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Sette 2. Nr. 354. Morgen'Nusnave Leipziger Tageblatt. MtttUwül, lS. Juli !914. erwachsen, da sie Valona doch wieder räumen müssen. Dir Europareise Turkhan Paschas erfolglos. London, 14. Juli. (Eig. Drahtmeldung.) ,.-i ews- meldet: Die Europareise de» albani« schen Ministerpräsidenten ist «rgedni«l<» ge« blieben. Wie wir erfahren, haben sämtlich« Großmächte ein bewaffnetes Eintreten für den Fürsten von Albanien abgelehnt. politilette Ueberttettl Vas liberale Wahlabkommen un- üie Sozialdemokratie. Für die grosse Bedeutung, die dem Ab- tommen der beiden liberalen Parteien Sachsens jür die Landiagsivahlen 1915 innelvoynt, ist dessen Behandlung und Beurteilung durch die Landeskonferenz de r sächsischen So zialdemokraten ausserordentlich bezeich nend. Die Sozialdemolratie fühlt ganz richtig, das; der Abschluss dieses Abkommens in erster Linie für sie eine Machtmindernng znr unabwcislichen Folge haoen wird. Mit einer verblüffenden Dffenherzigleit hat der Landtags abgeordnete Sindermnnu diesem Gefühl Ausdruck verliehen, indem er erklärte, die So zialdemokratie befinde sich nicht mehr in einer Angriffs-, sonder» in eincr B e r t e i d i g u u g s - stellung. Dieses (Geständnis entspringt einer gewissen A'esignaiionsslimmnng, einer begreif lichen Sorge um die Erhaltung des Besitzes. Die Bersuche der Aeichstagsabgeordneten (Hetzer und Molkenbnhr, gegen diese Stimmnng anzulämpseu, sind lediglich als Mit tel der Taktik zu bewerten, bannt die sozial demokratischen Mitläufer nicht schon jetzt mut los werden. 'Auch Landtagsabgeordneter Fl ei si ne r hat ja freimütig zugegeben, das; das Wahl abkommen der Liberalen die Situation für die Sozialdemokratie verschlech tere. Um aber die Wählermassen an die roten Fahnen zu fesseln, versuchen es die Sozial demokraten mit dem alten Mittel; sie schelten über den angeblichen Mangel an Li beralismus in der ganzen Haltung der Libe ralen, sie glauben vor einer Irreführung der Wählerschaft warnen zu müssen, ja sie zitieren sogar die schlimme ironische Frage nach Inhalt und Ziel des Liberalismus, die in einer Stunde starker Verärgerung dec frühere Finauzminister von Rüger aufgeworfen hatte. Das; diesem Mi nister und manchem anderen Regierungsvertreter wiederholt in nachdrücklichen Worten zn Gemüte geführt worden ist, was der Liberalismus will und was er bedeutet, dasi die liberalen Parteien in der Zweiten Kammer durch ihre bisherige Gemeinschaftsarbeit dem Lande sehr gute Dienste erwiesen haben, wird selbstver ständlich unterdrückt. Sehr begreiflich; denn auch nur der leiseste Anschein einer Anerkennung der Leistungen der liberalen Parteien wurde dir ohnehin schon schwer ge- sährdete Situation der Sozialdemokratie noch mehr verschlechtern. Teshalo wird eben tjicl^i-, auf den Liberalismus losgeschlagen. Ob diese' Taktik Erfolg hat, wird erst der Ausfall der Landtagswahlen selbst entscheiden. Wir möch ten es jedenfalls um so mehr bezweifeln, als ja von verschiedenen Seiten auf der Landes- tonferenz Bedenken und Besorgnisse wegen der Wahrung des Besitzstandes gcünsiert wurden. Und gerade diese Wirkung des libera len Wahlabkommens aus die Sozialdemokratie ist dessen beste Rechtfertigung. Das mögen sich vor allen Dingen auch die „Kreuz- .zcitung", die „Deutsche Tagesztg." und ver schiedene andere Blätter, die unter der Maske der Parteilosigkeit die (Geschäfte der kon servativen besorgen, sagen lassen: Tie Sozialdemokratie lieht sich be droht,arg bedroht. Bedarf es eines trif tigeren Beweises für die Richtigkeit des ge meinsamen Vorgehens der liberalen Parteien? Material für -ie .Kreuzzeitung*. Aus dem 32. ländlichen Landtags wahlkreise wjrd uns geschrieben: „Der in eincr der letzten Ausgaben des „Leipziger Tageblattes" enthaltene Hinweis, daß im Herbste 1909 in unserem Kreise die konser vative Wahlkampfleitung es unterlassen hat, zu gunsten des mit der Sozialdemokratie ringenden nationallibcralen Kandidaten eine Stichwahl parole herauszugcben, entspricht voll und ganz den Tatsachen. Als damals die Parole ausblicb, obwohl der konservative Gegenkandidat fast in jeder Wahlrede auf deren Selbstverständlichkeit hingewiesen hatte, wurde einige Tage vor dem Stichwahltage in dieser Richtung Rachfrage gehalten. Es geschah im nationalliberalen „Flöhaer Tageblatt", also in der am Wohnorte des konservativen Kandidaten erscheinenden Zei tung, mit Hilfe eines auffälligen Inse- rats. Tie Anfrage blieb ohne Erfolg! Aber noch etwas anderes spricht gegen die „Kreuzztg.". In dem Platte wird zwar gesagt, dasi in der Stichwahl zwei Drittel der Rechts wähler für den Nationalliberalen eingetretcn sind, aber verschwiegen ist, was die Ein zelheiten des Wahlergebnisses haarscharf nach weisen: dasi nämlich zahlreiche Konser vative für den Sozialdemokraten gestimmt haben." Vas .NeichsVirtfthastsgejetz* befindet sich noch in den Ansangsstadicn der Be ratungen, so daß mit einer Einbringung hes Entwurfs bereits im Herbst zur nächsten Session des Reichstages nicht gerechnet werden kann. Die in den: Entwurf zu lösenden Fragen sind außerordentlich schwierig, so dasi man vorerst eine Fertigstellung des Entwurfs nicht erwarten kann. Es wird allerdings darauf hingearbeitet, dasi das Reichswirtschaftsgesetz nach Ablauf des Kontrollgesetzes, das im Mürz 1910 erlassen ist und Gültigkeit bis zum Jahre 1915 hat, in Kraft treten kann. Ter neue Gesetzentwurf entspringt einem Wunsche des Reichstages, der eine ge naue Abgrenzung der Legislative und Exekutive für nötig erachtet hat. Wie hieraus hcrvorgeht, ist hiermit die Lösung sehr verwickelter ver fassungsrechtlicher und etatSrechtlichcr Fragen verknüpft, über die eine Einigung zwischen ReichSregicrung und Parlament erzielt werden soll. Bor allem soll eine Klarstellung des Be willigungsrechts des Reichstages hinsichtlich der Einnahmen und Ausgaben erfolgen. Ebenso handelt es sich um Festlegung der Bestimmungen über die Herabsetzung von Elatsposten, und wei ter kommen Bestimmungen über die Reichs schulden und ihre Tilgung, über Matrikular- bciträge, über die Rechnungslegung und die Grundsätze für die Etatsaufstellüng in Frage. Der Gesetzentwurf gegen -ie antikonzeptionellen Mittel. Der Reichstag hatte aus eigener Initiative einen; Gesetzentwurf zur-Bekmnpfung des Der- - triebes von antikonzeptionellen Mitteln aufge- üellt. Durch.den Schluß der. Tagung ist dieser Entwurf unerledigt geblieben. Inzwischen ist von ärztlicher Seite an den Einzelheiten des Entwurfs eine zum Teil sehr scharfe Kritik ge übt, und es hat den Anschein, als ob tue ur sprüngliche Uebereinstimmung in der Stellung nahme aller Parteien zu dieser Frage nicht mehr in ihrem ganzen Umfang besteht. Immer hin darf es als wahrscheinlich gelten, daß der Reichstag in seiner nächsten Tagung aus die Frage zurückkommen und einen neuen Entwurf beschließen wird, bei dem wohl die Kritik aus wissenschaftlichen und ärztlichen Kreisen Berück sichtigung finden wird. Dem Vernehmen nach beabsichtigt die ReichSregicrung nicht, in dieser Angelegenheit aus eigenem Antrieb vorzugehen, nachdem das seinerzeit cingebrachte Kurpfuscherei gesetz, in dein die Bekämpfung des Vertriebes antikonzeptioneller Mittel einen wichtigen Teil bildete, nicht die Zustimmung des Reichstags finden hat. Die öffentliche Hauptversammlung ist auf den 28. und 29. d. M. anberaumt. Außer einem Iahresrückblick stehen folgende Punkte auf dem Pro gramm: „Abschätzung und Beleihung von Grund, stücken" (Berichterstatter: Die Handwerkskammer Wiesbaden). „Beschaffung von Geldmitteln für zweite Hypotheken" (Berichterstatter: Die Handwerks kammer Dortmund). „Gesellenprüfung von Fabrik lehrlingen" (Berichterstatter: Die Handwerkskammer München). „Regelung der gewerblichen Verhältnisse der weiblichen Handwerker" (Berichterstatter: Die Gewerbekammer Hamburg). „Die Bildungseinrich tungen der Handwerks- und Gewerbekammern" (Be richterstatter; Die Handwerkskammer Düsseldorf). „Die Bekämpfung der Schwindelfirmen" (Bericht erstatter: Die Handwerkskammer Mannheim) und „Die Ausstellung Das Deutsche Handwerk, Dresden 1915" (Berichterstatter: Die Gewerbekammer Dresden). Ausland. Zrankrelch. * 435 UVV Einberufungsbefehle für die Manöver. Wie uns aus Paris gedrahtet wirb, sind am letzten Sonnabend die Einberufungen sür die an den diesjährigen großen französischen Ma növer» teilnehmenden Mannschaften des Be urlaubtenstandes ausgegeben worden. Wie „Herald" erfährt, sind 435000 Einberufungsbefehle lür die Dauer der Manöver ausgegeben worden, was einer Steigerung von 8200!) Mann gegenüber dem Vorjahre entspreche. * Der Nationalfesttag in Paris. Die aus Anlaß des Nationalfesttages stattfindende Parade war von glänzendem Wetter begünstigt. Eine ungeheure Menschenmenge wohnte derselben bei und begrüßte den Präsidenten Poincar 6 durch begeisterte Zu rufe, besonders, als er verschiedenen Regimentern die ihnen bestimmten Fahnen übergab. Ein Flieger geschwader führte über dem Paradefelde Flüge aus. Unter den fremdländischen Persönlichkeiten be fand sich Dschemal Bey, der seine Bewunderung aussprach. Um 10 Uhr kehrte Präsident Poincaru ins Elyste zurück. Es ereignete sich keinZwischen - fall. Der Präsident wurde lehaft begrüßt. Italien. * Die Erkrankung des Herzogs von Aosta. Der am Dienstag morgen über den Zustand des Herzogs von Aosta ausgegebene Krankheitsbericht besagt, daß die Verschlimmerung seines Zustandes a n - dauert. Die höchste Temperatur betrug in der Nacht 39,8 Grad, der Puls 112 bis 120, Das Gehirn funktioniert gut; das Herz ziemlich schwach. England. * Ruhe in Ulster. Aus allen Teilen der Provinz treffen in L o nd o n Nachrichten von einem normalen Verlauf der Boyne-Feier ein. Was an kleinen Aus schreitungen mitgeteilt wird, ist vollkommen bedeu tungslos und überschreitet nicht im geringsten die üblichen Demonstrationen. In Earlingford wurde eine große Ladung von Patronen beschlagnahmt, die zu einem in Ulster berühmten Kriegsspiel benutzt werden sollten. In Scarva wird alljährlich am 14. Juli die Schlacht am Boynefluß noch einmal durchgekämpft. Eine Abteilung stellt die Armee Wilhelms von Oranien und die andere das Heer Jakobs II. dar. vulgakiea. - * - - * Im Lusanunenhang mit dem jüngsten rumänisch, -bulgarischen Srenzzwischenfall hat das 'bulgarische Kriegsministerium den Beschluß gefaßt, die Aufmerksamkeit des Chefs der vierten Division (Preslaw) auf die bedauernswerten Vorfälle zu lenken und dem Chef des 8. Regiments sowie dem Vataillonskommandanten dieses Regiments eine Rügezu erteilen, weil sie den Grenzwachtdienst Leuten anvertraut hätten, die hierfür ungenügend geschult seien; des ferneren den Kompaniekomman- donten sowie den Kommandanten des Erenzwachzuges gefunden hat. Falls aber aus der Initiative des Reichstags ein Gesetzentwurf beschlossen wurde, der geeignet ist, die Absicht des Kur- pfuschercigcsetzes auf diesem Gebiet zu erfüllen, ivird auf eine Mitwirkung der ReichSregicrung sicher zu rechnen sein. Heer und Zlotte. Die Hitzschlogerkrankungen beim Erenadier-Regiment Nr. 12. Die Meldungen über zahlreiche Erkrankungen an Hitzschlag beim Grenadier-Regiment Nr. 12 in Frankfurt a. O. stellen sicy nach von zuständi ger Seite cingezogenen Erkundigungen als stark übertrieben heraus. Dem Garnisonlaza rett sind im Anschluß an eine Uebung nur elf Leute zugefiihrt, und von diesen noch am selben Tage acht wieder entlassen worden. Von den drei schwerer Erkrankten, die im Lazarett zurück blieben, ist einer, der einjährig-freiwillige Gefreite Kuinzer, an den Folgen des Hitzschlages gestor - den. Die beiden anderen Leute befinden sich zwar noch in Lazarettbehandlung, sind aber bereits außer Gefahr. Der irrtümliche Eindruck, daß zahlreiche Leute an Hitzschlag erkrankt seien, war offenbar dadurch entstanden, Laß die Bataillone des Regiments beim Rückmarsch in den Standort mehrere Leute, die Anzeichen von Schwäche verrieten, auf Fahrzeugen befördern ließen. Im ganzen benutzten 28 Leute die elektrische Straßenbahn, um in die Ka serne zurückzukehren, 16 sind auf Wagen befördert worden und 11 sind zu Fuß nach Hause marschiert, nachdem sie zum Zwecke einer längeren Rast hinter der Truppe zurückgelassen worden waren. Alle diese Leute haben keinen Schaden an ihrer Gesundheit ge nommen, was schon der Umstand beweist, daß an dem auf die Uebung folgenden Tage kein einziger von ihnen revicrkrank war. Dcutsehes Reich. - Finanzminister vcn Scydrwitz hat Dresden mir Urlaub verlassen. * Der sächsische Gesandte in Wien, Gras von Rex, hat Wien mit längerem Urlaub verlassen. Wäh rend seiner Abwesenheit leitet Legatwnssekretär Freiherr von Bcschwitz interimistisch die Gesandtschaft. * Konferenz der sächsischen nationalen Arbeiter ausschüsse. Am kommenden Sonntag findet in Dresden eine Konferenz der Arbeitsausschüsse der nationalen und Angestellten-Organisationen statt. Die Konferenz will Stellung nehmen zur wirtsthaft- lich friedlichen Arbeiterbewegung, zur Streikposten- Verordnung der sächsischen Regierung und zur Frage der nationalen Arbeiterkandidatur im sächsischen Landtage. U * Zu dem Tode des deutschen Gesandten in China, v. Haxthausen schreibt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung": Dem. auswärtigen Reichsdienst wirb in Mensch hat sich, der Verstorbene, mit seiner frische^ und männlichdB Persynllchküt'än den verschitdaken Stätten seines Wirkens Sympathien erworben, die ihm ein ehrendes Andenken sichern. Auch der „Reichs anzeiger" widmet dem verstorbenen Gesandten einen längeren ehrenden Nachruf. * Ein russischer Spion verhaftet. Am Montag nachmittag wurde bei Loetzen ein russischer Spion verhaftet, der Vermessungen an den Festungswällen unweit des Rastenburger Tores vor nahm. 2m Verhör gab der Verhaftete an, russischer Major zu sein. Die Untersuchung wird eingeleitet. * Das Programm des 16. Deutschen Handwerks und Gewerbekammertages, der am 27., 28. und 29. Juli d. Z. in Mannheim abgehalten wird, liegt nunmehr vor. Am Montag, den 27. Juli, findet die geschlossene Mitgliederversammlung statt, die über geschäftliche Angelegenheiten und auch über Ab änderungen der Satzungen des Kammertages zu be lauseockkaeli bovälirte ^abrnnx del: vl'KoslkjlwcKfLil, -liinllernabrung «294» OleppllÖK, -ifisnßeokost vai'mkatsi'l'k, elo, soeo ver /ietna. Von Geh. Bergrat Prof. Dr. R. Braun».*) Der Niese unter den europäischen Vulkanen, eincr der höchsten überhaupt, ist der Aetna. Seit uralten Zeiten mit kurzen Unterbrechungen tätig, galt der Aetna als der große, einzige, alle anderen überdauernde ewige Vulkan. Ihm allein von allen ist ein besonderes Werk schon im Altertum gewidmet, dessen unbekannter Verfasser die Natur des vulkanischen Vorganges zu ergründen suchte in einer Zeit, in der der Vesuv noch nicht wieder zu neuer Tätigkeit er wacht war. „Singen will ich von der Kraft", sagt der gelehrte Dichter, „die den glühenden Aetna toben läßt und die dem Gierigen immer neue Gluten znsührt". Und so schildert er einen Ausbruch und forscht nach seiner Ursache: „Klumpcnwcise ivird ein Sandregen ans der Tiefe ausgestoßcn, glühende Massen sind in eili ger Bewegung, ans der Tiefe steigen die Boden- jundameme rollend ans; jetzt bricht Getöse aus dem ganzen Bereich des Aetna hervor, fahl glimmen die Feuer, unterbrochen von dunkel erglühenden Tturzmasscn . . . Gewaltig bebt der Berg, und die ganze Gegend draußen bedeckt Tlcin- und Aschengerüll . . . Winde veranlassen mit ihrem Wülsten alle diese Evolutionscrfchei- nungen und wirbeln, was sie zu dichter Masse geballt, in dem entsetzlichen Gipfclkrater auf. Und sie eben bilden die Ursachen, die jene in- lcressanten Flammenschauspicle des Berges her- oorbringen. Wenn sie gespannt sind, heißen sie Gas." Bekannt war dem Ticliter, daß nach län geren Ruhepausen besonders heftige Eruptionen folgen: „Wenn sie eine Zeitlang geschwiegen haben, drängen sie, wie um den Verlust einzu holen, um so schneller an, stemmen sich gegen die Massen, sprengen sie und zerreißen ihre Bande". Und ebenso lebendig schildert er das Hervorbrechcn von Lava: „Ganz plötzlich kro chen die mit dem mitgerissenen Gestein belasteten Glutmassen auf, entzündetes Material drängt Tics« inlrrcssanieu '.1u»sut>luiigr» entnehme» wir dessen vor kultcm «ischienencm Bändchen der ÄatnlwiiscnichnsUichen Bibliothek „BuNarre und Erdbeben". <174 Seite» mit 74 Ab- dckbun,m »ich 6 ^ßsrln.) 2» Oiieineltnnenband 4.M N. -- - .'M ! .. , - nach, verstümmeltes Trümmcrgcstein wälzt sich empor, und Schauer schwarzen Sandes prasseln dazwischen . . . Jene Flüssigkeit beginnt mehr und mehr zu lochen, schließlich in Gestalt eines sanft sließenden Flusses hervorzutreten und läßt ihre Wogen von den ersten Hohen niedergchen. Die Ströme bleiben zwischen den Ufern stehen und werden durch Abkühlung hart, allmählich treten die Gluten nach innen zurück, und die Massen werden ihres feurigen Aussehens ent kleidet. Sodann stoßen die einzelnen Laven nach dem Grade der Erstarrung Dampf aus und wälzen sich unter gewaltigem Getöse dahin, und wenn der Strom ans seinem Wege znr Tiefe von einem laut erdröhnenden festen Hindernis abgclenkt wird, läßt er die getroffenen Stoß stellen crsticbcn, und wo er sich geöffnet hat, strahlt wieder sein glänzender Kern hindurch." Vor bald 2000 Jahren ist dieses Lehrgedicht er schienen, dessen Erläuterung wir Sudhaus ver danken, seitdem hat der Aetna niemals völlig geruht; noch viel langer ist ec in der Vorzeit tätig gewesen, und so ist er auch mehr mit Narben bedeckt, als irgendein anderer Vnlkanberg. Gewaltig sind seine Dimensionen; dec Durch messer seiner Basis betrügt 45 Kilometer, deren Umfang 140 Kilometer, der von ihm bedeckte Flächenranm 1100 Quadratkilometer, und er er hebt sich, direkt vom Meere aufsteigend, bis zu 3279 Meter Höhe. Seine breite Basis steigt nur allmählich (2—5°) an und besteht aus zahl losen, nach allen Richtungen geflossenen Lava strömen, kein Somma hindert ihren Lauf nach irgendeiner Seite; sic für sich wäre etwa dem Schild des Mauna Loa zu vergleichen. Erst bei etwa 2000 Meter Höhe beginnt der steil (20—30°) ansteigende aus lockeren Schlacken auf- gcschüttetc Kegel; 400 Meter unter dem Gipfel ist der Berg abgcstutzt, eine wenig ansteigenbe Ebene dehnt sich ans, erst darüber eryebt sich steil ansteigend der zentrale Aschcnkegcl mit dem Hauptkratcr, der einen Durchmesser von etwa 450 Meter hat. Diese Untcrbrcctzung ifi die Folge einer explosiven Eruvtioii im Iatzre 166'3, bei der der ehemalige Gipfel in die Luft geblasen wurde. Der östliche Kegelmantel des Berges ist von aiuem tiefen und ü Kilometer breiten, von sKrof- fen Wänden umschlossenen Tal eingenommen, der Valle de Bove. Es beginnt hoch oben am Gipfelplateau, umschlossen von steilen, bis zn 1000 Meter senkrecht abstnrzendcn Wänden, ein riesiges Kesseltal, im oberen eilt breiter Graben im unteren Teil und das Ganze entstanden durch Einsturz des Berges. Vielleicht befand sich an dieser Stelle der Krater des ältesten Aetna, der somit wenigstens dreimal seine Stelle gewechselt hätte. Die aufgerissenen Wände zeigen den inneren Ban, Lava wechselt ab mit lockeren Aus wurfsmassen, in das Tal selbst haben sich über die Steilabhänge hin ans dem jungen Aetna neue Lavastrümc ergossen, kleinere Schlacken kegel sind aufgeworfen worden: es ist eine öde Lavawüstc, lehrreich für den Vulkanologen, ge mieden aber von den Touristen. Alle Abhänge des Aetna unterhalb deS HcntralkegclS sind gespickt mit kleineren schlacken- und Aschenkcgcln, die aber doch eine Hohe von 200 bis 300 Meter erreichen und aus zähflüssiger Lava aufgestaut oder ans lockeren Aschcnschlackcn aufgeschnttet sind. Man zählt deren einige Hundert, die über das ganze Ge- biet zerstreut sind, bald vereinzelt, bald zu Grup- pcn vereint, und besonders auf einer schmalen, über den ganzen Berg hin zu verfolgenden Zone, die wohl einer Spaltcnrichtung entspricht, an gehäuft sind. Die Lavaströme brechen am Aetna aus schließlich aus seinen Flanken hervor. Bei der Höhe des vorzugsweise aus lockerem Material äufgcbantcn Zcntralkcaels können die Seiten den enormen, an 1000 Atmosphären betragenden Druck der aufsteigcndcn flüssige» Lava nicht aus halten; es reißen unter stärkeren Erderschüttc- rungcn, die aber nur in geringer Entfernung gespürt werden, bis zu 10 Kilometer lange und 50 bis 100 Meter breite Spalten auf: aus dem obersten Ende der Spalte werden Gase und Dämpfe ausgestoßcn; die Lavaströme brechen aus dem unteren Ende der Spalte l»crvor, nnd über itznen erbeben sich, durch die ausbrcclnndcn Gase ausgeworfen und an deren Ausbruchsstelle aus- gesctzüllct, die Schlackenkcgcl, ost mehrere perl- fchnurartig in einer Reil)c, den Verlauf der Spalte anzeigend. Hierzu gehören die am 9. Juli 1892 aufgeworfenen über 10E Meter hohen fünf Kegel, die nach dem Professor der Geologie in Eantania Monte Silvestri genannt worden sind. Solche Schlackenkegel sind vom Vesuv nur ganz vereinzelt bekannt, für den Aetna ist ihre große Zahl charakteristisch. Zu den höchsten Schlackenkegeln gehören die 200 Meter hohen Monti Rossi, die nach der roten Farbe ihrer Schlacken den Namen bekommen haben. Sie sind bei der furchtbarsten der ge schichtlich bekannten Eruptionen des Aetna im Jahre 1669 entstanden. Aus dem Riß, über dem die Schlackenkegel anfgcworsen wurden, entfloß ein gewaltiger Lavastrom, der Nicolosi unter sich begrub, einen Teil von Eatania zerstörte nnd noch das Meer erreichte, das über ihm zu sieden und zu dampfen begann. Die Lava der Actnaströmc ist meistens Blocklava und nach ihrem Mineralbestand Fcldspcitbasalt. Die Tätigkeit des Gipfcltraters beschränkt sich auf das Ausstößen von Tämpfcn, Asche und Schlacke. „Lange Reihen von Dampsstrahlen — so schildert Zicbcrg den Actnakrater — soge nannte Fumarolcn, umsäumen seinen Rand, deren zersetzende Dämpfe die Asche durch Um wandlung in Eisenchlorid gelb färben. In schwindelnde Tiefen stürzen Felswände hinab, die hier den inneren Aufbau aus wechselnden Schichten lockern und festen Materials erkennen lassen, dort von den Dämpfen zermürbt und zer fressen, sowie mit farbcnschillernden Krusten von Mineralien überkleidct sind. Steine bröckeln unter unserem Fuße ab und fallen donnernd in den schaurigen Abgrund. Mit einem aus Ehr furcht und Traunen gemischten Gefühl schaut der Naturforscher in dieses immer tätige Labo ratorium des Erdkörpers, aus dem heute dichte Salzsäurcdämpfe aufsteigen, morgen vielleicht glühende Laven sich ergießen oder Garben feu riger Schlacken emporg. schleudert lvcrdcn. Aber die Tiefe bleibt stumm nnd verrät nichts von dem, was wir zu wissen begehren; Wo, wie tief der Sitz dec vulkanischen Kraft? Woher diese unbegrcislichc'n Mengen von Aschen und Laven?" Auch heute noch hat mail keine befriedigende Antwort für solche Fragen gefunden, staunend »mb forschend stehen wir vor den großen Rät seln, die die Natur uns cmfgibt.