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^krmnitr. Ivicksu, plsurn Erneute Unruhen in Plauen Plauen, 8. August. In der Ostvorstadt sollte in der Nacht zum Freitag mit dem Barrikiadenbau wieder begonnen werden. Durch die Polizei wurden die Täter auf frischer Tat ertappt. 21 Personen wurden festgenommen. Die P o l i z e i b e a m t e n waren bei ihrem Einschreiten mit Steinen beworfen und vom Reufaer Wald aus sogar beschossen worden. Die Polizei machte darauf mehrfach von der Schußwaffe Gebrauch. Beamte wurden nicht verletzt. Ob auf der Gegenseite Per- letzungen vorgekommen find, hat sich nicht feststellen lassen. Die Festgenomenen werden sich wegen Landsriedensbruch zu ver antworten haben. Sächsische Nothilfe Olbernhau, 8. August. Unter dem Borsitz von Bürgermeister Dr. Lohse trat hier der Ortsausschuß der Sächsischen Nothilfe zur Entgegennahme eines Berichtes über die bisherige Tätig keit zusammen. Es wurde festgestellt, daß neben zahlreichen Sachspenden aller Art, 6 588 RM. in bar gesammelt worden sind. Beschlossen wurde, das Hilfswerk in Form einer Winter hilfe zum Herbst fortzusetzen und die Errichtung einer Näh stube, Schuhmacherstube und Klelderkammer in Aussicht zu nehmen. Ferner soll eine laufende Lebensmtttelsammlung aus breitester Grundlage durchgeführt werden. tz. Ansammlungen In Crimmitschau. Im Anschluß an die Auszahlung der gekürzten Fürsorgegesätze Kam es am Freitag in Crimmitschau zu Ansammlungen auf dem Marktplatz unter Führung des kommunistischen Stadtverordneten Hallbauer. Eine Abordnung der Stadtverordneten ist bei der Kreishauptmann, scl-aft Zwickau vorstellig geworden, damit wie bisher, das ver> billigte Volksküchenessen und Gasgutscheine ausgegeben werden können. h. Ein rabiater Arbeitsloser. Das Chemnitzer Gemeinsame Schöffengericht verurteilte den -14 Jahre alten arbeitslosen Eisendreher Paul Hermann Roseml aus Taura zu 4 Monaten 2 Wochen Gefängnis. R. hatte in einem Falle im Arbeitsamt Burgstädt den ihn abfertigenden Beamten geschlagen und schwer beleidigt, ein anderes Mal im Tauraer Bürgermeisteramt gegen den Bürgermeister — Rosemi ist Kommunist — ein Schreib zeug und einen Stuhl geschleudert, weil der Bürgermeister eine von R. geforderte Unterstützung nicht bewilligen konnte. tz. Gefährliches Hantieren mit Spiritus. In Reichenbach l. D. starb an den Folgen eines Unglücksfalles die 18 Jahre alte Hedwig Wolf. Das Mädchen Ivar beim Hantieren mit Spiritus plötzlich in Luftzug gekommen und hatte durch die schnell umschlagende Flamme schwere Brandwunden davon getragen. tz. Folgenschwerer Autozusammenstotz. Am Freitagvor mittag stießen an der Ecke der Sedan- und Neundorfer Straße zwei Autos zusammen, die mit je zwei Insassen besetzt waren. Alle vier Personen wurden so schwer verletzt, daß sie ins Krankenhaus gebracht werden mußten. tz. Schwerer Betriebsunfall. Der bei der Firma Lieber mann Nachf. A.-G. in Falkenau beschäftigte 54 Jahre alte Arbeiter Max Gröber geriet, als er einen Riemen auflegen wollte, in die Transmission und wurde so schwer verletzt, daß er am Donnerstagnachmittag, ohne das Bewußtsein wieder erlangt 'u haben, im Chemnitzer Krankenhaus verstarb. Kus <I«r l-susitr Mangelnde Kontrolle im Zittauer Finanzwesen Zittau. 8. August. Vor kurzem verstarb hier Oberstudien direktor Schmidt, der Leiter der hiesigen Höheren Web schule. Bald darauf stellte sich aber heraus, daß er große Un- terschlagungen begangen l)at. So hat er bei der Schulgeldkasse 2888 RM., bei der Kasse für Schlüsselgclder 48 RM., bei der Prämienstistung 54 RM. unterschlagen, ferner hat er die Volks hochschule um 688 NM. geschädigt. Insgesamt belaufen sich seine Schulden gegenüber der Stadt auf 1588 NM. an Gehalts vorschuß, 2188 RM. an veruntreuten Geldern, 2888 NM. an Lehrtcxtgeldern als Forderung der Stadt an die Lehrerschaft und auf ein Darlehen des Sladtrats von 868 RM. an die Höhere Webschule. Ein Schaden wird der Stadt allerdings nicht erwachsen, weil sich die Witwe verpflichtet hat, die ver untreuten Beträge zurückzuzahlen. Verschiedene Stadtver ordnete verlangten eine schärfere Kontrolle; das Rechnungsamt habe versagt. In der Sitzung der Stadtverordneten am Frei tag. in der man sich mit dieser traurigen Angelegenheit befaßte, wurde auch Bericht über die schon vor einiger Zeit bekannt- gewordenen Veruntreuungen bei -er Feuerwehr erstattet. Der Stadt ist hieraus ein Schaden von etwa 13 606 RM. entstanden.. Stadlrat Könitzer, der eine ganze Anzahl Privatsahrtcn im Feuerivchrauto gemacht hat, hat sein Amt als Branddirektor zur Verfügung gestellt und sich bereit erklärt, 2868 NM. rateniveise abzuzahlen. Man beschloß das Angebot Könihers anzunehmen und die Angelegenheit damit als erledigt zu betrachten. l. Lohnkündigungen ln der Lausitzer Textilindustrie. Die Löhne der Lausitzer Textilarbeiter, die am 1. April um 6 Pro zent ermäßigt worden sind, sind von den Arbeitgebern zum 31 August gekündigt worden. Verlangt wird ein neuer starker Lohnabbau. 35 666 Arbeiter und Arbeiterinnen werden hier, von getroffen. l Todessall. Nach längerem Kranksein verstarb im noch nicht vollendeten 76. Lebensjahre Oberstudienrat i. 'R. Prof. Dr. Meedon in Bautzen, ein geborener Dresdner, der dreißig Jahre lang als Geschichtslehrer am Gymnasium zu Bautzen wirkte und sich über diese amtliche Tätigkeit hinaus als eifriger und sehr gewissenhafter Erforscher der Vorgeschichte und der Geschichte Bautzens und seiner Umgebung große Ver dienste erworben hat. Seiner Feder entstammen u. a. ein Ab riß der Geschichte der Stadt und. anläßlich des 466jährigen Schulbestehens erschienen, eine Geschichte des Bautzner Gym- nasiums. l. Vertagung der Südlausiher Grenzlandwoch«. Die Süd lausitzer Grenzlandwocl)e, die der Vcrkehrsvcrcin Zittau vom 4. bis 11. Oktober plante, ist wegen -er Ungunst der Zeitver hältnisse auf nächstes Jahr verschoben worden, in erster Linie aus finanziellen Gründen. l. Die Regulierungsarbelten an der Neiße schreiten rüstig vorivärts, so daß bereits am Ende des Bauabschnitts bei der „Lusatia" beiderseits der Straße Poritsch Erdbewegungen aus geführt werden können. Nach Beendigung der Arbeiten wird die Mandau nicht mehr an der bisherigen Stelle, sondern weiter flußabwärts bei der Reißigmühle ins neue Neißcbett ein münden. Eine neue Kahrfiraße im böhmischen Elbtal Seit reichlich zivei Jahren befindet sich auf der rechten Seite des böhmischen Elbtales eine neue Fahrstraße im Bau, deren endgültige Fertigstellung zweifellos einem seit langer Zeit vor handenen Verkehrsbedürfnis gerecht werden dürfte. Besonders für den kleineren Verkehr von Ort zu Ort zwischen Tetschcn (Bodenbach) und Herrnskretschen wird diese neue Talstraße er hebliche Bedeutung erlangen. Die Straße beginnt in der Nähe des Umschlageplatzes Laube bei Tctschen und ist jetzt ungefähr bis gegenüber den letzten Häusern des linkselbischen Ortes Nicdcrgrund fertigqestellt. Die bis zum Orte Herrn'kretschen ungefähr noch eineinhalb Kilometer betragende Reststrecke dürste sicher bis zum nächsten Frühjahr fertig sein. Jenseits der Kamnitzbachmündung soll später noch ein Weiterbau der Straße bis zur Landesgrenze erfolgen, so daß von der sächlisch-böhmiscl-en Grenze aus elbabwärts nur noch ein kleines Restslück bis zum Ortsausgang Schmilka auszubauen wäre. Nachdem schon vor einigen Jahren auf säch sischer Seite der Bau einer im Tale hinsührenden Fahrstraße von Poste twist bis Schmilka erfolgt war, wird in einigen Jahren einmal eine unmittelbare das Elbtal entlang führende Straßenvcrbindung zwischen Aad Schandau und Tetschen-Bodenbach vorhanden sein. s. Gekürzte Aufwandsentschädigungen. Die Aufwands entschädigungen der Kreis- und Amtshaupkleute sind rückwirkend ab 1. August auf zwei Drittel ihres ursprünglichen Betrags herabgesetzt worden. Die lierabgesetztcn Beträge gelten als Kürzungspflichtige Dienstbezüge im Sinne der beiden Gehalts- kiirzungsverordnungen des Reichs, so daß also davon nochmals gekürzt wird. Die gleici)« Herabsetzung hat bei den Aufwands entschädigungen einzutreten, die auf Grund von Ziffer 13 der Richtlinien für die Gemeindebeamten-Besoldungsvorschriften be willigt worden sind. Oie Südamerttafahrt des „Graf Zeppelin" Das Lustschiff „Graf Zeppelin" wiro voraussichtlich am 26. August von Friedrichshafen aus eine Fahrt nach Südamerika m>t Poslbesörderung unternehmen, die bis Pernambuko führen wird. Von Pernambuko aus soll die Post mit einem Sonoer. fing bis Rio oe Janeiro gebracht iveroen, wo sie der brasiliani schen Postver-valtung zur Weiterbeförderung übergeben wird. Sendungen an Empfänger in den südbrasilianischen Staaten Parana, Santa Katharina und Rio Grande so Sul werden außerdem mit planmäßigem Streckenslug des Konoorsyndilmt» weiterbejövdert. Die Deutsche Lufthansa wird ferner einen Sonderslug von Berlin nach Friedrichshafen veranstalten znin Anschluß an die Südamerikasahrt des Luftschiffes „Gras Zeppe lin". Die Fahrt des Luilschifses wird, je nach Wetterlage, über die Kanarisct>en oder Kapverdischen Inseln sichren, wo über Santa Cruz de Tenerife oder Porto Praya Post abgeworsen wird. Für die Beförderung wird eine Einheitsgesamlgebühr von zwei Marl, für eine Postkarte und vier Mark für einen Bries bis 26 Gramm erhoben. Angestelltenversicherungskarte und Kirmenwechsel Die Aufrechterhaltung der Anwartschaft in der Angestellten- Versicherung ist für viele l>«ute die einzige Siclrerung für die Zukunft. Auf die Nachprüfung der geklebten üleitragsnmrken beim Abgang von der Firma ist dalier besonderer Wert zu legen. Verkehrt ist es, sich nur auf die Kontrolle der Karlen durch die Neichsversicherung zu verlassen. Die Prüfung kann sich mir ans di« zur Zeit voriiegende Karte erstrecken, nicht al»er auf den lückenlosen Anschluß an die vorhergehende Aufrechnunasbe- sck-einigung. Diese Prüfungsmöglichkett liegt nurin den Händen des Versicherten. Wie die Praxis immer wieder zeigt, hat ein Versäumnis weitgehende Folgen So ist z B. durch Richt- kleben einer Beitragsmarke bei Einrichtung einer neuen Karle eine Anwartschaft erloschen. Auf der neuen Karte waren ab März eines zurückliegenden Jahres 6 Marken geklebt lrs wurde daher angenommen, daß die Aufrechnungsbelä)«ii'igung auf Grund der lausenden Beschäftigung 2 Marken auiweisi. In Wirklichkeit war es nur eine, so daß insgesamt nur 7 Marken geklebt waren. Die Bedingungen zur Aufrechterhaltung der An- wartschast waren daher nicht erfüllt Eine Nachzahlung war nicht mehr möglich. Gegen das Seitengewehr Die Beivafsnung der sächsischen Strafvollzugsbeainien besteht aus Seitengewehr und Gummiknüppel, wozu bei Rächt- und Postcndienst noch die Schußwaffe Kommt. Nach Ausick' oer Verteidiger des neuen Strasvollzugssystems kann »er Beamte das Vertrauen der Gefangenen leichter gewinnen, wenn er stimm Dienst möglichst ohne sichtbare Waste verrichtet. Auch vom Standpunkt des Sicherheitsdienstes aus sei das Tragen eine» Seitengewehres nicht zu empfehlen, denn es sei zur Abwehr eines >ütliä;en Angriffs ungeeignet, weil (?) hie,bei den 8e- fangcnci, schivere Verletzungen beigebracht werden könnten oie bei Benutzung des Gummiknüppels ohne weiteres vermieX-n würden. Vor allem aber bestehe die Gefahr, saß das Seiten gewehr -em Beamten vom Gefangenen sehr leicht entrissen und somit unter Umständen zu einer Waffe gegen den Boomen wenden könne. Nachdem das preußische Iustiznunisie, > m für seine Strafvollzugsbcamtei, das Seitengewehr abgeiöa'st und dafür das Tragen des Gummiknüppels angcordne not, ist, wie wir hören, das sächsische Justizministerium geboten woi-den, die gleich« Anordnung zu treffen. In der Gefangenen- anstatt Bautzen ist auf Anordnung des Justizministeriums da» Seitengewehr bereits versuchsweise abgeschasst worden. Gemeinde- unc> VeneinLVl/eLen Bautzen (Domkirche). Sonntag, 8. August, 8 Uhr norm, Missa Panis angelicus v. Fr. Koenen für vierstimmigen ge mischten Chor mit Orgelbegleitung; Offertorium Exoltobo v. M. Haller. Schwarzenberg-WIldenau. Sonntag. 8. August, von t!'l Uh, an Beichtgelegenheit. 7)4 Uhr Frühmesse, 3 Uhr Pfarrgottes dienst mit Vereinskommunion der Frauen und Jungfrauen 15 Uhr Kongregationsandacht und Versammlung. Wochentags heilige Messe 8 Uhr Dienstag Wanderoersammlung des Fronen vereins nach Erla Eisenhammer. Stellen 8 Uhr nachmittags ain Haltepunkt. Exerzitien. Grüssau: P r i e sie re x e r z l t ien 17. bis 21. Augu st psrole kür clis kstkvNreks Zugencl §sckrsn5: km IS.Kugurt slls beim <,surportkert Llsrvl«! Theater und Kritik Bon Michael Charol. Ein« Theaterkritik kann auf verschiedene Art geschrieben werden, und jede Art hat ihre Berechtigung und ihre Vorzüge. Jede kann In der ihr eigenen Weise vollkommen sein und di« Anerkennung auch Andersdenkender beanspruchen. Der Thea- terkritikcr kann seine Kritik impressionistisch, unter dem Ein druck der Aufführung, verfassen. Und er kann sie analytisch, zergliedernd schreiben.' Er kann zu dem Theaterbesucher sprechen, oder er kann zu dem Zeitungsleser reden, der das Stück nicht gesehen hat. Diese vier Arten der Kritik werden vollkommen verschieden aussehen. Der impressionistische Kritiker betrachtet das Stück als einen Aussatzstoff. Je origineller er sein Thema behandelt, desto besser ist seine Kritik. Er will den Leser überraschen. Unerwartete Wendungen, geistvolle Einfälle, ausgesponnene Ideen, auch wenn sie in einem noch so losen Zusammenhang mit dem besprochenen Stück stehen, sind ihm die Hauptsache. Die Kritik des Stückes ist bei ihm in ein paar Sätzen erledigt! die in ihm, während des Abends, aufgetauchten Stimmungen, Bilder, Erinnerungen, Gedankenzusammenhänge bilden den weit überwiegenden Hauptteil seiner Kritik. Dieser Kritiker ist das Ideal für das moderne Zeitungs-Feuilleton. Es ist unterhaltend, spannend; man erfährt zwischen den Zeilen, was an dem Abend eigentlich geschehen ist; amüsiert sich über di« Bonmots, benutzt die Schlagworte. Dieser Kritiker ist — manch mal — auch für das Theater sehr angenehm, da sein« Kritiken bestimmt von dem großen Publikum gelesen werden, das Stück also dadurch bekannt wird. Für die Kunst und den Dichter, auch für den Schauspieler, ist eine solch« impressionistisch« Kritik so aut wie wertlos. Sie können nickt« darau, lernen. Trotzdem ist es die Aufgabe des Kritikers — selbst diesem oder jenem Dichter und Schauspieler zum Aerger — so zu schreiben, daß auch andere Gut von Schlecht, Künstlerisch von Unkünstlerlsch, Dichtung von Schund unterscheiden lernen. Dieses Ziel erstrebt der analysierende Kritiker und zahlt dafür mit einem großen Teil des Leserkreises. Er ist ein Fachmann, und fast nur die Fachleute lesen ihn. Für ihn ist der Theater abend nicht der Anlaß zu eigener Produlttoir, sondern der Mittelpunkt der Abhandlung, die ohne den Abend zwecklos und unberechtigt wäre. Er darf weder Schlagworte gebrau chen, noch witzig sein, da cs ihm ernst mit der Sache ist. Er muß sich selbst hinter das Objekt stellen. Das einzige, rvas er darf, ja was er soll, ist, aus seiner Untersuchung die Folgerun gen zu ziehen, und sie so weit fortzuspinnen, bis das Spezielle >um Allgemeingültigen wird. Vis er aus einem Einzelsall ein Kunstgesetz entwickelt hat. Die Wege, die die beiden Kritiker b«I der Betrachtung des Kunstwerkes durchmessen, sind einander entgegengesetzt. Der impressionistische Kritiker läßt es auf sein Gefühl einwirken, schreibt das Gefühl nieder und überrascht durch Einstreuungen des vom Gefühl angeregten Verstandes. Die witzigen Ver gleiche, die Schlagworte, die eigentlichen kritischen Bemerkun gen sind solche Einstreuungen des Verstandes, die Inmitten der Impressionen um so stärker wirken. Der analytische Kritiker icrlcgt das Werk mit dem Verstand in seine Elemente, unter sucht sie, legt die Konstruktion bloß, deckt Fehler und Vorzüge auf. Dann aber läßt er das verstandesmäßig Erfaßte auf sein Vefllhl einwirken, um das in dem Gefamtwerk verborgene Kunstgesetz aufzuspüren, es zu erfaßen. Hier spricht zu uns ras durch die Kontrolle des Verstandes hindurchgegangene Ge fühl, dort eine Gefühlsstimmung und Esprit. Nun verändern sich aber die beiden Arten der Kritik, je nachdem, ob di« Verlass« zu den Theaterbesuchern oder zu den Lefern des Blattes im Allgemeinen fpreihen. Eigentlich sollte der Theaterkritiker einer Tageszeitung zu allen Lesern des Blattes sprechen und nicht zu der ganz geringen Zahl von ihnen, die am Premierenabend im Theater sein konnte. Erträgt diesem „eigentlich" Rechnung dadurch daß er den Inhalt des Stückes in Hauptzügen wiedergibt. Aber dann beginnt dos Problem. Selten ist das Stück so schlecht, daß man es sum marisch ablehnen darf, fast niemals so gut, daß man es in allen seinen Teilen bejahen kann. Dieses muß beanstandet, jenes erwähnt werden. Sollte das für die Leser getan sein, die das Stück nicht gesehen haben, so müßte man eine Serie von Artikeln schreiben, die den Inhalt in allen seinen Einzelheiten wieder holen und dann erst kritisieren. Der Raum und auch die Zeit verbieten es. Also muß die Kenntnis des Stückes doch vor ausgesetzt werden, oder das eigentlich Kritische, das, was des Kritikers Ausgabe ist, wegbleiben. Dann wird aber die Krittl zu einer bloßen Berichterstattung herabsinle«. Und so sicht sich der Kritiker vor der Ausgabe, eine Arbeit über ein Thema zu schreiben, die auch jeder verstehen können muß, der nichts vom Thema weiß, die jedoch die Kenntnis des Themas vor- ausseht. Natürlich Ist diese Ausgabe unlöslich, und es heißt nur, das beste Kompromiß zwischen den beiden Extremen zu finden. Wie soll dieses Kompromiß auclsehen? — Das wird Immer von der individuellen Veranlagung des Kritikers abhängcn. Aber eins wird jeder Kritiker machen müßen, nämlich Zuge ständnisse. Er wird sowohl für die Leser wie für die Theater besucher zu schreiben haben, indem er eine Zwilchenlinie zwischen Kritik und Berichterstattung einhält. Und er wird immer zu wenig dem Dichter und dem Schauspieler geben können, so lange er an der bisherigen Form der Theaterkritik sestgehalten wird. Wir haben verschiedene Arten von Theater- krltik, die vollkommen sein können, aber kein« von ihnen kam» setzt rein anaewandt werden.