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MOVVArbettslole weniger l Berlin, 8. September. Am 31. Anglist 1932 waren bei den Arbeitsämtern rund - 8 225 000 Arbeitslose gemeldet. Gegenüber dem Stand von Witte Anglist ist diese Zahl um rund 15S 000 niedriger. Während der Berichlszeit haben sich die neuen Bestim mungen über die Prüfung der Hitssbedürftigkeit und über . die Abgrenzung des Personenkreises der Arbeitslosen noch weiter ausgewirkt: gleichzeitig hat aber der Arbeitsmarkt einzelner Berussgruppen eine tatsächliche, überwiegend in der Jahreszeit begründete Entlastung erfahren. Am 31. August entfielen aus die Arbeitslosenversicherung rund 698 000,aus die Krisensürsorge rund 1298 00V Haupt unterstützungsempfänger. Bei Notslandsarbeiten der werte- schassenden Arbeitslosenfürsorac waren schätzungsweise 65000 Personen beschäftigt. 3m Freiwilligen Arbeitsdienst wurden Lude August rund 130 000 tatsächlich beschäftigte Arbeits- dienstwillige gezählt. Die Zahl der von den Gemeinden betreu, ten Wohlsahrtserwerbslosen, die nach den neuen Grund sätzen der Notverordnung von den Arbeitsämtern anerkannt wurden, belies sich aus rund 2 018 000. Einigung im belgWen Bergbau l Brüssel, 8. September. In der Gemischten Bergbau kommission ist es zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu einen, Vergleich gekommen, der auch vom Ausschuss des Sozialistischen Kohlenarbeiterverbandes gebilligt wurde. Da- gegen behielt sich der Verband der Kohlenzechenbesitzer seine endgültige Entscheidung vor. Sachlich enthält die Einigungs formel eine allgemeine Lohnerhöhung von aller dings nur 1 Prozent ab 1. Oktober 1932. Im Boringa-Gebiet wird nach Möglichkeit das gesamte Personal wiedereingeslellt, wobei ein System des Arbeits wechsels zur Vermeidung der völligen Arbeitslosigkeit ein- geführt wird. Auch in den anderen Kohlenrevieren soll eine ähnliche Arbeitsweise angeordnet werden. Oie Koblenzer Saariagung Für die 12. Tagung des Bundes der Saarvereine an, 11. September in Koblenz hat die Reichs- und preuszische Staats regierung mit ihrer Vertretung den Oberprüjidenten der Rhein provinz, Dr. h. c. Fuchs-Koblenz, beauftragt. Das baye rische Staatsministerium des Reichern wird als offiziellen Ver treter Ministerialdirektor Sperr-Berlin, den bayerischen stellvertretenden Bevollmächtigten zum Reichsrat, entsende». Die Anmeldungen aus dem Reiche und aus dem Saargebiet lassen ans eine groge Beteiligung aller Kreise schlichen. Reben dem Reichskanzler von Papcn, dessen Kundgcbnng zur Koblenzer Caarlagung bereits gemeldet wurde, hat auch der Auszen- niinistcr von Neurath dem Saarverein seine Etellnngnahmc znr Saarsrage bckanntgegebcn, in der es u. a. hecht: „Mit raschen Schritten nähert sich die Zeit der erzwungenen Tren nung ihrem Ende, ein Abschüch, der in nichts anderem bestehen kann und wird, als in der vollen Wiedervereinigung des Saar gebietes mit dein deutschen Vaterland. In dieser stillen Zuvcr- sichtfindcn sich unsere Brüder und Schwestern a„ der Saar mit dem gesamten Volk einmütig zusammen, und cs ist die hohe vaterländische Ausgabe der Jahrestagung des Bundes der Saar vereine, dieser Zuversicht von neuem weiterhin Ausdruck zu geben." Der preuszische Innenminister hat allen den Kreisen, die sich bemüht haben, den unveräugerlichen Rechten der Saar bevölkerung zum Siege zu verhelfen und damit der Durchfüh rung einer freien Volksabstimmung vorzuarbcitcn, Dank und Anerkennung ausgesprochen. Hierzu rechne mit In erster Linie die Aufklärungsarbeit des Bundes der Saarvcrcine. Für die Arbeitstagung am Sonntagvormittag haben Vor träge übernommen die bekannten saardeutschen Führer Kom merzienrat Dr. Dr. Röchling über „Die politische und wirt schaftliche Lage des Saargebiets" und Dr. Mehrmaun- Verlin über „Rhein, Mosel und Saar Im Versailler Diktat" Ilm 12.30 Uhr beginnt nm Deutschen Eck ein« grosze deutsche Kundgebung, die dnrch den Rundfunk über alle deutschen Sen der übertragen wird. „Vom Deutschen Eck am deutschen Rhein soll", wie cs im Aufruf heigt, „ausgehen der Mahnruf des Bundes der Saarvereine an das deutsche Volk, einheitlich und geschlossen aus der deutschen Forderung nach unversehrter Rück gabe des zu unrecht vom Reiche getrennten Saargebiets zu be harren, und soll ausgehcn der Appell an die Welt, endlich ein Ende zu machen mit dem Unrecht an der Saar." Allgemeine Lohnsenkung bei Ford Rcuyork. In den Ford-Automobilwerken wird demnächst eine säst allgemeine Senkung der Gehälter und Löhne erfolgen, die sich aus alle Angestellten, mit Ausnahme der Arbeiter, die den Mindesllohn erhallen beziehen würde. Zeltgenöjjijches Bildnis von Baruch Spinoza, dessen Geburts tag sich am 21. November zum IIOO. Male jährt. Die «rohen Feier», die ans diesem Anlasz nicht nur in seinem Heimatland Holland sondern in aller Well abgehaltcn werden, wurden schon jetzt mit einem internationalen Philosophen Kougreh im Haag erössnct. Die Krise der Pariamenie Brüsseler Velrgchlnngen (Von unserem Vertreter.) —».Brüssel, 5. September. Die politische Lage in Belgien wird durch die schwere Finauzuöte des Staates gekennzeichnet, die eine auszer- ordentliche Zusammenkunft der Kammern am 6. September not wendig machen. Die augenblicklichen Bedürsnisse der Sla-ats- kasse erfordern die Ausbringung von tli Atillarden Franks auf dem Anlciheweg, di« Emission kurzfristiger Schahichcine, und dann gilt es Schatzscheine im Betrag von 8NN Millionen zu er neuern. Wenn das geschehen ist, soll nach Ansicht der Negie rung das Parlament wieder nach Hause gehen, um erst später in die Budgelberatung einzutrclen. Man hört schon heule, das> das Defizit fast 3 Millardcn betragen wird, und das, diese Summe im neuen Hauslzalt von 1333 durch strenge Einschrän kungen erspart werden soll. Das, die Meinungen über Mittel und Wege der Sanierung der Finanzen auscinandergehen, und dafz die sozialistische Opposition zum Angriff rüstet, kann nicht wundernehmen. Die Lage zeigt aber noch ander« Züge, die als Anzeichen der Krise des Parlamentarismus eine allgemeinere Bedeutung besitzen. Die Propheten mehren sich, die glauben, das Kabinett Reukin werde an der Auflösung der Kammer nicht Vorbei gehen können, „rveil — so sagt man fast in allen Parleilagern — eine Volksvertretung drei Vierteljahre vor den Neuwahlen nicht imstande ist, ein neues, drotonisch sparsames Budget auszunrbciten uud zu besihlieszen". Gibt es ein bedenklicheres Anzeichen parlamentarischen Niederganges als dieses; kann man einen tieferen Einblick in die Dekadenz der hohen Idee vom „rcprcrcnlaüve guvernmcut" gewinnen? Die Parlamente, nicht das belgische allein, schrecken vor ihrer ursprünglichen Aufgabe zurück, für die sie geschaffen wurden und für deren Lösung sie zusammcntraten. Ihr Zweck war Steuern zu be willigen oder abzulehnen. „Keine Steuern ohne (Volks-) Vertretung" hiesz die Parole, unter der vor Jahrhunderten die englischen Whigs kämpften, unter der die amerikanische Kolonie sich in revolutionärer Empörung vom Mutterlaude lossagte. Bis in unsere Zeit herein ist das House of Commons feiner alten Ausgabe treu geblieben. Man muh einmal die dichtgedrängten Massen beobachtet haben, die am Tage der Vudgetrede des Finanzministers das Gebäude von Westminster umlagern, um zu verstehen, dafz dieser der grosze Tag, der Tag schlechthin des parlamentarischen Kalenders ist. Darin drückt sich die nüchterne von den praktischen Bedürfnissen der Bürger ausgehend« Auffassung von der Demokratie aus, die dem englischen Denken zu eigen ist. Die politischen Rollen sind übrigens -wisckzen der Exekutive und der Legislative vertauscht worden Früher war es di« Ver sammlung der Stände, die unerbittlich über den Ausgaben der Könige wachte, die Monarchen kurz hielt und an der Erklärung allzu vieler kostspieliger Kriege durch Verweigerung der Steuern zu verhindern suchte. Heute sind es di« Regierungen, die ihre liebe Not haben, um vom Parlament jene Sparsamkeit zu er reichen, die unvermeidlich geworden ist. Statt der schwierigen Lage ins Auge zu sehen, zieht es z. B die belgisck-e Kammer vor, ihrem Dasein ein vorzeitiges Ende zu bereiten und alle Ver antwortung den unseligen Erben zu hinterlassen. Als sich Ministerpräsident Rcnkin im Juli auszerordentliche Vollmachten zur Sanierung der Staatssinanzen geben lassen wollte, scheitert« er am entschlossenen Widerstand der Parteien. Das Parlament hat sich also nicht selbst aufgegeben, mag auch seine Verantwortungsfreude gering sein. Die Zustände der Wirtschaftslage machen die Krise des Parlamentarismus in Belgien deutlich sllhlbar, aber der Grundsalz demokrati scher Regier» ungs weise bleibt unangefochten. Auch das ist bemerkenswert mit einem Seitenblick aus das End« des Volksstaates zugunsten obrigkeitlicher Regierungskunst, die heute an manchen Ecken und mitten in Europa empfohlen wird. Dem Parlamentarismus in seiner heutigen Form werden die wenigsten eine Träne nachweinen. Anders steht es um den Grundsatz der Demokratie selbst, der Gewalt, die vom Volke — in dieser oder jener Meise — ausgehen soll, und um den prak tischen Ausdruck dieses Grundsatzes: „Keine Steuer ohne Ver tretung". Hieran zu rütteln wäre ein Rückschritt um Jahr hunderte europäischer Geschichte, der sich Uber kurz oder lang bitter rächen mühte, und jener Bewegung Stohkrast verleihen würde, die daraus lauert, die Nachsolge des Volksstaates anzu treten: dem Kommunismus. Das Verjähr der S^udsnten Die Pläne des Reichsiuncuministeriums. Die Neichsrcgien'.ng hatte bereits vor einiger Zeit mit den Hochschullejerettten der Länder eine Fühlnugnahme über die Einsiihrung eines W ertjahres der Akademilcr aus genommen. Wie wir hören, ist dabei schon eine w-'ilgel-.'nde grundsätzliche Zustimmung der Hochfchulreferenlen erzielt wor den. Gegenwärtig ist man im Reich.inneuiuiuiZeriuni damit beschäftigt, den Plan im einzelne» aus-uarbeileii. Sobald der Plan fertig vorliegt, werde» die offizielle» Verhandlung«» dar über beginnen. Rian rechnet damit dafz dies Ri Ute der »ächzten Woche der Fall sei» wird. Inzwischen ist auch mit Präsident Syrup Fühlung genommen worden, nm das Unternehmen in llcbcrcinsiimmung mit dein sreiwiltigen Arbeitsdienst zu brin gen. Rian hosst, die Durchjnhrung des Werljahres bereits am l. April des nächsten Jahres beginnen zu lassen. Um zu ver hüten, das, durch das Werkjahr die w e i l> l i ch en Studiere u- dcn einen Vorsprung gegenüber den männlichen gewinnen, ist daran gedacht, auch die weiblichen Studierenden in irgendeiner Form zu dem Werl sah r heranzu ziehen. Hitlers Kampfansage München, 8. September. 3m Zirkusgebäude sprach Hitler zur politischen Lage und erklärte n. a.: Herr von Popen irre, wenn er meine, die Na tionalsozialisten könnten heule ohne weiteres zu ihm über schwenken. Selbst wenn er (Hitler) es wollte, könne er die Bewegung nicht Herrn von Pupen anslieseru, denn sie l>nbe als Bewegung ihren eigenen Millen. D>e Nalionulsozinlislen würden zu einer Einigung mit einer andere,, Partei kom men, wenn es zunächst nicht anders möglich sei, zn regieren. Er, Hitler, verkaufe die Partei nicht sür einen Minislerstnhl und nicht sür lilel. Mas die Negierung seht beabsichtige, sei völlig gleichgültig; sie könne den Bejchstag ansiöseu, die Nu- lionalsozialisien würden diese Negierung niemals anerken nen. Politische Schlägereien Graz, 8. September. 3n Leoben kam cs nach einem nalionalsozialislischen Appell zn schweren Zusuimiienstöszeu, 3nngsozinlislen grisscn die Nuliounlsoziulisleu an, wobei ein SS-Mann durch einen Messerstich in den Unterleib lebens- gefährlich verletzt wurde. Bei weiteren Zusammenstössen er litt ein Nationalsozialist eine Brnfiverlesznng, der er kurze Zeit später erlag. — 3n Halles» bei Salzburg geriete,, Na tionalsozialisten und Sozintdcmol raten aneinander, wobei es vier Berichte gab, darunter einen Schwerverletzten. Die Ueberschlvenmittttgen in Teraz New Pork, 8. September 3n Texas hat sich dos Hoch wasser Pi einer Katastrophe entwickelt. Der Bio Grande ist über die User getreten. Aus der luextkauischcu Seite siud die Dämme geborsten, während sie auf der amerikanische» Seite noch standhaltcu. Mehrere Millionen Hektar stehe,, unter Masser. Der Schaden wird aus mehrere Millionen Dollar gesä)äht. Mehrere Dörfer sind von der Auszenwelt abge- Ichnitten. Vie Zahl der Opfer beträgt zwölf. Weltanschaulicher Liusührungvkursuo lu Würzburg. Mil dem Oktober beginnt zum 4. Mole im Misjions- ärztlichen Institute zu Würzburg ein Kurs sür Mediziner und Nalnrwijsenichaftler, der bis End« Oltob«r berechnet ist. Aus dem philosophischen, psychologischen, nalurwissenschasstlichen, ethuologiil en und religionswisscnsckmstlichcn Gebiete werden die wickstigilen Fragen behandelt. Namlzaft« Kräfte sind sür die Abh.rllung der Vorträge gewonnen, so die Professoren "Nvndrrle, Foul Haber, Ohm und Posckzer. An dem Kursus tönn.'n sich onszer Medizinern und 'Naturwissenickzastlern auch andere Akademiker beteiligen. Anmeldungen richte man an das Miffionsürstliche Institut in Würzburg. Oie neue Personalpoliiik Wie wir erfahren, ist Ministerialdirektor Dr. vo» Leyden, der Leiter der Kommunalabtcilung des preussischen Innen ministeriums. zur Disposition gestellt worden. Sein« ander weitige Verwendung !m Staatsdienst soll in Aussicht genommen sein. Dr. von Leyden hatte an der Planung und Vollendung der soeben verordneten preussischen Verwallungsrcsorm, von der die Regierung selbst doch eine sehr hohe Meinung hat, einen her- vorragenoen Anteil. Um so auffälliger ist es, dafz er unmittelbar nach dem Abschluss dieser 'Arbeit verabschiedet wird. Das in der Presse ausgctauchte Gerücht, dafz auch Mini- sterialdircktor Dr. Klausen«!, der Leiter der Polizei- abteiluug des prcuszischen Innenministeriums, zur Disposition gestellt werden soll, ist bislang noch nicht bestätigt Seit längerer Zeit ist allerdings bekannt, das; Bestrebungen in dieser Richtung im Gange sind. Die Auswirkungen der neuen preussischen Personalpoliiik sind jedenfalls sehr interessant und legen die Frage nahe, nach welchen Gesichtspunkten si« eigentlich gehand habt wird, Ole Landstingwahlen ln Dänemark Nopcnhagc», .'. September. Bei den am Dienstag in Dänemark abgehaltenen Wahlen zam Landsting in den drei Wahlkreisen Kopenhagen, Fünen nnd 'Nordjütland haben die Konservativen von den radikalen Bür gerlichen fDemokraten) ein 'Mandat gewonnen, während sich die Konservativen in Kopenhagen und auf dem Laude nicht nur gut gehalten, sondern in Kopenhagen sogar etwa 2NNA1 Stimmen mit 23 Wahlmännern gewonnen haben. Die Sozialdemokraten haben in Kopenhagen ebenfalls Stimmenzuwachs erhalten und werden 41 Wahlmänner haben, während die Demokraten bei ganz geringem Stimmenzuwachs sechs Wahlmänner verlieren. Bemerkenswert ist auch, dag die Kommunisten und die sogenannte Nandersbewegnng nicht den Erfolg hatten, den man erwartete. Der Landsting wird sich jebt wie folgt zu- iammenselzen: Konservative 13 (bisher 12), Venstre 28 (28), Sozialdemokraten 27 (27), Demokraten 7 (8), Farörsches Man dat 1 (l). Das heigt die Opposition aus Konservativen und Venstre wird um ein Mandat gestärkt werden und 41 betragen gegen 31 Mandate der Negierungsparteien. Ministerpräsident Stannin« erklärte bereits am Dienstag vag die Negierung zwar kein Misstrauensvotum erhallen hab«, andererseits aber die Konservativen und Venstre imstande ge^ wesen seien, Reserven heranzuziehcn, wodurch sie «ine Stärkung ersahrcn und 'Aussicht aus ein neues Mandat hätten. Die Re gierungsparteien hätten im Landsting nicht die Stärkung er reicht. die seiner Ansicht nach während der jetzigen Krise wlln ichenswert gewesen wäre. Aus diesen Aeutzerungen Staunings hört man deutlich seine Enttäuschung heraus. Jedenfalls ist die roteWelle im Landsting aufgehal 1 en wor den. Die Bürgerlichen haben dort die Mehrheit, die sogar noch um ein Mandat gestärkt worden ist. parleikalender Werdau. Sonntag, den 11. September, Sprechalreud. „Das Ar- lx'ilsbeschasfuugsprograninl der Reichsregieruug und seine uusick>ere Finanzierung". — Redner: Wagner lMerdmst