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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.02.1915
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1915-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19150223010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1915022301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1915022301
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-02
- Tag 1915-02-23
-
Monat
1915-02
-
Jahr
1915
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-los Leipziger klmstfäien. Bunter, reicher an verschiedenen Richtungen, an Altersstufen der Entwicklung könnte die Ausstellung vei P. H. Beyer Lohn, Thonrasring 22, nicht sein, al» jetzt, wo Leipziger Künstler allein aufgeboten wurden. Und dabei fehlt eine ganze Anzahl. Bon Klinger steht ein gut gezeichneter Frauen topf neben einigen Akten von A l b r e ch t L e i st n e r, deren Anlehnung an Klingers Art ich jüngst an dieser stelle erwähnte. Als Bildhauer (die Bronzebüste seines Vaters) oder als Radierer zeigt der Künstler seine eigene, sympathische Weise. Wenn ich Leistner raten dürfte, würde ich ihm empfehlen, sich nur der Bildhauerei zuzuwenden. Da liegen die Wurzeln seiner Kraft. Mit F. O. Behringers Arbeiten weiß ich nichts anzufangen. Ein Schwanken zwischen Impressionismus und Expressionismus lägt die Zeich nungen und das Oelporträt wie Vorstufen eines ganz unsicheren Tastens erscheinen. Auch Rüdiger Berlit sucht noch immer seinen Weg. Dieses suchen und Streben an sich ist ja des Menschen bester Leil, aber Berlit fehlt ein wenig die Kunst des Kom ponierens. Während seine Zeichnungen abgerundete Leistungen sind, erfreuen seine Gemälde nur durch „arvensrijche, lassen aber den geschlossenen Bild charakter missen. Richard Erimm-Sachsen- l> erg verrät in seiner bekannten Brücke und in einer Lopfpflanze am Fenster dekorative Begabung. Walther Tiemanns Oelmalerei ist zartsinnig, im Landschaftlichen beinahe zu zart, während sein Einblick in ein Glashaus frischeres Zugreifen verrät. Erich Gruners Oelskizzen zeigen keine neue Phase der Entwicklung. Die ra ¬ schen Momentbilder, Erlebnisse im Kriege geben Augrnblicksimpressionen und können daher auf künstlerische Gestaltung nicht Anspruch erhoben. Daß sie flott und sicher hlngejetzt sind, versteht sich bei einem gewandten Zeichner wie Gruner von selbst, sehr fein sind die kleinen Radierungen eines Rokoko rhemas dieses Künstlers. In kleinen, witzigen Blättern oder in Bewegungsstudien entfaltet sich das Talent Gruners am besten. Auch zu der Radierkunst eines Turt Hoeltoff gibt es für mich keinen Zu gang. Ich vermag wohl auf Richtigkeit der Zeichnung zu verzichten, wenn dadurch an Ausdrucks kraft gewonnen wird. Aber wo man ständig Hiero glyphen entziffert, hat man ein Recht auf Richtigkeit. Die Griechen pflegten zu sagen: Vor den Preis haben die Götter den Schweiß gesetzt. Das vergessen unsere jungen Künstler. Sie wollen schnell fertig jein. Aber man merkt doch die Eierschalen der Schule, so wild sie sich auch gebärden. Das gilt von den jungen Wilh. Plün necke und Heinz Hoff meister. ^ch weiß ganz genau, dass sie es mir nicht glauben rverden, sich lustig machen werden, aber sie iinid noch nicht ausstellungsroif. Begabung ist vor handen. Von Hoffmeister verraten die Porträt radierungen viel Talent. Der Weg vom Talent zum Genie heißt Arbeit. Fertig kommen nur die tief- ! rhendsten Geschöpfe zur Welt; je höher entwickelt ein Wesen, um so länger der Weg zur Vollendung. Alfred Krügers Kriegsbilder erinnern stark an den Kino, da ziehe ich mir die lebendigen Akte eines Eduard Einschlag vor. Schabe, daß man ren ihm immer nur Skizzen sieht. Er hat im Atelier genug Fertiges. Bei aller technischen Meisterschaft liegt mir Alois Kolb nicht. Die Akte wirken auf mich vie aus Leder ohne Knochen. Kolb strebt in der Radierung Wirkungen an, die dieser Technik ver schlossen sind. Daher bekommen die Blätter etwas Gewaltsames, Erzwungenes. Auch finde ich zeich nerisch nicht alles einwandfrei. Das Baby, das die Mutter pudert, ist puppenartig klein. Solt- manns gute Zeichnungen sind mir alle schon be kannt, auch hier wünscht man neben den Skizzen vollendete Arbeiten zu sehen. Zwischen Skizze und Vollendung liegt der Probstein, über den viele Talente straucheln. Der Impressionismus war für alle Zwischentalente so bequem, bei ihm war jede Skizze schon fertig. Ja, sie war als Skizze fertig, aber keine fertige Skizze ist ein fertiges Gemälde. Der begabteste der jüngeren Leipziger Künstler scheint mir Willi Münch-Khe zu sein. Ihm gaben die Götter das Patengeschenk eines köstlichen Humors neben strenger Sachlichkeit, die an alte Meister erinnert. Seinen Lehrer Hans Thoma hat er uns in einer Zeichnung und in der Radierung lebenswahr erhalten. Die Entwürfe für eine Kan Kunst uncj wissenseligft tatekart« sprudeln von Humor, der mit sicherem Zeichenstift erzählt. Hier ist Können und Streben. Der Wtnterlandschaft ist in der ganzen Ausstellung nichts Ebenbürtiges an di« Seite zu stellen. Ich hoffe, einmal Gelegenheit zu haben, ausführlich über dieses Talent zu schreiben. Bei Beyer L Sohn bietet er ja nur Kostproben. Ueber G. Thieles Plastiken ist am besten zu schweigen. Proportionen scheint er nicht mehr zu kennen. Schade, er hatte früher so hübsche Klein, bronzen gearbeitet. Ich möchte ferner noch die klei nen, geschmackvollen Radierungen von Hans Möhring zu Hofmannsthals „Tor und der Tod" erwähnen, ferner einige Oelgemälde von Rose Käppler und Ida Macdonald, der man noch allzusehr die Münchner Schule anmcrkt. Jedenfalls lohnt der Besuch dieser Ausstellung. Wir müssen unseren Kunstsälen dafür danken, daß sie uns jetzt immer noch Neues bieten und ihre Säle nicht schließen. vr. U. 6. III. Kirchenkonzert des Universitätskirchenchore». Herrn Professor Hans Hofmann, dem Gründer und Leiter des Universitätskirchenchores, gebührt, das Verdienst, jedem Gelegenheit geboten zu haben, einen Einblick in das tirchenmusikalische Schaffen unserer Tage zu tun. Eine künstlerisch einheitliche Idee — es wurde ausschließlich neueste Kirchenmusik unter dem Leitgedanken „Aus Tod zum Leben" dar geboten — lag dem Konzerte zugrunde, für das ein ebenso interessantes wie geschmackvoll ausgewühltes Programm zusammengestellt worden war. Unter der Zahl größerer Werke, die gestern zum ersten Male in Leipzig zu hören waren, sei zunächst des geistlichen Mysteriums „Talitha kumi!" (die biblische Szene „Die Tochter des Jairus" behandelnd) von E. Wolf- Ferrari gedacht. Diese zweiteilige Kantate von etwa .^stündiger Aufführungsdauer zeigt die Eigenart des Deutsch-Italieners in besonders starker Weise. Er schuf hier ein liebliches, an Stimmungsmalerei reiches Werk von teilweise wundervoller Klangschönheit, in dem mit verhältnismäßig geringen Mitteln starke Wirkungen erzielt werden. Von besonderer Schön heit sind die beiden im Palestrinastile gehaltenen archaisierenden Chorsätze sowie mehrere durch Fein heit der melodischen Linienführung ausgezeichnete Zwischenspiele. Zwei Manuskriptwerke des in Leipzig lebenden blinden Komponisten Hermann Kögler, ein geistliches Lied für Alt, das Fräulein Helene Braune mit klangvoller Stimme und viel Emp finden sang, und eine „Melodie" für Violine, von Herrn Konzertmeister Heinrich Schachtebeck mit trefflichem Gelingen vermittelt, wie nicht min der ein kraftvoll-markiger, sehr wirkungsvoll auf gebauter „Osterhymnus" für gemischten Chor ver rieten den fein empfindenden Musiker, der auf Grund tüchtigen Könnens gar wohl imstande ist, die ihn be herrschenden Gefühle in Tönen zu adäquatem Aus druck zu bringen. Mit viel Interesse lauschte man auch der Kantate „Welt, ade, ich bin dein müde" und dem 150. Psalm in der Vertonung von Hermann Ernst Koch, dem Kantor an der Johanniskirche zu Chemnitz. In beiden Werken, namentlich in der Kantate, fußt der Komponist auf keinem Geringeren als Bach, so wohl in der Instrumentation, wie in der kunstvoll polyphonen Führung der Orchester- und Singstimmen, doch nicht derart, daß er dem Altmeister sklavisch nach ahmt. Vielmehr weiß er den Kompositionen ein durchaus subjektives Gepräge zu verleihen. Die je weilig erforderliche Stimmung wird durch instrumen tale Vor- und Zwischenspiele trefflich vorbereitet, das Klangkolorit weise ausgenutzt und durch wohl angebrachte dynamische und rhythmische Gegensätze der Zuhörer immer in Spannung gehalten. Unter Herrn Kantor Kochs Leitung wurden beide Werke zu bester Geltung gebracht, wobei er vom Orchester, dem Chor wie von den Solisten, den Damen ÄLß- ger, Siegelt und Herrn Sammler, an die er nicht geringe Anforderungen stellt, aufs beste unter stützt ward. Ganz besonders gilt dies von der Solo partie seiner Kantate, die nach Angabe des Kompo nisten überaus zart gesungen werden muß, welch schwieriger Aufgabe sich Fräulein Rößger vollkommen gewachsen zeigte. Den Evangelisten in Wolf-Ferraris Mysterium vertrat in hochanerkennensmerter Weise Herr Carl Roth, der trefflich bei Stimme war und mit viel Empfinden sang. Auch der Chor bestand in Ehren. Als Glanzleistung verdient die Wieder gabe der beiden Sätze aus „Talitha kumi" besonders angeführt zu werden. Aufs beste bewährte sich wiederum Meister Max Fest an der Orgel, sowohl als Solist mit der Wiedergabe des zweiten Satzes aus dem A-Moll-Konzert von Bossi wie bei der Aus- führung der mancherlei Begleitungen. Vollstes Lob sei schließlich auch dem Windersteinorchester ge spendet, zu dessen B'stem der Reinertrag des von künstlerischem Erfolg gekrönten Konzertes bestimmt war. Üorvaaiur. * Städtische Theater. Die musikalische Leitung der am Sonnabend, den 27. d. M., im Operetten idealer stattfindenden Erstausführung von „Der lrebe Pepi" führt Kapellmeister Otto Findeisen. — In der am Mittwoch, den 21. d. M., im Alten Theater stattfindenden Vorstellung von Schillers „Maria Stuart" spielt Herr Karl Ebhart zum ersten Male die Rolle des Mortimer. * Schiller-Verein (Literarische Gesellschaft) zu Leipzig E. V. mir Unterstützung von Nettor und Senat de: Universitär. Kommenden Sonnabend 8 Uhr findet m der Aula der Universität der 23. Vaterländische Abend zugunsten infolge des Krieges hilfsdedurfriger Gelehrter und Schrift steller statt. Herr Prioutdozent Dr. Max Brahn hält einen Vortrag, betitelt: „Nietzsches Gedanken über Menschen, Staaten und Kriege"; Herr Kurt Lite ter wird Dichtungen von Friedrich Nietziche zum Vortrag bringen und den Schluß bildet Mozarts schönes Es-Dur-Blasquintett, ausgeführt von Anny Eisele «Klavier), Kurr Schubert (Oboe), Edwin König (Klarinette), Gustav Gierfchner (Horn). Paul Limbach (Fagott). * Theaterchronik. Die Hofbühne in Neustrelitz erwarb die Uraufführung von Wilhelm Ernsts „Fürs Vaterland", die demnächst eriolgen >oll. — „Ein Goethebrief", Lustspiel in 3 Aufz. von Guido Glück, gelangt am Brünner Stadttheater zur Ur aufführung. — Dr. Ernst Leopold Stahl in Heidelberg hat ein abendfüllendes „Deutsches Auferstehungsspiel" (Osteripiel) mit Gesangs chören nach allen Quellen bearbeitet, das als Gegen stück zu den Weihnachlsspielen von Otto Falkenberg und Emil Alfred Hermann al» Mysterienspiel für die Osteneit gedacht ist.—„Unter der blühenden Linde", ein fröhliches Spiel mit Gesang in 3 Akten von Leo Kaftner und Ralph Tezmar, Musik von Fr. Gellert, wurde zur Uraufführung für das Leipziger Operettentheater angenommen. * Ein wirklich bunter Abend. Unser Berliner Schau,pielreferent schreibt: Man kennt sie, die ^Bunten Abende" un,erer Theater. Mit allerhand Heilerleiten wird Tribut abverlangt für schwere Trauer; für die Verwundeten, für die Witwen und Waisen von Gefallenen. Kein Grund, den Propheten Jeremias aufzuwecken! Denn e» wirb außerhalb, wie innerhalb der Thearermauern reichlich zur Kriegsfüriorge beigesteuert, und die Zerstreuungen der Bühne fuchen ohnedies nur solche auf, die sie ertragen können. Außerdem sind Couplets immer noch schicklicher als die den Ernst des Krieges fälschenden Kriegsstücke. Der „Bunte Abend" im Komödien Haus (zugunsten der aus Berlin eingezogenen und verwundeten österreichischenKneger) brachte neben Johann-Strauß-Musik und Liedern zur Laute von Karl Clewing (dem Hofschauipieler mit dem Eisernen Kreuz!), neben des Ungarn Bereny belanntem Mimooram „Die Hand" und des Wieners Ostar Sabo seldstverfaßten Granaten splittern (Couplets) — zwei Lustspiele, die sich wie alte und neue Zeit seltsam gegenüberstanden. Da moderne schrieb der Däne Gustav Wied, der, bis ihn der Weltkrieg in Melancholie und Selbstmord trieb, der hellste Komödlendichter unserer Tage gewesen ist. Es hat die Feinheit und die den Vorurteilen der Memchen hochentrückte Höhe seines munteren Geistes. „Eine Ab rechnung" heißt es und spielt im Altmännerheim. Zwischen zwei mühseligen Greisen, die em langes Leben neben einander verbracht, macht ein unvorsichtiges Wort glatte Rechnung; der eine erfährt, daß er nicht der Großvater seines legitimen Enkels ist. Der treue Kamerad hat die Blutsrechte. Einen Augenblick gerät die Freund schaft eines Halden Jahrhunderts ins Wanken. Doch ganz von selbst kommt sie wieder ins Lot. Es liegt ja io weit, so weit zurück, das andere! Und was hindert die beiden, den Enkel und einander weiter lieb zu haben, wie es zwanzig Jahre seit dem Tobe der Tochter, vierzig Jahre seit dem Tove der Ehe frau und Geliebten geschah? Die Natur ist stärker als das Geietz Nicht ein französisches Thesenstück ist diese kleine Komödie. Sie spielt sich warm aus, wie Luft ausgeatmet wird. Der eine der Grecse, ein knurriger Bulloogg ohne Zähne, war in Hermann Pichas Darstellung >ehr echt. — Auf das zwanzigste folgte der Anfang des neunzehnten Jahrhunderts: August von Kotzebue» „Schneider Ftp»". Es schadet nicht, daß der Berliner Jahreserfolg der „Deutschen Kleinstädter" die Theater an Kotzebue, den „Brunnen voll unerschöpflicher Laune" (wie ihn Börne nannte) erinnert. sah, lieh ihm nach seiner eigenen Mitteilung den Stoff. Diese» Stück war es, das die Märchenfigur des mit fragwürdigem Rechte verspotteten Meister Ziegenbock ernst auf der Bühne populär machte. Luftig ist das Loch in der Mauer noch immer, lustig der Spaß, wie der alte Filz um die junge Braut — nach Brauch der Commedia dell' arte ist das arme Madel sein Mündel — von den Liebenden betrogen wird. Thealerstückoerfasser, die sich um flüssigen Dialog muhen, können heute noch profitieren von der Szene, wo bre drei Leutchen durch die trennende Wand den Wortball hin und her werfen. Dem Schneider ist sogar etwas mehr als bloße Situations- tomik gegeben. Allerdings muß der Schauspieler das blßchen MenschUch-Allzumenschltche hinter der Hans- wurstiade zu finden wissen. Der feine Wiener Komiter Wilhelm Knaack, der bis in die neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts mit dem Schneider Fips reiste, hat das verstanden. Auch Karl Mein hardt hatte Erfolg. ll ermann Liens!. * Preisausschreibung für ein Drama. An die dramatischen Schriftsteller deutscher Zunge und Ab stammung wendet flch ein Aufruf der Deutsch. Oe st erreichischen Schrift ft ellergenosfen- > chaft, der einen Wettbewerb für Stücke ausschreibt, die den Gefühlen, dem Geist und den Ereignissen dieser großen Zeit Rechnung tragen und mit dichte rischer Kraft geformt sind. Der Preis für den Sieger ist nicht ein Geld- oder Ehrenpreis, sondern die Aus» sührung des Dramas, und zwar in Wien. Die Schriftstellergenosjenschast glaubt, dem Verfasser und seinem Werte mehr zu nützen, indem sie dafür sorgt, daß sein Stück zur Aufführung gelangt. Die Preis richter sind dieselben, die auch beim Wettbewerb um den niederösterreichischen Landespreis tätig sind. Die Einsendungen, die in mindestens drei maschinen geschriebenen Exemplaren bis längstens 28. Februar bei der Deutsch-Oesterreichischen Schriftstellergenoffen- jchast in Wien (VIII, Buchfeldgasse 8) eingelangt jein müssen, haben auf der Titelseite den Namen und die Adresse des Verfassers genau anzugeben. * Professor Christian Speyer, der bekannte Stutt- garter Maler des Krieges und der Soldaten, voll endete am Sonntag sein sechzig st es Lebens jahr. Speyer, der aus Vorbachzimmern bei Mer gentheim in Württemberg stammt, wollte Theologe werden, studierte dann aber in Stuttgart bei Reher und Häberlin. Mit Nachtigal ist Speyer auf einer Forschungsreise in Tunesien gewesen und hat Bilder aus Tunis heimgebracht. 1901 wurde er an die Stuttgarter Akademie berufen. Seinen Namen haben besonders Neiterbilder bekannt gemacht. Seine tem peramentvoll gegen die Luft gesetzten Pferdebilder hängen in vielen Museen. Breslau besitzt seine Heiligen drei Könige, dre Stuttgarter Staatsgalerie das Bild des Württembergischen Reiters bei Wörth. Den Krieg und die Soldaten hat er besonders in Illustrationen dargestellt, mit denen er Lleibtreus Schlachtenschilderunaen und da» bekannte Werk „Unser Volk in Waffen" versah. An eine monu«»«-^ tale Aufgabe ist der Künstler herangetreten, als er in der neuen evangelischen Earnisonkirche in Ulm 1910 die apokalyptischen Reiter und die BekehWM^f des Paulus malte. Speyer ist Mitglied des Deutschen Kiinstterbundes und der Münchener Sezession. * Hochschulnachrichten. Der bisherige Privatdozent und Oberarzt an der psychiatrischen Klinik zu Königsberg i. Pr. Professor Dr. med. Kurt Goldstein wurde als Abteilunasvorsteher an das Neurologische llniversitätsinstitut in Frankfurt a. M. berufen; zugleich habilitierte er sich in der dortigen medizinischen Fakultät mit einer Antrittsvorlesung über „Die Lokalisation psychischer Vorgänge im Ge hirn". — Der Naturforscher Professor Dr. med. et phil. h. c. Wilhelm Kobelt in Schwanheim (Hessen- Nassau) vollendet am 22. Februar das 75. Lebens jahr. Er ist zu Alsfeld in Oberhessen geboren und war lange Jahre als Arzt tätig. Er ist Herausgeber von Roßmüglers Ikonographie der Land- und Sütz- wasselkonchylien, 18 Vde. Seine Arbeitsgebiete sind Konchylien, Tiergeographie. — An Stelle der ver storbenen Professoren Joseph Flokmann und Dr. Gabriel von Seidl wurden der Professor der Plastik an der Technifchen Hochschule zu München Ernst Pfeifer und der Architekt Profess ir Max Litt- mann in München als Mitglieder in die künstle- rifche Sachverständigenkammer berufen. Schneider Fips" ist eine der harmlosesten Pollen Kotzebues. Ein komisches Ballett, das er in Italien Im Donner der Schlachten. 19) Zeitroman von Otto Elster. (Nachdruck verboten.) 8. Kapitel. Kalisch war von den deutschen Truppen be setzt. Tie Ulanen versolgten den sich nach War schau zurückziehenden Gegner, während die In fanterie die Stadt selbst besetzt Hielt. Die polnische Bevölkerung war den deutschen Sol daten freundlich entgegengekommen und hatte sie mit Speise und Trank erquickt. Der Pöbel, der den Bahnhof geplündert und nach Aussage der Polen meistens aus russischen Deserteuren bestand, hatte sich in die Schlupfwinkel der Vorstädte verkrochen oder schlich, mißtrauische Blicke um sich werfend, durch die Gassen. So freundlich aber auch die Polen den deutschen Soldaten entgegenkamen, so feindselig stellte sich das russische Element ihnen gegenüber. Russen ließen sich ja nicht viel auf den Straßen sehen, aber drohende, wütende Blicke lugten durch die verschlossenen Fensterläden auf die Deutschen herab, und russische Fäuste ballten sich heimlich hinter ihnen. Der Vorsicht halber quartierte der Oberst seine Leute auch nicht in die Häuser ein. Er wollte die Truppe beisammen halten und ließ sie auf dem Marktplatz und den angrenzenden Straßen biwakieren. Die Häuser mußten auf seinen Befehl geschlossen fein, die Lichter ge urscht werden. Nur einige Hotels und Wirts häuser waren erleuchtet, wurden aber streng bewacht. Eine dunkle Sommernacht senkte sich auf die totenstille Stadt, durch die nur zuweilen der Anruf der Posten klang oder das Klirren einer Kette, wenn ein Pferd zusammcnschauerte. Die Bewohner hielten sich still in den Häusern, die Soldaten, mit Ausnahme der Wachen und Posten ruhten schlafend auf ihrem harten Lager; nach dem stundenlangen Marsch in der sommer lichen Hitze und durch den Staub der polnischen Landstraße waren sie erschöpft und müde. Nur in einigen Restaurants, wo Offiziere versam melt waren, herrschte noch Leben. Albrecht Winter stand mit seinen beiden Ma schinengewehren am Eingang einer Straße, die auf den Ntarktplatz mündete. Ihm gegenüber auf dem Platz waren zwei andere Maschinen gewehre postiert. Auf dem Platze selbst hatte ein Bataillon fein Biwak aufgeschlagen. Albrecht saß auf der Steinbank vor einer .Haustür, die Hände auf den Säbel gestützt, und träumte in die Nacht hinaus. Er dachte an Hertha, die jetzt seine Gattin war, er dachte an die letzten Tage in Berlin, die von einem wehmütigen Glück erfüllt gewesen waren, und träumte von einer Zukunft, die ihm die volle Sonne des Glückes bringen sollte. Er hatte an Hertha zwei oder drei kurze Karten auf dem Marsche geschrieben; ob sie sie erreicht hatten, wußte er nicht, Nachricht von ihr hatte er nicht erhalten; die Feldpost funktionierte ja noch nicht pünktlich. Morgen, da wahrschein lich ein Ruhetag märe, wollte er ihr ausführ lich schreiben. Der Glockenschlag der alten Bischofskirche, der die elfte Stunde anzeigte, entriß ihn seinen Gedanken. Die anderen Kirchen der Stadt ant worteten mit mehr oder minder sonoren Tönen, die nach und nach in der Nacht verhallten. Jetzt dachte er daran, wo er sich befand I In Kalisch, der alten polnischen Stadt, die schon Ptolomäus als Kalifia gekannt, über deren alte Mauern so viele Stürme der Weltgeschichte hin weggerauscht waren. Was konnten die Mauern, diese murmelnden Wellen der Prosna alles er zählen! Von dem Sieg der Polen über die Schweden im Jahre 1706, von dem Sieg der Russen über die Franzosen im Jahre 1813, von der Allianz der Russen und Preußen 1813, die den Grund zu dein Befreiungskriege Deutsch lands legte; von dem großen Lager der rus sischen und preußischen Truppen im Jahre 1835, zu dessen Erinnerung bei Kalisch ein Denkmal errichtet wurde; und ein bitter-schmerzliches Ge fühl erfüllte bei diesem Gedanken seine Seele, daß die jahrhundertelange Freundschaft sich jetzt in bittere Feindschaft verwandelt hatte. Aber Deutschland war ja nicht schuld dar an, nur die Begehrlichkeit, der Haß und der Neid auf Deutschlands Größe seitens Rußlands hatten diesen unseligen Krieg Herausbeschmoren. Plötzlich schreckte er empor! Fiel da nicht ein Schuß? — Und da noch einer? — Und schon eilte der Wachtposten bei den Maschinengewehren herbei und meldete: „Herr Leutnant, in den Vorstädten wird ge schossen." Albrecht eilte zu seinen Mannschaften. Da rasselten auch schon die Trommeln und gellten die Hörner: Alarm! Alarm! Die müden Soldaten schreckten aus ihrem Schlummer empor. Offiziere eilten über den Platz. Doch ehe man recht wußte, was ge schehen war, öffneten sich viele Fenster auf dem Platz unk» tu den Straßen, Schüsse krachten und die Geschosse prasselten auf das Stein pflaster nieder. „Verrat! Verrat!" gellte es durch die Straßen. „Die Einwohner schießen auf uns!" Immerfort dauerte das Gewehrfeuer, und unaufhörlich blitzte es in den dunklen Fenstern auf. Hier und da sank ein Soldat von einer meuchclmörderischen Kugel getroffen ächzend zu sammen. Aber rasch hatte sich auch die Truppe gesammelt und erwiderte das Feuer. Albrecht erhielt den Befehl, die Maschinengewehre gegen die Häuser des Marktplatzes spielen zu lassen, und verderbenbringend prasselten die Geschosse gegen die Mauern und in die Fenster hinein, das Feuer der feigen Gegner bald zum Schwei gen bringend. Und nun stürmten die Soldaten, wütend über den feigen Verrat, in die Häuser und schossen und stachen jeden nieder, den sie mit der Waffe in der Hand antrasen. Türen und Fenster zersplitterten! Lautes Jammergeschrei erschallte! Aechzen und Stöhnen — Flüche und wilde Verwünschnngen — und da zwischen krachten die Schüsse und ratterten un heimlich die Maschinengewehre, das neueste, furchtbare Mittel moderner Kriegstechnik. Das Gewehrfeuer der Meuchelmörder ver stummte allgemach. Gefangene wurden einge bracht; es war russisches Gesindel, Kosaken, die sich in den Häuser versteckt gehalten hatten — kurzer Prozeß wurde mit ihnen gemacht, sie wurden erschossen, wie die feigen Hyänen, die nachts den schlafenden Reisenden überfallen wollen. (Fortsetzung in der Lbendausgab»)
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