder etwa um die "Begründung einer Stelle handeln, die die Recht sprechung der obersten Gerichts Höfe der Vertrags staaten registrierte und auf Anruf streitige Rechts fragen beantwortete, ähnlich, wie etwa jetzt das Reichsgericht auf dem Gebiete der freiwilligen Ge richtsbarkeit entscheidet, lvenn ein deutsches Obcr- landcsgericht von einem anderen abweichen will. Die Bindung an solche Sprüche eines gemeinsamen Ge richtshofes in Wechsclsachen ließe sich durch völker rechtlichen Vertrag unschwer festlegen. Sie wäre auch mit der Selbständigkeit der Bertragsstaaten verein bar. Eine nähere Ausgestaltung solcher Gedanken ist natürlich Aufgabe der Fachpresse. Hier sollt« nur im allgemeinen auf derartige völkerverbindende Be wegungen und ihren Wert hingewiesen werden. Vas Urteil gegen die Serliner Lustjchiffer wird in der Berliner Presse durchweg sehr ab fällig kritisiert. Allein die „Deutsche Tages zeitung" macht eine Ausnahme, die sich der russi schen lberichte mit eigentümlicher Wärme annimmt und dazu rät, „der Entscheidung des russischen Ge richts mit ruhiger und sachlicher Besonnenheit gegen überzutreten". Aber, wie gesagt, das ist eine Aus nahme. Alle anderen Blätter äußern sich sehr tem peramentvoll, die „Tägliche Rundschau" schließt ihren Artikel sogar mit den Sätzen: „Für heute könne man nur sagen, datz das Urteil die Achtung vor der russischen Rechtspflege nicht erhöhen und die Beziehungen Deutschlands und Rußlands nicht verbessern werde." Im übrigen kommt allent halben die Hoffnung zum Ausdruck, datz das Urteil denn doch noch auf dem Gnadenwege ab geändert werden wird. Das „B. T." teilt mit: Der Deutsche Luft- s ch i f s e r ve : b a n d und der Verein für Deutsche L u f t j ch i f fa h r t hätten vorläufig eine Summe von 0000 . ü bewilligt. Diese Summe sei aber für die Kosten der Verteidigung bestimmt. Ob die verlangte Kaution aufgebracht werden wird, hängt von dem Schicksal des Im.radiatgejuchs ab, das beide Vereine bereits vor einiger Zeit an den Zaren gerichtet haben, das aber bisyer noch nicht erledigt worden ist. Die Vereine haben ferner auch an den Deutschen Kaiser ein Gesuch gerichtet und dieser har das Auswärtige Amt beauftragt, auf diplomarischem Wege zu intervenieren. Sollte die Begnadigung nicht erfolgen, so werden jedenfalls Schritte eingeleilet werden, um die verlangte Kau tion auszubringen. Bisher sind allerdings alle Be mühungen, mit denen man von Deutschland und auch von sehr hoher Stelle aus, den verhafteten Luft schiffern zu Hilfe kommen wollte, erfolglos geblieben. "Nun nimmt man an, datz nach der Verurteilung wenigstens die Begnadigung zu erlangen jein wird. Die russische Presse schweigt sich, nach einer Petersburger Meldung der „V. Z", über den Gang der Verhandlung fast vollständig aus und es werden nur einige Einzelheiten daraus bekannt. Zwischen den Aussagen Berliners und seiner Gefährten soll insofern eine folgenschwere Verschie denheit bestanden haben, als Berliner be hauptete, er habe über Rußland nach Schwaden fliegen wollen, tun dort die Luftströmungen z u erkunden, während die beiden anderen Deut schen gesagt haben, sie hätten die Fahrt nur zu sport lichen Zwecken und um den Weltrekord zu brechen, unternommen. Alle drei Angeklagte hatten russische Pässe und russisches Geld im Besitz, und auf ihren Landkarten von Rußland genau den Weg, den sie zurückgelegt hatten, sogar die Stelle des !le b er fliegens der deutschen Grenze bezeichnet. Recht eigenartig waren die Aussagen eines militärischen Sachverständigen, die aber großen Eindruck aus die russischen Richter ge macht zu haben scheinen. Er behauptete nämlich, die Angeklagten gehörten einem Luftschisferocrein an, der in ständigem Vcrtragsverhältuis zum preußischen Kriegsministerium stünde. Seiner festen Ueberzeugung nach sei die Luftreise nur unter nommen worden, um die Luftströmungen auf dem Wege nach Per m zu studieren, wo eine wich tige russische Geschützfabrik besteht. Ber liner soll sich übrigens bei seiner Landung ange legentlich nach den M o b i l i s i e r u n g s Verhält nissen Rußlands erkundigt haben. Er bestritt das ausdrücklich in der Verhandlung und betonte ebenso wie seine Gefährten, daß ihnen allen dreien von einem absoluten Verbot, die russischen Grenzen zu überfliegen, nichts bekannt gewesen sei. Ein Srief aus Tampico. Die Eroberung von Torreon. — Schand taten der Aufständischen. — Die Gelder Villa s. — Die Flucht der Frauen und Kinder. — M i ß st i m m u n g gegen die Amerikaner. Durch Vermittelung eines Mitarbeiters geht uns cin Brief eines Leipzigers zu, der seit vier Jahren in Mexiko als Betriebsleiter in einem Berg werke tätig ist. Er schreibt aus Tampico untcrm ü. April: Belasco ist mit schlveren Verlusten zurück geschlagen worden, di: Stadt Torreon ist erobert, und viele hundert Flüchtlinge, die sich der Wut der Auf ständischen nicht aussetzen wollen, strömen nach Tampico, nm hier Schutz zu finden. Wahrhaft ent setzliche Szenen haben sich in Torreon abgespielt. Wie die Wilden haben die Rebellen wieder einmal gehaust. lieber 2000 Rcgierungsanhänger sind gc sollen, mehrere hundert andere liegen in Privat Häusern und Hospitälern der Stadt, während der Rest der Armee unter den Generalen Vclasco, Hildalgo und Maas jun. sich auf San Pedro de los Colonms zurückzicht. Die gefangenen Regicrungsanhängcr wurden auf Befehl Villas meistens erschossen: die Anhänger Orozcos, sogenannte Irreguläre, auf die der Nebellcngcneral einen besonderen Hatz hat, da gegen unter großen Martern getötet. Auch die ge sangencn Offiziere sind teilweise erschossen worden, soweit sie sich nicht entschlossen, unter Villa fortan zu kommandieren. Die Stadt wurde darauf gc plündert, oder, wie Villa sich ausdrückt, das Gut lLebensmittel, Waren und Geld) wurde von Staats wegen mit Beschlag belegt gegen die obligatorischen Bons, mit deren Herausgabe Billa noch immer sehr verschwenderisch umgeht. Das Hab und Gut der regierungsfreundlichen Mexikaner wurde ohne weitere Formalitäten weggenommen, und cs ist direkt merk würdig, wie gut Villa über die Gesinnungen der Bürger einer Stadt orientiert ist. Einige angesehene Einwohner Torrcons, die cs der Geschäfte halber verzogen, nicht zu fliehen, wurden auf Grund Villascher Befehle fcstgenommcn und eingekcrkert, um sicher in Bälde erschossen zu werden. Die Habe der Fremden wird so viel wie möglich geschont, doch haben viele Ausländer, besonders auch einige deutsche Firmen, schwere Verluste erlitten. Es sind noch etwa 40 Deutsche in Torreon zurückgeblieben, nachdem sie ihre Frauen und Kinder nach Tampico geschickt hatten, wo mehrere Schiffe zur Ausnahme bereit liegen. Villa beabsichtigt uno.rzüglich nach Tampico aufzubrcchen. um die reiche Hafenstadt auch sobald als möglich in seinen Besitz zu bekommen. Nur eine kleinere Besatzung ließ er in Torrcon. Er schätzt den geschlagenen Gegner so gering cin, daß cr es ganz unterläßt, ihm mit der Hauptmacht zu folgen, um
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