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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.04.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140403018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914040301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914040301
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-03
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
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SScbrischrr Lanülag. Erste Kammer. ZI. öffentliche Sitzung IV Dresden. 2. April. Präsident Graf Vitzthum von Eckstädt eröffnet die die Sitzung gegen Vy12 Uhr. Am Regierungstische die Minister Graf Vitz thum von Eckstädt und von Ceydewitz mit Kommissaren. Der Nachtragsetat aus 1912/13 wird nach einem Berichte des Oberbürgermeisters Dr. Beutler genehmigt. Eine grössere Anzahl Privatpetitionen läßt man den Anträgen der Deputation gemäss auf sich beruhen. Die Kapitel 39 und ö9n des Etats, Akademie für graphische Künste zu Leipzig, Kauf gewerbeschule zu Dresden, Technische Staats lehranstalten zu Chemnitz, Bauschulen in Dres den, Leipzig, Plauen und Zittau werden nach Be richt des Kaminerherrn Dr. Sahrer v. Sahr-Dahlen nach der Vorlage bewilligt. Die in der Zweiten Kammer angenommenen An träge Dr. Schanz und Kleinhempel, die Negierung um einen Gesetzentwurf betr. Abänderung des We g e ba u g e s e tz e s zu ersuchen, werden nach Be richt von W. Geh. Rat Dr. Wach gleichfalls ange nommen. Endlich überweist man die Petition wegen Ab änderung d<s Wassergesetzes nach Bericht des W. Geh. Rats Dr Wach der Negierung in dem Sinne zur Erwägung, dass etwaigen Unklarheiten und Härten bei Regelung der Pflicht zur Instandsetzung und Unterhaltung der fließenden Gemässer durch Auf klärung und entlastende Handhabung des Gesetzes ab geholfen werden soll: soweit das nicht ausreicht, aber oem Landtag einen Gesetzentwurf zur Aenderung des Wassergesctzes vorzulegcn. Nächste Sitzung Donnerstag, 23. April. 1t Uhr. Tagesordnung Etatskapitcl und Petitionen. Zweite Kammer. -Fortsetzung aus der gestrigen Abendausgabe.) Dresden, 2. April. Abg. Dr. Seqfert (Natl.) fortfahrend: Auf die Angriffe, die jetzt anlässlich des Scheiterns des N 0 l k s j ch u l g e s c tz e s gegen seine Fraktion gerichtet worden seien, wolle er nicht eingehen, «eine Fraktion sei vom besten Willen bejeert ge wesen. Zu bedauern sei, dass in dem Verhältnis zwischen Direktorium und Lehrerschaft eine Besserung nicht zu verzeichnen sei. Er forderlich sei es, datz die Regierung besorgt sei, den inneren Ausbau der Volksschule zu fördern. Neue Lehrpläne seien in Vorbereitung, möchte bei ihnen der freien Ausgestaltung Spielraum ge lassen werden! Der nationale Gedanke und der Ge meindegedanke müssen im Vordergründe stehen. Un recht sei es, die Seminarbildung herunterzu reißen: er selbst wisse, mit welchem wissensckMftlickzen Eifer in den Seminaren gearbeitet werde. Der Bil dungsgang müsse so geregelt werden, datz die Allge meinbildung im Seminar zum Abschlutz gebracht wird, und dann di« Berufsbildung einsetzt. Die All gemeinbildung müsse auch für andere Berufe ausreichen, um es einem Seminaristen möglich zu machen, sich erst später endgültig zu entscheiden, ob er den Lehrerberuf ergreifen will. (Beifall.) Abg. Ritzsche-Dresden (Soz.) befürwortet den An trag der Deputation:; m i n d e r h c i t zu Dekret ö. Der Entwurf in der Regierungsfassung müsse ab gelehnt werden, um der Negierung zu zeigen, daß sse mit solcher Gesetzmacherei der Kammer nicht wieder komme. Der Standpunkt der Regierung sei viel zu sehr vom Fiskalismus beherrscht. Er bitte, den Minderheusantrag anzunehmen. Red ner kritisiert dann die Jnternatserziehuna in den Seminaren und wendet slch gegen dasVerbot der Konfirmanden feiern. Dies Verbot sei auf einen Wink von oben herab ergangen. D.e jetzige Jugendpflege werde im Interesse der herrschenden b-ewalt oetrieben, und auch das Gericht stände unter ihrem Einfluss. Das Verbot der Konfirmandenfeiern verstosse gegen das Reichsvereinsgesetz. — Als Redner dann von einer Rechtsbeugung des Orer- landesgerichts sprach, bezeichnet Vizepräsident Bär den Ausdruä als unzulässig. — Abg. Nitzsche (Soz.) fortfahrend: Mit solchem Vorgehen schaffe man nur Erbitterung und arbeite der Sozialdemokratie in die Hände. Abg. Koch (Fortschr.) bespricht die Petitionen der Seminarlehrer in befürwortendem Sinne. Bis 1908 habe kein Unterschied zwijck)en den akademisch und den seminaristisch gebildeten Seminarlehrern in der Besoldung bestanden. Erst 1909 sei durch die Besoldungsordnüng eine Trennung herbeigcführr worden, die an sich ja nicht unberechtigt sei, die aber doch für die vor 1908 angestellten Seminarlehrer etwas sehr Bitteres gebracht habe. Der Redner bespricht dann die Petition der Fach lehrer um pensionsfähigc Zulagen und befür wortet sie ebenfalls. Die Petition der Diretoren und Konrektoren sei ja nicht sehr dringend,, aber auch sehr bescheiden. Sie wollten ja nur, dass ihre Stellenzulage von 300 pcnsionsfähig werde. Die Regierung möchte doch ihren Standpunkt in bezug aus die Petitionen noch einmal revidieren. Den Zeichenunterricht wünscht Redner bis in die Ober klassen obligatorisch. Hinsichtlich der Ferien dauer müsste Einheitlichkeit geschaffen werden. Redner wünscht werter Ar «tunst, ob das Verbot zunr Anschluss an den Wandervogel allgemein gelte oder nur für die Seminare. Sammlungen unter Schülern, wie sie z. B. für den Ersatz von „L. II" von Mecklenburg aus ein geleitet worden seien, könne man nicht billigen. Redner beschwert sich weiter darüber, dass einem liberalen Theologen der Unterricht in Religion in der Oberprima entzogen worden sei. Die Anschauungen jenes Theologen seien in der Kirche bekannt und geduldet: Professoren, die dieselben Anschauungen verträten, seien nicht gemäss regelt worden. Man müsse für die Lehrer unbedingt Gleichberechtigung verlangen. (Beifall.) Abg. Opitz (Kons.) wendet sich den Petitionen zu, die eine Gleichstellung der Fachlehrer mit den Akademikern erstreben und befür wortet sie. Dann weist er die Vorwürfe Ritzsches gegen die Jugendpflege zurück. Dre Sozialdemokratie untergrabe di« Autorität und vergesse, dass die Revo lution stets ihre eigenen Kinder gefressen habe. In der Frage der Schulbeihtlfen stimmten seine Freunde dem M e h r h c i t s g u ta ch te n zu, meinte aber, dass künftig eine auch weitergehendc, gleich mässigere Verteilung der Schullasten im Lande ein treten müsse. (Beifall rechts.) Abo. Dr. Steche (Skatl.) befürwortet die Erteilung von Esperantounterricht in den Volks schulen. Die Esperantobewegung habe seit 190ä einen ungeahnten Aufschwung genommen und erfordere die grösste Aufmerksamkeit auch im Parlamente. Redner lässt sich ausführlich über die Verbreitung des Esperanto aus und bittet di« Regierung, die Ge meinden zur kostenlosen Bereitstellung von Unter- richtszimmern für Esperantostunden zu veranlassen. Abg. Dr. Mangler (Kons.) bittet di« Regierung, dafür zu sorgen, dass unter den Bestrebungen der Jugendpflege nicht der Schulunterricht selbst leide, und wünscht ferner einen Staatsbeitrag zur Hundert jahrfeier des Freiberger Gymnasiums. Das Titel wesen möchte möglichst vereinfacht und die Dauer der Ferien gleichmässig festgesetzt werden. Auch dieser Redner tritt dann für die Petition der Fach lehrer ein. Abg. Lange (Soz.) ist gegen einen Esperanto unterricht im Sinne des Abg. Dr. Steche und wünscht grössere Unterstützung der Comeniusstiftung in Leipzig. Redner geht dann auf die Schulinspektionen ein, deren Vorgehen im Lande als eine Provo kation empfunden werde. Wie Pilze schiessen die neuen Schulordnungen aus dem Boden, und jede sei verschieb«! von der andern. >/z Million Mark wende der Staat für Jugendpflege auf, obwohl er ein gesehen habe, datz die Bewegung Fiasko gemacht habe. Dao Dekret Nr. bringe keine befriedigende Lösung, weil es die Beihilfen in drei Teile zerlege. Die Sozialdemokraten seien keineswegs Vater land s f e r n dl i ch, sic seien ebensogut Deutsche wie die bürgerlichen Parteien. Aber wer ihnen Vaterlandsliebe mit Zwangsmitteln beibringen wolle, der verwechsele „Vaterland" mit den „Zuständen im Vaterland". Vor IO Jahren habe man gesagt, die Sozialdemokraten seien für Karnickclwirt- schaft, sie setzen die Kinder in die Welt und der Staat soll sie ernähren, heute solle die Sozialdemo kratie schuld sein am Geburtenrückgang. (Heiterkeit links.) Die Zw a n ge rz ieh u n g, die sich zwischen Kind'r und Elternhaus stelle, begehe ein Verbrechen an den Kindern. (Beifall b. d. Soz.) Abg. Hettncr (Natl.) wendet sich gegen den Vor redner. Das Verbrechen, von dem dieser ge sprochen habe, habe niemand anders verübt als die Sozialdemokraten. (Stürm. Zwischen rufe links, die der Präsident rügt. Als Abg. Langer-Chemnitz (Soz.) ruft: Zwischenrufe sind par lamentarischer Usus, wird er wegen Widerspruchs gegen die Massregeln des Präsidenten zur O r d n u n g gerufen.) Redner bespricht dann das Dekret Nr. 5 über Schulbeihilfc. Die kneiften Massregeln im Schulwesen erforderten die Anstellung neuer Lehrkräfte. Da in Sachsen nur dreizehn Gemeinden vorhanden seien, die mehr als 60 Lehrkräfte hätte, so bekomme das Gesetz gewisser massen den Charakter einer A u s n a hin e m a ss - regel gegen dle grossen Städte. Aber gerade die grossen Städte seien bisher im sächsi chen Schulwesen oorangegangen und hätten dadurch an- kpornend auf die kleineren Gemeinden gewirkt. Wenn dieser Ansporn wegfallen sollte, so würde das eine ungünstige Rückwirkung auf das gesamte sächsische Schulwesen haben. Sachsen, das einst das Land der Schulen geheissen habe, sei heute bereits von an deren Staaten ein geholt. Sicher bringe das neue Gesetz manche Vorteile, aber auch unter dem alten Prinzip hätte man dieselben Vorteile für die kleineren Städte erreichen können. Da die Hilfs kräfte für die Gemeinden billiger seien als die stän digen Lehrer, würden die Gemeinden ganz besonders darauf bedacht sein, Hilfslehrerstellen zu begrün den. Redner resümiert sich dahin, er habe gegen das neu« Gesetz schwere Bedenken, weil cs die Gemeinden hindere, weiter vorwärts zu gehen auf der Bahn Ausgestaltung der Volksschule. (Bei» ^ltusmWistex Dr. Beck dankt der Deputation für ihre bätige"Mstnrbeit. Bei der Frage, wie die Bci- hilfenangelegenhcit zu lösen sei, hätten sich natürlich verschiedene Möglichkeiten ergeben, und er stimme den Vorrednern §u, die gesagt hätten, dass eine völlig befr ledigen de Lösung überhaupt nicht zu finden sein werde. Der Zweck des Gesetzes sei, das automatische Anwachsen der Schulbinhiffen ru verhindern. Von dem 1892er Gesetze hätten die Gemeinden nickt den richtigen Gebrauch gemacht. Wenn die Gemeinden jetzt die Lehrkräfte möglichst vermehrt hätten, so hätten sie das getan infolge ihrer finanziellen Lage und ihrer schulfreundlichen Ge sinnung. Die Staatsbeihilfe habe dabei ge wiss keine ausschlaggebende Rolle ge spielt. Die Regierung habe auch mit diesem Del.et das Volksschulwesen ernstlich fördern wollen. Das Mind erheitsgu tackten habe auf den ersten Blick etwas Bestechendes, es würde aber die Folge Haden, dass die Selbstverwaltung des Schulwesens eingeschränkt und das Aufsichts recht des Staates ausgedehnt würde. Schon aus diesem Grunde sei der Minderheitsantrag recht be denklich. Er wundere sich, dass der Antrag gerade von den Fortschrittlern und den Sozialdemokraten gestellt worden sei, die sonst so sehr für die Selbst verwaltung einträten. Redner schildert dann die voraussichtliche LVirkung des Gesetzes auf die ver schiedenen Gruppen von Gemeinden. Der -Antrag der Minderheit würde zu sehr grossen Verschie bungen in den Beihilfen führen. Er bitte also, den Mchrhcitsantrag anzunchmen. Die Re gierung würde es bedauern, wenn das grosse Opfer, das sic bringe, vergebens sein würde. Redner geht dann auf die einzelnen Petitionen ein und ver teidigt den Standpunkt der Regierung dazu, wie er im Deputationsbcricht niedergelegt ist. In allen B e a m t e n k a t e g o r i c n fänden sich Unter schiede. Die Regierung sei aber bereit, wenn ihr ein Antrag des Landtages zugehe, zu erwägen, ob sie den bereits vor 1898 angestellten Fachlehrern die Zulage von 600 .«t jährlich gewähren könne. Warnen möchte er davor, Kinder, die nicht besondere Befähigung hätten, dem Studium zuzuführen. (Allseitige Zustimmung.) Im Gewerbe stände seien ebenso gute und ehrenvolle Gelegenheiten gegeben, sich das Brot zu verdienen, wie in akademischen Berufen. Der bedauerliche Wechsel in den Be- zirksjchulinspektionen sei durch Todz Pensionierung und andere Verl)ältnisse veranlasst und nicht zu ver hindern gewesen. Ob man dazu kommen künn«, den Zeichenunterricht bis Oberprima obligatorisch zu machen, müsse er bezweifeln. Das Verbot, dem Wan dervogel beizutreten oder zu Sammlungen beizu tragen, sei so zu verstehen, dass ju.ngc Leute überhaupt nicht berechtigt sei» sollten, Ver einen beizu treten, denn dazu seien sic noch zu jung. Sammlungen in den Schulen könne die Regierung nicht gutheissen. Hinsichtlich des Espe ranto müsse er betonen, dass die Zulassung des Espe ranto auch als Wahlfach nicht in Aussicht gestellt werden könne. Es habe zwar einen grossen Aufschwung genommen, aber di« Aus bildung der Schüler für bestimmte Berufszweige müsse dem Privatunterricht üdcrlass«n bleiben. Wenn auch also zurzeit in der Volksschule das Esperanto nicht als Wahlfach .zugelasscn werden könne, so dürften doch die Schulen der Zustimmung des Mi nisteriums versichert s«in, wenn sie für diesen Unter richt die Schulräumc unentgeltlich zur Verfügung stellt««,. Was die Volksschul- re form betreffe, so könnte er nur sagen, dass für die nächste Zeit eine Reform der Lehrpläne in Aussicht stehe. Den Sozialdemokraten müsse er sagen, dass sie nicht di« Angegriffenen, sondern die An greifer seien, iudeni sic die Autorität von Kirche und Schule bedrohten. Den Konfirmandenfeiern seien die Bezirksschulinspektionen mit Recht entgogengetreten. Nichts fördere besser die Erziehung als «ine enge Ver bindung von Elternhaus und Schule. Gerade die Sozialdemokratie stell« sich aber zwischen diese beiden. Wenn die Schulbehörden dagegen oinschritten, so täten sie nur ihre Pflicht und würden sicher den Beifall aller bürgerlichen Parteien in diesem Hause haben. Aufs schärfste protestieren müsse er gegen den Vor wurf des Abg. Nitzsche-Dresden, datz das Over land esgerrcht das Recht gebeugt habe. Unser« Richter seien untadelhaft. Die Arbeiterturn vereine strebten nichts anderes an, als die jungen Leute in die proletarische Bewegung hineinzubrin- aen. Bedauerlich sei, dass von sozialdemokratrscher Seite so gegen die Jugendpflege gehetzt werde. Wir aber, so schliesst der Minister, wollen die Gegensätze überbrücken und durch eine nationale Jugend pflege monarchische Gesinnung in die Herze«, der Jugend pflanzen. 'Beifall.) Abg. Dr. Dietel (Vpt.s geht auf die Petition der Fachlehrer, speziell die der Turnlehrer ein und wünscht eine Vermehrung per Turnlehrer bild u n g s a n st a l t c n. Eine höhere Bewertung des Turnens sei sehr notwendig. Redner wendet sich dann gegen die Konservativen, die mit Unrecht die Linke beschuldigten, datz sie die Ursache sei, datz das Volksschulgesetz gescheitert je«. Wie sei gerade von der Rechten die Forderung der Arbeitsschulen bekämpft worden. Gegen die geistliche Schulaufsicht seien seine Freunde nach wie vor. Redner bringt bann noch eine grosse Reihe von Einzelheiten vor und betont, eine wirklich gründliche Reform der Lehrpläne könne erst auf Grund einer V 0 l k s s ch u l r c f 0 r m zu stande kommen. Es gebe aber in Sackien Kräfte, die bemüht feien, diese Reform illusorisch zu machen, namentlich soweit sic sich auf den Religionsunterricht beziehen. Für ein gutes Einvernehmen zwischen Schule und-Elternhaus seien auch seine Freunde. Sic verurteilten die Provokationen durch die Sozialdemo kratie; aber auch Kirche und Schule müssten manches tun, um ein besseres Verhältnis herbeizuführen. Die jetzige Regelung der Schulbeihilfc«! könne nur vorübergehend sein, deshalb würde die Mehrzahl seiner Freunde für das M e h r h e i 1 s 0 0 t u in stimmen. (Beifall.) Abg. Frenzel (Kons.) schildert, dass kleine Ge meinden den Neuordnungen im Schulwesen der grossen Gemeinden nickt immer folgen könnten, und bekämpft das System der grossen Gemeinden, die Anstellung der Lehrer von einer bestimmten Zensur abhängig zu machen. Das Dekret Nr. 5 sei ein Fortschritt gegen das frühere Dotationsgesetz. Abg. Ritzschke-Leutzsch (Natl.) verbreitet sich über die pädagogischen Seminare an den Gymnasien und wünscht Auskunft vom Minister, wie es mit den drei Lehrern am katholischen Seminar in Bautzen werden solle, die den M 0 dernisten- eid geschworen hätten und gleichwohl noch iinmer wissenschaftlichen Unterricht erteilten. Seine Freunde hätten sich in Geduld be fasst, aber ehe man auseinanderging, möchte man doch noch wissen, wie die Sache dort stände. Es sei gerade Schluss des Schuljahres, also beste Gelegenheit Lazu. (Beifall.) Abg. Uhlig (Soz.) verteidigt den Minderheits antrag und wendet sich gegen die Versuche, einen Ge wissenszwang auf die Jugend auszuüben. Kultusminister Dr. Beck: Eine Besprechung der deutschen Kultusminister habe statt gefunden und zu einer Aussprache über viele grosse Fragen geführt. Er hoffe, dass die Besprechung fort gesetzt würde und zu einem Einverständnis aller deutschen Bundesstaaten führen würde. Von einer Verordnung der Kreishauptmannschast Bautzen be treffs einer Lehrerkonferenz sei ihm nichts bekannt. Auf die Anfrage des Abg. Ritz^chrc er widerte er, die drei katholischen Geist lichen am Bautzner Seminar hätten die pädagogische Prüfung abgelegt. Sie erteilten Unter richt nach einem sorgfältig ausgeardeiteten Lehrplan, und es werde eine sehr sorgsame Aufsicht geführt. Bis jetzt sei nichts beobachtet worden, was gegen den Lehrplan ver stiesse. Im anderen Falle werde die Regierung sofort einschreiten. Am Gesetz von 1876 über die Kongregation werde unbedingt festgehaltcn werden. Di« Regierung werde stets Hüterin des konfessionellen Friedens bleiben. Nachdem noch der Abg. Dr. Böhme (Kons.) ge sprochen hatte, schliesst die Debatte, und es folgen persönliche Bemerkungen. In der Abstimmung wird Kapitel 94 und 9ö nach der Regierungsvorlage angenommen. Ebenfalls angenommen wird der Antrag Dr. Seyferth, die Regierung zu er suchen, in einen Ergänzungsctat 40 000 zur Be friedigung der Wünsche der Seminarlehrer einzu stellen. Bei der Abstimmung über Dekret Nr. b Schul- beihilfengesetz, wird zu 8 2 der Mindcr- heitsantrag mit 38 konservativen und national liberalen Stimmcn gegen 26 fortschritlichc und sozialdemokratische Stimmen adgelehnt. Der Mehrheitsantrag wird darauf einstimmig angenommen, ebenso wird in der Gesamtabstimmung das ganze Gesetz nach der Deputationsfassung angenommen. Die Regierung verzichtete auf namentliche Abstimmung. Nächste Sitzung morgen vormittag ^10 Uhr. — Tagesordnung Petitionen. — Schluss 9 Uhr. Thüringen und Provinz Sachsen. * Halle, 2. April. Das hiesige Diakonissen haus gedenkt am Sonntag, den 21. Mai. sein Jah resfest zu feiern, verbunden mit der Einsegnung einer Anzahl von Schwestern. Die Festpredigt hält Gen.-Sup. O. Eennrich-Magdcburg, die Einsegnung der Schwestern erfolgt durch AnstlMisvorsteher Pastor Jordan. Um 4 Uhr nack>mittags findet aus dem Grundstück des Jugendhofes der Diakonissenanstalt die Einweihung des ncugcbautcn Seminars statt. Zahlreiche Freunde, die die Diakonissenanstalt durch ihre jahrzehntelange segensreiche Tätigkeit in allen Teilen der Provinz und darüber hinaus gewonnen hat, werden zu der Feier von fern und nah erwartet. * Eialeben, 2. April. Bei Heringsdorf sprang der 11jährige, einzige Sohn des Dr. Lzeck-Helbra, der mit der elektrischen Kleinbahn nach Eisleben fuhr, während der Waaen schon in Bewegung war, von dem Perron der 2. Klasse ab. um in die 3. Klasse eitnusteigen. Hierbei wurde er von dem Wagen er fasst und ihm das eine Bein zermalmt. * Bad Kösen, 2. April. Dem Landwirt Hermann Müller in Rehehausen waren die Pferde durchgegangen. Bei seinem Bemühen, sie ein- zuholen, echauffierte sich Müller so sehr, dass ihn ein Herzschlag trat und er t 0 t niedersank. * Gotha, 2. April. Zwei Untertertianer des hiesigen Gymnasiums, Söhne angesehener Fa milien, waren des trockenen Tones der Schule satt und beschlossen, zunächst in Afrika und dann beim „Weissen Wolfl' in China das Leben voll und ganz zu packen. Ein monatliches Taschengeld von ansehn licher Höhe setzte den einen tatenlustigen Knaben «n stand, in einer Höhle des nahen Seebergs das er forderliche Waffenlager anzulcgen. Eines Tages er folgte der Aufbruch in die weite Welt, nachdem das Auto des Herrn Papa durch einige kühne Schnitte zur Verfolgung unbrauchbar gemacht worden war. Die väterliche Münzenliebhaberei musste als das Zeichen verweichlichter Kultur bluten, und aus ihrem Erlös wurde die Reisekasse der jungen Tatmenfchen kräftig gespeist. Doch der Telegraph, der alsbald nach allen Windrichtungen spielte, und das polizei liche Fahndungsblatt toten ihre Schuldigkeit In einem Hotel in Zabern wurden die Flüchtlinge eines Tages ermittelt. Camburg, 2. April Wie die Wehrsteuer Arbeit macht, zeigt eine Notiz im Tageblatt zu Camburg, wonach der Amtsverw ilter Hess infolge der Vorarbeiten zur WehrUeuer so nervös geworden in, datz er ein Sanatorium aufiuchen mutzte. Auf das Ergebnis der Wehrsteuer in der Grafschaft Camburg darf man daher wohl gespannt .ein. * Meiningen, 2. April Hier vergnügten sich zwei Konfirmanden «nit dem Schiessen von Sper lingen; dabei erhielt der eine Jüngling einen Sckutz in den Rücken, >0 dass er ins Krankenhaus geschafft werden «nutzte. vom Tage. * Furchtbarer Selbstmord. Aus Berlin, 2. April, wird gemeldet: In einem Anfalle geistiger Um nachtung sprang heute morgen un« 7 Uhr die 22 Jahre alte Schneiderfrau Paula Zieh«» aus dem Küchenfenster ihrer im vierten Stockwerk des Hauses Zionskirchplatz l4 belegenen Wohnung auf den Hof hinab. Sie starb bereits während der Ucberführung nach dem 'Virchowtrankenhau'e. * Durch einen Strassenbahnwagen getötet. Aus Berlin, 2. April, wird gemeldet: Gestern nach mittag gegen 6 Uhr wurde auf der Charlottenburger Chaussee in der Näae des Kleinen Sterns durch eigenes Verschulden die 43 Jahre alte Verkäuferin Elffabeth Tiesler, die im Hause Alexandrinen- strassc gewohnt hatte, von einem Strassenbahn wagen der Linie überfahren und am Kopf schwer verletzt. Man schaffte die Bewusstlose nach der Charitd, wo sie bald nach ihrer Aufnahme ihren Verletzungen erlag. * Selbstmord einesSechzehnjährigen. Der 16jährige Hausdiener Richard Kretschmer jagte sich, wie aus Berlin berichtet wird, gestern früh «n der Wohnung seines Stiefvaters, des Schänkwirts W., in der Baru her Strasse je eine Revolvertugel in die linke Brust und in die rechie Schläfe und ver- schied auf der Stelle. Als vermutliches Motiv wird gekränktes Ehrgefühl angegeben. * Selbstmord eines Kranken. Tin. eigener Drahtbericht meldet uns aus Spandau, 2. April: Im Stadtkrankenhaus verübte ein Schwer kranker Selbstm 0 rd. Er durchbrach das Fenster gitter des Zimmers und stürzte sich auf den Hof hinab, wo er zerschmettert liegen blieb. * Das Opfer eine» gerissenen Taschendiebes wurde, wie aus Königsberg, 2. April gemeldet wird, ein Sceiadett im Nacht,cknellzuge auf der Reffe von Berlin nach Königsoerg. Der junge Mann hatte sein Geld und seine Papiere in seinen Ueberzieher gesteckt, denselben im Gepäcknetz unter gebracht und sich selb,! zum erquickenden Schlummer ausgestreckt Als er kurz vor Dirschau erwachte, fand er zwar den Ueberzieher, aber der Inhalt der Taschen war verschwunden. Er muhte hier die Reise unterbrechen, um sich die notwendigen Geld mittel zu besorgen, und konnte erst nachmittags seine Fahrt mit dem Pcrsonenzuge nach Königsberg fortsetzen. * Diebstahl an einem Wechselagenten in Triest. Aus Trlest, 2. April, wird gemeldet: Dem Wechsel agenten Ruggiero Nodriguez, der bei der Kreditan stalt für Handel und Gewerbe 48 100 Kronen be hoben hatte, wurde bald nach Verlassen des Bank instituts der ganze Betrag aus derNocktasche gestohlen, ohne dass es der Geschädigte bemerkt hatte. Ein etwa dreissigjähriger Mann war, Trunken heit oder Unwohlsein heuchelnd, an ihn angestossen und dann verschwunden. Der Dieb konnte noch nicht eruiert werden. * Ein mohammedanischer Militärfriedhof in Budapest. Aus Budapest wird gemeldet: Die haupt städtische Generalversammlung beschloss, für Militär- perionen mohammedanischer Konfession und deren Angehörige im Rakos-Kerezturer Friedhöfe einen in oha in mcda nischen Friedhof zu errichten, Leipziger Vereinsieben. * Theosophische Ciesellschast Leipzig (I. T. B ). Soeben erschien das 2. Vierleliahrsvrograinm 1Ul4, das wieder eine Anzabl allgemein interciuereiroer VortragSgegenstände aus dem Gebiete der vergleichende» Religionswissenschaft, okkulten Lehre, Metaphysik uird Ethik enthalt. Bon den Themen seien hervorgckoben: ..Buddha, der Christus Indiens", „Meister und Sck»ülcr in ihren geaenscitigen Beziehungen", „Weltentstehung und Weltentwiellung", „Der Pfad zum Christus". Die Vorträge werden im eigenen Saale der tZjesellschast, Blumengassc 12, abge halten. Die Bortvagsvrogramme sind van der Geschäftsstelle der Gesellschaft unentgeltlich zu beziehen. * Die Waldenburger, Allwaldcnburgcr und Altstadtwaldenburger Lands Mannschaft hält Sonntag, den ä. April, abends 7 Uhr, im Restaurant „Rosen garten" in L-Reuduis, Heinrichstraße, ihre Monatsversammlung ab. Der Vorsitzende, der zugleich ^cslausschußmitglicü des Sachsen laqes zu Dresden ist, wirt» darüber einen Vortrag halten und das nunmehr fertiggcstellte Programm bekanntgeben und ladet alle Mitglieder (Damen wie Herren) ein. Auch dj« hier und in der Umgegend lebenden Mnldcntalcr sowie freunde de» »»ater ländischen Festes sind herzlich willkommen. — Di« Markt- brunncnwcihe in Waldenburg wird vielleicht noch im Herbst dieses Jahres stattsinden. * Bismarckseicr. Die Ortsgruppe Leipzig des Deutsch nationalen Handlungsgehjlsen-Vcr- bandcs veranitaltet am Sonnabend, den 1 April, abends Uhr, im Großen Saale des Restaurants „Exzelsior" (früher Tl'iemeschc Brauerei). Dauckwer Straße, zur Erinnerung an den Geburtstag unseres Altreichskanzlers Bismarck eine große Bismarckfcicr. Tie Bismarckrcde wird Herr <Rwrg Brost Italien, während Herr .1 Hauscmann Vorträge aus Bevers Werken bringen wird. Weiler haben auch die .fahrenden (Gesellen Bund für Wandervslege im D. H. B.> sowie der Deutschnaiwnale Männcrgesangverein ihre Mitwirkung zugciichert, so daß ein genußreicher Abend zu erwarten steht
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