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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.05.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140526011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914052601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914052601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-05
- Tag 1914-05-26
-
Monat
1914-05
-
Jahr
1914
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Sette 2 Nr. 263. Margen»Nusqsve Leipziger Tageblatt. Dienstag, 26. Mal 1914. poliMÄie llebei-liekt Vie Erörterungen über Titeljchacher erlebeu eine Fortsetzung durch neue „Ent- yillluu>)en" de) Abgeordneten Liebknecht im „Vorwärts". Dort wird zunächst ein weiterer Brief de) Generalleutnants von Lin den au veröffentlicht, ans dem ycrvorgeht, das; der verstorbene Gouverneur vou Metz leider wieder holt Geschäfte in Ordens- und "Titclsachcn ge macht Hai, um seine finanzielle Lage zu ver bessern. Ausserdem wird ein weiterer Bries des sattsam bekannten, immer noch im Auslände weilenden Dr. Ludwig abgedruckt, der gleich falls erkennen lägt, das; dieser Herr Tirel- geschäste betrieb. Nimmt man zu den Brief Ver- össentlichungcn des „Vorwärts" noch die der „Breslauer Volksmacht", so muss man festslelleu, das; nun bereits fünf derartige -Leh rei ben des Herrn D r. Ludwig vorliegeu, durch die er ausserordentlich schwer belastet wird. Herr Dr. Ludwig scheint beim Reichsverband gcgeit die Sozialdemokratie recht viel freie Zeit übrig gehabt zu haben, bah er sich nebenbei noch mit derartigen „verdienstlichen Geschäften" befassen konnte. Dass der Rcichsverband als solcher mit diesen Ludwigschen Angelegenheiten nicht) zu tun hat, ist durch Erklärungen Lud wigs selbst und der Rcichsverbaudsleituug fest gestellt worden. Deswegen aber kann es dein ReichSvcrbande natürlich nicht gleichgültig sein, wenn sein zweiter Beamter als Privatmann der artige Briefe schreibt. Sind Dr. Ludwig nach der Abfassung seines zuerst vom „Vorwärts" veröffentlichten Briefes Zweifel über die Richtig keit seiner Angaben, den preussischen Professor titel zu kaufen, aufgestiegen und hat er sich von der Grundlosigkeit jener Angaben über zeugt, dann handelte er doppelt unvorsichtig, als er rn jenem Briefe dem ungenannten Arzt die Ausgabe von 10000 Mark für den Titelkauf ziemlich unverblümt als gute Kapitalsanlage empfahl und ihn dadurch mittelbar zum Titclkauf animierte. Die weitere Angabe Dr. Ludwigs, das; er nach der Erkenntnis der Haltlosigkeit sei ner Angaben in der Sache nichts mehr getan, Vermittlungsgebühr weder gefordert noch er halten habe, braucht nicht notwendig im Wider spruch zu der Stelle seines Briefes zu stehen, an der er schreibt: ,,Meiu Gewährsmann wünscht, das; Sie sich binnen acht Tagen entscheiden; wenn Sie ablehnen, ist meine Mission erledigt." — Auch diesen Punkt wird die amtliche Unter suchung aufhcllen müssen. Politik un- Sport. Der brandenburgische Gautag des Arbcitcr- Radsahrerbundes „Solidarität", der am 21 d. M. iiu Berliner sozialdemokratischen GewerkschaftS- hause stattfaud, hat sich lebhaft mit der Tat sache beschäftigt, das; er für politisch ertkärt 'worden ist. Wie aus dem Bericht des „Vorwärts" über den Verlaus des Gautages hervorgeht, hat man einerseits die Einreihung unter die politi schen Vereine als ungerechtfertigt hiugestellt, an derseits aber die Berechtigung des amtlichen Entscheides unmittelbar zugegeben. Wenn z. B. der Vorsitzende Deinert ertlärte, das; der Ar- beiter-Radsahrerbund, da er jetzt politisch sein iolle, um so eifriger im Dienst der Arbeiter bewegung seine Pflicht tun werde, so liegt darin das Eingeständnis der politischen Eigenschaft des Bundes. Das Gleiche gilt vou einer Aeuftcrung des „Genossen" Lambeck-Ofsenbach, der die ge genwärtige Lage des Bundes und die Aufgaben des nächsten Bundestages erörterte. Lambeck sagte nämlich u. a.: die Arbeiter-Sportbewegung werde der Agitation b ü rgerli ch e r Sportver eine und des Huugdeutschland-Bundes zu begeg nen nüisen. Noch klarer jedoch wurde die po litische Betätigung des Arbeiter-Radfahrerbuudes durch eine Episode beleuchtet, über die der „Vor wärts" das Nachstehende berichtet: „Unter „Verschiedenes" brachte Kreuzberg zur Sprache, das; von Parteiorganisa tionen noch immer die Werbearbeit der Ar beiter-Sportvereine mit Argwohn betrachtet werde. Deinert stellte fest, das; sich hieran schon manches geändert habe und der Wert der „roten Kavallerie" mehr und mehr er kannt worden sei." „Rote Kavallerie" hat sich der Arbcitcr-Rad- iabrerbund schon längst häufig genug genannt und damit deutlich zum Ausdruck gebracht, das; er sich politisch, nämlich im Interesse der sozial demokratischen Partei, betätigt. Wenn die Be hörden aus diesem Sachverhalt die gebotene Fol gerung gezogen haben, darf sich der Arbeiler- Radsayrerbund darüber n'chl wundern. die „wahre Stimmung" in Zrankreich. Der sozialdemokratische Reichstagsabge ordnete Wendel sprach im Reichstage kürzlich die Erivartung aus, das; es gar niebt mehr lange dauern werde, bis man jenseits der Vogesen grenze zur Bekräftigung des Friedensgedankens Deutschland hochlebeu jassen werde. Wie herz lich wenig diese kühne Vermutung den tatsäch lichen Verhältnissen entspricht, läßt der Ver lauf einer Tagung des französischen Ver eins für internationale Schieds gerichte in Havre erkennen. In einem Vor trag über den Friedens- und Veriohuungsgedan- ken bemerkte Professor Ruhsses von der Uni versitär Bordeaux nach einem Bericht der „Voss. Ztg." n. a. folgendes: „Die elsaß-lothringische Frage ist gelöst. Für die Franzosen ist ;ie nur noch ein Gegenstand angeregter Unterhaltung nach dem Essen, eine Kurzweil, um die Zeit tvtzuschlagen, eine Beschäftigung für Alter tumsforscher, ein Stoff für Feuilletonisten, die das Bedürfnis empfinden, seicht zu schwätzen." Diese Bemerkungen riesen einen derartigen Sturm der E n t r ü st u n g hervor, daß Professor Ruysscs seinen Vortrag kurz abbrechen und mit möglichster Beschleunigung den Vor tragssaal verlassen mußte. Die An wesenden nahmen dann einstimmig eine Tages ordnung an, in der sie sagen: „Die hier versammelten Franzosen stellen die schmachvolle Flucht Runsfcs fest, der sich dem Widerspruch entzog, den er doch zu ge statten erklärt hatte. Sie senden Hansi und Zislin die Versicherung ihrer tiefbewegten Sympathie in dem Kampf gegen den deutschen Truck und versichern die von ihnen los gerissenen Brüder in Elsaß-Lvth- ringen ihrer uners chütterli chen Treu e." So ist die Stimmung sogar iu den Reihen des Vereins für internationale Schiedsgerichte. Sollte das nicht zu denken geben? Mexiko. Während aus Mexiko gemeldet wird, daß Huerta über die Nachrichten aus Niagarafalls sehr befrie digt sei und eine baldige Lösung der Straitfragen erhoffe, spricht eine direkt aus Niagarafalls kom mende Meldung davon, daß die Forderung der ame rikanischen Delegierten über die Regelung der Land frage in Mexiko für die mexikanischen Delegierten unannehmbar sei. Folgende Dvachtmeldungen liegen vor: Mexiko. 25. Mai. Der Minister des Innern er klärte nach einer Konferenz mit Huerta, daß Huerta über die Nachrichten aus Niagarafalls sehr befriedigt sei. Es scheint, daß man sich einer befriedigenden Lösung der Streitfragen nähere. Niagarafalls, 25. Mai. Es wird erklärt, daß die Forderung der amerikanische« Delegierten, genaue Entwürfe für die Regelung der Land, frage in Mexiko in die Regelung der mexika- nischen Lage einzubeziehen, für die Vermittler unannehmbar sei. Falls daraus bestanden würde, würde dies für die mexikanischen Delegierten ein Grund zum Abbruch der Verhand lungen sein. Trotzdem erklärte gestern ein ame- rikanischer Delegierter, die Verhandlungen schritten günstig fort. Die Waffeneinfuhr nach Mexiko wieder verboten. Luigi Barzini meldet seinem Mailänder Blatte aus der Stadt Mexiko vom 24. Mai: Die Bereinigten Staaten haben die Einfuhr von Waffen nach Mexiko verboten und IN Millio nen Patronen und 5NNN Gewehre in El Paso be schlagnahmt. Hierdurch erscheint die Revolution ge lähmt und bört auf, die Beherrscherin der Lag? zu sein. Jedenfalls zeigen die Vereinigten Staaten durch ihre Haltung den ernsten Willen, die Vcr- m i t t l u n g sko n f c r e n z zu einem positiven Erfolge zu bringen. Die Vertreter der vermitteln den Staaten suchen vergeblich, die Aufständischen zu einer Teilnahme an der Konferenz zu bewegen. Einstweilen dauert die kriegerische Tätigkeit m Mexiko unverändert fort, doch sind große Kämpfe nicht mehr zu verzeichnen. Die Stadt Mexiko selbst befindet sich in einem Zustande ängstlicher Erwartung. Die Bevölkerung wird durch den kleinsten Tumult in heftigsten Schrecken versetzt. Die Nachrichten über den Fortgang der Konferenz wer den mit dem größten Interesse verfolgt. Es scheint, daß Mexiko nur auf der Form besteht, um seine Würde >u wahren, aber sonst große Nachgiebigkeit an den Tag zu legen bereit ist. Heer und Potte. Eine neue Fliegerschule für Marineoffiziere. Hinter der großartigen Entwicklung des Land flugwesens hat das M arineflugwesen bis vor kurzem noch stark zurücktreten müssen. Aber seit einiger Zeit ist auch hierin eine veränderte Situation geschaffen worden, das Hochsceflugwesen geht mit großen Schritten seiner umfangreicheren Ausgestal tung entgegen. Schon ist unser Marineflugwesen so weit, daß bei den diesjährigen Frühjahrsübungcn der Hochseeflotte die Wasserflugzeuge in großem Maßstabe hinzugezogen werden sollen. Wie es heißt, beteiligen sich 8 Wasserflugmaschinen der Marine an der sogenannten „Maireise". Man ersieht daraus, mit welcher besonderen Aufmerksamkeit die Flottenleitung auf eine großzügige Entwicklung des Marineslug wesens bedacht ist. Es versteht sich nun von selbst, daß die Riesensortschrittc des Marineflugwcsens in der letzten Zeit eine veränderte Grundlage für die Aus bildung der Marineoffiziere zu Marinefliegern ver langen, dem muß natürlich seitens der Marine verwaltung Rechnung getragen werden. Nachdem in der Hauptsache der Typ eines kricgsbrauchbaren Wasserflugzeuges gefunden worden ist, steht sogar die Frage der Ausbildung bedeutend mehr im Vorder grund. Es kann jetzt nicht mehr als genügend angesehen werden, daß zur Ausbildung unserer Marineflieger in der Hauptsache nur die beiden Marineflugstationen Putzig und Wilhelms haven zur Verfügung stehen. Um so mehr nicht, als jetzt zu Beginn des Frühjahrs 11 weitere See offiziere zur Marine-Fliegcrabteilung kommandiert worden sind, so daß diese bereits über einen Stamm von 28 Offizieren verfügt. Es ist deshalb auch von der Marineverwaltung freudig begrüßt worden, daß sich eine deutsche Gemeinde bereitqefunden hat, weitere Ausbildungsmöglichkeiten für Marineoffiziere durch Errichtung einer neuen Fliegerschule zu schaffen. Es ist die Gemeinde Steinhude, die an dem „Steinhudcr Meer" einen großen Fahrzeugpark für Wasserflugzeuge anlegen wird. Die Wahl der neuen Fliegerschule ist für die Ausbildung der Marine- Fliegeroffiziere als äußerst günstig zu bezeichnen. Das Steinhuder Meer ist ein verhältnismäßig großer und ruhiger Binnensee, der für Anfänger wie ge schaffen scheint, um sich dort mit den Bedingungen der Wasserflügc vertraut zu machen. In dieser Er kenntnis hat denn auch die kaiserliche Marine die feste Zusage abgegeben, Marineoffiziere nach Stein hude abzukommandicren, sobald die Fliegerschule er richtet ist. Eine Flugzeuggescllschaft will auch daselbst Wasserflugzeuge an Ort und Stelle bauen, die den Marineoffizieren zur Erprobung zur Verfügung ge stellt werden sollen. Alles in allem darf man dem Schritt der Gemeinde Steinhude als einem weiteren Fortschritt in der Entwicklung unseres Marine-Flug wesens die Anerkennung nicht versagen. Deutsches Reich. * Aus dem 15. Reichstagswahlkreise. Vor einer befriedigend besuchten öffentlichen Versammlung sprach am letzten Sonn rbend abend in Wald kirchen Abg. Clauß-Plaue über „Die Arbeiten des sächsischen Landtags". Nach dem Vortrag kam es zu einem anregenden Gedankenaustausch, und die Versammlung hatte den erfreulichen Erfolg, daß der nationalliberalen Partei 22 neue Mitglieder zugc- führt werden kpnnten. O- - ' ' * Dank des Kaisers. Auf das Huldigungstele- aramm der Vertreter der wirtschaftsfricdlichcn Ar beiterbewegung an den Kaiser ist in Saarbrücken folgendes Antworttelearamm eingegangen: „S. M. der Kaiser und König haben den Huldigungsgruß der dort versammelten Vertreter der nationalen wirt schaftsfriedlichen Arbeiterbewegung gern ent gegengenommen und sich über das treue Ge denken des segensreichen sozialen Wirkens des ersten Hohenzollernkaisers gefreut. Seine Majestät lassen für die Erneuerung des Gelübdes der Treue danken und werden auch ferner den wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter ihre Fürsorge zuteil werden lassen. Auf Allerhöchsten Befehl (gez.j von Valcntini." * Die Frage des Reichstagspräsidiums. Eine Berliner Korrespondenz verbreitet Meldungen, Dr. Kaempf würde sich nicht wieder zum Präsi denten wählen lassen. Daß eine Entscheidung hierüber noch gar nicht getroffen ist und daß die Wahl des Herrn Kaemps unter den veränderten Umständen nicht mehr wahrscheinlich ist, haben wir hier schon angedeutet. * Gegenstandslose Erörterungen. Die Londoner Nachricht, der englische Marineminister Churchill werde als Gast des Direktors Bailin während der Kieler Woche an der Regatta teilnehmen und so Gelegenheit haben, den Kaiser nebst leitenden deutschen Staatsmännern häufiger zu sprechen, bat Anlaß zu politischen Kommentaren gegeben. Hierbei ist aber die Tatsache, daß Churchill jene Nachricht sofort widerrufen ließ, nicht genügend beachtet worden. Da die Richtigkeit des Widerrufes uns an zuständiger Stelle bestätigt wird, erweisen sich jene politischen Kommentare als gegenstandslos. * Das preußische Abgeordnetenhaus will heute abend in die Ferien gehen, nachdem die erste Lesung der Besoldungsnoveile und die erste Lesung des Fischereigesetzes erledigt sind. Zum Fischereigesetz werden Vie Parteien nur kurze Erklärungen abgeben. Rach Pfingsten werden nur noch die 2. und .st. Lesung der Besoldungsnooelle und die 1. Lesung des Fidei- kommißgesetzes beraten werden. Am 13. Juni soll spätestens Vertagung eintreten. * Heinrich Vogelsang gestorben. Im 53. Lebens jahre ist in Bremen der Kaufmann Heinrich Vogelsang gestorben, dessen Name mit den Anfängen der deutschen Kolonialvolitik verknüpft ist. — Vogel sang war 1883 als Bevollmächtigter des Bremer Kaufmanns Lüderitz, den er auf Südwestafrika erst aufmerksam gemacht hatte, an die Küste von West afrika gesandt worden und hatte von einem Hotten tottenhäuptling an der Bai von Angra Pequena Land erworben, das bald darauf unter die deutsche Schutzherrschast gestellt wurde und den Anfang un serer heutigen Kolonie Südwestafrika bildete. Er war somit der erste Deutsche, der Kolonialbesitz er worben hat. * Die 44. Hauptversammlung der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung findet in Verbindung mit dem 3. Vortrags- und Uebungskursus für frei willige Volksbildungsarbeit vom 1. bis 7. Oktober dieses Jahres in Berlin statt. Der Arbeitsplan ist folgender: 1. bis 3. Oktober: Vorträge, Hebungen und Erörterungen. 3. Oktober abend: Begrüßungs abend für die Teilnehmer der Hauptversammlung. 4. Oktober: Hauptversammlung. 5. bis 7. Oktober: Vorträge, Uebungcn und Erörterungen. Als Dozen ten werden wiederum Männer und Frauen tätig sein, die auf dem Gebiete der freiwilligen Volks, bildungsarbcit an hervorragender Stelle tätig sind. Auf der Hauptversammlung wird die Jugendpflege in ihrer Bedeutung für die Volksbildungsarbeit er örtert werden. Alles Nähere teilt die Geschäftsstelle der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung, Berlin NW. 52, Lüneburger Straße 21, mit. Ausland. Gesterreich-Ungarn. * Kaiser Franz Joseph hat die Regierungs- gcschäfte in vollem Umfange wieder ausge nommen. Graf Tisza ist auf Anordnung des Kaisers nach Wien gekommen. Frankreich. * Bürgermeister Lemire. Wie vorauszusehcn war, wurde Abbe Lemire am Sonntag von dem Gemeinderat von Hazebrouk mit 26 gegen eine einzige Stimme, die durch einen unbeschriebenen Stimmzettel vertreten war, und wahrscheinlich von ihm sew't stammte, zum Bürgermeister ge wählt. Italien. * Unfall des Marineministers Milla. Aus Genua wird gemeldet: Als Marincministcr M illo das Hotel verließ, um den König zur B;- sichtigung der Pterft Ansaldo zu begleiten, ftolpkne er über einen Teppich, stürzte und brach das rechte Bein. Die Aerzte erklären, er müsse Sd«r einen Monat das Bett hüten. Der König be suchte ihn in Begleitung des Herzogs der Abruzzen und des Kolonialministrrs Martini. * Der neue Kämmerer der römischen Kirche. In dem am Montag vormittag abgehaltencn gehei men Konsistorium hat der Papst an Stelle des „Spezialisten." Die Tommeraiisstellung der Münchener Lczcssion. Es gibt Leute, die in der Abspaltung der Jüngeren von der Münchener Sezession eine t^efabr sehen. Sic werden angesichts dieser Soniinerausstellniig die Notwendigkeit einer „Neuen Sezession" einsehen müssen. Seiten bat wohl eine Ausstellung den Eindruck so völli ger Zwecklosigkeit gemacht wie diese. Oder kann irgend jemand das Rätsel lösen, warum sich das Publikum zweimal jährlich davon über zeugen must, das; Earl Reiser weißen Schnee und blaue Berge malen kann, daß Mar Buri durchaus langweilige Bancrnbilder mit posierter Farbenderbhcit dahermall, daß Philipp Frank nichts andres auffällt als nackte Knaben am Wasser, daß Schramm Zittau nicht über die „Biergärtcn" hinauSkommt'?'? Spezialisten — nichts als Spezialisten, vorzügliche Könner, glänzende Techniker — aber nie und nimmer Künstler — einerlei ob sie Gefchäftstüchtigkeu oder Verbohrtheit (nicht die geniale Verbohrt heit der ganz Großen, sondern eine philologische, spießige Verbohrtheit), die einmal erworbene Do mäne mit Zähigkeit behaupten läßt. Wer zwei felt an der Existenz des Spezialisten für Marzi- panakte «Albert v. Keller), oder Leo Sam berg es, des Spezialisten für brannsaucige Porträts? Ist es diesen Künstlern nicht klar, das; uns Dinge, die vor zehn Jahren eine Offen barung waren, heute bare Lanaeweile bedenken, allein schon deshalb, weil diese Dinge jich in den Jahren nicht entwickelt haben? Gerade die Ab wärtscntwicklirng der Träger guter Namen be weist das aufs erschreckendste. Zp»r kann man l über zwei Entgleisungen Habermanns den Mantel des Schweigens decken, solange nicht neue Werte bezeugen, das; mit diesen beiden Bildern irgendeine „Rimtung" cingeschlagen wer den sollte, aufs deutlichste aber muß betout wer den, daß auch die Popularität und Vorslands- eigenschasl Stucks die Jury nickit abbalten durfte, die Erzeugnisse dieses Malers abzuweisen, die einfach unter jedem Nivcau sind. Ein „bock- linender" Fann und eine Gesellschaft „frei nach Menzel" sind noch eventuell diskutabel. Ein Ritter aber, der einen hellblauen «N Drachen getötet hat (Farbprvblem!) und ein Mädchen, das mit dem bekannten „dämonischen" Augen rollen der „Sünde" die Pest darstetlen möchte, dürste selbst garleulanbelesende Backfische nur mäßig ergötzen. — Das Verhängnis dieser Aus stellung hat cs gewollt, daß selbst Trübncr eine recht schwache, in den wesentlichem Teilen nndurchgebildete Landschaft gesandt hat. Ein schwacher Trost für die Alten mag cs sein, das; die Jungen nicht besser sind. Ich vermag wenigstens keinen Unterschied zu sehen zwischen denen, die füll selbst abschreiven und denen, die Größere avsmrelbeu. Ob nun B r o ck« Husen alles von van Gogh oder Hcltner altes von Greco hat, einerlei schließlich auch, ob man — wie Egon Schiele — Klimt miß- versteht und daraus ciu Prinzip macht: Spezia listen — hier wie dort. Schade um die wenigen guten Bilder, die au- Ehrlichkeit, Können und malerischer Ein- sicht entspringen. Ais begabten Porträtisten möchte ich da vor allem den jungen Dresdner Wilhelm Klaus neunen, lastend vorbeizeich nend noch, zuweilen vorbeigreifend, aber mit scharfem Willen für das Wesentliche, das aller dings dem pstzchologlsckten Zcrgliederungsdrang des Schöpfers nicht immer standhält. Sein Lehrer Zwintscher hat ein Porträt des Dichters Ottomar Enking gesandt, das ein wenig trocken, aber durchaus gekonnt ist. Der schon früher an dieser Stelle erwähnte Eduard B an dre xl versucht mit Erfolg sein etwas grobes Tenli eramcnt zu bändigen. Sein „Bildnis" ist scharf nnd klar, ohne durch Derbheit kühne Wir kungen zu .hindern. Hermann Grvcbcr ist vielleicht zu fleißig, seinem starken koloristischen Können hattet etwas allzu Bürgerliches an. Schließlich geboren noch ein Ltillcben von E. R. K l i s; und ein prächtiges Blnmcnstück von Orlik zum „Positiven". Von Plastiken fallen Richard Knecht und Ian Stnrsa ans dem Rahmen der Lange weile. — Stnrsa, sonst sehr stark in der Be wegung, gibt eine Tänzerin in gebändigter Ruhe, Knecht eine weiblick>e Figur in einheitlichem Rhythmus der Linien. Immerhin ein schwaches Ergebnis. Die „Reue Sezession" hat Grund nnd Gelegenheit, sich in München der Kunst anzunehmen, .^öffent lich hält sic, was man sich von ihr verspricht. IVickter von Hollander. Vie Galerie -er vomkuppel zu Porenz. Die Galerie am Aeußeren der Kuppel des welt berühmten Florentiner Domes, die von Baccio d'Agnolo in den Jahren 1500—15 besonnen wurde, dann aber unvollendet blieb, fall jetzt nach vier hundertjähriger Pause doch noch zu Ende geführt werden. Wie Walter Biehl in der „Kunstchronik" mitteilt, hat der Dombau-Ausschuß beschlossen, zu- nächst «inen Programmentwurs für «inen inter nationalen Wettbewerb, sowie einen Bericht von Giovanni Posgi. dem Direktor der Uffizien, über die Geschichte drr Galerie zu veröffentlichen. Diese Geschichte ist interessant genug. Im Jahre 1507 wurde ein Wettbewerb für die Herstellung der Galerie der Domkuppel ausgeschrieben, und noch bewahrt die Domopera acht Modelle, die damals cinlieten. Die Ausführung wurde Baccio übertragen, der acht Jahre lang das Werk betrieb. Dann wurde die Arbeit abgebrochen, und iwar, wenn Vasari recht berichtet, aus Betreiben Michelangelos, der selbst ein neues Modell entworfen haben soll. Michelangelo hat auf Baccios Galerie das böse Spottwort geprägt, es sei ein Erillenkäfig, und es heißt, daß dies Epigramm die Wirkung gehabt habe, daß der Galeriebau unterbrochen wurde Man sieht heute also nur ein Bruchstück davon, an der Slldost- seite der Kuppel, und dieses Bruchstück ist. wenn man es billig beurteilen will, nicht geeignet, Michelangelos beißendes Wort zu rechlfertigen. Es ist, wie Biehl bemerkt, eine tüchtige Arbeit der reifen Hochrenaisfanee ein wenig kühl, allgemein und unpersönlich, aber im ganzen doch den Linien von Bru ne lleschis Meisterkuppel treffend angepaßt. Indes die Fortsetzung der Galerie unterblieb, und so besteht denn noch bis zum heutigen Tage zwischen dem Tambur und der Kuppel ein klaffender Riß. der ein vermittelndes Glied gebieterisch heischt. Be reits im Jahre 1903 hat der Ingenieur Arnolds Eine ort einen neuen Plan für den Ausbau der Galerie aufgestellt, allein er verlor sich im Kleinlichen, und es steht doch sehr zu befürchten, daß es keinem modernen Künstler gelingen wird, etwas Besseres zu finden, al» da» Modell des Baccio d'Agnolo. der doch immerhin in seinem ganzen baulichen Gefühle uns Denken dem Meister der Domkuppel noch recht nahe stand. Es drängt sich daher die Frage auf, i b man nicht am besten fahren wird, wenn man das unterbrochene Werk Baccio» nach vierhundertjährigcr Pause wieder aufntmmt und die Galerie nach seinem Plane «usdaut.
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