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6aIIra Irrumplians (Von unserem Vertreter.) Paris, Ende Juli. K. Wer im Abstand einiger Wochen wieder durch Paris schlendert, alte Bekannte begrübt und Zei tungen und Zeitschriften durchblättert, wird sehr bald den Umschlag der politischen Atmosphäre seststellen, der sich mit den beiden vergangenen Monaten in Frankreich vollzogen hat. Es ist eine vollkommene Beruhigung ein getreten, und dieses Land, das im Frühjahr einer wirk- lichen Nervcnkrise nahe war, hat sich völlig zu der Sicher heit seiner Existenz zurückgefunden. Gewiß, die Zeiten sind nicht günstig, der Wirtschaft geht cs nicht gut, und im Staatshaushalt klafft ein nicht unerhebliches Loch, in den Wandelgänge» der Kammer wird wieder einmal von einer kleinen Regierungskrise gesprochen —, aber was be deutet das alles, wenn die soziale Struktur dieses Landes noch unerschüttcrt ist nnd seine Stellung in der Welt wieder die alte geworden ist? Wohlstand und Freiheit, eigene Macht und mächtige Freunde —, wäre nicht jeder ein Narr wie Gorgulosf, der jemals leine Hand gegen Frankreich erhebe» würde . . .'? Das Vewusjtsein der Sicherheit, das weitgehend erschüttert war, ist mehr als wicderhergestellt, seitdem der wirkliche oder vermeintliche Gegner seine innere Schwäche gezeigt hat, und die Alliierten, die schon im Begriffe standen zu scheide», zurückgekehrt sind. Die gegenwärtigen Vorgänge in Deutschland werden mit Interesse, aber auch mit vollster Gelassenheit beob achtet. Die Restauration des preußischen Konservativismus ist seit Lausanne keine Gefahr mehr, die schrecken könnte, und erst recht der Nationalsozialismus hat für oas Emp finden Frankreichs jede Furchtbarkeit verloren. Seitdem Hitler die gegenwärtige Negierung stützt, ohne diese Unter stützung einzugestehcn, und zu Händen Schleichers eine eigene Uebernahme der Macht abgelobt lzat, ohne seiner Gefolg- schaft gegenüber eine Mitteilung darüber zu wagen, ist er in Frankreich als das erkannt worden, was er ist. Je mehr „Fronten" es in Deutschland gibt, um so besser für eine Macht, die traditionsgemäß doch immer noch die Ein heit der deutschen Nation als ihre eigene Gefahr empfindet, und mit besonderem Interesse schickt sie sich an, die Fronten bildung zwischen Reichswehr und National sozialismus z» verfolgen. Alles das sind für das Empfinden Frankreichs so abstruse Vorgänge, daß sie längst aufgehört haben, eine Gefahr zu bilden, ferne, sonderbare, unverständliche Ereignisse, die man etwas mitleidslos zwar, aber ohne Erregung und Geschimpfe verfolgt. Je diskreter ihnen gegenüber die eigene Zurückhaltung, desto deutlicher wird allen übrigen Mächten werde», auf welcher Seite des Rheins denn nun die lhenien der Eintracht, der Ordnung und der schönen Sitte wohne», nnd leider ist diese Erwartung bereits zu einem erschreckend großen Maße verwirklicht. Auf Lausanne ist bereits Genf gefolgt, nnd zwischen Paris und London Inn sich im Augenblick viele Dinge, ebenso wie zwischen den osteuropäischen Alliierten Frankreichs und Moskau. Aber in erster Linie ist es doch die innere Situation Deutschlands selbst, aus die sich die Beruhigung Frankreichs gründet. Die Negierung Schleicher — Gayl—Braun stellt den offenbaren Versuch dar, die Vormachtstellung des alten Preußens wiedcrherzustellen, und aus langer geschichtlicher Erinnerung weiß Frankreich, daß nichtPreußen die Gefahr ist. Von dem Großen Kurfürsten an, der 1670 einen Allianzvertrag mit Ludwig XIV. schloß über Fried rich den Großen und Friedrich Wilhelm II sind bis zum Neichsdeputationshauptschluß alle preußischen Könige die Alliierten Frankreichs im gemeinsamen Kampfe gegen das Deutsche Reich gewesen, und erst als Bismarck nach dem letzten dieser Bruderkriege von 18s>g eine neue Reichs einheit begründe» wollte, begann die Allianz Preußens mit Frankreich sich in eine Gegnerschaft zu verwandeln. Nicht Preuße» selbst, sondern erst das Nismarcksche Reich ist mit Frankreich in Rivalität um die Hegemonie über Europa getreten. Wenn infolgedessen eine deutsche Negie rung jetzt zu erkennen gibt, daß ihr unmittelbarstes Inter essengebiet weniger zwischen Maas und Memel als zwischen Elbe und Memel liegt, und ihr der Belt dock) sehr viel mehr bedeutet als die Etsch, mit anderen 'Worten die preu ßische, kleindeutsche Tendenz wieder in den Vordergrund der deutschen Politik tritt, so ist es sicherlich nicht Frankreich, von dem ein Widerspruch gegen diese Entwickelung aus gehen wird. Deutschland auf eine kleindeutsche Politik zu- rückgeworsen zu haben, würde für Frankreich doch den er folgreiche» Abschluß eines ganzen Eäkulums bedeuten! Auf ein „vornnnia riveonno v.-st, Oormnnin non" Preußen sei notwendig, nicht Deutschland, könnte sich der Quai d'Orsay gewiß einlassen. Es ist deshalb hier bereits mit wirklicher Genugtuung begrüßt worden, daß die deutsche Negierung' keine ernstlichen Schwierigkeiten gegen das Zu standekommen des Anleihevertrageg mit Oesterreich ge macht hat, der durch seine Zurückführnng aus das Genfer Protokoll von 1022 die Möglichkeit eines An schlusses aus zwanzig Jahre ausschließt. In der Tatsache, daß diese Bestimmung ohne Protest des anwesenden Reichsvertreters angenommen werden konnte, geschweige denn mit Einsatz aller politischen Mittel in hibiert worden wäre, sehen hiesige politische Kreise bereits ein Anzeichen, daß die großdeutschen Forderungen in Zu kunft doch nicht von jeder Negierung mit absolutem Nach, druck geltend gemacht werden, und über manches ist doch noch eine Verständigung möglich bleibt. Jedenfalls ist es mit dem Anschluß jetzt bereits für zwanzig Jahre ans, und jene deutschen Parteien, die den etwaigen österreichischen Zuwachs für die inneren Verhältnisse des neuen, „größeren" Deutschland für keineswegs so wünschenswert hielten, sind damit vielleicht eine nicht geringere Sorge los wie Frank reich, das die Verhinderung des Anschlusses zum Richtpunkt seiner Nachkriegspolitik gemacht hatte. Eine Zurückverlegung des Schwergewichtes der deut schen Politik nach Brandenburg und Preußen würde die „deutsche Gefahr" für das Empfinden Frankreichs um vieles ferner rücken, und mit den sozialen und politischen Spannungen, die sie für Deutschland im Gefolge hätte, um viele Grade blasser erscheinen lassen. Eine gewisse Ver schärfung der deutsch-französischen Beziehungen erwartet man in hiesigen ministeriellen Kreisen aus dem Bedürfnis der gegenwärtigen Reichsregierung eine Revision der Heeresverhältnisse vorzunehmen. Aber man neigt hier zu der Erklärung, daß der Versuch, eine Art allgemeiner Wehr pflicht wiedereinzuführen, auf die Wiedereinsetzung der preußischen Armee in ihre frühere Parlamentarier und Abrüstungssragk Bemerkungen zur Genfer Tagung der Interparlamentarischen Anion lBon unserem Vertreter.) II. Kens, Ende Juli. Von der Genfer Konferenz der Interparlamentarischen Union, die zeitlich mit den letzten Beratungen der inzwischen versunkenen Abrüstungskonferenz zusammensiet. hat man in der deutschen Oesscntlichkeit kaum mehr gehört, als jenen sensatio nell ousgcmachten „Zwischenfall", der viel weniger zwischen Franzosen und Italienern, als zwischen Sozialisten und Fa schisten spielte und der durch den Austritt der Italiener aus der Union eine nicht gerade befriedigende Lösung gesunden hat. Dieser Zwischensall ist im übrigen eine „häusliche" Angelegen heit der Union selber, er hat die Tagung nicht wesentlich beein flußt. und er würde kaum die olle sonstigen Tagungsereignisse geradezu verdrängende Beachtung gefunden haben, wenn er sich in einem nationalen und nicht in einem internationalen „Parlament" zngetragen, — und cvenn eben dieses internatio- ale Parlament nicht gerade zufällig im Völkerbundhaus getagt hätte. Es wäre jedenfalls falsch, wenn man die Genfer Kon ferenz der Union mir nach diesem unerfreulichen Intermezzo und nur vom Sensationellen her beurteilen wollte. Weit wichtiger als das sozialistisch-faschistische Zwischen spiel war die Debatte der Konferenz über die A b - r ii st u n g s s r a g e, die unmittelbor nach dem traurigen Ende der Abrüstungskonferenz cinsetztc. Diese Debatte, die mit der Annahme einer recht unbefriedigenden Entschließung und mit der Vertagung der deutschen Abänderungswiinfche auf das nächste Jahr l!) schloß, zeigte ein Zweifaches: Einmal bewies sie, daß die „Ergebnisse" der Genfer Abriistungsarbciten auch in der öffentlichen Meinung — soweit sic durch die Parla-inen- tarier vertreten wird — derjenigen Länder, welche die Haupt Verantwortung sür das Schicksal der Abrüstungskonferenz tragen, stark mißbilligt werden: diese Feststellung zu machen, ist erfreulich. Ihr Alert wird jedoch beträchtlich durch die ziveite, notwendige Feststellung hcrabgemindert, daß die Gesamtheit der Interparlamentarischen Union, soweit sie ihren Willen in der mehrheitlichen Annahme oder Ablehnung von Tertcn aus drückt, auch jetzt noch ui ch I den M ut gesunden hat, in der A b r ii st u n g s f ra g c w e i t e r z ug c h c n, als dies die Mehrheit der auf der Abrüstungskonferenz vertreteneu Regierungen für gut befunden hat. Damit hat sich bewiesen, daß das Forum der Inter parlamentarischen Union zwar die Voraussetzungen jiir eine sreie und osscne Meinungsäußerung schasst, dc-ß aber auch hier jenes von Madnriaga sür die Vülkerbungstonfcrcnzcn pro klamierte Wort Wort Geltung hat, wonach bei der Debatte die Wünsche, bei den Entscheidungen lAbstiiumiiNgeu) das Mögliche, also der Kompromiß, den Ausschlag geben m üßten. In der Debatte der Inlcrparlamcutoriiihen Konferenz Hal der Belgier B r o n cl > r e beispielsweise die bisherigen „Resul tate" der Abrüstungskonferenz als „völlige,, M gerfolg" bezeicki nct lwobci er freilich vergessen zu haben jchien, daß er als belgischer Delegierter ans der 'Abrüstungskonferenz, namentlich durch seine Tätigkeit im Luslsohrlausichuß, immerhin seinen bescheidenen Anteil an diesem Mißerfolg hatte),- der englische — frühere — Ctaatsjekrctär Morgan Johns hat sich in dieser Debatte mit ebenso glücklichen wie unzweideutigen For mulierungen für den deulscl)cn Anspruch aus Gleichberechtigung — nicht nur Deutschlands, sondern aller Völker — eingesetzt, und die Rede des französischen Redners Merlin war eine ein zige Kritik an dem, lvas die Abrüstungskonferenz in Gens ge tan, oder vielmehr: zu tun unterlassen hatte. Besondere Be achtung verdiente und sand auch im Rahmen der Genfer Debatte die Rede der deutschen Abgeordneten Frau Teuf ch, die als einziges in diesen wichtigen Sitzungen vertretenes deutsches Mitglied — die übrige» deutschen Parlamentarier hatten die Konferenz vorher verlassen müssen — außerordentlich geschickt begründet und überlegt die Stimme Deutschlands in diesem internationalen Gremium wahrnahm. Diese Tatsache sollte in Deutschland ganz allgemein zunächst deshalb besonders aner kannt werden, iveil Frau Teusch ursprünglich gar nicht zur Abrüstungsdcbaltc, sondern als Sachbcraterin sozialpolitischer Fragen zur Konferenz der Interparlamentarischen Union ge kommen ivar. Diese deutsche Rede zur Abriistungssrage n>ar weiterhin auch dadurch interessant und wichtig, daß hier — un mittelbar nach der letzten Genfer Erklärung Nadoluys — das deutsche Nein zum bisherigen Ergebnis der Abrüstungs konferenz in einer Weise begründet wurde, welche die Darstellung des offiziellen deutschen Delegierten aus der Abrüstungskonferenz in einem wichtigen Punkte erweiterte. Wir halu.ni früher an dieser Stelle schon gesagt, daß Radolnys ,'henser „Abschieds rede" noch gewonnen hätte, wenn er zur Begründung der deut schen Ablehnung mehr die Enttäuschung des deutschen Volkes Uber den Mißerfolg des Abrüstungs-Werkes, anstatt die deutsche Forderung nach der Gleichberechtigung herangc,zogen hätte. Das hat nun die Rede der deutschen Parlamentarierin in Gens vor einem zwar verschiedenen, aber gleichfalls inter national zusammengesetzten Gremium getan. Wie man weiß, Hal die deulsck)e Rednerin mehrere deutsche Abändcrungsanträge zu den Entschlicßungscntwürfen über Ab rüstung und Cick-erheit eingebracht, die im wesentlichen darauf hinausgingcn, die unbefriedigenden Entwürfe im Sinne einer gerechteren und objektiveren Formulierung ,u ergänzen. So sollte etiva dem ausgesprochenen Wunsch aus „Erweiterung des Völkerbundpakles" der Gedanke hinzugesügt werden, daß diese Erweiterung im Sinne der Artikel ll und I!) sFortschrittsge- danke, Revision unanwcndbar gewordener Verträge) des Paktes zu geschehen habe, — während die Entschließung über die Ab- rüstungsfrage selbst die Tatsachen der Rüßungsungleichheit, der daraus entstehenden Gefahren für de» Frieden und des völligen Mißerfolgs der Konferenz eindeutig hcrausarbcilen sollte. Die ses Ziel tonnte nicht erreicht werden: Obwohl vir Debatte der Konferenz starke Kritiken nm „Resultat" der Abriislungskonse- ren; ergab, obwohl die deutschen Anträge wohlbegriindet waren, gelang cs gewissen, ljaupljächlich französischen, Konferenzkreisen, die deutschen Wünsche praktisch unschädlich zu machen, indem sie bis 'nr nächsten Iahreskonscrenz „vertagt" wurden. Es ist be zeichnend, das, keine direkte Ablehnung dieser Anträge erfolgt ist, - das hat man angesichts der Stimmung der Weltöffent lichkeit und der harten Kritik, der gerade hier das Ergebnis der 'Adrüstungskoivferenz begegnete, nicht gewagt, — aber es ist andererseits doch auch ebenso bezeichnend, daß trotz dieser Stim mung und trotz dieser Kritik die deutschen Anträge nicht be- handelt, sondern verschoben wurden. Soll man aus dieser Tatsache schließen, daß auch bei diesen internationalen Verhandlungen schließlich - Macht fragen entscheiden? Heim'.iche Massen Erhebliche Wafsenbrschlagnahmc in Breslau, — Insgesamt 181 Personen vcrhastct. Breslau, l. August. 'Rach dem verhältnismäßig ruhigen Ausgang des Wahl tages in Breslau konnte die Polizei bei ihrer Nachlese in der Nacht und den Morgenstunden des Montag bei verschiedenen politischen Gruppen Waisen beschlagnahmen. Bei der Durch suchung eines Lastkraftwagens, der mit Nationalsozialisten be setzt aus der Stadt Tschanch fuhr, wurde eine Pistole, ein fest stehendes Messer und drei Stahlhelme zutage gefördert Weiler wurden bei einer Durchsuchung von KPD.-Angehörigen in Tsck-anch zwei geladene Karabiner und ein Jagdgewehr in einem Garten gesunden Gegen vier llhr morgens wurde eine leerstehende Fabrik in Tschanch, die von SA-Leuten belegt mar, näher geprüft. Ii Pistolen sowie Munition sielen in die Hände der Beamten. Um die gleiche Zeit wurde in Breslau-Zimpcl eine nationalsozialistische Gruppe sestgenom- mcn. Man sand bei einem Nationalsozialisten eine Selbstlade- - Pistole und ll! Schuß Munition und bei einem Ansschörigen der SPD. eine Sattlerahle. Schließlich beschäsligte sich noch eine Polizeistreife in Bres lau Schottwitz mit einem Lastkraitwagcn, der zum Transport von Reichsbannecangehörigen diente. Hier wurden zwei Eiscn- jtangen und in der näheren Umgebung des W igens neben mehreren Schlagmerkzeugen eine Pistole mit sünf Schuß sowie mehrere Revolverpatroncn gefunden. Eine Person wurde mit einem Stück Eisenrohr nusgegrisjen. Im Lause der Nacht wurden :>l Personen scstgenommcn, so daß die Ge'amtzahl der in der Zeit vom -'M. Juli bis zum l. August Verhafteten cuf INI gestiegen ist. Zehn Personen wurden wegen unliefttgtin Waffenbesitzes dem Schnellrichter zugesnhrt: sie werden ba d abgeurteilt werden. Sieben Personen werden wegen Aui-- schrcitiingcn dem ordentlichen Gericht übergeben. Nolle gerichtet ist und zum großen Teil der „Diszipli nierung der Jugend" dienen soll, also weitgehend innen politische Zwecke verfolgt. Vor allein wird dem Reichs- wehrministerium hier die Absicht unterstellt, mit Hilfe Röhms, dem engste Beziehungen zn Schleicher zugcsprochen werden, die SS- und SA.-Abteilungen aus die Reichs wehr zu übernehmen, bevor sie in die selbständige Rollo einer saschistischen Miliz hineinwachsen könnten. Derartige politische Gesichtspunkte, die mit manchen Aeußerunqen maßgeblicher deutscher Stellen belegt werden, schwächen weitgehend den Eindruck ab, als wenn es sich bei der ver suchten Wiedereinführung der allgemeinen Dienstpflicht in erster Linie um die Wiedergewinnung der früheren außen politischen Machtposition handele, wie denn ein neues Regime stets mehr als jedes andere ans die Vermeidung auswärtiger Konflikte bedacht sein muß. Damit ist nicht gesagt, daß Frankreich im geringsten gewillt sei, einen Anspruch Deutschlands ans Herab setzung seines Rüstungsstandcs anzuerkenncn, es furchtet ihn nur weniger, seit es dazu neigt, ihn im Zusammen hang mit der Restauration des alten Preußen zu sehen. Dazu kommt, daß ihm das offene Hervortretcn des preu ßischen Konservativismus ihm Veranlassung und Gelegen heit gegeben hat, den Anschluß an die Welt meinung w i e d e r z n g c w i n n e n, so daß es sich jetzt durchaus in der Lage fühlt, die vermeintlichen Erfordernisse seiner Sicherheit zur Geltung zu bringen. Die einzige Schwierigkeit sieht es noch in der Haltung der Vereinig ten Staaten, die eine Reduzierung des Rüstungsstandes aller Mächte zur Vorbedingung einer Schuldenstreichung machen, schließlich gibt es viele Möglichkeiten, zu „reduzieren", ohne reduziert zu sein, und von englischer Seite ist eine Unbequemlichkeit ernsteren Ausmaßes nach dieser Richtung nicht zu erwarten. Darüber hinEs haben ihm die beiden vergangenen Jahre eine allgemeine Verstän digung mit der britischen Politik gebracht, daß in Raymond Poincar 6 manche historischen Erinnerungen wieder wach werden, und er am vergangenen Sonnabend bereits von einer neuen l.nicncic: <<>>ckc->n> sprach. Abgesehen von diesen Bestrebungen, die vom Ouai d'Orsay sehr aktiv be trieben werden und bei Lord Tyrell und Sir John Simon auf einen sehr günstigen Boden treffen, ver dienen die Vorgänge, die sich zwischen den osteuropäischen Alliierten Frankreichs und Moskau abspiclen, die größte Beachtung. Die Vollendung des großen Systems von Nichtangriffspakten, mit dem Fopnkreich seinen Alliier ten ihre Rückendeckung von Rußland her zu sichern sucht, steht unmittelbar bevor. Weshalb sollte also Frankreich nicht den Augenblick be nutzen um sich anseinerwiedergemonnenenund mehr als je gefestigten Sicherheit zu er freuen? Hat der wohlwollende Tonfall und seine Geste der Großzügigkeit und Milde nicht genügt, um seit Lau sanne wieder viele bereits verlorene Sympathien auf Frankreich zurückzuübertragen? Ist der Anschluß Oesterreichs nicht auf absehbare Zeit verhindert, und der Rüstungs stand Frankreichs auf ebenso absehbare Zeit nicht erfolg reich behauptet worden? Ist seine Position jemals leit dem Abschluß des Versailler Vertrages unbestrittener ge wesen. und haben andererseits die inneren Gegensätze Deutschlands jemals so offen vor den Augen der Welt ge legen wie gerade jetzt . . .?