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Ausgabe » und S SartisWe ^eiqmlttlyer .Len. u>. Lvtnrei, Dresden. oolkssettuno Für christliche Politik und Kultur GeschLN-ftelle, Druck und Merlafti Germans Buchdrillkerel und Verlnq OreSde»-«. I, polierftr. 17. FovirM 21012. poftscheckkonto DreSde» 102». Van«, lonto Stadtbank Dresden !ttr. M7S7. Redaktion der Sächsischen VolkSeeitnua VreSden-iUIftad« 1. Poiierstrahe 17. jZernn» 2MU und 2l vIL Nummer 139 — 31. Fahrgang Irsltzelnt «mal wdchli. mit tlluslr. Sraiikbetlagen.Heimai und Leit' und der Uinderdetlag« «glir unsre Netnen Leute'. loivte den Lertdeilagen .Unterhaltung und Willen'. ,Dt« drastisch« Hau»' lrau'. .Da» gut« Buch'. Monatlicher Bejugdprei» «uSgade N mit SI.-Beimo-BIalt 2,70 itutgabe v ohne St.-Venuo-Viatt 2L0 Ilnzelnummer LV Eonnadend- u. Eonntagnummer SV Hauptschristletler : Dr. <S. DeSezh», Dresden. Freitag» den 17. Juni 1832 Berlagsorti Dresden «Inzeigenpretser Die Igelbaliene peiitzeiie »t» Z.gamMen» anzeigen ».Stellengesuche SV Dt« pelttrettanlezeiie. SU mm, breit, I stlir kiuzetgcn ansierhaib de» VerbrctiungSgeb eie» dle petttretiauiezeile t.ttv^s. Vrtelgeb.ttt»^, Im stalle hüherer Setvalt «ritscht ,ede Verdlitchtung aul vlelcrung lowle Srsüllung v. Anzeigen. Aufträgen u. Leistung v. Schadenersatz »elchättlicher Lett. w. Winke,. Dresden. Der Beginn -er Konserenz in Lausanne Mae-vnal-s Eröffnungsrede Aus eigener Kraf, wtb. Lausanne, 16. Juni. Die feierliche Eröffnungssitzung der Lau sanner Konferenz begann heute vormittag um 10 Uhr in dem Renaissancetaal des Hotels Bcaurivage. An einem hufeisenförmigen Tisch hatten zur Linken des Präsidenten Macdonald die Mitglieder der englischen Delegation Chamberlain. Samuel, Simon und Runciman, anschliessend die deutschen Delegierten Reichskanzler v. Popen, Reichsautzen minister Frhr. v. Neurath, Finanzminister Graf v. Schwerin- Krosigk und Mrtschaftsministcr Warmbold, zur Rechten die französischen Delegierten Ministerpräsident Herriot, Finanz minister Germain-Marlin, Handelsminister Julien Durand, Unterstaatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, Paganon und Bonnet, ferner die italienische Delegation mit Grandi, Mosconi, Bencduce und Pirelli Platz genommen. An den bei den Längsseiten schlossen sich zur Linken die Abordnungen Ja pans, Australiens, Kanadas, Griechenlands, Portugals und Jugoslawiens, zur Rechten die Belgiens, der Tschechoslowakei, Neuseelands, Polens und Südafrikas. Nach den Vegrlltzungsworten des schweizerischen Bundes präsidenten Motta, der neben MacdoNald Platz genommen hatte, ergriff Macdonald das Wort. Er wies darauf hin, datz die Konferenz im Schat ten der bedenklichsten Wirtschaftskrise zusammentrete, die jemals di« Welt in Fricdenszeiten betroffen habe. „Die ganze Welt sicht aus uns, so führte er aus, „und hat niemals von einer internationalen Konferenz früher so dringend Ab machungen erwartet, die zur Beseitigung der bestehenden Not lage beitragen können. Vor kurzem hat das Wirtschaftskomitec des Völkerbundes uns darüber unterrichtet. datz der Wert des internationalen Handels heute nur noch die Hälfte oder vielleicht weniger als die Hälfte dessen auvmacht, was er Anfang >920 betrug, datz die Zahl der Arbeitslosen sich mehr als verdoppelt hat und 20 bis 25 Millionen Menschen heute ohne Arbeit sind, und datz diese Lage täglich schlechter wird. Ich lege Wert darauf, zu be tonen, datz «s sich um ein« Weltkatastrophe handelt. Es kommt nicht auf die Richtung der Regierung an, die an der Spitze steht. In jedem Falle verfällt der Staat in Armut, und das Einkommen der Völker geht zurück. Die Fllrsorgematznahmen müssen eingeschränkt werden, wenn ÜZankerotle vermieden wer den sollen. Die Lebenshaltung, die der Zivilisationsstuse ent spricht, sinkt ab, und um seine Finanzen zu schützen, hat ein Staat nach dem anderen Einschränkungen des Äutzenhandels vornehmen müssen, die unvermeidlich dazu beigetragen haben, die Abdrosselung zu verschlimmern, in der sich die Völker be finden. Macdonald betonte, datz es keinen Unterschied zwischen Frankreich, Italien, Deutschland, Amerika oder Krotzbritannien und der übrigen Welt in diesem Missgeschick gebe. Es handele sich um ein System, das unter unseren Flitzen zusammenbrcche. Niemand könne bei dem Wiederaufbau sich sernhalten. Wenn man fcststelle, datz eine Politik betrieben worden sei, die die einfachsten Wirtschastsgeset^ verletzt habe, von denen die Wohl fahrt und der internationale Güteraustausch, die Aufrecht erhaltung vernünftiger Preis« und die Konsumsähigkeit ab hängen, so müsse man sich entschlictzen, vorübergehend den Preis zu zahlen, der eine tlmtehr von allem sordere. Man habe heute einen Teil der Ursachen dieser Notlage zu behandeln, eine dringende Frage: die finanzielle Erb schaft des Krieges, ihre Wirkung aus die Weltwirtsck>ast müsse durch ein Abkommen liquidiert werden. Dies könne nicht das Ende der staatsmännischen Arbeit sein, aber ein wirksamer Beginn. Die Einladung, so fuhr Macdonald fort, der mir hier Folge geleistet l-aben, legt uns «ine Arbeit glotzen Matzitabes auf. Wir müssen die destruktiven Einflüsse im ganzen beseiti gen. Wenn wir das tun, so kann Europa nicht allein handeln. Die Einheit der Menschheit ist heule mehr als ein Schlagwort und es l»at eine autzerordentliche praktische Bedeutung. Wir können deshall alle die Zusicherung willkommen heitzen, datz nach Ueberwindung der gegenwärtigen Phase die Ver einigten Staaten uns zu dem Glauben ermutigt haben, das, sie bei der Prüfung einiger dieser weitergestccktcn Probleme mitarbeiten werden und sich mit uns vereinen werden, um eine Politik für die Auf rechterhaltung der Zivilisation zu schassen, die auf der Wohl fahrt aller Nationen, auf ihrer fleissigen wirtschaftlichen Tätig te!. ihren internationalen Güteraustausch und aus einem glück lichen Dasein der Massen beruht. Der Erfolg von Lausanne kann nicht voll geerntet werden ohne Erfolg in Genf. Wenn Slaatsmannskunst die wirtschaft lichen Schwierigkeiten überwinden soll, die uns hier haupt sächlich beschäftigen, so mutz eine Periode wirtschaftlicher Ruhe gewährleistet werden, in der die Völker ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten in Ordnung bringen können, ohne durch Krieg und Kricgsgeschrci gestört zu werden. Aiacdonald schlotz mit warmen Wünschen für die Erfül lung der Aufgabe, deren Schwierigkeiten er nicht verhehlt hat. Die Gröhe dieser Ausgabe müsse Mut und Entschlossenheit für ihre Lösung schassen. Die Rücksicht auf die öffentliche' Meinung kann bei grotzen Aus gaben den Völkern zumuten, datz sic. statt sich zu entrüsten heroisch und edelmütig mitgehen. „Mein Appell an diese Kon ferenz ist", so schlotz Macdonald, „nichts, autzer Schwäche zu fürchten und aus den Beratungszimmern, von denen unsere künftige Arbeit ausgcht, kühne Vorschläge hervorgehen zu las sen, di« durch ihren blotzen Charakter die Unterstützung der gan zen lllZelt sich sichern." Von Friedrich Muctzermann S. I. K. K. Die Erregung über den plötzlichen Regierungs wechsel im Reich hat sich nicht gelegt. Im Gegenteil ist dem anfänglichen Erschrecken eine steigende Erbitterung gefolgt. Hätten, wie es ritterlich gewesen wäre, diejenigen, welck)« das Kabinett gestürzt haben, die Verantwortung übernommen, so wären wenigstens klare Zustände geschaffen worden. Nun aber ist da nichts Ganzes und nichts Halbes, wo noch vor kur zem Brüning stand, die starke in sich geschlossene, vom christ- lick>en Geiste durch und durch geprägte M'rsönlichkeit. Di« Dunkelheit der Vorgänge gibt den wildesten Gerüchten freie Bahn. Sick^rheil und Zuversicht sind dem Zweifel und der Angst gewiä>en Wenn die neuen Männer verkünden, sie «nütz ten die Politik Brünings fortsetzen, wenn auch ihnen nichts anderes übrig bleibt, als der Not der Zeit mit Notver ordnungen zu liegegnen, warum denn dieses ganz« Theater? Die Kluft zwischen Ost und West, ziviscl>en Süd und Nord klafft unheimlich auf. Uniformierte Prätorianer verschiedener Parteihäupter beleben schon wieder das Stratzenbild Die öf fentlich« Ruhe und Ordnung ist bedroht, und das alles un mittelbar vor Lausanne, inmitten einer furchtbaren Weltkrise, unter dem Truck bolschewistischer Drohungen. Der Katholizismus fühlt sich besonders betroffen. Die Schuld daran trägt nicht nur die merkwürdige Eigenart der Entlassung Brünings, der aus unseren Kreisen hervorge- gangcn war, obgleich auch dieses Gefühle tiefster Entrüstung aue-gelöst hat. Wir könnten es immerhin noch dulden, hätte man nur den katholischen Einflutz, den nun einmal gewisse Leuts in Deutschland nicht ertragen können, zurückdrängen «vollen. Was uns hier eigentlich schmerzt, ist die Erkenntnis, datz man uns bei der Lösung der grotzen nationale«« und so zialen Aufgaben, die «vir auf unsere Fahne geschrieben hatten, und in denen «vir die Rettung der Nation sahen, so plötzlich in den Arm gefallen ist. Geschähe es von Leuten, di« ein bes seres soziales und nationales Programm noriveisen könnten, so fänden wir uns gern damit ab und wären di« ersten, die dabei mitarbeiteten. Aber «vir sehen kein Programm, «vir sehen keine neu ausbrechende nationale Begeisterung, «vir sehen nur einzig wachsende Verwirrung und Berziveislung Wer den nächstliegenden Gründen der augenblicklichen Weltnot nachoeht, der stützt immer wieder aus das Unbefrie digende unserer wirtschaftlichen und geselllchastlichen Verhält nisse. Aus der ungerechte» Güterverteilung zieht der Radika lismus seine Nahrung. "In der M'rmachlung von Wirtschaft und Finanz sehen Millionen von Menschen ihren Feind. In der Hoffnung auf einen Systemwechscl in dieser Richtung halte« sie sich aufrecht. Gerade der Katholizismus hat dieses Problem erkannt. Die letzten Kundgebungen des Papstes zielen auf eine Aenderung der Wirtschafte- und Gesellschafts ordnung hin. «gerade im deutschen Katholizismus hat man alle diese Gedanken mit besonderem Eifer aufgegrissen Man spür te es schon weiter über die Mauern unserer Kirche hinaus, datz da neue, vom Christentum her gespeiste Kräfte am Werke seien, um die mcnschlick)« Gesellschaft von Grund aus zu er neuern. Ja. «vir waren mit dem Programm unserer beruss- ständisck>en Gesellschaftsordnung auf dem Wege zu neuen Strukturen und zu neuer Volksgemeinschaft. Was aber mutz- len «vir erleben! Jene Mächte, die bei der Bildung der neuen Regierung sichtbar geworden sind, kann man sie anders bezeichnen als die iypisci-eii Träger der Reaktion und der Verneinung alles dessen, ivas an gesundem Fortschritt aus den geänderten Ver hältnissen der Menschl)eit emporwachsen will? Es geht uns hier nicht um einzelne Persönlichkeiten, deren guten Ruf und besten Willen wir nicht antasten möchten: es geht uns viel mehr um das Typische der jüngsten Vorgänge. Vertreter des Grotzgrundbesitzes im Osten, kommandierende Militärs und gewisse Teile der Schwerindustrie, man sagt ihnen wirk lich nichts Verlenmderiscl>es nach, wenn man behauptet, datz sie im allgemeinen Bewusstsein des Volkes die ausgespro chensten Vertreter der Reaktion sind. Nicht einen einzigen Gedanken finden «vir bei ihnen, der ein wirklick>es Verstehen für jene vielen Millionen zeigte, die in unserem Jahrhundert in die menschlickx Gesellschaft ganz neu einge- gliedert werden müssen. Es geht hier nicht um karitative Ge fühle, die selbstverständlich ihren Holum Wert halum. Es geht vielmehr um den Gedanken einer neuen gerechten Ordnung, um die Anerkennung gewisser wirklicher Rech te, die sich der srülier aus der Verantwortung für Staat und Wirtschaft l«erausgehaltene Arbeiter und Angestellte in schwe- Verzicht Englands aus Reparationen? London, 16. Jun!. Der parlamentarische Korrespondent der „Financial News" meldet, er erfahre aus guter Quelle, datz die britische Regierung beschlossen hab«, datz mit oder ohne Zustimmung der anderen Gläubigerreglerungen ihre Delegierten Lausan ne nicht verlassen werden, ohne zu verkünden, datz Grotzbrltannlen kein« weiteren Reparationszahlun gen von Deutschland und anderen vormals feindlichen Ländern fordert. „Daily Telegraph" ist der Ansicht, datz cs in Lausanne nur zu einer Verlängerung des Moratoriums kom men werde, obwohl jetzt grundsätzlickie Uebereinstimmung darüber herrsch«, datz eine allgemeine Schuldenstreichung er strebt werden müsse. „Daily Telegraph" meldet sogar, datz bei den gestern Vormittag in Genf geführten Besprechungen sich Macdonald und Herriot über die folgenden beiden Punkte geeinigt hät ten: 1. Deutschland ein sechsmonatiges Moratorium zu ge währen. 2. datz ein Ausschuh ernannt werde, dessen Aufgabe es wäre, nicht nur eine endgültige Lösung des Reparations problems in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen vorzulie- reiten, die die Lausanner Konferenz wahrsckzeinlich fassen werde, sondern auch sich um die allgemeine wirtschaftliche Wiederherstellung Europas zu bemühen. Im „News Chronicle" wendet sich Sir Walter Lay ton gegen ein« Verlängerung des Moratoriums. Er meint, Europa soll« den Bereinigten Staat«» das sagen, was Deutschland ln Lausanne erklären werd«, nämlich, datz Zahlungen nicht wieder ausgenommen werden könnten, wenn man nicht ein« Erholung der Weltwirtschaft völlig in Frage stellen wolle. „Times" sagt: Niemand erwartet natürlich «ine völlig durchgreifende Regelung von dieser Konferenz. Aber eine an gemessene Vorbereitung für endgültig« Talen wird nicht als autzer Frage stehend angesehen. Schuldcnstrcichung ist das A und das O jeder Unterhaltung in Lausanne. „Times" weist in diesem Zusammenhang darauf hin. datz in Deutschland radi kale Abzüge an Pensionen und Unterstützungszuwendungen so eben einem Volke aufcrlcgt worden sind, von dem ein qrotzcr Teil bereits Schwierigkeiten habe, das nackte Leben zu friste». Rede -es Kanzlers am Freitag Reichskanzler von Papen wird den Standpunkt der deutschen Regierung in der Reparationssrage In der Freitag- Sitzung der Konferenz darlrgen. Die deutsche Haltung wird den nationalen Interessen entsprechen unbeeinsluht durch den ausfallend optimistischen Ion, der tn den letzten Tagen besonder» von Paris au» der Behandlung der bevorstehenden Konferenz zuteil geworden ist. Es ist sicherlich die Erkenntnis allgemein ourchgedrungen, datz wir nicht mehr leistungsfähig sind; aber bis zur Aner kennung der Konsequenzen ist ein weiter weg. Die jüngste Notverordnung, die ja keineswegs in irgendeinem inneren oder äuheren Zusammenhang mit der Lausanner Konferenz steht, gibt eine drastische Illustration zur Lage in Deutsch- land. Die Weltwirtschaftskrise ist ohne Vereinigung der Repa- ratlonsfrage nicht möglich, aber sie ist auch damit allein noch nicht gelöst. Vielleicht wäre es möglich gewesen, wenn an- schlieszend an den Schritt de» Präsidenten Hoover im Vor jahre eine grohzüaiae Rtparattonslösung erfolgt wäre, die Krise anzuhalten, ob dazu die Reparationsregeiung noch ge nügt, schein« mehr al, sragttch.