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Ausgabe k und v Nummer 136 — 22. Jahrgang Mrlchclnl S mal wöch«nMch »lt d«« INustrlkkl«« GraU» brllage „D«r FeurnrUtk" und mehreren Tektbelkagen DIonatl. Bezugsxrel,: Ausg. A mH St. Vennoblatt M. 27» Ausg. B ohne St. Vennoblatt M .2.2» ' »lnzelnummer 10 Psg., Eonnabe^. ». Sonutag-Rr. » VH» Sonntag, den 25. Juni 1833 Verlags»^ Drestze« «»jeigenpreise: die Ispalt 40 mm breite Pettizeile 40 Pfg, — für Famtltenanzeigen und Stellengesuche 20 Pfg. — FUr Platzvorschrtsten können wir keine Gewähr leisten Sächsische volkssettuns «edaltlon: Dresden.«., Pollerstr. 17, Fernr. 20711 u. 2,012 «Selchiiltsstelle, Drmt und Verla«: Germania Buchdruck««, «. Verlag Ih. u. E. Winkel, Polierstr. 17, gernr. 2WI2, Postscheck: Nr. 102S, Pan«: Etadtbank Dresden Nr. »,767 Im Halle von höherer Gewalt, Verbot, Streik »der Betriebsstörungen hat der Bezieher oder Inserent kelne Ansprüche, Zolls die Zeiiung in beschrönkiem Umsange, verspätet oder nicht erscheint. — Ersüllungsort Dresden Christliche Gewerkschaften unter -erNSDO Schaffung eines riesigen Kraslsahrsiratzennetzes für ganz Deuischland — Auch die Reichsposl Hilst mit an -er Minderung -er Arbeitslosigkeit — Demonsiralionen Arbeitsloser im polnischen Korridor Anker neuer Verwaltung k^Ii Sonderbeauftragte der RGBO. übernahmen am Sonnabend die Leitung in den Geschäftsstellen der Christlichen Gewerkschaften Rasche Fahrt Der Sinn der mannigfachen innerpolitischen Gescheh nisse der letzten Tage begreift sich unschwer als das wohl überlegte, schrittweise Fortschrciten der Staatsmacht auf dem Wege zur Totalität. Die Zeit vom 30. Januar bis heute könnte durch kein Attribut treffender bezeichnet werden als den Sah des alten Kriechen-Philosophen He raklit „Alles ist im Fluss". Steht auch das Nad der Ge schichte — selbst iu den Zeiten und Ländern der Primitiven — nie still, so ist doch die innere Mächtigkeit der jeweils wirksamen Kräfte so verschieden, das; die Menschen — nm ein Bild zn gebrauchen — bald im Lauftempo, bald mit D-Zugsgeschwindigkeit in ihrer Entwicklung vorwärtsge- triebcn werden. Bei uns schreitet die Entwicklung zur Zeit im Eil tempo voran, einem Ziel entgegen, das sich die Leiter des Staates und die sie tragende Volksbewegung gesteckt haben. And nur ein kleiner Kreis Eingeweihter weis;, ob der bis .^zur Erreichung des Zieles noch zuriickzulegendc Weg viel- q» leicht nicht noch länger ist als der bereits zuriickgelcgte. ^lDie überwundene Wegstrecke des Eilmarsches, in dem sich ^die jüngste deutsche Geschichte abwickelte, führte systematisch über die weiten Bereiche des Staates, der Wirtschaft, des Handwerks, Handels und der Industrie sowie der Land wirtschaft und der Arbeit. All diese Bezirke unseres öf fentlichen Lebens, die früher so mannigfach und verschieden verwaltet und geleitet wurden, sie stehen heute unter der e i n en straffen F ü h r u n g der Staatsgewalt. Al lerdings ging cs dem neuen Staat bei seinem schrittweise erobernden Vorwärtsschreiten nicht letztlich nm das Besitz- ergreifen von toten Institutionen — dieser Weg ist in der neuesten Geschichte des deutschen Volkes einmal beschritten worden und sein schnelles Ende haben wir alte erlebt — sondern das totale Ziel streben des Staates und der Inhaber seiner Macht geht auf die Menschen in diesem Staat selbst, ihre Herzen und ihre Hirne. Eine solche Staatsausfassung lässt cs naturnotwendig denn auch nicht zu, das; eine staatsfeindliche oder auch nur indifferente Macht glaubt, Mitglieder des Staates über eine Organisation in einem dem Geiste des Staates und seiner Führung fremden Sinne zu beeinflussen. Der hen- tige Staat sieht solche Organisationsgebilde, wie die Er eignisse der letzten Tage erst wieder gezeigt haben, als Ru dimente einer überwundenen Epoche an, die er unerbitt lich hinwegfcgt. So verschwand denn das Eigenleben der deutschna- tionalcn Kampfringe, am gleichen Tage gab der Stahl helm seine Eigencxistcnz auf, um in der grösseren Einheit der nationalsozialistischen Bewegung aufzugehen; eine Ak tion gegen die Bayerische Volkspartei erfolgte aus dem Verdacht, das; in den Reihen dieser Partei illegale, nicht gleichgerichtete Beziehungen zu auswärtigen, den National sozialismus ablehnenden Mächten bestehen. Die Christ lichen Gewerkschaften blieben zwar bestehen, werden aber bis in die untersten Dienststellen personell überholt. Schliess lich wurde das formelle Betätig ungsverbot ge gen d i e S P D. erlassen mit der Annullierung der Man date Ihrer Mitglieder. Damit ist das Endzucken des Marxismus der leisten 11 Monate in Deutschland (seit der Exekution gegen die preussische Negierung am 2N. Juli vorigen Jahres) in den förmlichen Tod iibcrgeführt wor den. Nun ist staatlicherscits der Unterschied zwischen so zialdemokratischem und kommunistischem Marxismus ge fallen, beide sind in gleicher Weise geächtet, als Staats feinde gebrandmarkt, in ihrer Betätigung völlig lahm gelegt. Es ist nur zu verständlich, das; die SPD. auf Grund ihrer Weltanschauung und Vergangenheit sich in das neue Staats- und Volksgcfüge nicht cingliedcrn konnte. Berlln, 21. Juni. (E. M.) Wie der Zeitungsdienst meldet, wurde am Sonn abendvormittag um il Uhr der Gesamtverband der Christ lichen Gewerkschaften durch den Sonderbeauftragten der NSBO. Klapper übernommen. Ten einzig anwesen den Vorstandsmitgliedern der christlichen Gewerkschaften Otte und Kaiser wurde erklärt, das; sie sofort das Haus zu verlassen hätten. Beide haben ohne ein Wort der Gegenrede dem Befehl Folge geleistet. Aus dem Reich liegen die Meldungen vor, das; an sämtlichen Geschäftsstellen gleichfalls mit dem Schlage 9 Uhr von der RSAO. die Besetzung vorgenommen wor den ist. Die Eingliederung der Christlichen Gcwerkschaf- Freitagnachmittag erschienen über Berlin auslän- dlsche Flugzeuge von einem in Deutschland unbekann- ten Typ und warfen über dem Regierungsvierlel und lm Osten Flugblätter mit einem die Reichsregierung be schimpfenden Inhalt ab. Da die bcnachrichtlgle Lnstpolizei eigene Apparate nicht zur Verfügung halte und die sonstigen auf dem Flughafen vorhandenen Sporlflugzenge die Schnel ligkeit der aufgelauchlen ausländischen Flugzeuge nicht er- reichten, konnten diese unerkannt entkommen. Dieser Vorgang beleuchtet schlagartig die unhall- bare Lage, in der sich Deutschland zur Zeit befindet. Flugzeuge eines bisher in Deutschland nicht gesehenen Typs können ungehindert über den Gebäuden der Reichsregie- rung erscheinen und hier Flugblätter mit unerhörten Le- schimpfungen des Deutschen Reiches abwerscn. Heute sind es noch Flugblätter, morgen können es schon Gas- oder Brandbomben sein, die Tod und Vernichtung bedeuten. Ulkt Recht wird überall in der deutschen Oesfenllichkelt die Frage gestellt: Wozu haben wir eigentlich eine Lustvoll- ,ei? 2lt es nicht dgs natürlichste, anzunehmcn, dasz diese Sie lebte und wuchs vom Schüren des Klasscnkampfes, dessen Uebermindung bekanntlich eines der Hochziele der gegenwärtigen Staatsrcgierung ist. Die Partei mutzte aber von innen heraus zerbrechen und auseinanderfallen in dem Augenblick, wo die Führer angesichts des Nieder gangs und der drohenden persönlichen Gefahr die Anhänger schmählich verlassen haben. Die Position der SPD. war seit langem unmöglich, sie war bereits in den vergangenen Wochen aus ihren Hauptstellungen und Betätigungsgebic- ten verdrängt und führte nun ein zwiespältiges Dasein mit einem Doppelgesicht: folgsam, untertan im Inland, hass erfüllt, konterrevolutionär jenseits der deutschen Grenz pfähle. So erfolgte denn in dieser Woche der offizielle staatliche Schlutzstrich unter eine zwangsläufige Entwick lung. len in die Deutsche Arbeitsfront wird nunmehr ln kür zester Zeit erfolgt sein. Schachts Rückkehr nach London Nächste Woche Fortsetzung der Transferbesprechungen in London Berlin, 24. Funk. (E. M.s Wie wir erfahren, werden in der nächsten Woche die Besprechungen mit den deutschen Auslandsgläubigern, die sich auf das Transsermoratorium beziehen, ln London fortgesetzt werden. Zu diesen Besprechungen wird Reichs- bankpräsident Dr. Schacht wieder nach London reisen. 'Luftpollzel tn ver rage wäre, zozorr rmzugreyen, unv v,r feindlick>en Angreifer an ihrem verbrecherischen Tun zu hin dern? Weit gefehlt — Deutschland besitzt Zwar eine Lust- poliwl, aber diese heisst nur so, weil sie auf Flughäfen als aufsichtführende Instanz tätig ist. Deutschland besitzt nicht ein einziges Polizelslugzcug, und warum nicht? — weil das Gebot der Feind- bundmächle Deutschland zur Ohnmacht gegen jeden Uebergrifs innerhalb seiner Lufthoheit verdammte. Jeder Vogel darf sich wehren, wenn sein Rest angegrlf. fen wird. Rur Deutschland mufz mit gestutzten Schwingen und stumpfen Krallen zuschauen, wenn sein Rest beschmutzt und demnächst vielleicht sogar zerstört wird. Das deutsche Volk verlangt Schuh vor moralischer ver- giftung, die sich morgen in materielle Vernichtung umwan deln kann. Das deutsche Volk fordert von einer verantwor- tungsbewutzten Regierung unverzüglich Nkasznahmen, nm die nunmehr unerträglich gewordene Schutzlosigkeit des deut- schen Luftraumes zu beseitigen. Wir fragen das Luftfahrt ministerium, von dem anerkannt werden muh, dah e« ge- wih schon vieles auf dem Gebiet der zivilen Luftfahrt in Zusammenarbeit mit den anderen Völkern geleistet hat: was gedenkt das Lustsahrtminislerium hiergegen zu tun. videant consulesl Das ist der Punkt, an dem die mit dem 30. Januar dieses Jahres cinsetzendc Entwickelung angelangt ist. Aber noch ist, wie bereits oben erwähnt, alles in Fluss. Wohin wird sich der Strom der elementaren Bewegung nunmehr wenden? Unschwer liessen sich ans Grund der Entwicklung der letzten Zeit gewisse Linien vorauszeichnen. Aber sehen wie einmal von dem unmittelbar Bevorstehenden ab. Greisen wir vielmehr zwei uns besonders wichtig erschei nende Distrikte unseres öffentlichen Lebens heraus, die bis jetzt noch fast unberührt geblieben sind, aus Grund des Vergangenen und massgebliche Aentzernngen jedoch über kurz oder lang von der auf die Gesamtheit gerichteten Be wegung erfasst werden dürften: die Gebiete der W issen- s ch a f t und N eligio n. Das, beide Wesensbestandteile unseres geistig-kulturellen Lebens sich des besonderen Role Fliegerpest über Berlin Deutschlands Ohnmacht in der Lust bewiesen