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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.06.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-06-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140622027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914062202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914062202
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-06
- Tag 1914-06-22
-
Monat
1914-06
-
Jahr
1914
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Sette 2. Nr. 312. Nvenü»Nusgsbe. Leipziger Tageblatt. razzo gebrachten Gefallenen der Aufständischen drei türkische Offiziere. Italienische Kriegsschiffe nach Duraz-o. Rom, 22. Juni. Das 2. Geschwader in Brin disi hat sämtliche Reservemannschaften ein berufen. Das Geschwader ist unter den Befehl des Admirals Cagni gestellt und laust Mittwoch nach Albanien aus. poliMetie Ueberliettt der König von Sachsen in Petersburg. Der König von Lachsen, die ihm attachierten Offi ziere, der Marineminister, der Kommandant der kaiserlichen Jacht „Polarstern" sowie der deutsche Militärattache unternahmen am Sonntag nachmittag eine Fahrt die Newa abwärts zum Meere, wo sie die Panzerschiffe „Lebastopol" und ,,Pe» t r o v w a l o w s k" besichtigten. Abends gingen die Teilnehmer an der Fahrt wieder an Land und be gaben sich in Hofautomobilen zum Winterpalais. Um 8 Uhr abends gab der deutsche Botschafter Graf Pourtalös zu Ehren des Königs ein Diner in der deutschen Botschaft. Das Botschafts gebäude prangte in reichem Blumenschmuck; ins- besondere die Tafel war mit prachtvollen Rosen ge- ziert. Der König sag in der Mitte der Tafel, zu seiner Rechten die Gräfin Pourtalf-s. An dem Diner nahmen auch die Vertreter der deutschen Ko lonie teil. Nach dem Diner in der Botschaft kehrte der König nach Zarskoje Sselo zurück. Der König von Lachsen hat dem Koporski- regiment 16 Geschenke für die Offiziere und 1t für die Soldaten verliehen. Außerdem schenkte der König dem Regiment sein Bild mit Widmung in russischer und deutscher Sprache. Ferner verlieh der König dem Minister oes kaiserlichen Hauses Baron Fredericks z den Orden der Rautenkrone, dem Minister des Aeustercn Ssasonow und dem Kriegs- Minister Suchomlinow Pozellangeschenke, dem Ministerpräsidenten Garem ykin und dem deut schen Botschafter Grafen Pourtal«s das Groß kreuz des Albrechtsordens mit goldenem Stern und silberner Krone und dem Oberhofmarschall Grafen Penckendorff das Großlrenz des Albrechisordens mit dem goldenen Stern. Die -rutsche Abteilung -er Lponer Stä-teausfteUung wurde am Sonntag durch das Präsidium des Komi tees der deutschen Aussteller, Geheimrat Lucas- Berlin, Geheimrat Professor Dr. His-Berlin und Oberbaurat von Kramer-Nürnberg, mit einem Bankett eröffnet, an dem etwa 120 Vertreter der deutschen Wissenschaft und Industrie sowie Vertreter der französischen Behörden tcilnahmen. Anwesend waren u. a. der Militärgouverneur und der Präfekt von Lyon, mehrere französische Generale, ein Ver treter des französischen Handelsministeriums, der deutsche Konsul Löwengard und die übrigen Konsuln von Lyon sowie zahlreiche Vertreter der deutschen und französischen Presse. Ansprachen hielten Ge- Heimrat Lucas-Berlin, der Bürgermeister von Lyon, Herriot, und der Generalkommissar der Ausstellung Professor Dr. Courmont. Namens der beteiligten Städte Deutschlands sprach Stadtrak Koppen- Dresden. Nach der offiziellen Eröffnung durch Geheimrat Lucas erfolgte ein Rundgang durch die deutsche Aus stellung. Das Einkommen -er Privatangestellten. Alle bisher veranstalteten Erhebungen über die wirtschaftliche Lage der Privalangestellten erfaßten nur einen kleinen Teil der in Frage kommenden Personen. To hat das Reichsamt des Innern 1903 eine Statistik über 155 000 Personen anfgemachi, der Techniterverband eine über 12 000, der Dentschnanonale Handlungs- gehilsenverband im Jahre 1908 eine über 39 000 Personen nnd der Bnnd technisch-indu strieller Beamten har in Berlin, Kiel und Jena die Verhältnisse seiner Mitglieder näher er forscht. Diese Arbeiten haben gezeigt, daß das Durchschnittseinkommen der männlichen Ange stellten im Deutschen Reiche sich um die Summe vou rnud 2000 Mark bewegt, daß cs bei den Technikern etwas mehr und bei den Handlungs gehilfen etwas weniger beträgt. Ferner haben diese Erhebungen dargetan, daß das Einkommen der Angestellten bis in die erste Hälfte der vierziger Jahre hinein steigt und dann wieder langsam sinkt. Nun bringt in diesen Tagen die Ne t ch s - A n ge ste tlte n - B er s i ch e r u n g, aus deren Karten ja genau hervorgeht, wie alt jeder einzelne Angestellte ist, was er verdient, wo er wohnt usiv., zum erstenmal genaue lieber- sichten über die Verhältnisse aller 1500 000 Angestellten. Danach beträgt deren Durchs schnittSgehalt 1941 Mark. Die Regie- rungsrrhebung vom Jahre 1903 hatte noch 2055 Mark angegeben. Das Dnrchschnittsgehalt der Berliner Techniker betrug 1907: 2228 Mark und 1910 für Bantcchniker 2181 Mark und 2434 Mark für Indnstrietcchnikcr. Das Durchschnitts- aehalt der Handlungsgehilfen wurde 1908 vom Deutschnativnalen HandlungSgehilfen-Verband einschließlich der Nebenbeznge auf 1711 Mark und ohne diese auf 1563 Marl berechnet. Ain niedrigsten sind sowohl nach den jetzigen Feststellungen der Reichs-Versicherungs anstalt als auch nach den 1908er Erhebungen des D. H. V. die Angestelltengehälter in den Oberpostdircktionsbczirken Gumbinnen, Köslin, Bromberg, Posen. Schwerin und Königsberg, das heißt also m N o r d - O st - D e n t s ch l an d. Die weiblichen Angestellten werden beim Studium der neuen Statistik wohl eine wahre Angst um ihre alten Tage bekommen. Verdienen sie doch in ihren jungen Fahren V» vom Gehalt ihrer männlichen Kollegen und, nachdem sie die Fünfzig überschritten haben, kaum noch die Hälfte davon. Aber auch die männlichen Handlungsgehilfen werden nickt gerade mit Sorglosigkeit in die Zukunft schauen, »venu sic ihre durch ihre eigene Organisation aufgestellte Statistik mit derjenigen der Angcstcllten-Ver- sicherung vergleichen. Ta zeigt sich, daß von den Handlungsgehilfen nur 24^ Prozent Gehalt von mehr als -000 Mark erreichen, von allen An gestellten zusammen dagegen 40 Prozent. Leider hat die Angestelltenversicherung ihre Feststellungen nicht auch noch nach Berufen gegliedert. Das ist deshalb bedauer lich, weil einerseits nun die einzelnen Berufe nicht erfahren, wo sie im. besonderen der Schuh drückt, andererseits aber auch, weil jetzt trotz der aufgcwcndeleu Arbeit kein Mensch ersehen kann, welcher Beruf denn nun am ineisten A ussichte n für das Vorwärtskoin m c n bietet. Manche Eitern würden gerade darüber gern Klarheit haben. Sie lassen ihren Sohn ja nicht „Angestellter" iverden. Das gibt es nicht, son dern: Techniker, Handlungsgehilfe, Schauspieler nnd dergl. Darüber, ob inan diese Gliederung nicht doch vornehmen sollte, soll man übrigens im Direktorium der Augestcllten-Versicheruug ver schiedener Meinung geivesen sein. Deshalb steht zu hoffen, daß das diesmal Versäumte noch nachgeholt werden wird. Vie griechisth-türkisthe Entspannung. Bald wird man unparteiische Urteile über den Stand der Dinge in Kleinasien erhalten, da die Internationale Untersuchungskommission mit unge wohnter Schnelligkeit sich zusammengesetzt und an die Stätten der Gricchenvcrfolgungen begeben hat. Schon am Sonntag nachmittag sind der zweite Dra- goman derdeutschen Botschaft, der erste Dragoman der französischen Botschaft, die zweiten Dra- gomane der russischen und italienischen und die dritten Dragomane der englischen und österreichischen Botschaft nach Smyrna ab gereist, wo sie mit Talaat Bei zwecks Unter- suchung der Lage der Griechen Zusammen treffen werden. Trotzdem ist man in Griechenland noch nicht völlig sicher, daß Sie jetzt eingetretene Entspannung dauern wird. Täglich laufen in Athen über das Fort schreiten der Arbeit an den beiden auf englischen Werften für türkische Rechnung im Bau befindlichen beiden Dreadnoughts Nachrichten ein. Die türkischen Marinebchörden sind eifrig bemüht, eine Beschleunigung des Baues ihrer Schiffe herbei- zuführcn. Der erste türkische Dreadnought soll be- reits Anfang Juli fertigcstellt sein. Man stellt diese Nachrichten mit denen über die momentanen entgegenkommenden Schritte der Türkei in Ver gleich. Daß es nicht im Interesse der Türket lag, In der jetzigen Krise Griechenland die Stirn zu bieten, lag auf der Hand. Anders, so meint man, werden di« Verhältnisse sich wahrscheinlich gestalten, sobald die Türkei sich zur See sicher fühle. Man nimmt an, r«aß das, was die Türket bis jetzt Entgegen, kommendes unternahm, geschehen sei, um Zeit zu ge winnen. Im Gegegensatz zu Ghalip Beis Friedens versicherungen stehen Nachrichten über neue Ver folgung en in Kleinasien. Koloniales. Gesellschaftsreise nach Deutsch-Ostastika Die Deutsche Kolonialgese lischest veranstaltet auf Anregung und unter Mitwirkung des Heimausschusscs der Zweiten Allgemeinen Deutich- Ojtafrikanischen Landesausstellung in Daressalam eine für die Teilnehmer kostenfreie Gesell- schastsreise nach Dentsch-Ostasrika zur Besichti gung der Ausstellung in Daressalam und des Schutz gebietes. Nach den getroffenen Bestimmungen sollen zu dieser Reise diejenigen Kreise herangezogen werden, denen es sonst kaum vergönnt ist, eine Kolonie kennen zu lernen. In erster Linie wird an die Kreise der Arbeiter, Handwerker, kleinen Ge werbetreibenden, Lehrer usw. gedacht. Die sehr ge ringe Anzahl der zu entsendenden Personen soll über alle Gaue des Deutschen Reiches verteilt werden; es sind zunächst dreißig Personen in Aussicht genommen. Die Auswahl sott erfolgen ohne Rücksicht auf die Parteizugehörigkeit; sie wird vorgenommen durch die Abteilungen der Deutschen Kolonialgesellschaft. Das Risiko, das mit einer jeden solchen Reise ver knüpft ist, hat der Teilnehmer natürlich allein zu tragen. Jeder Teilnehmer muß sich auch verpflich ten, nach Beendigung der Reise eine kurze Aufzeich nung ferner Rciseeindrücke der Deutschen Kolonial gescllscyaft zu übersenden sowie nach seinen Fähig keiten im Interesse unserer kolonialen Sache zu wirken. Die Ausreise soll auf dem Dampfer „General" ab Hamburg am 14. Juli d. I. in der zweiten Klasse erfolgen. Der Aufenthalt in der Kolonie dauert vom 17. August bis 2. September; die Rückreise kann nach Wahl der Reisenden entweder auf dem „General" direkt oder dem „Adolph Woermann" um das Kap herum erfolgen. In ersterem Falle trifft der Dampfer in Hamburg am 4. Oktober, in letzterem Falle am 22. Oktober ein. Während des rund vierzehn tägigen Aufenthaltes in Ostafrita wird den Reisen den Gelegenheit gegeben, verschiedene Teile der Ko lonie zu besichtigen. Seitens der Leitung wird in erster Linie die Fahrkarte zweiter Klasse für die Hin- und Rückfahrt auf dem Dampfer sowie freie Reise und freier Aufenthalt in der Kolonie gewährt. Da mit aber der Kostenpunkt niemanden, der sonst ge eignet erscheint, verhindert, an der Reise teilzuneh men, wird auf besonderen Antrag auch noch die freie Fahrt dritter Klasse nach Hamburg und zurück be willigt, ferner eine kleine Ausrüstung, bestehend aus zwei weißen Anzügen, einem Khakianzua einem Tro penhelm, sechs TropenHcmden, einem Fiorekoffer. An meldungen sind schnellstens zu richten an die Deutsche Kolonialgesellschaft, Berlin IV. 35, Afrikahaus, oder an die betr. Abteilung der Deutschen Kolonialgescll- sihast. Deutsches Reich. * Strafrechtskommijsion und Veröffentlichung des Strafrechtsentwurfs. Die „Kleine Straf- r e ch s ko m m iff io n", die unter dem Vor sitz des Reichsgerichtsrats Dr. Ebermayer seit dem Herbst vorigen Jahres am Einfüh- rilngsgesetz für den KorrMissionsentwurf zum neuen Strafrecht arbeitet, wird voraussichtlich Anfang Herbst d. I. ihre Tätigkeit beenden kön nen. Der bedeutende Umfang ihrer Arbeiten geht daraus hervor, daß sie die Aufgabe hat, die gesamte Reichsgesetzgebung und Landesgesetzgcbung, soweit sie von dem neuen Strafrecht berührt wird, mit den ent- spceckd'ndcn Bestimmungen des von der Strafrechts- kommission ausgestellten Entwurfs in Einklang zu bringen. An RcicNsgesetzen allein sind über 100 vor handen, die deshalb einer Prüfung unterzogen wer den mimen. Das neue Einführungsgesetz wird vor aussichtlich auch einen bedeutenderen Umfang auf weisen als das jetzt gültige Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch, da seinerzeit die Reichsgefctzgebung bedeutend weniger Gesetze aufwies als jetzt. Ferner Rlamag, 22. Juni 1914. ist man an die Ausarbeitung einer Begründung zu dem fertiaaestellten Kommissionsentwurf heran gegangen. Voraussichtlich wird sich die Fertigstellung der Begründung Ende d. I. ermöglichen lassen. * Di« Ssztutdemokratie und dn» Kaileehock. 2fi einer Versammlung der sozialdemokratischen Partei Baden» äußerte sich der Retchstagsabaeordnete Dr. Frank- Mannheim in bemerkenswerter Weise zu der Kaiserbock-Affäre. Dr. Frank mißbilligte die Haltung der fozraldemokratischen Reichstagsfraktion und bekundete, daß er zu den 47 gehörte, die gegen das Sitzenbleiben beim Kaiserhoch gestimmt hätten. Die Mehrheit der Versammlung nahm eine Resolution an, welche die frühere Taktik billigt. * Zusammenschluß der Zeitungenerleger von Elsaß-Lothringen. Am Sonntag gründeten etwa 25 Verleger Elsaß-Lothringer Zeitunaen «inen Kreis verein der Zettunasverleger Elsaß-Lothringen», der dem Verein deutscher Zeitungsverleger angeschlossen wurde. - Gegen mehrere nationalistische Bürgermeister der Reichslande ist wegen ihres Verhaltens bei den letzten Wahlen das Verfahren auf Enthebung von ihrem Amte eingeleitet worden. * Thüringer Städ^etag. In Anwesenheit von 135 Vertretern aus 08 Städten fand in Koburg unter Vorsitz des Oberbürgermeisters Geh. Regierungsrats Schüler-Meiningen oie Jahresversammlung des Thüringer Städtetages statt. Nach Erledigung der reichen Leratunasarbeit, in der u. a. die Einführung einer Prüfung für die Gemeindebeamten beschlossen wurde, wurde als Ort für die nächstjährige Tagung Jena und für 1916 Gera in Aussicht genommen. * Zum Streik in der Solinger Waffenindustrie. Wie der Vertreter der Telegraphen-Union erfährt, ist fast jede Aussicht geschwunden, daß die in der letzten Wocke wieder arugenommenen Einigungsverhand- lungen zur Beilegung bes bereits 17 Wochen währenden Streikes in der Waffenindustrie zum Ziele führen werden. Die von den Streikenden for mulierten Forderungen sind derart, daß die Indu striellen erwägen wollen, die Verhandlungen ohne weiteres abzubrechen. Die Waffenindustrie wirb weiter großen Schaden erleiden, da umfangreiche Aufträge für die Heeresverwaltung nicht ausgeführt werden können. Ausland. Gesterreich-Ungarn. * Die deutsch-tschechischen Ausgleichsoerhand lungen. Die deutsch-böhmischen Reichsratsabgeord- neten traten am Sonntag in Prag zu einer Ver sammlung zusammen, um über die Fortsetzung der Ausgleichsverhandlungen zu beraten. Die tschechische Partei hat den Grafen Nostiz verständigt, sie würde an der Hauptkonferenz teil- nehmen. Die Versammlung ermächtigt ihre Ver treter, an der heutigen Konferenz, die am heutigen Montag um vier Uhr nachmittags stattfindet, teil- zunehmen, aber nur zu dem Zweck, um neueVor» schlüge der Tschechen entgegenzunehmen. Zroukreich. * Die Wahl Magnqs zum Senator. Aus Paris wird gemeldet: Die Wahl des ehemaligen Direktors der Seine-Präfektur, Magny, zum Senator wird in gemäßigten und konservativen Kreisen als ein großer Erfolg der Anhänger des Dreijahres- gesetzes hingestellt, insbesondere im Hinblick auf die geringe Stimmenzahl, welche sein Gegenkandidat Brousse, einer der entschiedensten Verteidiger der zweijährigen Dienstzeit, erhalten hat. Auch als Kundgebung gegen den Seinepräfekten Delanney wird diese Wahl aufgefaßt, da Magny kürzlich infolge eines Zwistes mit diesem sein Amt nieder legte. Die Wähler Magnys nahmen die Ver kündigung seiner Wahl mit dem Rufe auf: „Demission Delanneys!" * Ein französisches Geschwader von Wasserflug zeugen. Marineminister Gauthier hat beschlossen, ein Geschwader von Wasserflugzeugen zu errichten, welches gleich den Torpedobooten und Unterseebooten einen integrierenden Be standteil der Kriegsflotte bilden soll. * Die verlustreichen Kämpfe in Marokko. Auf dem Rückmarsch von Tasa in das Lager bei Beni Migara wurde die Kolonne Baumgarten am linken Ufer des Jnauen heftig angegriffen. 8vdllbvrroubLU8^i2^!"Ä Spezialität: 8eIriil8»t«LeI. — k'crurpr. 11189. 1<c-, Vas vlück -er an-eren. 45j Roman von Fritz Stüber-Gunther. lOop^ri8>it 1014 dx Orotklela L 0c>. t». n>. k. U. I-vipriks» Zuerst glaubte der hohe Beamte nicht recht verstanden zu lprben, als er hörte, daß Herr Revisor Anton Goltsmann wünsche, sein Ge such nm vorzeitige Versetzung in den dauern den Ruhestand, dessen schleunigste Erledigung er so sehr betrieben hatte und das nun tat- jächlich fast erledigt war, zurückzunehmen und weiterhin im aktiven Dienst bkeiben zu dürfen. Dann aber wurde er dermaßen ärgerlich und aufgebracht, wie noch selten vorher in seiner Laufbahn, und nickt viel fehlte, so hätten ihn gute Erziehung, gewohnheitsmäßige Selbstbe herrschung gänzlich verlassen. Schließlich fragte er den Revisor kühl nnd gemessen um die Gründe seiner unerwarteten Sinnesänderung. Der Herr Revisor begann also, die Gründe darzulcgen. Und siehe da, je weiter er mit leiser, aber fester Stimme sprach, desto glatter wurde des Vorgesetzten nmwölkte Stirn, desto milder und teilnehmender sein finsterer Blick. Und als der andere zu Ende war, nickte und seufzte uud sprach er: „Na ja — wenn die Dinge so stehen . . . Es ist halt ein kreuz auf der Welt. . . keinen Tag weiß der Mensch, was ihm der nächste brin gen wird . . ." Nach emiaem Hin und Her versprach er, er werde versuchen, die neuerliche Bitte des Herrn Revisors zu erfüllen. Und damit war sie, da die wirkliche Entscheidung in seinen Händen lag, da Exzellenz sich über solche Kleinigkeiten nicht den Kopf zu zerbrechen pflegte, eigentlich schon erfüllt. Und als Gottsmann mit innigen Tankcs- wortcn und einem tiefen Bückling sich entfernen wollte, da reichte der hok)e Beamte dem um so viel uiedrigeren Beamten die Hand — nicht nur flüchtig und obenhin, wie es herablassende Höflichkeit gebietet, nein, mit einem starken und warmen Drucke; und sagte dazu: „Meine Hoch achtung!" — in einem Tone, der dieser abge- schliffenen konventionellen Redensart ihren gan zen kostbaren ursprünglichen Sinn wicderaab... Als sich die fast unglaubliche Kunde, Revisor Auron Gottsmann habe abermals seinen Wilken beim hohen Ministerium durchgesetzt, im Hause „Zum scharfen Eck" verbreitete, da sagte Kal kulator Kracher: „Nur durch Protektion ist das zu erklären. Wenn er nicht einen heimlichen einflußreichen Gönner hält', der Gottsmann, dann hätte er sich so was gar nicht getraut." „Warum er sie aber eigentlich ausgcsührk hat, die ganze Komödie?" sinnierte Kalkulator Stätter. „dloseio!" erwiderte Kracher achselzuckend. Aber er zeigte sich nicht im mindesten über rascht, als etliche Tage später dec Amtsdicner Pfingstl jedem der beiden Kalkulatoren vertrau lich ins Ohr flüsterte, soeben habe der Herr Amtsvorstand tie amtliche Verständigung er halten, daß das Monatsgehalt des Revisors An ton Goltsmann von nun an belastet — zu gunsten eines Kreditinstituts, von dem jener ein größeres Darlehen genommen, nm einen er klecklichen Bruchteil gekürzt sei. „Hab' ich Ihnen nicht gesagt," sprach da Kracher zu seinem Kollegen Stätter, „daß der Gottsmann auf der Börse spekuliert? Na, dazu war er aber halt doch nicht schlau genug, der alte Fuchs, uud jetzt hat ihn das Schicksal ereilt." Und als Stätter noch ein wenig zweifelte: „Meinen Sie wirklich?" erklärte jener kalt und bedeutungsvoll: „Ormsrl kirrita e-N?" Worauf sich natürlich Stätter zufrieden oder geschlagen geben mußte. Und was sagte Hans Rock'? Hinter dem Rücken des Revisors sagte er gar nichts. Dem Revisor ins Gcsickt aber sagte er: „Ich weiß nicht, was Sie zu diesem über raschenden Schritte bewogen l>at, und frage Sie nicht darum. Aber wie schwer er Ihnen auch gefallen sein mag, ich kann Sic nicht bedauern, kann nicht schmerzlich mit Ihnen fühlen. Denn ich bin ein schwacher, vom Schicksal zermürbter, keiner edlen, uneigennützigen Gesinnung mehr fähiger Mensch, und als solcher freue — ja, ja, freue ich mich, daß Sie bei uns in unserem „Scharfen Eck"-Hause, daß Sie bei mir bleiben müssen. Ich habe gezittert vor der Stunde, da Sie als freier Mann zum Lore hinausziehen und mich Unseligen einsam zurücklassen würden. Und ob es auch kleinlich und häßlich und un dankbar von mir ist — ich segne den Tag, der mich von dieser Furcht befreit hat!" Als der Revisor Anton Gottsmann eines Tages aus dem Amte hcimkam, sah er vor dem Sticgenaufgange, der zu seiner Wohnung führte, eine hohe, schlanke Gestalt in dunklem, uniform artigem Mantel auf- und abschreiten, den Kaiser lichen Schatztammerdiencr Hermann Spitzacker. Eben wieder kehrt machend, bemerkte ihn dieser nnd kam schnell auf ihn zu: „Ich muß dir was sagen . . . was zeigen. Hast du eine Viertelstunde übrig für mich'?" „Gewiß, auch mehr, komm' nur mit!" ant wortete Gottsmann. Kaum das; sie in die Wohnung eingctreten waren, stellte sich Hermann Spitzacker dem Re visor gerade gegenüber, knöpfte den Mantel auf, schlug ihn auseinander und wies auf seine linke Brust: „Sich her da! Was meinst du dazu?" Ein fnntclueucs goldenes Kreuzchen mit dem Namenszuge des Monarchen blinkte dem er staunten Gottsmann entgegen. „Das hat du erhalten?" rief er ehrlich er- freut. „Nun, da beglückwünsche ich dich von Herzen!" Der andere aber schüttelte düster den Kopf: „Laß das sein. Wer weiß, ob zum Glück- Wunsch Anlaß ist!" „Ob zum —'? Wie soll ich das verstel-en? Bereitet dir denn das Vcrdienstzeichcn keine Ge nugtuung?" „Freilich, ein lvcnig schon. Aber cS bereitet mir auch Schmerz. Denn cs bereitet mich aus etwas Arges, sehr Arges vor. Merk' auf: cs ist ein Pflaster, das Kreuz da, ein Pflaster auf eine schwere Wunde, die mir erst geschlcigen wer den soll. Ich bin ihnen längst ein Dorn im Auge, den verantwortlichen Herren, mit meiner Spürnase und meiner Wachsamkeit. Da wollen sic mich halt draußen haben. In einem Viertel jahr schon, merk auf, bin ich abgesägt» pen sioniert." Anton Gottsmann suchte den Verbitterten zu trösten: „Vielleicht täuschest du dich, vielleicht siehst du nur zu schwarz!" „O nein, nein. Man hat mir bereits nicht mißzuverstehende Andeutungen gemacht." „Und wenn auch wirklich," begütigte Gotts mann von neuem, „du bist ja nicht mehr jung, hast dich genug gemüht nnd gesorgt nnd dir den Ruhestand ehrlich verdient." Hermann Spitzacker fuhr auf: „Nein, ich bin nicht ruhebedürftig! Arbeit will ich, nicht Ruhe! Gerade, wo ich daran bin, ein umfangreiches Projekt auozuarbeitcn, das jeden Einbruch, jeden Raub, jeden Diebstahl un möglich macht —" „Gerade dazu brauchst du Muße!" fiel Gottsmann rasch nnd geistesgegenwärtig ein. „Im Dienste findest du die doch nimmermehr. Sei froh, daß du Gelegenheit liaben wirst, dich ganz und gar deinem großen Plane zu widmen!" Einen Moment stutzte Spitzacker. Dann aber klagte er neuerlich: „Umsonst. Theorie statt Praxis! Tas geht nicht, das befriedigt mich nicht ... So viel Wachsamkeit ist nötig um und um — und ich, der geborene Wächter, soll die Augen schließen und die Hände in den Schoß legen!" Anton Gottsmann durchmaß unruhig, sein Gehirn zermarternd, das Zimmer. Plötzlich schoß ihm ein Gedanke durch den Kopf, aber er dünkte ihn so plump nnd kindisch naiv, daß er ihn gleich wieder verwarf. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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