Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.06.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140625022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914062502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914062502
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-06
- Tag 1914-06-25
-
Monat
1914-06
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Seite 2. Nr. 318. Nlienü-Nusgave. prinz Bernhard (geb. 1851), Prinzessin Marie Igeb. 1858), Prinz Ernst (geb. 185V), seit 1892 ver- mahlt mit Katharina Freifrau von Saalfeld, der Tochter des Dicyters Wilhelm Jensen, und endlich Prinz Friedrich sgeb. 1801), vermählt seit 1889 mit Gräfin Adelheid zu Lippe-Biesterfeld. * Der neue Herzog Bernhard II. wurde am 1. April 1851 in Meiningen geboren; er stÄt also im 68. Lebensjahre. Er wurde 1567 Leut nant im 95. Infanterieregiment und besuchte die Universitäten Heidelberg und Leipzig. 1870/71 nahm er am Deutsch-Französischen Kriege teil. 1878 zum Major befördert, wurde er 1880—82 zum General stab kommandiert. Um die neugriechische Sprache und Literatur zu studieren, unternahm er in den nächsten Jahren eine Reise nach Griechenland. Nach seiner Rückkehr wurde Bernhard 1885 Oberst, 1889 Generalmajor, 1891 Generalleutnant und 1895 Kom mandierender General. 1903 wurde er General inspekteur der 2. Armeeinspektion, 1905 wurde er zum Generaloberst ernannt und im Jahre 1912 er folgte sein Rücktritt aus der Stellung eines General inspekteurs. Vermählt ist der neue Herzog seit 1878 mit Prinzessin Charlotte von Preußen, der ältesten Schwester des Kaisers. Dieser Ehe entsprang ein Kind, die 1879 geborene Prinzessin Feodora, die ieit 1898 mit dem Prinzen Heinrich XXX, von Reuß j. L. vermählt ist. Vas Ende -es pariser Vries- trägerftreiks. Der Streik der Postunterbeamten hat, wie wir bereits im heutigen Morgenblatt meldeten, am Mittwoch nachmittag ein vorläufiges Ende ge sunden, nachdem Minister Thomson verbrochen hatte, daß dieWünjche der Streikenden eine wohlwollende Berücksichtigung finden würden. Die Beamten werden nun abwarten, inwieweit ihnen Regierung und Kammer entgegenkommen. Thomson sucht in verschiedenen Erklärungen, die deutlich die Ver legenheit der Regierung erkennen lassen, seine ent- gegenlommende Haltung zu beschönigen. Die Presse tadelt und lobt ihn je nach der Parteistellung. Wir teilen folgende Meldungen mit: Eine Erklärung de» Postministeriums. Paris, 24. Juni. Das Postministerium veröffent licht eine Rote, wonach Handelsminister Thomson in seiner Antwort an die Unterbeamten festgestellt habe, daß ihre Kundgebung durchaus unbegrün- d e t sei. Der Minister habe daran erinnert, daß die ihnen gegebenen Zusagen gehalten worden seien. Regierung und Kammer hätten durch Be willigung von Krediten gezeigt, daß sie sich mit der Lage der Postunterbeamten beschäftigten. Andere Verbesserungen könnten angestrebt werden, wie auch bas Parlament anerkannt habe. Der Mi nister habe die Postbeamten des Wohlwollens der Regierung versichert und sie aufgesordert, Ver trauen zu ihm zu haben. Er zeigte zum Schluß, daß die Regierung, die das Allgemeinmteresse des Landes bedcnten müsse, eine Hemmung des großen Staats betriebes nicht dulden und sich keine Vedrngungen vorjchreiden lassen könne. Paris, 25. Juni. Ueber die vorläufige Beilegung des Postdeamtenstreits erklärte der Handelsminister Thomson einem Berichterstatter: Er halte die Lage für besser, als er gestern zu hoffen gewagt habe. Jeder Zwist zwischen der Regierung und Len Postbeamten scheine ihm beseitigt und er glaube, daß der Waffenstillstand das Vorspiel zu einem baldigen Frieden bilde. Die Post beamten hätten begriffen, daß er, trotz aller Sympathien, die er für sie empfinde, unmöglich er lauben könne, daß ein hochwichtiger öffentlicher Dienst straflos zugrunde gerichtet werde. Das Urteil der französischen Presse. Paris, 25. Juni. Von den gemäßigten und konservativen Blättern wird die Haltung des Ministeriums gegenüber den ausständigen Postbeam ten s ch a r f g e r üg t. — So schreibt der „Figaro": Die Meuterei wird nicht bestraft werden. Eine halbamtliche Rote erklärt bereits, daß die Regierung in dem Augenblick, in dem dre Krise dank der Ueberredungskünste des Handelsministers beigelegt worben sei, die Lage nicht verschärfen wolle. Ja noch mehr, der Senat wird angesichts der revolutionären Drohungen nach geben. So weit ist es mit uns gekommen! Iaurös schreibt in der „ Humanite ", daß der ganze Zwist dadurch entstanden sei. well der Senat von den 12 Millionen, die für Eehaltsverbesserungen Vie Liede der drei Kirchlein. 4) Roman von E. Stieler-Marshall. ^Coj>vri<?M ZSW eirclli, i» k <_o.. i» t>. It. Rn diesem Abend ging Kirchlein nicht an den Stammtisch. Der Kops mar ihm ein wenig müde von dein ungewohnten Feslgelage, er haue von Wein und Seit ja den Löwenanteil gehabt. Er legte sich im Wohnzimmer ans das alle, ge mütliche Sosa, durch das geöffnete Fenster drang die schmeichelnde laue Frühlingsluft, ihr leich ter Hauch spielte nut seinem dichten, schwarzen Haar - - — eine Amsel saug in der kahleu Linde vor dem Haus — Ter Professor träumte ein wenig — — — nuten im ersten Stock sang der musikalische Post- fekrctär Meiner, der sich ans seine Art vom Nachtdienst erholt — Mit einer schönen weichen Baritonstimme Loewesche Balladen. Das kleine Haus war sehe dünn gebaut, es klang deutlich herauf, weckte den Professor, der nur im Halb schlaf lag und wohlig lauschte —. irr, der, ivlc er selber sagte, nur einen Don singen konnte, und den so falsch wie möglich, liebte die Musik und vor altem den Gesang uueuduch. Wie das so märchenhaft und geheimnisvoll klang: Der Renner-Thomas lag am Back, Postsckrctär Meiner sang so klar und deut lich, daß die Worte hier oben noch verständlich waren: „Da sah er eine blonde Frau — Die saß aut einem weißen Roß Sie fast aus einem weißen Roß, Die Mahne war geflochten fein." Dem Professor kam zum ersten Male die fremde Fran wieder m den Sinn, die seinen Frühlingsjubek mit erlebt hatte. Die war wohl schön gewesen. Ihres Ge sichtes war er sich gar nicht o recht bewußt geworden, nur dieses gütige, liebe Lächeln hatte sich tief in seine Erinnerung eingeprägt. Er lächelte bei dem Gebauten daran auch, stand laus und trat an das Fenster. Sinnend blickte er in den blauen Abend, der so lieblich war jund ahnungsvoll. Im bräunlichen Geäst des Kaumes da drüben saß noch der große dunkle Leipziger Tageblatt. beantragt worden waren, 50000 Fr. ge strichen bat. Er meint, daß gerade dieses klein- liche Vorgehen und diese Herausforderung den Zornesausbruch der Postbeamten begreiflich erscheinen lassen. Die radikale „Lanterne" e .,ärt: Die armen Brief träger waren so naiv, an die Versprechungen der Regierung zu glauben. Sie haben sich erzürnt und sie haben Recht gehabt. Vie wirren in Manien. Die Lage gestaltet sich für den Fürsten immer kritischer. Fast ganz Albanien steht gegen ihn in Waffen. Bei Fieri im Süden vermögen die Re- cherungstruppen nicht länger standzuhalten, Prenk Bibdodas 'Niederlage scheint sich zu bestätigen, und ganz im Norden, in Skutari, beginnen jetzt auch die Feindseligkeiten wiederaufzuleben. Wir verzeichnen folgende Meldungen: Prenk Bibdodas Niederlage. Rom, 25. Juni. Es bestätigt sich, daß Prenk Bibdodas Truppen in Stärke von 4000 Mann teil» vernichtet, teils gefangen worden sind. Auch in anderen Gegenden waren die Ausständischen siegreich. Nach Elbassan und Fieri ist nunmehr auch Lu sch im gefallen, wobei ein deutscher Offizier getötet wurde. Feindseligkeiten in Skutari. Mailand, 25. Juni. (Eig. Drahtbericht.) „Unione" meldet aus Skutari: Rach Abzug der Mirditen nach Durazzo ist Skutari von allen Re- gicrungstruppen entblößt Es finden bereits ver einzelte Angriffe der Mohammedaner auf die Christen statt. Die neuen Amtsschilder des Fürstentums sind in vorletzter 'Rächt von den öffent lichen Gebäuden durch Bubenhände entfernt worden. Die fremden Konsulare haben um Ent sendung von Schutztruppen für die aus ländischen Niederlassungen ersucht. — Familienmit glieder Essad Paschas sind trotz des Ausweisungs befehls nach Skutari zurückgekehrt. An der montenegrinischen Grenze sind größere montene grinische Truppenmassen zu Bedungen zusammen gezogen. Europäische Offiziere für die albanische Miliz? Wien, 25. Juni. Die Großmächte stehen, wie ver lautet, in Unterhandlungen über einen von der albanischen Regierung geäußerten Wunsch, dem Fürsten Wilhelm zur Organisation und Aus bildung der Miliz sofort Offiziere zur Ver fügung zu stellen. Augenblicklich kämen hierfür mehrere österreichisch-ungarische höhere Offiziere in Frage, die gegenwärtig einen alba nischen Sprachkursus besuchen. politische Ueberlicht Ein neues Rhein-See-Kanalprojekt ist, wie uns der Verfasser schreibt, soeben der Sraats- regierung zur Prüfung überreicht worden. Es ist das zweite Projekt des Ingenieurs Joseph Rose- meyer, der seine ersten Vorschläge aus dem Jahre 1912 neugestaltet und aus breiterer Grundlage bearbeitet hat. In dem neuen Projekt werden die Schwierigkeiten einer Führung der Kanallinie durch das Industriegebiet bei Duisburg vollständig vermieden und doch eine gute Verbindung mit dem Industrie gebiet erzielt, welche besser fit als die bestehende. Die Berechnung erfolgte für 6 und 9 m Tiefe. Es ist weiter die linksrheinische Abzweigung oberhalb von Köln gewählt. Diese Linienführung hat den Vorteil, daß sie auch von Köln bis Dinslaken Ge biete durchzieht, die landschaftlich genutzt werden und wobei industrielle Siedlungen nicht durchschnitten werden. Die Linie soll parallel zum rheinisch westfälischen Eisenbahnnetz liegen, dieses hochentwickelte Retz selcht aber nicht stören. Der Rhein-Lee-Kanal kann im Rücken dieses Verkehrs an jeder Stelle die An- unv Abfuhr großer Massen ermöglichen, ohne einen einzigen Zentralpunkt zu belasten. Der Kanal führt unterhalb Wesseling an Willich und St. Tönis vorüber nach Krefeld und Hüls. Die Linienführung zwischen Reuß und M.-Etadbach zieht der Entwicklung von Reuß keine zu engen Schranken und bringt den Seekanal auch nahe genug an das Gladbacher Jndustrierevier heran, um dieses den vollen Vorteil der Weltwasserstraße mit genießen zu laßen. Oestlich von Hüls führt der Kanal an Mör» vorbei zum Rhein, der an einer 800 m langen, 80 m breiten Brücke ober halb Orsoy gekreuzt wird. Die Linienführung östlich an Dinslaken vorbei ist besonders wichtig für die rasche Abfuhr nach dem rheinisch-westfälischen Jndustriebezirk. Man muß sich sagen, daß die großen Schiffe, die den Kanal befahren sollen, bestrebt sein werden, ohne zum Rhein Hinunterzugehen, direkt all dem Rhein-See-Kanak zu löschen und zu laden. Deshalb muß der Kanal so nahe als möglich an das Jn dustrierevier herangerückt werden. Hinter Schüttorf tritt der Kanal in die Heibelandichaft ein. Er führt über Heederfeld, links an Börssum vorbei nach Rhede an der Ems, bei Aschendors vor der Rheder Brücke in die dort begradigte Ems einmündend. Der Kanal ist absichtlich neben die großen Moore gelegt, da er auch in dieser Lage als Vorfluter dienen kann, ohne jeine Erbauung mit den enormen Schwierigkeiten einer Durchquerung der Moore zu belasten und um ihn weiter von der Grenze abzurücken. Vas ^ahresfest -es Deutschen Hospitals in Lon-on. Am Mittwoch abend fand im Hotel Metropole in London das Jahresfest des Deutschen Hospitals statt. Botschafter Fürst Lichnowjky führte den Vorsitz. Er brachte zunächst auf den König und die königliche Familie einen Trinkspruch aus, hob so dann das Interesse hervor, das deren Mitglieder stets dem Hospital entgegengebracht haben und wies auf die Freundschaft des Königs mit dem Deutschen Kaiser hin, wobei er des Be suchs der britischen Flotte in Kiel, der dortigen Verbrüderung der beiderseitiaen Flotten und Mannschaften sowie der Freude des Kaisers über den Besuch gedachte. Er trank sodann auf die Ge sundheit des Deutschen Kaisers und betonte dessen Sinn für die Bedürfnisse der modernen Zeit, die der Kaiser mit den Ueberlieferungen der Vergangenheit in Einklang zu bringen wiße. Sodann toastete Fürst Lichnowsky auf den Bundesgenossen des Deut schen Kaisers, den Kaiser von Oesterreich, drückte seine Freude über dessen Genesung sowie die Hoffnung aus, daß Kaiser Franz Joseph seinem Volke noch recht lange erhalten bleibe. Er gedachte ferner der anderen Bundesfürsten, welche Gönner des Hospitals seien. Die Beiträge beliefen sich im abgelaufenen Jahre auf 4.808 Pfund Sterling, darunter 200 Pfund vom Deutschen Kaiser, 50 vom Kaiser von Oesterreich und 50 vom Fürsten Lichnowsky. Dr. Morrison übrr -le Lage in China. Dr. Morrison, der frühere Korrespondent der „Times" in Peking und jetzige politische Rat geber des Präsidenten Juanschikai, ist in London auf Urlaub eingetroffen. Er sprach mit mehreren Zeitungsvertretern über die Lage in China. U. a. bemerkte er, daß der „Weiße Wolf" bereits vor drei Monaten in Honan hingerichtet worden jei und daß von seinen Anhängern nur noch eine Bande von Marodeuren übrig geblieben sei, die von den Negierungstruppen in den Grenzgebieten der Provinzen Kansu, Schensi und Szetschuan verfolgt würden. Die ganze Bewegung habe gar keinen politi schen Charakter gehabt, sondern sei eine einfache Räuberei gewesen. In jeder bedeutenden Stadt Chinas herrsche Ruhe und Frieden. Viele von den Führern der ersten Revolution arbeiteten jetzt ruhig in Regierungsämtern. Die Revolutionäre nähmen an Zahl ab; sie hätten auch kein Geld. Die Re gierung sei Herrin der Situation. Der Präsident trachte durchaus nicht danach, eine neue Dynastie zu gründen, und er habe auch keineswegs seine Beziehungen zu der Jungchinaparter aufgegeben. Er habe Ratgeber und Mitarbeiter aus allen Parteien herangezogen. Bewährte Beamte aus der Mandjchuzeit seien wieder eingestellt worden, und in den Ministerien und der unmittelbaren Um gebung des Präsidenten befänden sich viele junge Chinesen, die im Auslande, in Europa, Amerika oder Japan, sich ihre Bildung erworben hätten. Die siebzig Mitglieder des Senatsrates verträten alle Schattierungen der herrschen den politischen Parteien. Wenn die Jungchina- Partei die Legislative zu stärken wünsche, jo sei eine gute Verwaltung und eine Stärkung der Exekutive das Hauptbedürsnis Chinas, und gerade das sei erreicht worden. Die Angriffe auf die finan ziellen Verhältnisse Chinas erklärte Dr. Morrison sür unbegründet. Die Salzsteuer weise einen uner warteten Ueberjchuß auf. Die Ueberschüsse der Staatseinnahmen genügten, um alle Verpflichtungen zu decken. Der Präsident habe ihn zu der Erklärung Bogel und flötete — unaufhörlich — voll In brunst. Bon unten klang es herauf: Sie ritteu durch den grünen Wald, Wie glücklich da der Reimer war — „Ick, möchte wissen, wer sie ist. Ihre Ge stalt ist stolz, und ihr Gang ist so leicht. Ich meine, sie hätte rötliches Haar gehabt? Eine Feuerlilie Ach Gott " er lachte sich aus. „Rarr — alter Kerl. In dem einen Punkt kommst du wohl nie zur Bernunft." Leicht aufseufzend ging er hinüber in das Studierzimmer und setzte sich an seine Arbeit. Professor Kirchlein hatte recht gesehen — rötlimes Haar umgab das schmale, feine Ge sicht der fremden Fran. Das war ein lichtes Gespinst von weicher, schimmernder Seide und scknnicglc sich üppig und duftig in eine hohe, schön gewölbte Stirn. Daß aber dem Professor die Augen nicht ausgefallen waren'? Die waren doch so wunder sam. Zwar, als das freundliche Lächeln sie ver klärte, hatten sie wohl anders ausgesehen, nicht so düster, nicht so in verzehrendem Feuer bren nend >vie in einsamen nachdenklichen Stunden. Die Augen waren mandelförmig, von einer klaren grünlich-blauen Farbe, wie sie stillen, tiefen Alpenscen eigen ist. Schwarze Brauen überbrückten diese Seen in anmutigem Bogen. Die Rase war gerade und fein uxid hatte sehr beweglnbe Finget, der Mnnd, schmaltippig und ganz dnnkelrot, leuchtete wie eine Blutnelke aus dieser marinvrblelchen Haut. Die fremde Frau hieß Alix Merkel — und es tat ihr vorlänftg noch wehe, daß sie so hieß. Alix — — Merkel — — — sic wollten sich schlecht zusanimensügen, diese beiden Rainen, standen so unverbindlich, beinahe feindlich und drohend nebeneinander. Das hatte einst besser geklungen: Am Freiin von Planka. O ja! Vorüber — — vorüber — — — Frau Alix fast am vorgebanten Erkerfenster ihres öden Zimmers im vornehmsten Hotel der Stadt. Das war der „Weiße Schwan" in der I Iohannesstrasze leider nicht — — sondern der I stolze, stattliche „Landcsvater" am Markt. Frau Alix blickte auf den traulichen kleinen Platz hinaus, zwischen dessen runden Pflaster steinen Gras wuchs, auf dem mit fröhlichem Lär men Kinder spielten und Spatzen schreiend sich tummelten. Um den Ring des Marktes lust wandelten Leute, Schüler und junge Mädchen spielten Begegnen, der Beobachterin siel es ver gnüglich auf, wie alles, was mäunlich war, liuks herum — — das Weibliche rechts herum spazierte. Das Ganze war ein friedliches Kleinstadt bild — Fran Alix sah lächelnd allerlei einzelne Gemälde heraus Moritz vvu Schwind — oder einen behaglich-trauten Ludwig Richter. Es ist etwas Poetisches, solch ein kleiner Markt platz mit seinem altertümlichen, Vergangenheit träumenden Rathaus — der altniodisch-behübt- gen Bürgermeisterei daneben — und dem statt lichen Apvthekerhaus init dem goldenen König Salomo in einer Rische über der Tür. Mit seiner großen Kastanie dort über dem steinernen Gänscmännchen-Brunnen, die im Sommer den grauen Platz köstlich beleben mußte. Jetzt veränderte sich der Ausdruck im Gesicht der Frau Alix. Aus der Straße, die dort drüben auf deu Markt mündet, kam eine Gestalt ge gangen, ein großer, hagerer Mann, der den Kops ein wenig geneigt trug — der nach aller neuester, etwas übertriebener Mode gekleidet war und mit gemessenen Schritten, die Füße ein wenig einwärts gestellt, über den Platz hcr- ankam. Er zog oft den eleganten grauen Hut zu verbindlichem Gruß, wurde auch mehr als einmal angesprochcn, er war gut bekannt im Städtchen, Bankier Merkel, der reichste Mann. Alix Merkel nahm sich zusammen. Lebens klug sein, allen Dingen die beste Seite abgcwm- nen. Aus eigener Entschließung hatte sie diesem Manne da unten die Hand gereicht, trug sic nun seinen Rainen. Er grüßte jetzt ruhig und freundlich heraus, sie nickte ihm zu Danach trat er in da- Zimmer. „Ru, Alixchcn —" sagte er — „hast du dich gelangweilt'? Ich mich nicht, ich konnte nicht Donnerstag, LS. Juni 1914. ermächtigt, daß von einem Moratorium von fünf Jahren, währenddessen die Verpflichtungen aus der Boxerzeit nicht gefährdet werden sollten, gar keine Rede sei und daß die Regierung keine Schwierigkeiten habe, ihren Verpflichtungen nachzu» kommen. Heer ua- Zlotte. * Versetzungen in der Marine. Der Ches des ost- asiatischen Kreuzergefchwaders Vizeadmiral Graf Spee kehrt im Herbst in die Heimat zurück. Zu seinem Nachfolger ist Konteradmiral Gaedete. bisher zweiter Admiral des Ersten Geschwaders, er nannt worden. Zum Oberwerftdtrektor in Kiel wurde Konteradmiral Wurm dach ernannt. * Reue Militärluftschiffhallen. Im Reichs, land werden zwei neue Militärluftschiffhallen sür die Armee errichtet, deren Kosten in den neuen Reichs, haushalt 1915 eingestellt find. Deutsches Reich. * Zum liberalen Wahlabkommen. Am Mittwoch nachmittag fand in Dresden eine lange Sitzung statt, in der Vertreter der Nationalliberalen und der Fortschrittlichen Volksparter über dis Schwierigkeiten, denen das liberale Wahl abkommen noch begegnet, berieten. Ueber das Er gebnis sollen vorläufig im beiderseitigen Einver ständnis keine Mitteilungen gemacht werden. Jedoch kann man soviel sagen, daß sich die Möglichkeit zu einer Verständigung auch über die letzten Differenzen nunmehr angebahnt hat. * * Kein Ehrengeschenk — sondern gemeinnützige Stiftung. Das Münchener Eemeindekollegium ist dem Magistratsbeschluß auf Bewilligung von 18 200./^ als Ehrengeschenk zum 70. Geburtstag des Königs vorläufig nicht beigetreten. Auf Grund guter Informationen wird mitgeteilt, daß König Ludwig den Wunsch geäußert hat, statt des ihm von den bayerischen Städten zugedachten Ehrengeschenkes (Tafelaufsatz) eine gemeinnützige Stiftung des Landes für wohltätige, soziale und kulturelle Zwecke errichtet zu sehen. * Die Mehrzahl der süddeutschen Anwalts, kammern hat sich der Standesagitation zur Ab wehr der Uederfüllung des Anwaltsberufs angejchlossen. Der Hauptwunfch der an das Reichs justizamt und an die Landesjustizbehörden ab gehenden Eingaben ist die Einführung einer gesetz lichen Wartezeit. * Der konfessionslose Moralunterricht in Bayern. Die Beschlußfassung der bayerischen Regierung über Zulassung des konfessionslosen Moralunterrichts in Bayern ist, wie wir bestens erfahren, dahin erfolgt, daß der konfessionslose Moralunterricht nicht als Ersatz fürdenReligionsunterricht aner kannt werden kann. * Die sozialdemokratische Landespartei in Elsaß- Lothringen beschloß infolge des großen Wahlergeb nisses der Partei bet den letzten Landtagswahlen die Schaffung einer allgemeinen sozialdemokratischen Presse in den Reichslanden, besonders in Loth - ringen. Dem Landesparteitag, der am 4. Juli in Straßburg tagt, ist der Antrag auf Ausbau der Organisationen in den ländlichen Wahlkreisen zu gegangen. Ausland. Gesterreich-Ungarn. * Italienische Schulen in deutschem Sprachgebiet. Aus Wien wird gemeldet: Die Regierung geneh migte die Ercichtung von fünf italienischen Pnvutschulen im bisher reindeutschen Sprach- gebiet Tirols. Zronkreich * Der Besuch der russischen Marinemission. Wie aus Toulon gemeldet wird, sind die Seestreitkräfte am Mittwoch nach Korsika in See gegangen. An Bord befanden sich der frühere Botschafter Delcassö und der russische Vizeadmiral Russin. Grtechenlan-. * Die griechische Schadenersatzforderung. Aus Athen wird gedrahtet: „Embros" meldet: Bisher sind 9800 geflüchtete Griechen aus Kleinasien in Griechenland gelandet. Die Fluchtbewcgung ist eine Minute früher abkommen. Wenn man zwei Monate lang vom Geschäft abwesend war, da erfährt man allerlei Neues bei der Rückkunft —" „Aber hoffentlich nichts Unangenehmes'?" fragte Alix höflich. „Nu, meinst du etwa nur Angenehmes? Es läuft so allerlei mit unter, das schlimmste ist, daß mein alter Prokurist zum ersten Juli ausscheidel, der sich zur Ruhe setzen will. Wo bekommt man da gleich wieder einen Menschen, dem man vertrauen kann? Aber verzeihe, das ist nichts für eine schöne Fran. Erzähle mir, womit du dir den ersten Tag in der neuen Heimat ver trieben hast —" „Ich bin am Vormittag nach der Villa hinausgegangen. Deine Schilderungen waren nicht übertrieben, sie ist herrsch. Es ist alles in Ordnung und hoffentlich kommen nun, wie ver sprochen, morgen die neuen Möbel. Ich bin durch den Garten geschleudert, er muß im Som- mcr wundervoll sein, ich freue mich darauf. Was mir besonders gefällt, ist das lebhafte Flüßchen, das ihn in zwei Teile scheidet. Ich bin dann später an diesem Flüßchen entlang gegangen, durch freundliche Anlaacn, die das Städtchen umgeben. Da hatte ick) auch eine nette Be gegnung." Alix lächelte. Sie hatte gar nicht mehr dar an gedacht. In ihrer ruhevollen, kühlen Weise erzäyltc sie weiter: „Es war mittäglich still auf der kleinen Promenade — kein Mensch weil und breit zu sehen, die Vögel sangen prächtig. Und plötzlicy begann es — noch unsichtbar für mich — zu de klamieren, eine laute, klare Männerstimme. — voll triumphierender Frühliugsbegclsteruug: Vom Eise befreit sind Strom und Bäche Es war ein Vergnügen zuzuhörcn, es kam von Herzen und giny zu Herzen — an der Weg biegung bekam ich dann den frühlingsfrohen Menschen zu Gesicht, er jauchzte: aber die Emine duldet leiu Weißes — und schwang sciuen Hut. Da sah er mich und stand verlegen still, wurde rot wie ein Mädchen, grüßte sehr artig — cs war wirklich allerliebst. Ich denke mir, es muß ein.Professor gewesen sein." (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)