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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.04.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140407018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914040701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914040701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-07
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Monat
1914-04
-
Jahr
1914
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Vas Problem Greco. Der Maler mtt dem seltsamen Namen Theoto- lapult, genannt rl Greco, war nicht nur in seiner Zeit ein Problem, er ist es bis in unsere Tage und wind es bleiben. Was Wunder, daß eine Zeit, wie di« unsere, der KlaM zu heiter und zu «vnst, die pro« blomatische Naturen in allen Lebensformen sucht, Greco den Maler der Vergangenheit nennt? Durch uns alle Kinder der Epoche der Natuvoroberung, aber letzten Endes doch Menschen mit der metaphysischen Sehnsucht, geht ein Zwiespalt. Monisten, dem Namen nach, zerreißt uns unüberbrückbarer Dualismus. Wenn Maurice Barrös („Der Greco oder La» Geheimnis von Toledo", übertragen von Wilhelm Hausenstein, München 1912, Georg Ntüller und Eugen Nenbjch Verlag) sagt: „Der Treco ist das befrem dende Genie der Zwiespältigkeit", so cl-arakterisiert er den Künstler, und gleichzeitig löst er das Geheimnis der Verwandtschaft zu unserer Zeit. Am 7. April jährt zum dreihundertsten Nlale der Tag seines Todes (-s- 7. April 1014), und seine Bilder begeistern di« jüngsten, die Modernsten. Liegt das alles allein an seiner Kunst, an dem Duft seltsamen Mystizismus, der uns daraus ent- gcgenweht? Lind es die Farben, sprühend und gleißend, mitunter phosphoreszierend wie moderndes Holz? Denn ohne Frage hat es größere Koloristen, größere malende Mystiker (man erinnere sich an Grünewald) gegeben als den Greco"? Diese Frage beleuchtet und klärt ein Wort Hugo Kehrers („Die Kunst des Greco'", Hugo Schmidt Verlag. Mün chen, 2. Ausl. 1814). lieber das Bildnis eines Un bekannten im Prado sagt Kehrer: „Als ein echter Caoallero hat er den Degen zur Leite. Wo aber ist die linke Hand, die ihn hoch hält? Es ist ein Zug in Grecos Stil, daß ost Dinge, die zum Verständnis eigentlich irotwendig wären, nicht gemalt sind: ihr Fehlen berührt so seltsam und läßt den Laien von dem l cheimnisoollen dieser Kunst roden." Aber nicht nur die Laten entdecken darin das Geheimnisvolle, die Maler unserer Tage, di« gern Neues suchen, sind, von Cözanne angefangen, seiner Spur gefolgt und in der Gefolgschaft der Maler ihrer Zeit entdecken stets Kunst-gelehrte und Publikum längst vergessene künst lerische Werte. Bei Treco kommt hinzu, daß der mit Grecos gut cingedeckte Kunst-Handel das Fäier der Begeisterung voil Paris aus stets anblies. Ich erinnere mich aus dem Frühjahr 1905, wo man in Deutschland kaum den Namen Greco kannte, daß mir Durand-Nuel, der große Kunsthändler, nach seinen Monets und Nenoirs plötzlich eine Anzahl Grecos vorführte mit der Be- merkung: „Das wird der große Maler der Zukunft." Sollt« nicht die Steigerung an Geldwert für sein« Wertschätzung als Künstler mitgesprochen haben? Denn es wirkt auf unvoreingenommen« Gemüter eigenartig, wenn alle Biographen Grecos unisono er klären: Man müsse Toledo kennen, um Greco über haupt zu begreifen. Wie viele aber der Ereco- jchwärmer sind in Toledo gewesen? Ist also ihre Begeisterung begründet? -tach den Biographen: „Nein." Diese Art der Begeisterung, diese Behauptung der Biographen, die von vornherein neun Zehntel aller Kunstfreunde von Greco ausschließt, macht stutzig. Denkt man noch an die Uebertreibunaen Meter- Gräfes, an seine Herabsetzung Valesquez zugunsten Grecos, so könnte man gegen den Künstler auf Grund seiner Verehrer ungerecht werden: allein Greco ver dient als Künstler und Mensch die Bewunderung aller Zeiten. Nicht ist für seine Beurteilung als Mensch das Urteil eines Pacheco, seines Zeitgenossen, maß gebend, daß seine Manuskripte die eines großen Philosophen waren. Hierin kann bei diesem Kritiker vielmehr eine Herabsetzung liegen: denn, wenn man einen an sich bedeutenden Mann nicht anders ver kleinern will, pflegt man sein Wirken auf Neben gebieten als das wertvollere seines Lcbenswerkes zu erklären. Die Bedeutung Grecos beruht vielmehr in der Sichtbarmachung des Zeitgeistes seiner Epoche, in seinem ganzen Wollen und Schaffen. Man braucht bloß die Gestalten eines Philipp II., eine Cervantes, eines Lope de Vega ins Gedächtnis zu rufen, oder das Wort Inquisition und Gegenreformation in voller Stärke zu erfassen, um in den Gemälden die treibenden Elemente aller dieser Männer, der wer benden Element« ihres Handelns zu entdecken. Mehr Dichter und Deuter als Gelehrter muß da- her der Erklärer Greco» sein, Geheimnisse tiefer see lischer Art gilt es ja zu lösen, und die Forschung über sein Leben liegt bei den Landsleuten des Malers von Baruete bi« Francisco de Borja di San Roman in besten Händen. . Daher führt ein Werk, wie das von Maurice Bar- rö's mehr zu dem Meister als die Studie Kehrers. Allerdings sind in letzterer 55 Abbildungen nicht zu unterschätzende Zugang« zu der Kunst Grecos. Interessant fit es für den, der beide Werke hinter einander liest, die verschiedene Deutung einzelner Bilder zu beachten. Wie das Bild der Griechin bei dem einen das Bild seiner Tochter, bei dem anderen das d«er Mutter seines Sohnes wird, oder wie bei der „Bestattung des Grafen Orgaz" der kleine Page bald die Züge des Sohnes, bald der Tochter tragen soll. Dem Laien, der Len Zugang zu dem seltsamen Künstler sucht, kann man nur Barrös' Buch in di« Hand drücken, denn hier rühren Kllnstlerhände an die Seele des Meisters und seiner Stadt. Für den Wissenschaftler gibt Kehrers gehaltvolles Buch, bet dem man oft bedauert, daß der Gelehrte mehr an deutet als ausführt, reiche Anregungen, lveiter dem Problem Greco nachzuspllven. vr. Rodert Oorvexk. * Da» Leipziger Kunstgewerbemuseum veranstaltet aus Anlaß der Tagung des Internationalen Museumsverbandes in Leipzig zur Anregung der privaten Sammeltätigkeit und zur Förderung der kunstwissenschaftlichen Studien eine von Mitte August bis Ende Oktober dauernde Ausstellung von Werken alter Kunst aus Privat besitz. Es.handelt sich um die Vorführung von Gruppen kunstgewerblicher Arbeiten, die entweder noch nicht genügend erforscht oder nur wenig in der Oeffentlichkeit gezeigt worden sind, wie die deutschen Schmelzmalereien des Barocks und Rokoko, die Komödiantenfolgen der Porzellanmanusakturen de» 18. Jahrhunderts und da» sächsische braune Steinzeug des 16. und 17. Jahrhunderts. Außer diesen Speziali täten wird dank dem Entgegenkommen hervorragen der Sammler eine stattliche Anzahl noch wenig be kannt gewordener kunstgewerblicher Arbeiten zu sehen fern. Gleichzeitig mit dieser Ausstellung wird versucht werden, eine Sammlung von Nach bildungen und Fälschungen alterKunst zu Nutz und Frommen der Sammler und zur Auf klärung des Publikums in ausgesuchten Beispielen vorzuführen. * Villa Romana-Preise. Für die diesjährige graphische Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes aus der Leipziger Weltausstellung für Buchgewerbe und Graphik erfolgten mehr als 3000 Einsendungen, von denen mit Rücksicht auf den vorhandenen Raum nur '/» Aufnahme finden konnte. Die Jury, welche über die Aufnahme der Werke zu entscheiden hatte, erkannte folgenden Künstlern Villa-Romana-Preise zu: O. R. Bossert- Leipzig (Professor an unserer Akademie). Bern hard Hasler- Berlin-Steglitz, Wilhelm Lange- Betzingen -Württemberg). Diese Preise bestehen in einem einjährigen freien Aufenthalt in der Villa Romana in Florenz und in einem Zuschuß von je 2000 Ferner wurde ein vierteljähriges Eastrecht in der Villa Romana folgenden Künstlern verliehen: Sch ramm en-Weimar, Uhl-Bergen (Ober bayern), We i nz Heimer-Köln a/Rh. » Eröffnung des «Interims-Theaters". Sonntag um 11 Uhr vormittags wurde in Gegenwart «in«s zahlreichen Publikums das „Interims-Theater" unter der Leitung Maxime RenSs eröffnet. Man hatte sich keine leichte Aufgabe Mr Eröffnung gestellt, indem man Gorkis „Nachtasyl" Mr Darstellung bracht«. Dieses Werk des russischen Dichters ist kein Drama im eigentlichen Sinne, denn ihm fehlt eine große, vorwärtsdrängende Handlung, es gibt viel mehr nur in ganz impressionistischer Art Szenen aus der Tiefe menschlichen Daseins, und statt der führen den Handlung ist hier die quälende, dunkle Gesamt atmosphäre das Wichtigste für eine Aufführung. Zn der Inszenierung kam dies noch nicht ganz zum Aus druck, doch um so stärker und einheitlicher war der Eindruck der schauspielerischen Leistungen. Di« Ge stalten des „Nachtasyls" sind, außer dem Pilger, sämt lich gescheiterte und zerbrochen« Existenzen: das haben sie alle gemeinsam, doch trotzdem hebt sich jeder in seiner Eigenart scharf vom anderen ab und trägt seine ihm eigene Vergangenheit mit sich. Diese schwere darstellerische Aufgabe wurde sehr gut gelüst. Di« einzelnen Gestalten waren zum grüßten Teil streng umrisfen und fein nuanciert, und doch fohlte nicht das einende Band. Di« stärkste Wirkung erzielte die Mordszen.' am Ende Les dritten Aktes, wo die fieber hafte Erregung der Menge ganz wundervoll dar- gq'tellt wurde. Es war sine Gesamtatmosphäre in dieser Aufführung geschaffen, wo Nihilismus, Ge meinheit, kalter Sarkasmus, jähe Leidenschaft, Ver zweiflung und allfflackerkld« Hoffnung wirr zusam- menkllrngen. Es war ein starker Erfolg, und man brachte RenS und seinen Getreuen stürmische Ova tionen. * Faust, 1. Teil, im König!. Schauspielhaus«. Am Sonntag abend wurde hier vor ausocrkaufrem Hause „Faust", 1. Teil, in neuer Einstudierung und In szenierung aufgeführt. Emil Lindner gab zum ersten Male den Faust. Die Monologe waren sehr durchdacht und voller Nuancen, wobei ihm besonders die lyrischen Partien sehr gut gelangen: doch im ganzen war sein alter Faust etwas zu müde und weich, und «s fohlte ihm die innere Glut und Kraft Les Uebermenschen. Erst in den fol genden Szenen kam die seelische Größe und tiefe Tragik Fausts zum Ausdruck und erreichte ihren Höhepunkt in der Szene „Trüber Tag". Der Me phistopheles Mehnerts hatte als Urgrund das Dä monisch-Tierische, die leidenschaftliche Eier des Ver neinens, und daneben stand Las Spöttisä-e, Kalte, Mitleidlose seines Wesens. Die hervorragendste Leistung bot Gertrud Treß nitz als Gretchen: sie war von rührender, schlichter Einfachheit und Na türlichkeit in den ersten Szenen: in den Versen „Meine Ruh ist hin" leuchtete dann di« ganze Glut ihrer Leidenschaft auf und ließ das tragische Ver hängnis dieser Liebe vorausahnen. Erschütternd wirkte die Zwingerszenc und vor allein zum Schluß die Kerkerszene. — Die Regie führte Ernst Le win ger. Zum „Prolog im Himmel" wurde der neue Kuppelhorizont verwendet, der den Eindruck des Unendlichen erzeugte, und von dem blauen Fir mament hoben sich prachtvoll die drei Engel ab, die zum ersten Male von männlichen Darstellern ver körpert wurden: auf die übrigen Heerscharen hatte man verzichtet. Der Osterspaziergang war auf zwei Schauplätze verteilt, wobei leider die Stadt in keiner Weise angodeutet war. Die Domszene war etwas zu sehr vereinfacht, indem man sich hier nur mit ein paar Strebepfeilern und Gewölberippen begnügt hatte. Besonders schön waren die Dekorationen zu „Wald und Höhle", „Trüber Tag" und zur „Garten szene". Die ganze Aufführung erzielte einen tiefen, nachhaltigen Eindruck: kein lauter Beifall erinnerte einen bei den Aktschlüssen an das Theater, und auch am Ende wagte man nicht zu klatschen, sondern schweigend verließ das Publikum das Haus. Dr. I'. ^älsr. * „Parsifal" in Dessau. Man schreibt uns aus Dessau: Zu den wenigen leistungsfähigen deutschen Bühnen, die von einer Aufführung des Bühnen weihespieles „Parsifal" Abstand genommen haben, gehört das Hoftheater in Desiau. Daß hier jeeoch auch loder vor allem?) die Wiedergabe des musi kalischen Teiles des Werkes auf einer Höhe stehen würde, die keinen Vergleich zu scheuen braucht, be wies die konzertmäßige Aufführung des I. und Hl. Aktes, die am Palmsonntag im Hostheater von- statten ging. Eine wunderherrliche Leistung bot das Hoforchester unter Leitung des Generalmusikdirektors Franz Mickorey, in dem einer unserer ersten Wagnerdirigenten herangereift ist. Er hatte di« Zeitmaße im allgemeinen ein wenig beschleunigt, entsprechend der Eigenart der unscenischen Auffüh rung und erzielte vor allem in den symphonischen Teilen des Werkes — der Einleitung, den Wandel musiken, dem Charfreitagszauber — tieferschüt ternde, hocherhebende Wirkungen. Unter den Solisten ragte der Eurnemanz des jungen Bassisten Rudolf Sollfrank auffallend hervor. Umfang und Wert seines Singens waren erstaunlich. Er sang die große Partie des Eurnemanz im I. und III. Akt, zwischen denen nur eine Pause von 20 Minuten lag, und den Titurel des l. Auszuges, ohne zu ermüden, ja mit zunehmender, schöner Steigerung einer Sicherheit. Ausgerüstet mit edlen stimmlichen Mitteln, gelang es ihm, auch den geistigen Gehalt der Gestalt zu ver lebendigen. Neben ihm standen der Parsifal Leonor Engelhardts und der Amfortas FranzReisingers, der erst gegen Ende echte Töne verzweifelnden Schmerzes fand. Die Kundry der Frau Gura-Hommel konnte nicht sonderlich hervortreten. Die wünschens ¬ werte Erledigung der choralen Aufgaben hätte eine noch eindringlichere Schulung verlangt, namentlich da der Chor aus mehrerenGcsangvereinen (25OSänger) gebildet war. Wenn trotzdem ein sehr tiefer Eindruck erzielt wurde -- soweit das in einer oratorischen „Parsifal "-Aufführung möglich ist — so beruht dieser auf dem meisterlichen Spiel des Orchesters. In weihe voller Ergriffenheit verließ die Menge schweigend den Konzertraum. L. o. * Die Direktion de» Berliner Deutschen Theaters veranstaltet zur Feier von Frank Wedekinds 50. Geburtstag in dieser Saiion in den Kaminerspielen einen umfangreichen Wedekind- Zn k l u s. Im Rahmen dieses Zyklus werden sieben Hauptwerk« des Dichters zur Darstellung ge langen. Einige dieser Werke werden zurr ersten Male in den Kammerspielen und andere zum über haupt ersten Male auf einer Berliner Bühne er scheinen. Das genaue Repertoire wird in einigen Tagen veröffentlicht werden. Sämtlich« Stücke werden in Einstudierungen aufgesiihrt. die Frank Wedekind persönlich leitet, ferner wirken der Dichter und seine Gattin in den Hauptrollen mit. Die Vorstellungen finden während der Berliner Festwochen noch in» Frühjahr statt — sie beginnen ani 31. Mai mit der Premiere des völlig in Vers- form umgearbeiteten Mysteriums „Franziska", nas an diesem Abend seine Uraufführung in der deuen endgültigen Fassung erlebt. Stuttgarter Mai-Festspiele. Auch in Stuttgart sollen, wie uns gemeldet wird, Mai-Festspiele eine stündige Linrichtnng werden. Zur Unterstützung des Unternehmens, das in erster Linie Hebung des Fremdenverkehrs bezweckt, hat sich gestern eine Ver einigung von Theater- und Musikfreunden gebildet. Die diesiährigen Festspiele sollen vom 24. bis 30. Mai im Hoftheater stattsinden. Zur Auf führung sind bestimmt: „Minna von Barn- helm" (mit Frau Heims und Frl. Thimig von Berlin), „Hamlet" (mit Bassermann) und Jbiens „Brand", sowie die Opern „Falstaff", „Don Juan" (mit Forsell) und „Barbier von Se villa" (mit Forsell). * Festspiel« in Wiesbaden. Gelegentlich der An wesenheit des Kaisers in Wiesbaden vom 13. bis 18 Mai 1914 finden folgende Vorstellungen im Königlichen Theater statt. Mittwoch, den 13. Mai: „Die Journalisten" von Gustav Freyiag. „Conrad Bolz" Herr Carl Clewing vom Königl. Schauspielhaus in Berlin), Donnerstag, den 14. Mai: „Lohengrin" von Richard Wagner („Lohengrin" Herr Kammersänger Walter Kirchhoff von der Königl. Oper in Berlin), Freitag, den 15. Mai: „Der Richter von Zalamea" von Calderon de la Barca, für die deutsche Bühne überletzt von Adolf Wilbrandt, Sonnabend, den 16. Mai: „Don Juan", Oper von Mozart „Don Juan" Herr Kammersänger John Foriell aus Stockholm). Sonntag, den 17. Mai: (Unbestimmt). Montag, den 18. Mar: „Oberon", Oper von Carl Maria von Weber (Wiesbadener Bearbeitung). * Hermann Bahrs „Konzert" wurde in Paris im Thüätre Röjane zum erstenmal aufgesiihrt. Das Stück ist von Maurice Römon übersetzt, Pierre Neber hat es nach dem Pariser Geschmack etwas zurecht frisiert. Mit den „Fünf Frank furtern" ist das „Konzert" das zweite deutsche Lustspiel, das in Paris Eingang findet. * Das BreslauerStadttheater veranstaltet im April einen W a g n e r z y k t u s, bei dem «amtliche elf Opernwerke Wagners, vom „Rienzi" bis zum „Parsifal", zur Aufführung kommen. Kammer sänger Plaschkeist für einen Teil der Ausführungen als Gast verpflichtet worden. * Im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg beging Alex Otto als Wilhelm Telt sein 25 jähriges Hamburger Bühnenjubiläum. Er hat während dieser Zeit in den Vereinigten Stadt- Theatern die klassischen Heldengestalten verkörpert und sich den Hamburgern als Persönlichkeit ein geprägt. * Mufikchronik. Eine Schülerin von Frau M. Unger-Haupt und des Herrn Jos. Kerhartz in Leipzig, die Altistin Margarete Steche-Schütz, wird am Karfreitag die Altpartie in Bachs Matthäus- passion in Altenburg singen. * Gregor» Rücktritt bevorstehend? Wien, 6. April. Wie die „Montags-Revue" erfährt, wird Direktor Gregor in kurzer Zeit von der Leitung der Wiener Hofoper zurücktreten. Es sind bereits Verhandlungen im Gange bezüglich der Ent schädigungsfrage. Der gute Name. 68f Roman von Georg Engel. ^op^rlxdr 1913 Orettvsio Li vo., 0. m. t>. U. Der Gesang war iinmer leiser geworden, jetzt stützte Herta den Kopf in die Hand, und der Lauschende hinter ihr glaubte, daß sic still vor sich hin weine. Welch tiefe Wehmut, welch einfacher, erhabener Schmerz sprach sich in der schlichten Weise aus. Unwillkürlich legte der Doktor dem Mädchen die Hand ans das Haupt und sagte ernst: „Sie sollten nicht solch traurige Lieder sin gen, mein Kind; Ihr Gemüt leidet darunter!" Sie erschrak nicht, als so plötzlich jemand zu ihr sprach, sondern blickte den jungen Mann nur verwundert an, und jetzt bemerkte auch der Doktor, daß ihr Antlitz still und ruhig war. „Können Sie keine heiteren Weisen singen?" fragte er teilnehmend weiter. „Nein, Herr — ich weiß keine." „Sie sollen mich nicht immer Herr nennen," verwies sie der Doktor und lehnte sich an das ausgespannte Netz. „Ich bin ja Ihr Freund, tonnen Sic kein Vertrauen zu mir fassen?" „O, doch!" nickte Herta, „Sie meinen es gut!" „dtun," drängte der Doktor, „dann sagen Sie mir doch, ob Sie ein Kummer bedrückt. Es ist nichts Natürliches, daß ein junges Dtädchcn schon so traurig in die Welt sieht." .Herta schüttelte den Kopf. „Es must wohl in mir liegen," gab sie ruhig zurück, „ich weiß selbst nicht, warum mir oft )o weh ums Herz ist." Ein Windstoß, der das ausgespanntc Netz jäh in die Höhe fegte, unterbrach das Gespräch, lieber den dämmernden blauen Abendhünmcl zog eine schwarzflockige Wetterwolke dahin und sog mit uuheimUchcr schnelle die heran,flattern den grauen Schleier in sich hinein. Bald hatte sich ein unförmliches Gebirge aufgetürmt, in dessen Schluchten der Mond trübe verschwamm. »und lnun Laste der Sturm über das aufheulende Meer und peitschte weiße Regenschauer vor sich her. Auch über die Dünen stäubten die feuchten Grüße fort, wirbelnde Sandsäulen tanzten vor über. Herta rührte sich nicht. Fast begierig spähte sic in den wilden Aufruhr hinein und schien an dem Ucbereinandertaumeln der Wellen Freude zu empfinden. „Sehen Sie dort die zwei weißen Felsen?" rief sie, ohne sich umzuwenoen, und streckte ihren Arm aus. „(LS gehr eine alte Sage, daß die beiden Steine dort drüben verzauberte Riesen seien. Wenn die See schäumt, wachen sie auf, und das Meer wird em schwarzes Leichentuch, das schütteln die Riesen zwischen ihren Fäusten und lassen weiße Totenschaüel drauf herumsprin gen. Dort, dort, sehen Sie nur, Herr Doktor, wie lustig sic in die Höhe fliegen!" Der Doktor hatte sich gegen den vorüber rauschenden Regen tief in seinen Mantel gehüllt, jetzt beugte er sich zu dem Mädchen herab und ergriff ihre .Hand. „Solchen Gedanken dürfen Sie nicht mehr uachhängen, .Herta," sagte er ernst. „Darüber müssen ^-.ic unfehlbar krank werden" — und zö gernd fuhr er fort: „Tragen Sic eine heimliche Liebe un Herzen, mein Kind?" -Herta zuckte zusammen und machte eine ab- rvchrende Bewegung, als ob ihr die Anwesenheit des Mannes lästig werde. Dann antwortete sic gleichförmig: „Keine, Herr," und unvermittelt sang sic durch Sturm und Regen die erste Strophe jcncs alten Volksliedes wieder: Tief unten auf dem Meeresgrund, Da ruht der Liebste mein. Eine lange Pause trat in der Unterhaltung der beiden ein, und der Sturm heulte immer unheimlicher, der Regen prasselte immer stärker hernieder. „Hier dürfen Sie nicht bleiben," begann der Doktor endlich und richtete sich cnlschlossen aus. „Stehen Sic auf, Herta, wir wollen fort." Das Mädchen regte sich nicht. „Stehen Sie auf!" forderte der junge Mann noch einmal. „Sie müssen ja bis auf die Haut durchnäßt sein!" Aber Herta erhob sich auch diesmal nicht und schüttelte gleichgültig den Kopf. „Ich will hier bleiben," beharrte sie be stimmt, „mir schadet ein wenig Kalte nichts. Lassen Sie mich ruhig allein, Herr-" Sie neigte das Haupt zum Abschied und legte ihre Hände gefaltet in den Schoß. Dem Doktor stieg das Blut in die Stirn. Dieser Trotz, diese Gleichgültigkeit forderten seinen Zorn heraus. „Also Sie wollen mir nicht folgen?" fragte er rauh und umspannte ihren Arm. Keine Antwort. Da zog der Doktor die Widerstrebende ohne weiteres in die Höhe, schlang den Arm um sie und trug die Bezwungene hurtig davon. Zwar schrie sie tn der ersten Ueberraschung erschreckt auf und versuchte sich gegen den Zwang zu wehren, doch allmählich fügte sie sich dem Willen ihres (LntführerS und bat nur demütig, daß er sie freigebc. So waren sie bis in das Dünental herab gestiegen, und noch immer hatte der Doktor seine Last nicht abgesetzt. Tiefe, undurchdring liche Nacht herrschte hier unten, kein Stern blinkte mehr hernieder, kein Sandberg hob sich von der Finsternis ab, nur pfadlose, schwarze Dunkelheit ringsum. Nein, etwas schimmerte vor den Augen des Doktors durch die Nacht — Hertas weißer Nacken Und dem Wunsä>e, diesen starken, bieg samen Nacken zu küssen, konnte der junge Ntann nicht länger widerstehen. Keilte Ueberlegung mehr, seine Lippen be rührten ihre keine Haut — ein kurzes Sträuben — und das Mädchen glitt verwirrt von seinen Armen. Nun stand sie ihm in der Dunkelheit gegen- über, und der Doktor hörte, daß ihr Atem rascher ging als sonst. „Wußtest du nicht schon lange, daß ich dir gut bin?" fragte er, indem er sich mühsam zur Ruhe zwang. Herta schritt neben dem Wanderer her. „Sehr lange," sagte sie offen, „aber wohin kann das führen? Mein Vater sagt: „Pferd und Kuh sind ungleich Gespann!" — Das paßt auf uns!" Der Doktor blieb stehen und hielt auch seine Begleiterin zurück. „Wenn zwei sich wirklich lieben," antwortete er erregt, „gibt es keine Ungleichheit zwischen ihnen. Aber nicht wahr, das ist es eben, du fühlst nichts für mich?" Wieder schritten sie eine Zeitlang schwei gend dahin, schon lag die Landstraße vor ihnen, als Herta iym treuherzig die Hand bot: „Sie meinen eS so gut mit mir," sagte sie bewegt, „und Sie verdienen eine Frau, Herr Doktor, die Sie so recht von .Herzen lieb hat. Mir aber sitzt etwas dort drinnen, das schwer heraus will, und ehe ich das vergessen habe, ivird viel Zeit vergehen. Wer wird so lange Geduld mit mir haben?" „Ich," antwortete der Doktor mit tiefem Mitleid und wollte sie an sich ziehen, aber Herta wich seiner Berührung aus. „Werden Sie sich in der Stadt der Bäuerin auch nicht schämen müflen?" fuhr sie warnend fort. Doch der Doktor lächelte nur und schüttelte beruhigend den Kopf. Nun duldete sie, daß er sinnen Arm um sie schlang, und als er zum erstenmal ihre Lippen küßte, erschrak sie nicht mehr, sondern wandte sich errötend ab. — Seltsam ! Mondenlang hatte der Doktor von diesem Erklären und Finden geträumt, und jetzt — der erste Kuß brannte noch auf seinen Lippen, jetzt wollte ihn nicht jener zum Himmel lodernde, alles verzehrende Liebcorausch befallen, der alle Fragen der Vernunft wie bunte Leuchtkugeln auseinaudcrsprcngt. Nein, nichts davon, statt dessen grübelte er betroffen darüber nach, ob er denn niemals, niemals die Kälte dieses Mäd- ä)ens besiegen würde. (Fortsetzung t» da, )
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