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Sette 10. Nr. 174. Moryen-Nusgave. Leipziger Tageblatt. Montag, 6. Nprtl 1914. Der gute Name. tAI Roman von Georg Engel. (Lopvrlxkt ISI3 dx Urotk'.i» L 0o., U. m d. N. beiprt«.) 8. Als der Kapitän in sein Zinnner trat, war eS auf dein Hof bereits still geworden. Der Steuermann Bars hatte die Leute end lich auS ihrem Irrtum gerissen und ihnen den wahren Lachverhalt erzählt, still, ganz still war es da zwischen den Ausgelassenen geworden, die Musil halte mitten in einem Tanzstückchen ihre Weise abgebrochen, und die Arbeiter zogen nun kleinlaut von dannen. Holstein, der am Fenster lehnte, konnte die vielen Menschen noch in der Dämmerung ver schwinden sehen, ja zuweilen sing er noch einige Worte der Abziehcnden auf. Dann brachte der Diener dem Einsamen eine Lampe, zog die Borhängc des Fensters zu und entfernte sich wieder. Abermals war er allein und ging in dein kleinen Nanin mit weiten schritten auf und ab. Und ging und ging, wusste aber wohl selbst nicht, ivo er sich eigentlich befand. Einmal blieb er stehen und wunderte sich, warum der Doktor nicht bei ihm sei, aber nur einige Sekunden sann er darüber nach, dann setzte er die ruhelose Wanderung wieder gedankenlos fort. Die grosse Schwarzwälder Uhr holte zum Schlage aus, als zaghaft an die Tür geklopft wurde, so dass Holstein das Haupt hob. Nein, er hatte sich getäuscht, nichts regte sich, nur das Türchen der Wanduhr sprang auf und heraus drang siebenmal der Rus des hölzernen zinckncks. Jedoch das Klopfen wiederholte sich, und diesmal schritt der Kapitän an die Schwelle und öffnete: „Guten Abend, Allh," sagte er freundlich auf den Gang hinaus, „tritt ein, mein Junge!" Und er wollte dem Freunde die Hand entgegen strecken, allein auf halbem Wege hielt er inne und trat atemlos zurück. Was da an ihm vorüberhuschte, war ein zartes, tief verschleiertes Weib, das zitternd und fassungslos seine Hand ergrifs, und als er sich blipschnell zurückwandte, war die Tür plötzlich geschlossen! „Marie," flüsterte Holstein, sich auf die lieb- liche Gestalt herabbeugend, als traue er seinen Augen nicht, „süsse, holde, angebetete Marie, wie du zitterst, du armes Geschöpf," und ohne daß sie es zu hindern suchte, bedeckte er ihre Hände mit unzähligen heißen Küssen. Es wurde still in dem kleinen Raum. Eine schwüle, erstickende Luft schien plötzlich über dem Zimmer zu brüten. „Alles verloren," murmelte das junge Weib wie betäubt uno liess die Arme schlaff am Körper herabsinkcn, „aber ist eS denn währ, ist es mög lich?" rief sie in auflodernder Leidenschaft, „dass sic selbst Ihr Hab und Gut wie ein Rasender vernichten konnten?" Ein stolzes Lachen tönte ihr zur Antwort entgegen. Der Kapitän hatte sich aufgerichtet und starrte umflorten Blickes auf ihren zarten Schleier, durch welchen der rosige Schimmer der Wangen lieblich hindurchleuchtete. „Warum soll es nicht möglich sein, dass ein Holstein zufällig kein Betrüger ist?" sprach er immer mit gleichem starren Blick, „ich dachte an meinen Vater und dachte an dich, Marie, und da — und da —" Das Wort erstarb ihm auf den Lippcu, ein Schauer schien seinen kräftigen Körper zu schüt teln, dann streckte er, einem tollen Begehren fol gend, den Arm gegen sie aus und hob wild ihren Schleier zur Höhe. Das süsseste Antlitz schimmerte ihm entgegen. Und dann — ein glitzernder Nebel tanzte vor seinen Blicken, er hörte nicht den lauten, rührenden Angstruf, er fühlte nicht, wie zwei bebende Hände flehend nnd abwehrend gegen seine Brust gepresst wur den, nur der kleine rote Mund wölbte sich ihm zitternd entgegen — und dann — er umklam merte die Wankende und drängte mit irrer Ge walt seine dürstenden Lippen auf die des ächzen den Weibes. Ein kurzes Ringen entstand, dann ließ er die Willenlose in einen Sessel gleiten und warf sich inbrünstig vor ihr auf die Knie. Auf dem weichen Mühl fass Marie vornüber geneigt und brütete dumpf vor.sich nieder. An ihre Schläfen hämmerte es wie regel mässig wechselnder Keulenschlag, und ihr Denken glitt plötzlich so stumpf und träge dahin, daß sie noch immer nicht völlig begriff, was ihr begegnet sei, und ein widerspruchsvolles Gefühl sie beschlich, als müsse sie lächeln und immer wieder lächeln. So saß sie, und während um ihren kleinen Mund jener entsetzliche irrende Schein spielte, schlug der Mann vor ihr stöhnend die Stirn auf den harten Estrich, als wollte er gewaltsam einen Ausweg ersinnen, eine Rettung finden. Da regte es sich in der Schwarzwälder Uhr, wieder sprang das Türchen auf, wieder lugte der Kuckuck heraus, und Marie stress einen leisen, wehklagenden Ruf aus und ließ die Hände kraft- los von ihrem Antlitz herabsinken. „Ich will fort," murmelte sie, sich matt er hebend, und warf einen scheuen Blick auf den niedergestreckten Kapitän, „nein, gib mich frei," bettelte sie rührend, als sich der junge Mann von neuem an sie drängte, „was willst du auch uoch mehr von mir erfragen, du weißt ja ohne hin, daß du mich friedlos gemacht hast, und dass wir scheiden müssen für alle Ewigkeit." Der Kapitän sprang auf und nahm ihr .Haupt in seine Hände. - „Nicht friedlos," rief er in der namenlosen Augst, die kaum Gewon nene wieder zu verlieren, „frei habe ich uns gemacht und glücklich. Komm, Marie, nur ein einziges Mal reiche nur freiwillig deinen süssen Mund, dann wollen wir in schönere Länder fliehen, ivo du mein Weib werden kannst, und nw man den Sohn nicht ächtet des Vaters wegen." Aber er sollte seine Lippen nicht mehr auf das Haar der Geängstigten herabsenken, denn Marie floh schluchzend zur Tür und presste ihre Hände in wehem Jammer vor die Augen. „Ja, man wird dich ächten des Vaters wegen," stiess sie, ihre Tränen trocknend, hervor. „Dich und mich wird man ausstossen, denn ich bin das Weib deines Vaters nnd hätte nichts anderes kennen dürfen als meine Pflicht, gegen ihn — und chrch —" ein wehmütiges Lächeln verschönte sie und zugleich schien ein Schauer ihren Körper zu durchrieseln, „und doch ich war nicht das, wofür ich mich hielt, denn ich sehnte mich nach dir, .Heinrich, und liebte dich im stillen, wo ich nächst Gott nichts mehr so leidenschaftlich umfing." „Marie," jauchzte der wilde Mann und wollte sie stürmisch an sich ziehen, aber ihr flehender, anklagender Blick liess seine erhobenen Arme in der Luft erstarren. „Wenn du mich liebst," sprach die blasse Frau mit bebender Stimme weiter, „so rührst du mich nicht an und läßt mich stille gehen. Wie ich mit der geheimen Sünde belastet mein Leben weiter führen soll, weiß ich nicht, nur so viel ist mir klar, daß ich es bis auf den letzten Atemzug dem unglücklichen Gatten weihen muß. — Und — nun — lebe wohl, Heinrich — Hein rich." Ihre Kraft war zu Ende, sie wankte, und Kapitän mußte sie auffangen, sonst wäre sie ge sunken. Aber noch einmal raffte sie sich zu sammen und hob ihre tiefen Augen mit unend lichem Weh zu ihm empor: „Ich werde dich nicht mehr Wiedersehen," sagte sie starr und feierlich, „und deshalb segne ich dich, Heinrich, wie eine Mutter nur ihr Kind dem Schutze Gottes emp fiehlt. In dem gewaltigen Kampfe, der dir be vorsteht, wirst du die einsame Frau bald ver gessen, und dann wird Segen der Lohn deiner Arbeit sein, der Erfolg wird dir auf allen deinen Wegen nachschreiten, und deine grosse Kraft wird zum Ziele drängen." Sre hob die Hand gegen ihn, und während er mit erblichenen Wangen vor ihr stand, stam melte sie noch mit sinkender Stimme: „Ich segne dich, weil ich dich liebe — gren zenlos und ohne Ende —." Er breitete in trun kener Seligkeit die Arme aus, rief ihren Namen und stürzte aus sie zu, aber kein heißer Mund verschloss den seinen, keine atmende Frauenbrust drängte sich an ihn; die Stelle, wo ine Weinende geweilt, war leer, dunkel und leer auch der Gang, nur aus weiter Ferne verklang es wie ein leises Schluchzen. Da warf sich der Verlassene mit einem wahn witzigen Schrei zu Boden, stieß Verwünschungen aus nnd raste gegen sich selbst. Und alles klirrte und zitterte um ihn her, nur die kleine Uhr an der Wand tickte weiter ihren gleichförmigen Schlag, und es war, als ob sie unaufhörlich zwei Worte raune: „Vater — Mutter, Vater — Mutter." Und allmählich kicherte und lachte die Uhr jene bösen Worte auf den Tobenden herab, ms er aufschnellte und mit einem wütenden Faust schlage das Gehäuse zertrümmerte. Da stand sie. (Fortsetzung in der Abendausgabe.) I-vipLig 8vk8ne§elü pnemienv Vstvnsonntsg 40 AvNsNllIMH L«40» EM urir- 120 w kildrreiiM KrsWknIokoMtiveii »»nasani . »lin-8ls!I von . soo 400 über 200 klmlen toll exMelw liece .ittiKe» <ni8 »Iler Veit Lkalvlig Paul 6arms. 6. m. d. 6. pilislcn Suallr.88. ?>.: buuclilltllll5lr.il. bi.: vcmmcringllr. 8.60.: 1iuU.5lr.80. bu.:5<tiiebeilr.4. Vo : kcil.mdulmilr 9ö. Lli.:5löN.5lr.L8. 8cu0. Uni lll nltcc IN. ISb. 51SU.: NspicrmiNi Ilr. äö. ücUlcb: ksMrlcNer 5lr.lS. Möckern: liul»l6ie5»r.L0e. Zctivnclew: bciprig.Sn.I0S. 2lctwcli<n:vieLksu1N.rS. Spezialität meines Geschäfts. Für diesige Boden- und klimatische Verhältnisse eigens zusammen gestellte beste Mischung. tzsis» Keine grwühnl. 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