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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.04.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140403024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914040302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914040302
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-03
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
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vir kinveidung üer krriedungrdeimrr Alein-Meiiraorl Zn Gegenwart einer großen Anzahl von «lade, nen Gästen, unter denen sich al» Vertreter de» König, lichen Ministeriums des Innern der Regierung»rat Dr. Hartmann aus Dresden sowie al» Vertreter der vtadt Leipzig Bürgermeister Dr. Weber be> fanden, fand heute mittag die Einweihung de» Gr» ziehungsheims Klein Meusdorf statt. Die Feier ging im Saale des Mädchenhause» vor sich und wurde eingelettet mit einem Harmontumvorspiel und einem Gesangs der Zöglinge. Dann ergriff Oberregisrungsrat Dr. Dietrich das Wort zu nachstehender Ansprache: „Hochgeehrte Anwesende! Die Für. sorge für die verwahrloste Jugend ist erst nach und nach eine Aufgabe des modernen Staates geworden. Ls war im wesentlichen der freien Liebestätigkeit. insbesondere der inneren Mis sion, vorbehalten, der verwahrlosten Jugend auf den rechten Weg zu helfen, und dankbar und staunend müssen wir anerkennen, was von ihr auf diesem Gebiete geleistet worden ist. Das sächsische Fürsorgeerziehung-- gesetz vom 1. Februar 1909 hat zur Durch führung der Fürsorgeerziehung die den Bezirk einer Kreishauptmannschaft umfaßenden Fürsorge oerbände geschaffen und diesen als Aufgabe auch die Errichtung eigener Anstalten gestellt. Der Fürsorgeoeroand Leipzig ist als erster an die Erbauung einer eigenen Anstalt heranaetre- ten. nachdem die Unterbringung der fast zur Hälfte nichtsächsischen Fürsorgozöglinge auf Schaoierlg- keiten stieß und es namentlich geboten erschien, eine Anstalt für besonders schwer erziehbare Minder jährige zu schaffen. So ist das Erziehungsheim Mittweida entstanden, dessen Einrichtungen die Zustimmung anerkannter Fachleute gefunden Haven. Noch ein weiterer Plan tauchte auf, zu dem ver schiedene Erwägungen führten. Jedwede Ersatz erziehung kann nur dann uon Erfolg begleitet sein, wenn der Minderjährige von vornherein an den Platz kommt, wo ihm die für ihn geeignetste und richtigste Erziehung zuteil werden kann. Es ist daher nötig, schon zu Beginn der Fürsorgeerziehung möglichst einwandfrei festzustellen, wes Geistes Kind der Minderjährige ist, und welche Schwächen und Fehler ihm anhaften. Das zunächst zum Zwecke der Anordnung der Fürsorgeerziehung zusammen gebrachte Material wie auch die Beobachtungen der Eltern, des Lehrers und des einmal untersuchenden Arztes werden hiernach in der Regel nicht hin hinreichend sein, um über die Frage der Art und und des Ortes der Unterbringung, insbesondere ob Familien- oder Anstaltserziehung Platz zu greifen hat, nach menschlicher Möglichkeit richtig und mit Sicherheit zu entscheiden. Das kann e>st geschehen, wenn unter Mitwirkung eines Psychia trisch gebildeten Arztes und eines Päd agogen eine längere Beobachtung des Minder jährigen stattgefunden hat. So ergab sich der Ge danke der Errichtung einer besonderen An stalt zu diesem Zwecke, wo gleichzeitig die Er mittelung kö'rocrlicher Krankheiten und die dau ernde Behandlung und Erziehung besonders schwe rer Psychopathen unter ständiger psychiatrischer Mitwirkung möglich wären, wo auch die Beob achtung strafbar geworde rer Jugendlicher zur Vor bereitung eines Urteils über ihre Einsichtsfähigkeit stattfindcn könnte. Die Verbandsversammlung des Fürsorgeocr- bandes unter ihrem Vorsitzenden Herrn Kreis hauptmann v. Burgsdorfs hat die Schaffung einer solchen Anstalt als notwendig erkannt und ihre Erbauung mit dem Namen Heil erziehungsheim Klein meusdorf be schlossen. Die Ausführung ist durch das dankens werte Entgegenkommen des I o h a n n i s st i f t s, des Stadtrats zu Leipzig, der Landes versicherungsanstalt und in letzter Zeit des Königlichen Ministeriums des Innern möglich geworde r. Am 1?.. Januar 191:) wurde der Grundstein gelegt, bereits im Ok tober konnten die beiden umfänglichen Gebäude be zogen und der erste Zögling ausgenommen werden; heute schon ist ein Bestand von 90 Zög lingen zu verzeichnen. Die Anstalt vermag brs zu 130 Zöglinge aufzunehmen; trotz der Wahl größerer Gebäude ist es möglich gewesen, das so genannte Fam i l i e n syst e m streng durchzufüh- ren und für acht Zöglingsgruppcn dre Räume so anzuordnen, da« jede von der anderen völlig räum lich getrennt ist und ihren eigenen Zugang hat. Bei der Einrichtung ist der besondere Zweck der Anstalt mastgebend gewesen- die Wohnräume sollen durch anheimelnde, freundliche Farben und For men günstig auf die darin aufhältlichen Kinder wirken. Es hat möglichste Sparsamkeit obgewaltet und vieles Schöne ist mit einfachen Mitteln oder mit in dankenswerter Weise gestifteten Beträgen geschaffen worden. Bei einem Gesamtaufwand von etwa 750 000 kommen auf das Bett etwa 5000 -4t, was bei der besonderen Art des Heilerziehungs- hcims als verhältnismäßig nicht hoch bezeichnet werden darf. In diesen Tagen hat auch der Für sorgeoerband in Wachauer Flur Grundbesitz er worben, um für die Insassen des Heilerziehungs- beims hinreichende Gelegenheit zur Beschäftigung in Landwirtschaft und Gärtnerei sicherzustellen. Besondere Bedeutung gewinnt das Heil erziehungsheim dadurch, daß nach einer neueren Satzungsbestimmung des Fursorgovcrbandes, von zweifelsfreien Fällen abgesehen, jeder der Für sorgeerziehung neu 1loberwiesene zunächst zum Zwecke seiner Beobachtung dem Heilerzie- hungsheim zugeführt werden muß und von die sem nach dem Beobachtungsergebnis ein Vorschlag für die Art der zu ergreifenden Erziohungsnraß- nahmen gemacht wird. Nur bereits gefallene schul- enrlasfene weibliche Zöglinge sind aus guten Grün- den von der Aufnahme ausgeschlossen worden, und e, ist der Erwägung wert, für sie eine gleichartige Einrichtung zu schaffen. Mit dem Heilerziehungshetm ist so für den Für- sovgoverband Leipzig die Möglichkeit erreicht wor- den, daß die Mehrzahl seiner Zöglinge von vorn herein der für sie gerade geeigneten Erziehung zu geführt wird. Gleichzeitig aber ist im Heil erziehungsheim eine Stätte wissenschaftlicher For schung begründet, die geeignet ist, in den verschie densten Richtungen wertvolle Ergebnisse zu bieten, dem Sozralpotitiker, dem Psychologen, dem Päda gogen, dem Psychiater; insbäsonder« soll sie bei tragen. über di« Ursachen der Verwahrlosung unserer Jugend, über das Seelenleben des Kindes, über die eigenartigen Erscheinungen der Pubertäts zeit größere Klarheit zu schaffen und allen am Er- ziehungswerl Beteiligen kraftvoll« Handhaben für eine glückliche und erfolgreiche Erfüllung ihrer schweren Ausgabe liefern. Geschaffen durch di« Hingabe aller am Bau« WittätigM, getragen Snuch die tvewe «nd liebevolle Pflichterfüllung aller daran Wirkenden möge da» Heilerziehungsheim dazu helfen, daß die Verwahr losung unserer Jugend immer mähr schwindet. Wochr bleibe auch hier da» Wort Herders: „Eine schöne Menschenseel« finden, ist Gewinn; «inschönrer Gewinn ist, ste erhalte«, «ndder schönst' und schwerste, sie, die schon verloren war, zu r«tt«n." Hterauf übergab Kreishauptmann von Burgs dorff di« Anstalt an den Direktor mit folgender Rede: »Hochgeehrte Versammlung! Aus den sach gemäßen und zutreffenden Ausführungen des Herrn Oberregterungsrates Dr. Dietrich werden Sie alle entnommen haben, daß der Fürsorge oerband Leipzig nach seinen besten Kräften bestrebt ist, eine ordentliche Erziehung der ver wahrlosten oder der Bevwahrtosung entgegen gehenden Jugend zu erzielen. Ich möchte hierzu gegenüber dem erschöpfenden Vortrag meines Herrn Vorredners nur nochmals heroorheben, daß der Fürsorgeverband Einrichtungen ins Leben rufen mußte, die geeignet find, die wohlwollenden er zieherischen Absichten des Gesetzgebers in die Tat umzusetzen. Es genügt jetzt nicht mehr, Anstalten ins Leben zu rufen und zu unterhalten, in denen die Kinder ohne besondere Auswahl mit einander erzogen werden, nein, es gilt, die Kinder .zunächst sorgfältig auszuwählen und sie nach ihrer Individualität auszusondern und sie dement sprechend zu erziehen. Dazu bedarf es der Heil- erzieyungsheime unter Leitung schulischer und ärztlicher Fachmänner. Je zeitiger ein Kind einer solchen Anstalt zugeführt wird, desto mehr ist die Hofsnung begründet, daß ein solches Kind der Ver wahrlosung entrissen wird. Dies hat der Fürsorge, verband Leipzig rechtzeitig erkannt, und die ver- bandsversammlung hat in Nachgehung dieser ihm vom Gesetzgeber auferlegten Pflicht in weitsichtiger Weife neben dem Erziehungsheim Mittweida mit Neusorge das Heilerziehungshetm Klein-Meusdorf ins Leben gerufen. Heute sind wir nun in der glücklichen Lage, unsere Anstalt mit einer kleinen Feier zu er öffnen. Es gereicht mir zu ganz besonderer Freude, daß unserer Einladung so zahlreich ent- sprachen worden ist. Ich danke Ihnen allen, meine Herren, bestens dafür und heiße Sie herzlich will kommen. Es ist mir ein« ganz besondere Freude, Herrn Geheimen Regierunasrat Dr. Hartmann persönlich als Vertreter o«s Königlichen Mini steriums des Innern begrüßen und ihm herzlich für sein Erscheinen danken zu können. Ganz be sonders gilt dann aber auch mein Dankesgruß den Mitgliedern der Verbandsversammlung, die auch heute wieder so .zahlreich erschienen find. Ferner möchte ich aber auch aller der Männer ge- denken, die sich mit ihrer ganzen Kraft in den Dienst unserer guten Sache gestellt haben. Hervorheben möchte ich aber doch die Tätigkeit des Herrn Oberregierungsrates Dr. Dietrich. Sie sind, Herr Oberregierungsrat, in Ihrer Tätig keit geradezu ausgegangen, Sie waren mir ein Mitarbeiter von seltener Treue und Hingebung. Es ist mir eine besondere Freude, dies hier heute öffentlich aussprechen und die Bitte hinzufügen zu können: Erhalten Sie uns noch recht lange diese aufopfernde Pflichttreue! Danken möchte ich aber auch noch allen den Fachmännern, die am Bau tätig waren. Die ser Dank gilt ganz besonders Herrn Regierungs baumeister Vogel, der neben seiner sonstigen an strengenden Tätigkeit sich unermüdlich aussicht führend betätigt hat. Mein Dank trifft auch die Männer, die die Pläne mit Geschmack und Ver ständnis ausgestellt und den Bau ausgeführt haben. Es sind dies die Herren Baurat Franke und Händel (Knabenhaus) und Architekt Hänsel Mäcchenhaus). Dank gebührt allen den Ar beitern und Baugewerken, die am Bau beteiligt waren, insbesondere auch den braven Werfführern Maas und Ku n iß. Allen freundlichen Gebern aber möchte ich auch an dieser Stelle den herz lichsten und wärmsten Dank aussprechen. Wir sehen aber auch heute bereits in unserer Mitte eine größere Anzahl von Beamten, Leh rern, Schwestern und Angestellten, die jetzt schon teils länger, teils kürzer angestellt sind. Ihnen allen rufe ich ein herzliches Willkommen zu. Ganz besonders möchte ich aber noch der Tätig keit des Arztes gedenken, ist diese doch gerade bei unserem Heilerziehungsheim einen besonders wichtige. Wir sind nun in der glücklichen Lage, solche ärztliche Hilfe aus der benachbarten Heilanstalt Dösen zu erhalten, und danke ich ganz besondere Herrn Dr. Gregor, der seines Amtes mit ärzt- lichem Scharfblick, großer Erfahrung und großer Hingabe allezeit gewaltet hat. Mit der Eesamtleitung der Anstalt aber ist Herr Direktor Knauthe beauftragt worden. Sie haben, mein Herr Direktor, schon in Ihrer früheren Tätigkeit ein warmes Herz und ein feines Verständnis der Jugend entgegengebracht. Sic Haden sich auch, ich bestätige dies gern, in der ver hältnismäßig kurzen Zeit Ihres amtlichen Wirkens bei uns rasch und fleißig eingearbeitet. Allen Be amten, Lehrern, Schwestern und Angestellten hat der Direktor voran.zuleuchten durch unermüdliche treue Pflichterfüllung, damit ihm dZs unerläßliche Vertrauen cntgegengebracht wird, er soll aber auch den Zöglingen ein wahrer Vater sein, dem sie sich willig unterordnen und dem sie nicht bloß Furcht und Gehorsam, sondern auch Liebe und Zutrauen entgegenbringen. Walten Sic aber so Ihres Amtes, dann können Sie unserer vollen Unter stützung allezeit gewärtig sein. Und nun, mein Herr Direktor, übergebe ich Ihnen im vollen Vertrauen dies« schöne Anstalt: Seien Sie allezeit im Aufblick zu Gott tätig nach Ihrem besten Wissen und Gewissen! Seien Sie Ihren Zögling«» ein gerechter und wohl wollender Erzieher, allen Angestellten ein treuer Berater! Möge Ihr Amt Ihnen allezeit zu voller Befriedigung gereichen! Ich bitte zu Gott dem Allmächtigen, daß er unser ganzes Werk und Ihr« Arbeit in seinen gnädigen Schutz nehme, und daß er segnen möge alle die, die an dieser Anstalt erziehend, l«hr«nd und lernend tätig sind. Da» walte Gott!" Die Uebernahmr der Anstalt durch den Direktor Knauthe fand mit folgend«» Ansprache statt: ..Hochverehrte Anwesend«! Hochzu verehrender Herr Kreishauptmann! Es ist mir zuvörderst Herzensbedürfnis, für das große Vertrauen, mit dem mir soeben diese einzigartige Anstalt übergeben worden ist, meinen aufrichtigsten Dank auszusvrechen Ich darf vrr- stchern, daß e« allezeit «ein eifrigste« Bestreb«» sei« wird, dieses vertrauen M rechtfertigen durch voll« Hingabe meine» ganzen Menschen an da» mir zugewiesen« Amt. Und nun übernehme ich die Leitung de» Heil erziehungsheims Kleinmeusdorf de» Fürsorgever bandes Leipttg und greife da» Werk an im Aufblick zu dem, ohn den all unser Tun umsonst ist, und in d«r festen Zuversicht, daß der Höchste zu unserm Beginnen seinen Segen geben wird. Leitstern bet Ausübung des schwierigen Beruf» s«i un» ein Wort unsere» Heilande», aus dem seine ganze große Liebe zur Kinderwelt leuchtet: „Sehet zu, daß ihr nicht jemand von diesen Kleinen verachtet, denn ihre Engel im Himmel sehen allezeit das Angesicht eure» Vaters im Himmel." Mit feinem Verständnis für die Not unserer Jugend hat der Fürsorgeoeroand «in« muster- aülttge Anstalt erstehen lassen, die ihrem Namen alle Ehre macht, weil sie in der ganzen An lage und al» Bau schon heil«rzieherisch wirft, noch ehe Arzt und Pädagoge ihre Tätigkeit beginnen. Ohne die Mitwirkung tüchtiger Psy chiater ist Heilerziehung nicht denkbar und auch die Fürsorgeerziehung bedarf ihrer Unterstützung. Wir begrüßen es dankbar und freudig, daß die Herren Aerzte der Königlichen Landesanstalt Dösen als Berater und Mitarbeiter sich unserer Anstalt zur Verfügung stellen und setzen große Hoffnungen auf das gemeinsame Neben- und Miteinanderarbeiten. Das Studium der schwie rigen. zwischen geistiger Gesundheit und Krankheit stehenden sogenannten „Grenzfälle", ins besondere der Fälle psychopathischer Konstitution, wird immer wieder Ayt und Pädagog zu leb haftem Meinungsaustausch zusammenfuhren. Wird der Kindesseele in unserer Anstalt ein« so auf merksame Betrachtung gewidmet, so muß das Heilandswort sich erfüllen, die „Verachtung der Kleinen immer mehr schwinden, die Achtung vor dem Kinde zunehmen. Freilich, die mildere Beurteilung allein bürgt noch nicht für einen vollen Erfolg. Nicht nur Ver erbung und Milieu haben die Verwahrlosung, dre Straffälligkeit und Entartung der Jugend ver- urlacht, ein gut Teil Schuld trägt zumeist die gänzliche Ausschaltung der Er ziehung. Hier gilt es einzuletzen, nachzuholen, wieder gut zu machen. Wir bessern die Kinder nicht, wenn wir alles entschuldigen. Wir müssen ihnen Aufgaben stellen, Ziele stecken, Hemmungen bereiten. Es ist doch so mancher gerade an seiner Schwäche stark geworden, und sein« Fehler hat der Mensch, daß er an ihnen lernt und über sie hinaus wächst. Wir lassen uns diesen Optimismus, diese Gewißheit des Erfolges unserer Erziehungsarbeit nicht rauben, daß wir in täglicher mühevoller Kleinarbeit un» selbst überwinden und Haltung und Geduld bewahren, dazu stärke uns die freund liche Mahnung Jesu. Wohlan, liebe Mitarbeiter, wir haben unseren Herrn und Meister in unserer Mitte! Lassen Sie uns Engelsdienste tun an unseren Zöglingen, damit diese» Heilerziehungshetm werde ein Garten Gottes, in dem jugendliche Seelen entsühnt werden, Gesundheit und sittlichen Halt erlangen! Das walte Gott!" Als Vertreter des Kgl. Ministeriums des Innern sprach hierauf Geh. Negierungsrat Dr. Hart mann, indem er für die Einladung dankte, die der Fürsorgeverband dem Ministerium hatte zuteil wer den lassen. Das Interesse der Regierung an der An stalt sei ein doppeltes, einmal beruhe es in der Nach barschaft der Heilanstalt Dösen; die Beziehungen zwischen beiden Anstalten seien mannigfach, und er wolle hier nur die ärztliche Versorgung hervorheben, von der man sich große Erfolge versprechen dürfte. Weitere Erfolge dürfte die Anstalt aber auch in so zialer Hinsicht zeitigen. Er begleitete die Feier mit dem Wunsche, daß alle Hoffnungen, die auf die An stalt gesetzt würden, sich in reichem Maße erfüllen mögen. Dann nahm noch der Königliche Bezirksschul- inspeftor, Schulrat Dr. Müller, das Wort und gab der Hoffnung Ausdruck, daß di« Anstalt in erziehe rischer Hinsicht großen Nutzen stiften möge. Mit einem Weihegcbet des Pfarrers Rosen thal-Probstheida und einem Schluhgesange er reichte die Feier ihr Ende. Nachrichten vom Tage. Zum Unglück der Robbenfängerflotte. London, 3. April. Die Blätter bringen Einzelheiten über das Unglück der Robbenfängerflotte in den Gewässern von Neufundland. Der Schneesturm überraschte die Flotte am Dienstag. Die Gesamtzahl der Umgekommenen wird auf 140 — 300 geschätzt. Man hegt große Besorgnis für mehrere Schiffe, über deren Verbleib nichts bekannt ist. — Die Versuche mehrerer Schiffe, die Ueberlebenden des Dampfers „Neufundland" von den Eisschollen zu retten, wurden durch den Sturm ungemein erschwert, da die Verunglückten sehr schwer verletzt waren. Die Geretteten waren so schwach, Laß sic kaum sprechen und keine Nah rung zu sich nehmen konnten. Die meisten gestran deten Schiffer waren nur leicht bekleidet und ohne Zelte. Viele von ihnen wurden irrsinnig und rannten schreiend oder lachend auf dem Eise umher. Einige Schiffe befinden sich noch an der Unfall stelle, die sie mit Scheinwerfern absuchen; doch glaubt man kaum, daß von denen, di« noch nicht gerettet sind, sich noch einer am Leben befindet. Mehrere Schiffe sind in St. Johns angekommen, einige andere haben ihre Ankunft funkentelcgraphisch gemeldet. * * Entführung eine» Kinde». In der Pfälzer Straße in Köln sprang am Donnerstag plötzlich ein Herr aus einem Auto, ergriff einen an der Hand eines kleinen Mädchen» gehenden dreijährigen Knaben und warf ihn einer im Auto fitzenden Dame auf den Schoß. Das Fahrzeug sauste davon. Der Herr flüchtete vor der sich ansammelnden Menge, wurde aber später festaenommen und als der R echt» be ist a nd der Dame im Auto ffftgestcllt, die mit ihrem Gatten in Ehescheidung liegt. * Stiftung für befähigte Kind«». Der vor kurzem in Mannheim verstorben« Kaufmann Ernst Hirsche Born, Teilhaber der Rohtabaffirma Julrus Hirsch barn, hat «ine Stiftung von »0000 Ma rk zur Unterstützung befähigter Kinder für den Besuch höherer Schulen gemacht. » Aukomobilnnfall. In Warschau fuhr an der neuen Weichselbrücke, wo das Pflaster anfgerlsscn wird, ein zu schnell fahrendes Automobil in der Dunkelheit auf einen Steinhaufen und wurde zertrümmert Von den fech» Insassen wurden d4« vPornfängorin Aiv««, dar Schriftstoü« Guranowski und ein Theaterkontrolleur lebens gefährlich, die andern drei leichter verletzt. * In de» Badewauue «»schossen. Au» Weil- bürg a. d. Lahn wird gemeldet: Au» unbekannten Gründen erschoß sich der Direktor der landwirt schaftlichen Schule Professor Ktcnitz-Gerloff in der Badewanne. * Le» Schwager erschossen. In Carpen tras (D«p. Daucluse) wurde ein Rentner namensTaslin verhaftet, der aussagte, er habe seinen Schwager, den Notar Morard, au, dem Hinterhalt erschossen, weil dieser vor einigen Jahren einen Verleumdungs prozeß gegen ihn angestrengt und seine Verurteilung zu einer Geldstrafe durchgesetzt habe. * Ein« n«u« Stiftung Rock«f«Urr». Aus New Pork, 3. April, wird gemeldet: Rockefcller bat soeben dem medizinischen Institut Rockcfeller eine große Stiftung gemacht Er bat dem Institut weitere 4 Millionen geschenkt Diese Summe muß zu den 40 Millionen, die er bereits dem Institut gemacht hat. htnzugesügt werden. In den letzten Jahren allein hat Rockcfeller zu wissenschaftlichen Zwecken 70 Millionen gestiftet. * Ein neuer Brand in einem Baumwollrnlager. Au» Bombay 2. April, wird gemeldet: Am Mitt woch abend brach abermals in einem hiesigen Baumwollager ein großer Brand aus. Der Schaden wird auf 33«00 Pfund Sterling ge schätzt. Seit dem Brande am 23. März haben mehr fach kleinere Brände stattgefunden. * Verheerungen durch «inen Vulkan. Wie aus Simferopol telegraphiert wird, ist 50 Werst von Feodosia ein erloschener Vulkan wieder in Tätigkeit getreten. Das Land wurde binnen einer halben Stunde in einem Umkreise von zehn Deßjattncn mit Lava bedeckt. Menschen sind nicht zu Schaden gekommen. LetzleUachrichten Bom sächsischen Hose. Lresden, 3. April. Der König nahm heute mittag im Residcnzschlosse die Vorträge der Staats minister und anschließend militärisch« Meldungen entgegen. Vertagung der Zweiten Kammer. Dresden, 3. April. Die Zweit« Stände kammer vertagte sich heute nach Erledigung von Petitionen bis zum 20. April. Ortokrankenkassen-Neuwahlen in Wurzen. Dresden, 3. April. Das Landesversiche- runqsamt zu Dresden hat den Beschluß des Stadtrates zu Wurzen, durch den die Vertreter Wahlen der Versicherten für di« Ortskrankenkasse für ungültig erklärt werden, bestätigt. In den kommenden Wochen hat daher eine Wieder holung der Wahl stattzufinden. Mittelstandstagung des Hanjabundes. Berlin, 3. April. Das Präsidium des Hansa- bundes hat beschlossen, am 10. Mai in Dortmund eine Mittelstandstagung abzuhalten. Zum Ableben Paul HeyseS. München, 3. April. Der König hat an die Witwe Paul Heyses folgendes Telegramm ge richtet: Die Nachricht von dem Hinscheiden Ihres Gatten hat mich mit aufrichtig«! Teilnahme er füllt. Vor 60 Jahren von König Maximilian II. nach München berufen, hat der große Dichter und Meister der Novelle hier sein Lebenswerk geschaffen, durch das er sich im deutschen Geistesleben einen hervorragenden Platz errungen hat. Er hat sich durch sein« Werke ein unvergängliches Denkmal gesetzt, bas die Erinnerung an den Namen Paul Heyse für alle Zetten erhalten wird. Von Herzen nehme ich Anteil an der allgemeinen Trauer um den Dahingcschiedenen und spreche Ihnen, gnädige Frau, mein herzliches und inniges Beileid aus. (aez.) Ludwig. Ferner hat der König im Trauerhausc einen Kranz niederlegen lassen. Weiter wird uns gemeldet: München, 3. April. (Eigener Drahtbericht unseres Münchner Mitarbeiters.) Im Trauerhause Paul Heyses liefen bis heute mittag 2800 telegraphische und briefliche Beileids kundgebungen ein. Infolge NichthinzuziehunH eines Geistlichen bei der Beerdigung unterbleibt die per sönliche Vertretung des bayrischen Hofes bei Heyses Beerdigung, die auf dem Münchner Waldfricdhof erfolgt. Oekonomierat Mühlhäuser s. Eigener Drahtbericht unseres n.-M itarbeitero.) Ulm, 3. April. Im Alter von 79 Jahren starb am Donnerstag in Ulm der Domänendirektor Oeko nomierat Mühlhäuser. Er war als Autoritär im Wein- und Obstbau allgemein geschätzt und hat sich als langjähriger Leiter der Württembcrgischen Weinbauschule große Verdienste erworben. Längere, verweilen d«r griechisch«« Truppen im Epirus. (Eigener Drahtb«richt.) Pari», 3. April. Nach ebner Information des „Malin" sollen auf Anregung der französischen Re gierung zwischen Paris, London und Petersburg Ver handlungen über ein längeres Verweilen der griechischen Truppen im Epirus stattfin den. Die Mächte der Tripelentente find der Ansicht, daß ein Zurückziühen der griechischen Truppen schwere G e fahren mit sich ziehen mürbe. Der Ltreik der englischen Kohlenarbeiter. London, 3. April. In Porkshir« streiken jetzt 170000 Kohlcndergleute. Die Aus ständigen sind jedoch nicht ernstlich für den Streik. Man nimmt vielmehr an, daß fle nur das schön« Frühlingswetter genießen wollen und nach Ostern die Arbeit wieder aufnehmen. Die vorliegende AnSgade umjaht 8 Seiten. Sanvtschristteitrr: »r. Verätz. W«W««tz««tz«« Brrontwortliche Schriftleiter: fitr Volitik Or. Arn« Gtzuttzee: für die vmäxls—itmia Weither Gchiutzler: sür Lei»»1««r «d sächsische Anaeleaenheitev Aruol» für DM und Alsseri- schnir Dr. gpNeUrl» Eetzrechl: für Musik v»«e« G««*i«: Sport »nd Leies r»n««v Verl«: «trriäit a> tzn»«ick«ltz: skr die Reis«., Bädri- und 4<ertevr»,ei«uns L»V»»O Meyer. — ftür den Nn,«ig«nieil deine. V«Uer. Lech,,: L«t»»i«er r«»etz»«t1, VrjNltchast mit txschrankter vostun.
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