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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.07.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140704015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914070401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914070401
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-07
- Tag 1914-07-04
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Monat
1914-07
-
Jahr
1914
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WWWWlWM Kunst UNlt U)issensetiaft WZLMSS Karl Wörmann. Zn seinem 70, Geburtstage, 4. Juli. Wie eine Reihe unserer originellsten und be- oeutendsten Kunsthistoriker, so ist auch Karl Wör mann nicht von Hause aus Kunstforscher gewesen. Der bekannten Hamburger Neederfamilie ent stammend. hat er schon in frühen Jahren eine große Reise nach Indien unternommen, die später seiner ungewöhnlichen Fähigkeit der universalgeschicht lichen Erfassung der Kunstentwicklung zugute ge kommen ist. Dann aber hat er, ebenso wie Wilhelm o. Bode, sich dem Rechtsstudium gewidmet, wobei denn freilich sehr frühzeitig seine Kunstinteressen ihre Ansprüche geltend machten. Er hörte kunst geschichtliche und archäologische Vorlesungen und ent- jchloß sich dann, nachdem er eine kurze Zeit als Ad vokat tätig gewesen war, ganz zur Kunstforschung überzugehen. Lange, ausgedehnte Reisen innerhalb und außerhalb Europas haben die Grundlage zu der außerordentlichen Kenntnis der Kunstwerke aller Zeiten und aller Länder gelegt, durch die Wörmann sich seither ausgezeichnet hat. Nachdem er einige Jahre an der Kunstakademie zu Düsseldorf Kunst geschichte gelehrt hatte, übernahm er im Jahre 1882 das Amt, mit dem sein Name immer auf das ehren vollste verbunden bleiben wird: die Leitung der Dresdner Gemäldegalerie. Ihm verdankt diese weltberühmte Sammlung eine gründliche Neuorgani sation, einen wissenschaftlichen Katalog von hohem Werte und den planmäßigen Ausbau der Sammlung moderner Malerei. Wörmann gehört nicht zu jenen Ealerieleitern, die sich, wenn nicht ausschließlich, jo doch ganz vornehmlich als Männer der Ver waltungspraxis, der Museumskunde, wie man heute wohl sagt, betrachten. Auch als Galerieleiter hat er seine wissenschaftlichen Studien und Forschungen unermüdlich fortgesetzt. Sie umfassen ein Gebiet von seltener Ausdehnung. Seine Arbeiten über die Landschaftsmalerei der Griechen sind bahnbrechend gewesen. Als Mitarbeiter der großen wissenschaft lichen Geschichte der Malerei, die er zusammen mit Woltmann veröffentlicht hat, hat er Gelegenheit gehabt, seine Studien auf den ganzen Bereich der Geschichte der Malerei auszudehnen. Wie er selbst durch den Titel, den er der Sammlung seiner Auf sätze gegeben hat, andeutet, umspannen seine Ar beiten das Gebiet von „Apelles zu Böcklin" und noch darüber hinaus. In dem Monumentalwerke seiner Allgemeinen Geschichte der Kunst haben seine Stu dien einen bedeutenden und auch für das größere Publikum überaus wertvollen Niederschlag gefunden; wie wir hören, ist Wörmann gegenwärtig damit be schäftigt, eine wesentlich erweiterte Neuausgaüc seiner Kunstgeschichte vorzubereiten. Auch in die Kunstprobleme der unmittelbaren Gegenwart hat Wörmann eingegriffen; seine Schrift „Was uns die Kunstgeschichte lehrt", hat bei ihrem Erscheinen im Jahre 1894 viel Beachtung gefunden, denn es war damals noch etwas Ungewöhnliches, daß ein Kunst historiker von Rang und Ruf ein so feines Verständ nis und warmes Empfinden für das künstlerische Ringen der Gegenwart betätigte. Wörmann ist eine der hervorragendsten Gestalten der Periode unserer deutschen Kunstwissenschaft, in der diese noch einen durchaus universalen Charakter zu behaupten ver mochte — heute droht bekanntlich gerade auf diesem Gebiete ein bedenkliches Spezialistentum zu über wuchern. 24.Delegiertentasöes Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereiae. Zur Werkbund-Ausstellung hatte der Verband Deutscher Kunstgewerbevcreine seinen 24.Delegierten tag nach Köln einberusen, der am 1. und 2. Juli im Kongreßsaal der Farbenschau unter reger Beteili gung stattfand. Der Vorsitzende des Verbandes, Geh. Regierungsrat Dr.-Jng. M u t h e s i u s - Berlin, be grüßte die Delegierten, vor allem die Vertreter der Behörden, unter ihnen Geh. Oberrcgicrungsrat Dr. Hoffmann als Abgesandten des preußischen Handels ministers. Geh. Oberregierungsrat Dr. Hosfmann stattete dem Verband den Dank der staatlichen Be ¬ hörden ab für die Ergänzung der staatlichen Tätig keit auf den Gebieten des Kunstgewerbes, die die dem Verband angehörigen Vereine leisten. Beigeordneter Karl Rehorst entbot der Tagung den Willkomm gruß der Stadt Köln. Man trat alsdann in die Ver handlungen ein; aus dem Jahresbericht ist mitzu teilen, daß der Verband heute 43 Vereine mit 16 038 Mitgliedern zählt. Der Kassenbericht schließt mit 117 Bestand bei 2053 Ausgaben und 2170 Einnahmen ab. Es folgten dann Berichte der Ver bandsausschüsse über Gebührenordnung, Wett bewerbsordnung, Schiedsgerichte, Privatschulen und weibliche Lehrlinge. Betreffs der Prioatschulen wur den eine Reihe von Leitsätzen angenommen, die u. a. eine ständige Ueberwachung dieser Schulen durch die staatlichen Aufsichtsorgane fordern. Die Einrichtung solä-er privaten Schulen sei ausnahmslos von der Erteilung der behördlichen Genehmigung abhängig zu machen. Vor der irreführenden Reklame von pri vaten Schulen mit unzureichenden Leistun gen soll gewarnt werden. Eine Flugschrift soll die sen Akt der Selbsthilfe unterstützen. Ein Antrag des Verbandsvorsitzendcn auf Beitritt zum Werkbund wurde angenommen, während man einen Antrag des Kunstgewerbevereins Straßburg auf Errichtung einer Zentralstelle zur Förderung der Volkskunst bestrebungen zur Weiterberatung dem Verbandsaus schuß überwies. Praktische Beispiele aus dem Rechtsleben des Kunstgewerbes führte ein Vortrag des Berliner Privatdozentcn Dr. Lehnert an, der darin gipfelte, daß an sich Eebrauchsmustergesetz und Kunstschutzgesetz den Anforderungen entsprechen, die das Kunstgewerbe an den gesetzlichen Schutz des geistigen Eigentums stellen muß. Der Kampf des Kunstgeweibes gegen die Fälschungen verspricht wenig Erfolg, wenn die als falsch anerkannten Stücke nach wie vor im Verkehr bleiben. Syndikus Dr. Marquardt-Stuttgart befaßte sich ebenfalls mit der Frage: „Wie läßt sich der wachsenden Zunahme von Fälschungen begegnen?" Neben der Aufklä rungsarbeit der Presse und der Museen empfahl er, der Berbandsausschuß möge sich mit dem Reichstag in Verbindung setzen, zur besseren Ausgestaltung des Patent- und Warenzeichen-Gesetzes. In der sich an schließenden regen Diskussion trat besonders Pro fessor Hofsacker-Karlsruhe für bessere Erziehung des kaufenden Publikums zum guten Geschmack ein. Auf Anregung von Geheimrat Muthesius soll eine Broschüre über die Frage der Fälschungen namentlich von Wohnungseinrichtungen ausgearbeitet werden. Nach einem Referat von Prof. Groß-Dresden übe» „Honorierung künstlerischer Veröffentlichungen" wurde der Berbandsausschuß beauftragt, die Frage zu klären, inwieweit die Verpflichtung der Künstler, für Veröffentlichungen stets Honorar zu fordern, die kunstgewerbliche Praxis beeinslusscn wird. Als Tagungsort für den Delegiertentag 1915 wurde Karlsruhe gewählt; von dort aus soll ein Aus flug in das Reichsland, besonders nach Straßburg gemacht werden." I'. L. Leipzig, 4. Juli. Altes Theater. Die gewaltige Hitze schien den in Worms cingczogenen Waffenschmied nicht im geringsten an der Entfaltung seines Humors zu be einträchtigen. Jean Müller gab zum ersten Male diese prächtige Gestalt und wugre jein Spiel aus den echten volkstümlichen Ton einzustellen. Geradheit und ein wenig Grobheit vereinigten sich mit Herzensgute, und fehlt es dem Stavingcr auch hier und da viel leicht an Schläue, so ist er doch alles andere als ein Dummkopf, so oft er auch hinters Licht geführt werden mag. Der Künstler gab siw wieder außerordentlich natürlich und einfach, und sein schöner Baß kam der Gesamtleistung sehr zustatten. Andere Herren, andere Diener, und so gesellte sich gestern -um neuen Meister denn auch ein neuer Gesell. E. Alberts Knappe und Gesell in einer Person war ein verschmitzter, ungemein lebhafter Bursche, dessen Mienen- und Augenspiel allein schon Komödie zu spielen schienen. Trockenheit war ihm fremd, und aus jeglicher Situation gewann er sich einige feine und interessante Spielnuancen. Besonders ergötzlich fiel die Szene aus, da er sich gegen des Meisters Heiratspläne wehren muß. Die nicht sonderlich große, aber ausreichende Stimme hat sehr sym pathische Töne, wäre aber wohl in der Höhe etwas vorsichtig zu behandeln. Im Rahmen der flott ver laufenden Vorstellung fanden die beiden neuen Mit glieder des Ensembles einen sehr freundlichen Will kommen. L. K. * llniverfttätsnLchkichten. Prof. Dr Paul Korbe, etatmäßigem ao. Professor und Mitotrektor de» mathematischen Seminars und Instituts, ist in der gestrigen Leibniz-Sitzung der Kal. Preuß. Akademie der Wissenschaften der akademische Preis in Höhe von 5000./« für seine funktionen-tyeoretischen Arbeiten als Ehrengabe zuerkannt worden. — Die kürzlich verbreitete Nachricht, daß Professor Koebe den an ihn ergangenen Ruf als Ordinarius nach Jena be- reits angenommen habe, muß als verfrüht bezeichnet werden. - Au» den Städtischen Theatern. Die für Sonn tag im Neuen Theater angesetzte Aufführung von „Tristan und Isolde" kann wegen Erkrankung der Frau Nllsche-Endorf und des Herrn Klinghammer und bei der Schwierigkeit, entsprechenden Ersatz zu schaffen, nicht stattfinden. Es geht dafür „Der fliegende Holländer" in Szene mit Kammersänger Perron als Gast. Der Beginn ist sieben Uhr. — In der Vorstellung „Wie einst im Mai" am Sonntag im Alten Theater wird Eugen Zadeck erstmalig die Rolle des Stanislaus von Methusalem spielen. * Ein Jubiläum im Neuen Stadttheater. Kammer sänger Carl Perron, der am Dienstag, den 7. Juli den Wolfram im „Tannhäuser" singt, betrat am gleichen Tage 1884, also vor dreißig Jahren, in Leipzig in der gleichen Rolle überhaupt zum ersten Male die Bühne. * Die Leipziger Singakademie lgegr. 1802) wird, ihrer Gepflogenheit entsprechend, auch in der kom menden Konzertzeit wieder ein älteres und ein neues Werk zur Aufführung bringen, und zwar als 1. Kon zert am 18. November (Bußtag) in der Albert- Halle: Elias von Mendelssohn mit Alfred Käse in der Titelpartie. Die anderen Partien sind besetzt mit: Else Siegel, Agnes Leydhecker und Emil Pints. Das 2. Konzert am 8. Februar 1915, auch in der Alberthalle, wird voraussichtlich die Leipziger Erst aufführung des neuen Werkes: „Kreuzauf findung" des durch sein: „tjuo vnäi->" so schnell berühmt gewordenen Komponisten Nowowiejski bieten. Dieses sehr interessante und wirkungsvolle Werk, dessen Uraufführung in eben verflossener Saison in Crefetd mit großem Erfolg stattaefunden hat, enthält zwei hervorragende Partien (Alt und Äaßbariton), für deren Besetzung Unterhandlungen mit namhaften Künstlern schweben. * Theaterchronik. Emil Lind ist von der Direk- tion Dumont-Lindemann an das Mönche- ner Künstlertheater und für den Winier nach Düsseldorf als Regisseur und Schampieler sowie auch als Lehrer an die neugegründete, von der Stadt Düsseldorf subventionierte Hochschule für Bühne nkun st engagiert worden. — Eine kritische Oper, „Dylan" von Joseph Holbrooke, mit Text von Lord Howard de Walden, geht jetzt irn Londoner Drury Lane Theater in Szene. Das Werk ist der zweite Teil einer Trilogie, deren erster Teil „The Children of Don" in London nur dreimal aufgeführt wurde. Der dritte Teil, „Brou- wen", liegt in der Komposition schon beinahe fertig vor. " Kleine Kunstchronik. Dem Dresdner Bildhauer Wede meyer wurde, wie unser Mitarbeiter aus Dresden berichtet, die Ausführung des Dentmals zu Ehren der deutschen Legion, das in Hannover errichtet werden soll, übertragen. Wedemeyer hatte bei dem Wettbewerb, der für das Denkmal ausge schrieben worden war, die beiden ersten Preise er halten. — Die Gemäldesammlung des ver- stordenen Frei Herrn Albert ».Oppen heim, Köln, wird vom 4. Juli ab auf 6 Wohen auf Wunsch der Stadr Köm in der Geimckde- Galerie des Siäouschen Wallraf- Richartz-Museums zu Köln ausgestellt. * Die Berliner Akademie der Wissenschaften hat durch ihre physikalisch-mathematische xlune zu wissen schaftlichen Un'ernehmungen bewilligt: Herrn End- ler zur Fortführung des Wertes „Das Pflanzen reich" 23W./r, Herrn F.E. Schulze zur Fortführung des Werkes „Das Tierreich" 40^0 und für weitere Arbeiten 5000 für eine im Verein mit andern deutfchen Akademien geplante Fortsetzung des Toggendorffschen biographiich - literarischen Lexi kons als »ritte von vier Jahresraten 800 ./<, HcrrBetmann zu photo-chemischen Untersuchungen mit Röntgenstrahlen 2000 ./<, Herrn Professor Dr. Kurt Gaget-Berlin für eine Reise nach den Kana rischen Inseln zur Untersuchung der Lugerungsver- hältnisse der Tiesengesteine 20O<>^ . Herrn Dr. Paul H a n i tz sch-Leipzig für Forschungen über dieSlpho- nophoren 500 .< Herrn Dr. Ernst I. Lesser- Mannheim für Arbeiten über das Verhalten des diastatlschen Fermentes und des Glykogens 1300 ./r, Herrn Dr. Wilhelm v Möllendorff- Greifswald zu Untersuchungen über den Transport von Farb stoffen im Säugetierorganismus 500 * Hochschulnachrichten. Der Soezialarzt für Urologie Professor Dr. med. Hans Wossidlo in Berlin begeht am 3. d. M. seinen 60. Geburtstag. Er ist Schrift- sichrer der Deutschen Gesellschaft für Urologie, Vor- standsmitglied der Berliner urologischen Gesellschaft und Ehrenmitglied der amerikanischen urologischen Gesellschaft. — Wie wir hören, hat Professor Dr. jur. Paul Koschakei, ordentlicher Professor des römischen Rechts an derPrager deutschen Universität, den Ruf an die Frankfurter Universität ange nommen. Professor Koschaker ist 187!) zu Klagenfurt (Kärnten) geboren. In Graz und Leipzig widmete er sich dem Studium der Rechtswissenschaften, de- sonders bei den Professoren Mitteis, Strohal und Wach, habilitierte sich Ostern 1905 in Graz mit eine Schrift .. l'rnn.-clntio iuklli'i", wurde 1908 außer ordentlicher Professor in Innsbruck und April 1909 ordentlicher Professor in Prag als Nachfolger von Professor Pfaff. Sein besonderes Arbeitsgebiet ist der römische Zivilprozeß, Rechte der vorderasiatischen Kulturen, vergleichende Rechtsgeschichte, auch Papyro logie.—Der Professor für Völkerrecht an der Universität Würzburg, Christian Meurer, hat einen Ruf nach Freiburg i. Br. erhalten. * 70. Geburtstag Alfred Doves. Professor Alfred Dove, der ausgezeichnete Historiker an der Universität Freiburg, begeht am 4. Juli den 70. Geburtstag Der Jubilar, der den Lehrstuhl für neuere Geschichte an der Freiburger Universität inne hatte, gehört einer berühmten Ge lehrtenfamilie an. Alfred Dove studierte Medizin und Naturwissenschaften und widmete sich zunächst der Publizistik. Dann habilitierte er sich in Breslau, wurde bald nach B o n n berufen, von wo er nach Berlin übersiedelte, um wieder als Redakteur und Schriftsteller tätig zu sein. Seit dem Jahre 1897 hatte er den Lehrstuhl für Geschichte in Freiburg inne und lebt heute im Ruhestand. * Ein Borkämpser der Blindenerziehuna. Aus London wird der Tod von Sir Francis I. Camp bell gemeldet, des blinden Direktors der Normal schule für Blinde in Norwood, dessen Leben und Wirken einen der höchsten Triumphe des Menschen geistes über die Blindheit darstellt. Campbell, der 82 Jahre alt geworden ist, stammte aus den Ver einigten Staaten, wo er als vierjähriger Knabe jein Augenlicht verlor. Musikalisch reich veranlagt, lernte er leicht alle Instrumente und wurde Musiklehrer, schließlich jogar Musikdirektor des Perkins- Institurs. Er widmete sich dann der Blinden erziehung überhaupt, studierte alle Einrichtungen dieser Art in Europa und ließ sich 1871 in London nieder, wo er 2 Jahre später die königliche Normal schule und Musikakademie für Blinde gründete, die er durch 40 Jahre geleitet hat, und die als Muster anstalt für die Blindenerziehung maßgebend wurde. Seine großen Verdienste um die „geistige Erleuchtung der Lichtlcpen" erkannte König Eduard an, indem er ibn zum Ritter schlug. Campbell war auch ein erfahrener Alpinist, der im Jahre 1880 als der erste Blinde den Mont Blanc bestieg. * Ein Erdvermessungsdenkmal. In einem kleinen Städtchen der französischen Ardennen, Rumigny, wird dem dort vor 200 Jahren ge borenen Astronomen Lacaille ein Denkmal errichtet werden, wozu die Mittel durch internationale Sammlung zusammengebracht werden sollen. Lacaille gehört zu den hervorragenden Himmels- - sorschern des 18. Jahrhunderts, deren Zahl gerade in Frankreich damals recht groß war. Seine Be deutung lag hauptsächlich darin, daß er sich längere Zeit auf der südlichen Halbkugel aufhielt und daher als einer der ersten eine gründliche Durchforschung des südlichen Sternenhimmels cinleitete. Er wählte Kapstadt als Standquartier und die Royal Society für Südafrika hat im Jahre 1901 sein Andenken durch die Anbringung einer Tafel an seinem Wohnhause geehrt. In einer Zeit von vier Jahren hat er dort nicht nur einen Meridianbogen aus gemessen und damit einen wichtigen Beitrag zur Erdvermessung geliefert, sondern auch die Landes aufnahme organisiert, die vom Kapland bis nach Kairo ganz Afrika mit einem Dreiccksnetz überziehen sollte, eine Arbeit, die erst im 20. Jahrhundert zum Abschluß gekommen ist. Ferner legte er die Oerter von fast 10 000 Fixsternen der südlichen Halbkugel fest, die erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts, also fast 100 Jahre nach dem Tode des Gelehrten, in einen Katalog Mammengefaßt wurden. die Liebe der drei Kirchlein. 20j Roman von E. Stieler-Marshall. (Lopjrisbl IiN3 dy Uretk ein k Oo., 0. m. U. It. c-sipriz.) Der junge Gärtner, den Merkel hatte kom men lassen, war ein ruhiger, tüchtiger und ge scheiter Mensch, der auf alle Anregungen ein ging und den Professor ans das genaueste ver stand. Wenn aber jetzt das nengierige Frauchen den Vater fragte: „Vätchen, was wird denn nur da drüben? Was willst du so oft dort? Was zeichnest du, warum bist du so nachdenk lich?" Dann zog er die Augenbrauen hoch, tat ganz geheimnisvoll und verriet es ihr nicht. Frauchen zankte, aber er lachte sie aus. Zang und pfiff und freute sich des Lebens fn den seltenen Freistunden, die ihm jetzt blieben. „Es muß doch was Extrafeines sein, was er vorhat," sagte Frauchen einmal gegen Abend zu Werner, „sonst wäre er nicht so himmlisch vergnügt und guter Laune." „Hm —" brummte der. Ihm war jetzt alles so gleichgültig. Er saß an seinem Pult, die Fäuste vor den Ohren und tat, als wenn er ganz in seine Arbeit versunken wäre. Aber dabei zog es durch seinen Sinn: „Süße, holde Fraue — — blaue — — graue — — schaue — —" „Pöhl" Krauchen zog ihre Grimasse. „Nun, so will ich dich nicht stören, denn du wirst mich doch nicht hören. Deine Seele schwebet schon in 'ner höheren Region!" Bums! warf sie die Türe hinter sich zu, holte sich ihr dickes Haushaltungsbuch und den Bismarckbleistift von Vaters Schreibtisch und ging zu Ätinna in die Küche, um zu rechnen und den Küchenzettel aufzustellen. Denn es war Sonnabend gegen Abend, Minna scheuerte das Holzzeug in der Küche. Ach, über das verzwickte Rechnen! Es war jetzt gegen Vicrtcljahrsende ein immer schwie rigeres Geschäft. „Minna, morgen ist Sonntag!" sprach Frau chen weise und hielt den großen Bleistift an ihr Nasenspitzchen. ' „Ach nee!" lachte Minna und tauchte die Scheuerbürste in das Seifenmasser. Rrrrssse, rrrssse, ging das über die Küchenbank her, daß es nur so spritzte. „Minna, sei nicht so frech gegen deine Gnädige. Ich wollte damit sagen, daß das Mittagessen also morgen eine eklig teure Sache wird. Vätchen und Wern find so gewöhnt, am Sonntag eine Extrawurst zu haben. Ach, mor gen ist der zweite Juni! Glücklich die Menschen, die monatliches Gehalt kriegen. Die können mor gen ein Göttermahl abhalten. Wir aber — noch neunundzwanzig Tage und achtundsiebzig Marl fünfundachtzig Pfennig Kassenbestand. Ach, Hu- zclchen! Diese verwöhnten Männer. Soll inan ihnen denn morgen wirklich was Besonderes ver gönnen?" „I natürlich!" meinte Minna gemütlich. Seit fie nicht mehr die Verantwortung trug, war sie viel duldsamer geworden. „Du ver gönnst dir überhaupt jetzt viel zu wenig. Früher, sichste, ist es auch gegangen, und du hast dich nicht müssen kasteien." „Ruhe im Glied!" befahl Frauchen. „Es ist eben nie gegangen, verehrte Minnck — und die ehrenwerte Familie hat manchmal zwischen durch vierzehn Lage auf Pump gelebt. Ist cs nicht so, ehrsame Jungfrau Minna?" „Na jemineh — was hat das geschadet? Die Wendten, und Bäcker Linsenbarth und Flei scher Nother und die Milchfrau, die haben keine Angst bei uns. Wir laufen denen nicht davon. Der Herr Professor hält mal einen Vortrag oder schreibt eine botanische Plauderei — und schon haben wir die Karre wieder flott." „Ja, aber ich mag das nicht. Ich nicht —" sagte Frauchen und zog die Stirn kraus. „Borgen macht Sorgen. Merke dir das, Minna. Aber nun morgen, ja, was meinst du, Minna, dre» Pfund Kalbsnierenbraten vielleicht?" Minna legte die Bürste aus der Hand und schickte sich an, in längerer Rede Antwort zu gebe». Aber da begann das Glöckchen da oben an der Decke zu zittern lind zu zetern und mit heiserem Gekläff zu vermelden, daß jemand vor der Türe stünde und Einlaß begehrte. Die bei den sahen sich an. „Na allemal -" sagte Minna. „So ist es allcweile. Es klingelt den ganzen Tag nicht, und ist aber eins übern» Scheuern in seinem Sonnabend tvstüm, da möchte man immer nach der Türe springen. Nee, alleweile kann ich nicht. Frauchen, bitte, gehe selber mal. Am Ende ist cs gar deine Gnädige, und vor der lasse ich mich nicht so sehen." Trällernd ging Krauchen über den kleinen Vorsaal und öffnete die Tür und prallte zurück. Vor ihr standen zwei junge, flotte Studenten mit bunten Mützen. Hei, wie flogen die Kappen vom Kopf, als die Burschen sie erblickten. Sie standen nnd sagten gar nichts, sondern staunten das schöne Kind an. Frauchen mußte zuerst sprechen, und sie tat es und sah den Braunen an: „Sie wünschen wohl meinen Vater zu sprechen —, aber er ist leider nicht zu Hause." „O, das ist ja sehr bedauerlich —" sagte lächelnd der Braune, und der große Blonde, dessen Gesicht ganz rot geworden war, wollte sich mit einer tiefen, stummen Verbeugung wie der verabschieden. Aber der andere hielt ihn am Arm sesl. „Halt da, hier geblieben, Mensch. Ja, gnädiges Fräulein, wir sind aber heute abend hier crngeladen." „Eingeladen?" „Jawohl! So gegen sieben Uhr möchten wir zum Abendbrot kommen, hat der Herr Pro fessor gesagt. Dann wollte er uns ans seinen» Buche vorlcsen." „Sollt man's für möglich halten," rief Frauchen — „da sagt er »ins kein Sterbens wörtchen. Wann hat er Sic denn eingeladen?" „Vorgestern — nach dem Kolleg. Wir haben uns schrecklich darauf gefreut. Nicht wahr, Fritz?" „Jetzt, das isch wahr — gefreut habe', wir uns mächtig —" gestand der Blonde, der ver legen seine Mütze drehte. „Sonst gehört mein Alter eigentlich nicht zu den zerstreuten Professoren," lachte Frauct)en. „Aber diesmal hat er'S ihnen gleich getan. Bitte, treten Sie ein, er ivird sich schrecklich freuen. Sie sind ja doch die beiden, die er so gern hat, das kann ich mir nun schon denken." „Jawohl," antwortete Walter keck und ver gnügt, „jawohl, gnädiges Fräulein, das sind wir. Berger, stud. rer. nat., mein Freund und Landsmann Jrmeling, stud. Phil." Frauchen gab beiden die Hand. „Freut mich. So bitte, nehmen Sie einst weilen hier im Allerheiligstcn Platz und nehmen Sie mit der Gesellschaft meines Bruders vor lieb, bis Vater nach Hause kommt. Mich müssen Sie entschuldigen, Haussrancnpflichten!" „Keine Umstände, bitte, gnädiges Fräu lein," rief Berger lustig — „ein Handkäs und ein Stück schwarzes Brot war immer meine liebste Nahrung seit frühesten Kindestagen." „Huzelchen, was nun?" seufzte Krauchen, als es ihr nach vielem guten Zureden gelungen war, Werner zu deu unverhofften Güsten zu schicken und sic in der Küche fassungslos auf e-inen Stuhl sank. „Ach, meine lieben achtund siebzig Mark und fünfnndachtzig Pfennig durch nennundzwanzig Tage! Meine ganze Bercch- nnng ist hin. Huzelchen, morgen gibt es bloß Bratwürste. Und wo jetzt was herkriegen in aller Eile? Da muß Minier Wendt helfen." Und Frauchen lies zu Mutter Wendt, und Frauchen nef zu Bäcker und Fleischer und hetzte sich ab, und als Kirchlein nach einer kleinen hal ben Stunde nach.Hause kam, war schon alles für einen netten kleinen Imbiß vorbereitet, und nur das Rier fehlte. (Fortsetzung in der Abendausgabe.)
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