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Abend - Ausgabe Mk Lelpzio an» v»r»n« »ur<s unser« Lrüaer V»AUASP»»I^» . uaüSprottrur» rmal»<tgU<Ntn»Vau»gedra»t« monatllck I rr M., oierlellädrUch Z.7S M Set »er S«srkaft»NrU«. unser« Zttialrn unü NusgadeNeUrn »dgrt>»Ni m»aatU<klM oI«r1»lt<tdrU<drM. vurcd »», P»N> lnnerkold veutschlan». an» Ser »rutschen Noloate» monatlich t^o M.. otertrliüvrltch « S» M„ au»schlt»bllch poftdeNeUgel». vo» Leipziger rogeblott erscheint Werktag» »mal. Sonn. u.Zrirrtag»lmot. Jo Leipzig, »en Nachbarorten an» öen tdrtrn mlt eigenen ZUtalen wir» die fibrnSauogad« noch am ftdrn» »eo Erschein»»» tu« Hau» geliefert, »rrlinrr KeSaktion: In »en Zelten». Zernsprech-sinschlutz: Moabit Nr. »»7. harrdelsFeiturrg /lrntsbloü des Rates rurd des pollzerarntes der Stadt Lccpzrg Leüaktion unü Seschäst.steU«! Zohanniogass« Nr.» » Zernsprrch-flaschluA Nr. 7«»«, >«»»? unü t«»»4. ISS. Jahrgang lEir Inserate au« Leipzig un» Umgebung »>« . »spaitige petit'eiierspf., Sie Nekloine »eile I m., oon auswürl» ZS Pf., Neklamrn l.rs M., Mein» Anzeigen üirprtitzcilr nue ro pf.dwir0rrdol.Nad., Inserat« von vekorSen im amrNchrnLeil »>r prtit» zeit» » Pf. Seschüstsanzeigrn mit plaNvvrschrist ni Preise erkükt. Nabatt nach Laris, veiiagrn: chrsamtausi.-M.Sa» Lausen» ouoschi Postgebühr. stnz^gen'Nnnahm»! lohannisgolse«, bei sämtlichen siualen »»«Leipzig»« Lagedlatte» unü allen Nnnoncen-LxpeSitionrn Se» In» un» rturl^n»«». SeschüstsgeU« für Verlin u. Sir pr.vransrndurg: virektionwalteeZliegel, Vrrlta w. >0. MargaretbenNeah» S. Zernsprech-Nnschlug: Lüyow d»7>. Sonnsvenü, üen 4. KprU. Nr. 172 1914. Vas wichtigste. * In der bulgarischen Sobranje kam es zu Lärmszenen, («- Ausland.) * Die rumänische Kammer hat das Han delsabkommen mit Griechenland an genommen. * In Marokko sanden neue Kämpfe zwi schen französischen Truppen und Marokkanern statt. sS Ausland.) * Die Nachrichten aus dem albanischen Aufstandsgebiet lauten immer ernster. jS. bes. Bericht.) Die Sesolöungsvorlage im Reich. O Berlin, 3. April. Die Reichsvoten wollen, wenn sic aus den Ferien zu uns nnederkehren, nur noch drei Wochen beisammenbleibcn: am 20. Mai, einen Tag vor Himmelfahrt, soll zum Halali geblasen werden. Sie man in dieser Frist die noch rück ständigen Eiatstitel, als da sind Militäretat, Reichskanzleramt, Auswärtiges, erledigen will, ist, zumal der Militäretat noch nicht einmal in die Budgetkommission gelangte, uns einiger maßen schleierhaft. Aber die Berliner Fr ich - lingslust und die Feriensehnsucht pflegen in der Beziehung mitunter Wunder zu wirken, und so mag es immerhin geschehen, daß man dies Muß pensum schafft. Daß man darüber hinaus noch etwas fertig zu bringen vermöchte, dllntt uns bei der psychologischen Unmöglichkeit, nach der Daucrsession des vorigen Jahres den Reichstag Heuer länger zusammenzuhalten, so ziemlich aus- geschlossen. Und so wird man sich denn immer hin darauf einrichten müssen, das; von den Ent würfen, die man bisher in der Kommission för derte, mancherlei bis zum Herbst verschoben wird, oder gar, wenn die Negierung aus allerlei Stim mungen heraus das Parlament wirklich schließt, auf der Strecke bleibt. Bei einigen von diesen Borlagen har die Regierung die Möglichkeit eines Erfolges oder Abschlusses ohnehin durch ein „Un annehmbar" verbaut. Nun pflegt man seit ver schiedenen Jahren, zum mindesten seit 1909, der lei Regierungserklärungen ja nicht allzu tragisch zu nehmen. Sintemalen wir es wiederholt er lebt haben, daß die Regierung Dinge, die sie d« 1717711777.77711771771— als unannehmbar bezeichnete, hernach doch hin genommen oder, wie undelikate Leute das aus zudrücken pflegen, „geschluckt" hat. Aber von einem der strittigen Probleme möchten wir doch glauben, daß die Regierung hier unnahbar bleiben und auf ihrem Stück bestehen wird: das ist die B e s o l d u n g s f r a g e. Wir haben bekanntlich in diesem Jahr zwei Besoldungsvorlagen — eine im Reich und die andere in Preußen —, und beide stehen mit einander in gewissen Zusammenhängen. Zunächst schon dadurch, daß in Preußen die Abgeordneten warten, was im Reich geschieht, weil sie nicht wieder wie 1908/09 durch den spendabeleren Reichstag übertrumpft werden möchten. Zum anderen, weil die sogenannte Reichsleitung — der Ausdruck, obschon er keinerlei staatsrecht liche Hintergründe hat, beginnt sich neuerdings eiuzubürgcrn — sich durch die Rücksicht auf Preu ßen und die preußische Regierung gebunden fühlt. Vielleicht — wir haben es nicht gerade schwarz aus weiß, haben aber immerhin mancherlei An haltspunkte — wäre im Reich die Regierung zu weiterem Entgegenkommen bereit, zu dem gleichen, zu dem auch die bürgerlichen Parteien rn erfreulicher Einmütigkeit sich verstanden: zur Ausdehnung der Aufbesserungen auch auf die Klasse der „gehobenen Unterbeamten". Aber da reckt die preußische Regierung dräuend den Finger und spricht: respioo kinsm. Zu deutsch: Bedenke das dicke Ende, das in Preußen nach kommt. Für das Reich, das ja nur geringe eigene Verwaltungen hat, wär's nämlich eine Bagatelle: drei bis vier Millionen. Aber in Preußen mit seiner Fülle von Verwaltungen erwächst gleich ein anderer Multiplikator. Dort gibt es weit über 100 000 gehobene Unter beamte, und wenn man jedem von ihnen nur 100 Mark stiftete, so kämen bald an die fünfzehn Millionen Mark heraus. Diesen Druck von der preußischen Seite hatte man in unterrichteten Kreisen vorausgefehen, und er hat denn auch nicht auf sich warten lassen. Im Reichstage — das wird billig anzuerkennen sein — hatte man klug und loyal gearbeitet. Die Besoldungs wünsche der Beamtenschaft sind leider Gottes ein Gebiet geworden, auf dem sich beguem nach Popularität jagen läßt und allerlei fraktionelle Eifersüchteleien sich austoben. Solchen Lockun gen war man, vielleicht weil man erkannt hatte, wie schlecht im Grunde die Popularitätshascherei sich bezahlt macht, diesmal aus dem Wege ge gangen. Nach mancherlei Verhandlungen hatten sich schließlich die bürgerlichen Parteien auf zwei im Grunde geringfügige Erweiterungen geeinigt (deren eine wir oben beschrieben) und sich stark gemacht, unter keinen Umständen von diesem Kompromiß abzugehen. Nach ihren Aeußcrungen in der Kommission hatte man sogar gehofft, daß auch die Regierung für diese Erweiterung zu haben sein werde. Nun hat am letzten Wochenschluß die „Nordü. Allg. Zeitung" doch das Unannehmbar ausge sprochen. Und dies Unannehmbar ist wohl ernst haft. Wenn man, wie gesagt, auch im Reichs schatzamt mit sich handeln ließe: Herr Lcntzc wird unnahbar bleiben; wird es vielleicht sogar bleiben müssen. Womit die Aussichten für die Beamten, in diesem Jahr zu Besoldungs erhöhungen zu kommen, sich zu ihrem Leidwesen allgemach verflüchtigen. Vas rebellische Epirus. Äus Balona meldet der Telegraph. Die Nachrichten aus dem Süden des Landes lauten fortgesetzt ernst. Verläßlichen Mel dungen zufolge befinden sich unter den aus epirotischen Banden und heiligenBa- tail tonen bestehenden Aufständischen zu einem großen Teile verkleidete griechische Ofsi- zlere und Soldaten. Die Banden verfügen über Kanonen und Mitrailleusen, über deren Herkunft aus Griechenland wenig Zweifel besteht. In den letzten Tagen ßnd die Aufständischen von Süden über Kolon ia und Leskowik gegen Norden vorge drungen, wobei sie dis auf dem Wege liegenden Dörfer plünderten und durch Kanonenschüsse zerstörten. — Die „Azenzia Stefani" meldet aus Koritza: Die Albanier konnten, nachdem sie Verstärkungen zu- sammengezogen hatten, die griechischen Banden an greifen, die morgens die weiße Fahne gehißt haben sollen. — Ein weiteres offizielles Telegramm meldet, daß die durch griechische Soldaten verstärkten ..Heiligen Bataillone" auf der ganzen Linie von Argyrokostra bis Koritza den Marsch gegen die Stellung der albanischen Gendarmen angetrelen haben. Eine Anzahl von Ortschaften ist über- fallen und geplündert worden. Die Ein wohner wurden vertrieben. Eine große griechische Bande, die durch griechische Soldaten verstärkt wurde, hat die Stadt Koritza überfallen, die in Flammen steht. — In Wien ist bisher nach Mitteilung aus diplomatischen Kreisen noch keine offizielle Bestätigung der schlimmen Nachrichten aus dem Epirus eingetroffen. Sollte es sich dennoch bewahr heiten, und sollte insbesondere die Nachricht aus Wahrheit beruhen, daß ununterbrochen griechische Offiziere zu den Aufständischen stoßen, so werden die Mächte erwägen, ob nicht die Zugeständnisse der Mächte in der Jnselfrage und in der Frage der Ge bietsregulierung, die beide von einer ungestörten Räumung der albanischen Gebiete abhängig ge ¬ macht wurden, einer Aendcrung zu unterziehen seien- In dieser Hinsicht seien bereits Verhandlungen unter den Mächten im Zuge. Die Kümpfe bei Koritza sind geeignet, neue, lang wierige Verwicklungen heraufzubeschwören. Zunächst scheint, nach weiteren Depeschen, die aktive Mit wirkung griechischer Soldaten erwiesen. Fürs zweite ergibt sich aus den südalbanischen Kämpfen das Unvermögen der albanischen Regie rung, dem planmäßigen Vordringen der Epiroten Einhalt zu gebieten. Die Existenz Albaniens steht auf dem Spiele, wenn nicht die Großmächte rasch und entscheidend eingreifen. Unter den Mächten herrscht aber, was das Verhalten gegen Griechenland betri ft, durchaus keine Einigkeit. Auf sciten der Tripelentente zeigt sich keine Geneigtheit, den Albaniern in den Grcnzkämfen zu helfen. Der An griff auf Koritza schasst über Nacht ein neues Balkan problem mit all den Gefahren, die diesen Streit» fragen eigen sind. Der Natalka-Zwischenfall. Aus Eerinje, 30. März, berichtet unser L.-Mitarbeiter: In der heutigen Sitzung der Skupschtina giirg eg sehr lebhaft zu. Man interpellierte die Regierung wegen des Matalka-Zwischenjalls, und die Töne, die hierbei gegen Oesterreich angeschlagen wurden, mögen kein freudiges Echo am Ballplatze finden. Immer hin ist zu erwarten, daß die Angelegenheit eine be friedigende Lösung finden wird. Aus den Mit teilungen der Interpellanten und des Ministers des Auswärtigen kann folgendes als festgestelll gelten: Bei Matalka an der jetzt montenegrinisch-bosnischen Grenze befindet sich au; Dergeshöhe ein Saumpfad. Wahrens des Balkantrieges hatten ihn die Serben besetzt und übergaben diesen Posten dann den Monte negrinern, an die dieses Gebiet nach dem Bukarester Frieden nut gefallen war. Vor kurzem nun näherte sich dem Pfade eine österreichische Patrouille, deren Führer von dem Kommandanten des montenegrini schen Postens mitgeteiilt wuvde, daß sie sich auf monte negrinischem Gebiete befinde und sich deshalb zurück ziehen möge. Der österreichische Führer erwiderte, daß der Kommandant im Irrtum sei, es handele sich um bosnisches Gebiet; die Montenegriner möchten sofort den Posten räumen, widrigenfalls sie verjagt werden würden. Der Kommandant erklärte, ohne Befehl seiner Vorgesetzten diesem Verlangen nicht nachkommen zu können. Die Patrouille zog sich darauf zurück, doch erschien unmittelbar darauf ein österreichisches Bataillon, das gegen den vier Mann starken montenegrinischen Posten vorging und auch sogleich das Feuer eröffnete. Bei dem nur wenige Minuten währenden Gefecht wurden die 4 Monte negriner zum Teil getötet, zum Teil verwurrdet, auf österreichischer Seite wurde niemand verletzt. Die Zwei Dinge sind schädlich für jeden, Der die Stufen des Glückes will ersteigen: Schweigen, wenn Zeit ist zu reden, Und reden, wenn Zeit ist zu Schweigen. lBodenstedt.) Paul hepses Persönlichkeit. Von Walter von Hollander. Uns Jüngeren war der Name Paul Heysc mehr die Erinnerung an glänzende Zeiten der Münchener Kunst, mehr eine Ehrfurcht als ein lebendiges Gefühl. Seine literarische Bedeutung gehört längst der objektiven Literaturgeschichte an, und fein Tod soll kein Grund sein, diese Bedeutung zu übersteigern, dies wäre nicht in seinem Sinne. Er war sich seines Könnens mit Stolz bewußt, er wußte auch, daß er, ein lieber- lebenoer unrettbar vergangener Zeiten, dennoch kraft seiner Kunst auch dieser unsrer Zeit etwas zu sagen hatte. Sein Tod ist nicht schmerzlich, nicht einmal wehmütig. Er ist drc Erfüllung seines sehnsüchtigen Wunsches. Nicht, daß er des Lebens überdrüssig war, nein — er fühlte nur, daß sein Weg vollendet war, nnd daß es nun Zeit sei, zur Ruhe zu gehen. — Paul Heyse war einer der wenigen, die glücklich gewesen sind, einer der Glücklichen, an denen die Tragik des Lebens vorübergcgangcn ist, das tvar sein Schicksal. Er hat es vielleicht zu leicht gehabt, ab- gekläri zu sein; ein unschwer erworbener Eudä» moiii-nnus hat ihn vielleicht gehindert, Tiefstes zu geben und die harmonische Ausgeglichenheit seiner Lebensführung erschwerte es ihm, der Not und Zerrissenheit des Lebens Ausdruck zu heben. Mau hat ihn den „letzicn Griechen" genannt, ich möchte ihn den „letzten Patrizier" unter den Dichtern nennen. Er Ivar stolz, ein Freund des Königs zn sein, er war stark genug, diescin Stolz nichts von seinem Dich:e.tum, nichts von seiner Persönlichkeit zu opfern. Er war Künstler mit jeder Faser seines Herzens, Künstler rn jedem Ausdruck seiner Lebcusgcstaltung, Künstler in der Abgestimmtheit zwischen Sein nnd Schein, die allem Aeußcren des Lebens gewachsen ist, — ohne Bürger zu sein Er war Aristokrat durch seiu Dichtertum. Dadurch aber war er Repräsentant jenes alten Münclsen, in den der Künstler ein Auscrwählter war, jenes alten München, dessen durchgcbildete Knltur noch einen großen Teil seines jetzigen :^nfcs aus macht. Mit ihm ist der letzte alte Münchener da hingegangen. — Sein Name ist unlösbar mit München verknüpft — er wird nicht nur bleiben als der Name eines feinsinnigen Dichters, son dern auch als Verkörperung einer glänzenden Epoche, als Erinnerung und als Sehnsucht der jetzigen Generation. Hepse im öerliner „Tunnel". Es war etwa im Jahre 1850, als Paul Heyse in jenen literarhistorisch so berühmt geworde nen „Tunnel über der Spree" cingeführc wurde, der sich damals allsonntüglich ein paar Nach mittagstunden in einem Eafö hinter der Hedwigs- kirchc versammelte, eigene dichterische Arbeiten vorzulesen und darüber zu Gericht zn sitzen. Heyse stand damals in der vollen Blüte seiner geistigen und körperlichen Jugendschönheit. „Er .st," so hat ihn Theodor Fontane in jenen Jahren in einem Briefe an Theodor Storm geschildert, „er ist in der Tat ein Liebling der Grazien, sein ganzes Wesen ist Reiz. Wenn er spricht, ist nur's immer, als würden reizende Nippes sachen von Gold und auch von Bronze, aber alle gleich zierlich gearbeitet, über den Tisch ge- sch-üttet. Man sieht hin, das Auge lacht über die bunten Farben und schönen Formen nnd ein unwillkürliches Ah! ringt sich der Lippe." Heyses Freund Gcibel wollte freilich von dem Tunnel, den er verächtlich eine „Kleindichtcrbcwahr- anstalt" nannte, nichts wissen, aber Heyse selbst hat günstigere Erfahrungen in diesem Kreis ge macht, und er hat in seinen Erinnerungen be kannt, manche Anregung und manche Förderung vom Tunnel erfahren zu haben. Im Tunnel wurden die einzelnen Mitglieder mit besonderen Namen belegt, und Heysc erhielt, weil er ein sehr sentimentales, von Todesahnungen erfüll tes Gedicht vorgelesen hatte, den Namen Hölty. Indes überzeugten sich die Tunnelgcnossen bald, das; sie von ihrem Jüngsten — denn das war Heysc — ganz anderes zu erwarten hatten, als Sentimentalitäten und Todesahnungen, und eine Reihe der meisterlichen Frühnovcllen Heyses, die hier verlesen wurden, erregten neben großer Be- wundcrung doch auch ein gewisses Befremden. Fontane hat den Grund hierfür mit seiner ge wöhnlichen Offenheit ausgesprochen: die hcrr- s udc Richtung im Tenncl war doch konservativ, nnd wenn auch Heyse unzweifelhaft ein echter Tichier war und die Form glänzend beherrschte, so hatte sein Talent doch nicht eigentlich jenen „Tunneltypus", dessen Urbild nun einmal Sche- renbera blieb. Immerhin erhielt Heyse 18ö1 bei einer Doppelkonturrcnz für die beste Erzählung in Prosa und in Versen mit seiner Novelle „Ma rion" und der Erzählung in Versen „Die Brü der" beide Preise. Nicht lange hat Heyses Zugehörigkeit zum Tunnel gewährt, und der Historiker des Tunnels hat bekannt, daß das Scheiden Heyses, obgleich schmerzlich empfunden, doch nicht das tiefe Be- I dauern erregte, das dem Verluste eines solchen Talentes gemäß gewesen wäre. Es lag dies daran, daß der glänzende junge Dichter sich nicht besonders geneigt zeigte, auf die Meinung manches alten braven Spießers, der zum Tun nel gehörte, und dort auch gern seine Weisheit vernehmen ließ, besonders rücksichtsvoll einzu gehen. So kam es z. B. in einer Sitzung zum Zusammenstöße zwischen ihm und einem alten Professor, der den Schulmonarchenton nicht ablcgen mochte, zudem aber in seinem Urteil von seinem Blättchen ganz abhängig und ein Erfolg- und Modeanbeter war. So machte er sich denn auch eines Tages zum Lobredncr des damals gerade sehr bewund'erten Boguinil Goltz und seiner „Kleinstädter in Aegypten". Zum Unglücke war in dec betreffenden Sitzung auch Heyse zugegen, nnd während die anderen Tunnel genossen dem alten Professor den Widerspruch ersparten, machte der junge geniale Dichter aus seinem Herzen keine Mördergrube und kritisierte Goltzcns Stil, in dem er nur gespreizte Ge schmacklosigkeit sah, auf das schärfste. So kam cs zu einem Zusammenstöße zwischen ihm und dem Alten, bei dem dann begreiflicherweise wie der Alt zu Alt stand und die unbestreitbare Ueberlegcnheit Heyses bei manchen Anstoß er regte. Darum sah von den Acltcren mancher den jungen Poeten nicht ganz ungern scheiden. Der aber zog ans dem engen Kreise des „Tunnels" in die weite Welt hinaus, und als er später in dem Münchener Seitenstückc dieser Gesellschaft, im „Krotodil", seine Rolle spielte, da bildete er, einer der gefeiertsten Dichter seiner Zeit, den unbestrittenen Mittelpunkt des hier ver einigten Dichter- und Künstlertrciscs. Kunst un- Wissenschaft. * Heinrich Zlgensteins „Kammer-Musik" ia Dresden. Unser Dresdener Schauspiclreferent schreibt uns: Im Albert-Theater fand gestern die Eislauf führung von Ilgensteins Lustspiel „Kammer- Musi t" statt. Eine heitere Künstlcrehe wird hier dargcstcllt, die frei von allem Bürgerlichen, Ge wchnheitsmäßigen ist, und wo die Frau in ihrem sonnigen Ucbermut es versteht, auch die Geliebte ihres Mannes zu sein. Dazwischen werden in harm los-spöttischem Ton Fragen der Sittlichkeit und Kunst berührt, wobei auch der seit L. Thomas „Moral" be liebte Sittlichkeitsverein nicht fehlt. Eine tolle Aus gelassenheit liegt über dem Ganzen, und man läßt sich gern von der frohen Laune mit fortziehen. Das Werk wurde flott und gut gespielt und fand beim Publikum eine sehr beifällige Aufnahme. vr. k. Kckler. * „Parsifal" in Stuttgart. Unser Stutt garter Theaterreferent meldet: Voll Würde und "Weihe zog „Parsifal" heute hier ein. Ein andacht volles Publikum im Feierkleide füllte das Theater. In den Hoslogen wohnten die Königsfamilic, die Hof staaten und höchsten Würdenträger., bei. Meisterliches bot das Orchester unter Schillings begeisternder Führung. Ritters Parsifal zeichnete sich durch irischen Gesang und gesunde Natürlichkeit aus. Fritz war ein würdevoller, ergreifend singender Gurnemanz, Scheid! ein klangprächtiger A m - fortas, als Kundry half frau Werhard-Pönsgen vom Nürnberger Stadttheater wirkungsvoll aus. Die führenden Blumenmädchen waren mit ersten Solo kräften bestens besetzt. Die hiesige Inszenierung unter Gerhüujers Leitung folgt nicht sklavisch der Bayreuther Tradition, sondern nutzt auch inzwischen anderwärts erprobte Neuerungen vorteilhaft aus. Die Wandeldekoration ist durch wallende Wolken schleier ersetzt. Alle Bühnenbilder wirkten stim mungsvoll; alle technischen und maschinellen Ein richtungen funktionierten tadellos. Tief ergriffen folgten die Zuschauer in andachtvoller Stille der ösFstündigen Aufführung, zu deren Gelingen alle Be teiligten begeistert beitrugen. Iss. * Holz „Sonnenfinsternis" im Stuttgarter Hof» theater. Das Schauspiel brachte als Neuheit im kleinen Hause gestern und heute Arno Holz' fünf aktige Tragödie „Sonnenfinsternis", die vor einigen Monaten in Hamburg die Uraufführung er lebte. Das nicht nur seinem Stoffe nach peinliche, sondern auch technisch mißglückte Werk, das aber deut liche Spuren starker dichterischer Begabung zeigt, fand achtungsvolle Ausnahme. Regie und Darsteller strengten sich vergeblich an, ihm zu einem vollen Siege zu verhelfen. Holz hatte jede Kürzung streng unter sagt — sehr zum Nachteil seiner Tragödie, die viel zu lang und breit geraten ist. v. * Ein« Gerhart-Hauptmann-Büste im Foyer de« Berliner Deutschen Theaters. Mar Reinhardt er warb weben für das Foyer des Deutschen Theaters die Gerhart-Hauptmann-Büste, die der Berliner Bildhauer Kurt Erwin Kroner vor kurzem bei einem länceren Aufenthalt in Agneten- don geschahen hat. Das Bronzewcrk, das in eine» Travertin ockel eingelassen ist. steht jetzt in der bei Paul Casfirer stattstndenocn Ausstellung von Werken Kroners.