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Sächsische volkssettuns Für christliche Politik und Kultur Redaktion de» SSchslicheu Volk»,«ltuna Dleiden-Mistadl l. Polierstrab» 17. ffernrm MV and ctolL Freitag, den 1«. Juni 1931 weria««»rti Dresden Ilnzeigenpreise: Dte igelcaiiene peUizeil« KV 4 Famili-ck» oiijeigen u.Stellenaksuche 20 4. Die peMreUamezeile. 89 mn» breit I Für Anzeraen auberhalb de« «erbretlungSgediete» 40 die peMretlamezeile I.VOX. Briesgeb.!ti»4. Jmgalle höherer Gewalt erlisch! ,ede Verpslichtung aus Lieserung sowt» iirsltliung v. »in,eigen - klusirügen u. veistung v. Schadenersatz, Geschastticher Lcil: Fran« Bungar», Dreiden. Velchiisi-stell«, Drixi ».'Verlag! «erniaina. kl^G. II>k B«rIag und Druckerei,jMale Dresden,Dresden.«, r, Poll»rstrabe>7. ftemriitSloiL. PostschecktonioDresden r70L. Banikontu Ltadtbant Dresden Br. Nl7ii> Nummer 139 — 3V. Jahrgang Erschein! »mal wSchtl. niii ilinsir. MraiiSbeilngen.Helinat nnd Weit' und der Ninderbeilagc .ZSr unsrellcinen Leute', sowie den !k»;Ibeilagcn .Et. Benno > Blatt', .Unterhaltnug und Wissen', »Die praltilche HanStran', .klcrziiichcr Batgebcr", .Da« gut« Buch'. Monatlicher Eic.otgvpretS .« -'M) eiuschl. Bestellgeld. Elnjelnunnner 1<» 4, Lonnabcnd, n. Sonnlagnnnnner 20 4. Hanplschrlstlciler. Dr. w. DeScrNk, Dresden. Finanzdiklalur in Wien? Die Verhandlungen über die Neubildung -er österreichischen Regierung Enders Forderungen Wien, 18. Juni. Tie amtliche Nachrichtenstelle meldei: Der Bundespräsident ersuchte heute abend den Bundeskanzler Dr. Ender, die Bil dung der neuen Negierung .zu Übernehme». Bundcs- hanzlcr Dr. Ender crbliirte, dah nach seine» Erfahrungen die außergewöhnlichen Säpvierigkeiten der heutigen Lage vom Parlament in seiner gewöhnlichen Weise nicht betvältigt wer den bannen, und Vag «r daher dieser Ausgabe des Bundes präsidenten nur dann Holge leiste» könne, wenn gewisse Zu stimmungen geschossen werden. Erste Bedingung sei, dah das Parlament drr Negierung weitgehende ausserordentliche Boll machten für eine angemessene Zeit erteile, um das Gleichgewicht im Bundeshaushalt rasch wieder herzu sielte,, und in den, die Kreditanstalt belresscnden Fcagen- komplex die gebotenen Mahuahme,, tressc,, zu könne». Tic Mitwirkung eines Kleinen Parlamentsausschusses bei Ausübung dieser ausserordentlichen Berordnungsgewall wäre dabei vor- ruschen. Eine weitere Bedingung sei die, dah die Bereitwillig keit gewisser Persönlichkeilen zur Mitwirkung in der neuen Negierung gegeben sei. Die Prasidialkonsrrenz der österreichischen Han delskammer hat beschlossen, an alle der Negierung nahe stehende Parteien die dringende Aussorüerung aus praktische Bckämpsung der Regierungskrise zu richten, ohne Rücksicht aus lmrteipolitische Sondermiinsche. Eine Abordnung der Kon serenz begab sich zu Bundeskanzler Dr. Ender, um ihn dringend zu bitten, sich oem Ruse zu einer neuen Negieruugsbildung zu bitten, sich dem Nuse zu einer neuen Regierungsbildung nicht zu entziehen. Anschliessend sind die Präsidenten der Kammern über ihre Anschauungen hinsichtlich der Krise besragt worden Sie brachten zum Ausdruck, dah die rasche Bildung eines neuen Kabinetts unter Führung Enders die beste Gewähr siir eine wirksame Erleichterung der Lage und eine Entwirrung der Krise biete. Bet der Oesierrelchtschcn Nationatbanr sind gestern oben» »>ls London 158 Millionen Schilling als Borschuh aus die von der österreichischen Regierung im gleichen Betrage zu »ebenden Schablcheine in ausländischer Wiikruna eingezahlt worden. Diese Einzahlung wird als ein Beweis vasur an gesehen, dah England volles Vertrauen zur österreichischen Na- tionalbanl und zur österreichischen Währung besitzt und von der baldigen Unterbringung der Schatzschcinc überzeugt ist. Der Hauptausschuß des Nationalrates hielt am Dienstag abend eine mehrstündige Sitzung ab, in der Finanzminister Dr. Juch die Mitteilung machte, dah der Bund die Haftung siir solgende, der C r ed i t-A n st a l t gewährte Darlehen übernommen habe. 5V Millionen Schilling, welche die österreichischen Spar- kassen-Jnstitute der Credit-Anstalt als neue Einlagen zur Ver« siigung zu stellen sich verpflichtet haben, ferner für alle Forde rungen, die der Nationalbank, aus allen Krediten erwachsen, die sie nach dem 38. Mai 1931 bis zu einem Höchslbetrage von 128 Millionen Schilling der Credit-Anstalt in irgendeiner Form gewährt habe. Bon dieser Haftung sei jedoch bisher nur der Teilbetrag von 68 238 888 Schilling durch Escompte-Krcdite bei der Nationalbank in Anspruch genommen worden. Ferner wurden Vereinbarungen mit den österreichischen Sparkassen gctrossen, wonach der Finanyminister für die am 1. Juni bereits bestandenen Guthaben der Sparkassen bei der Credit-Anstalt Zusicherungen gab, welche später zu einer Haftungsübernahme sichren können. Schließlich teilte der Finairzaninister mit. dah heute ein Ueber- einr'ommcn mit dem ausländischen Eläubigerkomitee getroffen wurde, wonach rund 71 Millionen Dollar ausländischer Ver pflichtungen der Credit-Anstalt siir zwei Jahre unter den bis herigen Kreditbedingungen gegen Uebernahme der Haftung durch den Bund unkündbar gestellt werden. Da mit sei eine der wichtigsten Voraussetzungen sür die Fortfüh rung der Geschäfte der Credit-Anstalt und ihrer Rekonstruktion geschaffen. Nach längerer Debatte gelangte der Hauptausschuh zur ein helligen Auffassung, dah die in Demission befindliche oder eine einstweilige Regierung keine weiteren Hast ringen ohne vorherige Befragung des Hauptaus- schusses übernehmen dürfe. Botschafter-Konferenz in Berlin Revision und Ausland Berl«n, 18. Juni. Der deutsche Botschafter in Rom, ».Schubert, ist gestern in Berlin etngetrossen. Für heute wird der deutsche Botschafter in Parts, Herr 0. Hoc sch, erwartet. Auch der Botschafter in Washington, v. Prittwitz und Gassron, dürst« im Laufe der nächsten Woche in der Reichshauptlladt er- scheinen. Herr v. Dirksen, der deutsch« Botschafter in Mos- Kau, befindet sich bereits seit einigen lagen in Berlin. Die Reichortgierung wird sich mit den Botschaftern Uber dl» aktuellen Probleme der Außenpolitik unterhalten. Dabei wird nalurgemätz die Frage der Tributrevision im Bor- dergrund stehen. DI« Botschafter haben aus Anweisung des Kabinetts dieser Frage seit Monaten besondere Aufmerksamkeit gewidmet und werden der Regierung Uber dl« Stimmung und dii politische Haltung der führenden Männer in den wichtigsten Gläubigerstaaten berichten. (Lasset für Revision Berlin, 18. Juni. In einer Sitzung des Wirtschaftspolitischen Gesamlaus- schusses des Hansabundes siir Gcivcrbe, Handel und Industrie hielt gestern nachmittag km Hotel Adlon Pros. Gustav Cassel, Stockholm, einen Vortrag über das Thema: Kapitalismus und Wirtschaftskrise, wobei er eine eingehende Analyse der gegen, wärtigen Wirtschastsschwierigkeiten gab. Zunächst beschäftigte er sich mit dem Gegensatz zwischen Kapitalismus uns Sozia lismus den er als konstruiert bezeichnete. Er betonte, dah der Sozialismus die Bedeutung des Kapitals unterschätze und das; der wirtschaftliche Fortschritt nur durch eine ent- sprechende Steigerung des Kapitalbesitzes möglich sei. In diesem Zusammenhang nahm er gegen die össentiicl)en Eingrisf« in di« freie Wirtscizast Stellung. Er ivandte sich dann gegen den Monopolismus oer Gewerksct-asten und verwies nach dieser Richtung auf sein Buch: Eigener oder geborgter Sozial standard, in dem «r bereits gesagt lzabe, dah der gesunde So zialstandard allein auf dem Boden eigener Kapitalbildung zu erhalten sei. Die innere Kapitalbildung sei deshalb nur nach einem weitgehenden Umlmu der Unterstützungspolittk möglich. Uebergehend zu -«n allgemeinen Erscheinungen der Wirtscl-asts- > Krise führte Prof. Cassel aus, dah der seit 1920 eingetreiene Preissall eine Erscheinung sei, die sich aus Vorgängen des Geld markts erkläre. Um den Wert des Goldes konstant zu hallen, müsse die Go Id nach frage fristemaiisch geregelt iverücn. Die Gold- kkiappheit müsse durch eine bemühte Goldsparsamkcitspolitik ul»erwuuden werden. Das Mittel, das am raschesten zum Er- folge führe, sei der Aufschub aller Reparations- u»r> Schulden- zahlungen. Frankreich und die Wirtschaftskrise Paris, 18. Juni. „Avenir" beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Welt wirtschaftskrise auf Frankreich und schreibt, das französische Parlament vergeude seine Zeit, während die Weltwirtschasts- Krise auch nach Frankreich Ubergreif». Die amtliche Statistik beweise das: sei doch der Warenaustausch in, Mai d. I. der schlechteste seit der Stabilisierung des Franken und die Auhen- handelsbilanz mit 1138,5 Millionen im Defizit. Auch die Warenmenge, besonders natürlich di« Aussuhrmenge, sei be trächtlich gesunken. Der Unterschied zwisclzen dem Mai 1930 und dem Mai 1929 sei ebensalls bezeichnend. Es scheine auch nicht, dah der Auhenhandel im Juni günstiger ausfalle, tvenu man nach der allwöchentlich erscheinenden Statistik der gestell ten Eisenbahnwaggons urteilen dürfe. Belgien gegen Revision Brüssel, 18. Juni. Im belgisch,, Senat erklärte der Fi- nanzminister H 0 utart in Beantwortung einer vom Senator van Overbreg gestellten Frage, die belgische Regierung denke nicht daran, irgendivelche Abänderungen des Tributzah lungsplanes zuzulassen Rumänien-Verhandlungen erfolgreich Wt« verlautet, nehmen die deutsch-rumänischen Handelover- tragsverhandlungen einen erfolgreichen Verlauf. In unterrichteten Kreisen wird mit der Unterzeichnung des Ver trages für Anfang oder Mitt« nächster Woche gerechnet. Es handelt sich zur Zelt noch lediglich um die B«relnigung einiger kleiner Streitfragen. Die Verhärtung in Varis (Von unseremVertreter.) Paris, IS. Juni. v. v.r». Nur mit ruhigem Blute darf man in diesen leidenschaftlichen Tagen versuchen, die französische Auf fassung von der deutschen Politik darzulegen; denn alle Aussprachen in der Öffentlichkeit, wie im persönlichen Verkehr haben den Zustand der sachlichen Diskussion längst überschritten. Soweit in diesen Tagen die Beziehungen nicht abgerissen sind, äußern sie sich in fruchtlosen, verbit ternden gegenseitigen Vorwürfen. Die Erregung gegen Deutschland, aus Enttäuschungen und Befürchtungen geboren, hat einen Grad erreicht, der alle ähnlichen Höhepunkte der letzten Jahre überschreitet. Sie sei nnr noch der Stimmung im Kriege zu vergleichen, äußerte ein Parlamentarier der Linken. Denn auch die Linke unterscheidet sich kaum noch oder nur durch mildere Nuancen von den erprobten Gegnern der Verständigungs politik. Ueber die Ursachen des gescheiterten Rapproche ment und über die Gründe der augenbliiklichen deutschen Krise wird fast einstimmig etwa das Folgende geäußert: Die Vergeblichkeit deutscher Bemühungen um ausländischen Kredit oder zum mindesten um deßen Aufrechterhaltung sei die Folge der politischen Beunruhigung, welche Deutschland seit den Septemberwahlen in die Welt getragen habe. Die Campagne gegen den Zustand der zu revidierenden Ost grenze, die Kundgebungen des Stahlhelms seinerzeit in Koblenz und nunmehr in Breslau verringern die Möglich keiten vertrauensvoller wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Die deutsch-österreichische Zollunion, in Paris nur noch als „Anschluß" bezeichnet, habe diese Möglichkeiten völlig be seitigt. Aber es kann sich hier nicht um den unmittelbaren Grund der französischen Erregung handeln, die jetzt, nach der Besprechung von Chequers zum Ausbruch kommt. Viel mehr ist deren Wurzel gerade in dieser Zusammenkunft zu suchen und in den Anzeichen einer moralischen Verein samung, gegen die sich Frankreich mit Erbitterung auf bäumt. Dieses wohlhabende, von der Weltkrise kaum be rührte Land, welches sich der Einsicht, zu Helsen oder doch zusammenzuarbeiten, verschließt, glaubt zu fühlen, daß in London eine Gemeinschaft des gegenseitigen Verständnisses zwischen Deutschen und Engländern beschloßen worden ist. Es spielt dabei keine Nolle, daß England zunächst nicht in der Lage ist, dieses Verständnis in eine Hilfe umzusehen. Hierzu kommt das Eintreten Hendersons für die Abrüstung, was in Paris als unhöfliche Geschäftigkeit eines Sozia listen empfunden wird. Auch hier die Verwandtschaft mit den Tendenzen der deutschen Politik. Und die Amerikaner deuten gleichfalls an, daß sie nur unter der Voraussetzung verringerter Nüstungsausgaben in Europa sich jemals zu einer Herabsetzung ihrer finanziellen Forderungen bewegen lasten wü.rden. Wenn die Franzosen also der deutschen Politik ihr vergangenes Sündenregister vorlesen, so er wähnen sie nur selten den wichtigeren Vvrwurs, daß in Chequers der Versuch einer Einheitsfront gegen Frankreich unternommen worden sei. (Wir verzichten in dieser knap pen Skizze auf die Widerlegung der französischen Argu mente.) Die Politik der moralischen Einkreisung, ver bunden mit der Absicht weniger Reparationen zu zahlen, das sind die Tendenzen, gegen welche Frankreich seinen Haß richtet. Der amerikanische Wunsch nach Abrüstung — soweit er nicht auf Unerfüllbarkeit rechnet und nur als Schleier für die Ablehnung eines Schuldennachlasses dient — ist zweifellos dazu angetan, die negative Ein stellung Frankreichs in der Reparationsfrage noch zu ver steifen. Angesichts der als bedrohlich empfundenen Entwick lung in Deutschland, scheinen die Möglichkeiten einer fran zösischen Niistungsverringerung gänzlich zu schwinden. Während demnach die kontinentalen Sicherheitsbedürfniste eher gestiegen sind, gehen die Bemühungen um das Zu standekommen des Flottenpaktes weiter, die Besprechungen mit Italien nehmen ihren Fortgang. Auch Henderson dürfte bei seinem bevorstehenden Besuch der Kolonialaus stellung kaum seinen Herzenswunsch vergessen. Die fran zösische Abkehr von der deutschen Finanznot muß jedoch als ein besonders bewußtes und entschloßenes „Nein" er scheinen, da sie nicht mangels, sondern trotz Kenntnis des Umfangs und der Tiefe dieser Not ersolgt. Für ein finanzielles Entgegenkommen vermißt Frankreich, wie immer, die politischen Garantien. Die Kapitalflucht sei eine Folge des Mißtrauens und der Beunruhigung, welche Deutschland in immer stärkerem Maße im internationalen Leben hervorgerufen habe. Zwar wäre es ungerecht, zu behaupten, die Franzofen seien von der Krise als innerer Schwächung Deutschlands befriedigt. Aber der Gedanke der europäischen Solidarität nnd eines entsprechenden Ent gegenkommens, sei es aus dem Wege der Kredite oder der Nevaratiouserleichternngcn. Kat alte Kraft in Frankreich