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Nr. 303. l0S. Jüliryrmy. Lewrlyer Tsgedlsn. Mittwoch, l. Nooemver lSll. Volke« Herzen. Zumeist find fie an ihrem süßlichen Tone zu erkennen. Das echte Volkslied aber ist frisch und gesund, in seiner Schlichtheit un nachahmlich. E« ist gesungen und wrrd gesungen nicht nach Noten, dabei überliefert und verändert. Es wird nicht vorgesungen, um gehört zu werden, sondern zur eigenen Freude und Erbauung. Scngend ist es erdacht worden. Im Inhalte und in der Form entspricht es den Anschauungen des Volkes, Wohl gemerkt, des Volkes. Denn der Pöbel singt nicht, er schreit. Wird aber das Volkslied aus dem reinsten Empfinden geboren, von den Anschauungen des Volkes getragen, so ist es unsere Ehrenpflicht, das Volkslied zu pflegen und mit ihm unser Deutschtum. Und „wer dem Volke das Lied zurückgibt, der gibt ihm die eigene Seele zurück". Diese Gedanken sprach der K. K. Regierungsrat Prosessor Dr. I. Pommcr-Wien am Rciormations- seste vor der überwältigenden Menge der Festbesucher der Alberthalle des Kristallpalastes aus, wo der Leipziger Männerchor zum Bepen der „Rosegger- stistung des deutschen Schulvereins" eineu Volts - liederavend veranstaltete. Um das Deutschtum im Auslande stark zu machen, gilt es, „wo unheil voll die Wetter brauen, als Burgen deutsche Schulen zu erbauen," jo mahnte Oberlehrer Mirtclvach- Leipzig in dem von ihm verfaßten und ge sprochenen Vorspruche. Der Königliche Musik direktor Chormeister Wohlgemut!) abec mit den im Einzelvortrage tätigen österreichischen Volksgenossen und seinem Männerchor stellte sich durch das deutsche Lied in den Dienst der deutschen Schule und der deutschen Zukunft in Oesterreich. Wie er mit ruhevoller Sicherheit den Zaubecstab hob und an den Berg llopfte, da öffneten sich dessen Märchentore und mit silbernem klingen quoll daraus hervor der Born des dcutichcn Liedes, das Gold der deutichcn Seele. Da llang's „Vom Müller, der ein Lied erdacht", „Schentenbachs Reiterlied" und „Es steht ein' Lind' in jenem Tal" zauderten die Tage des 16. Jahrhunderts zurück. Und weiter zurück in der Vorzeit Tage trug das Lied des Chors und malte im herrlich ausgeglichenen StimmNange das Bild des Meeres, dem „Cs waren zwei Königs kinder", deren Schicksal, vom zartesten bis zum kräftigsten Klange die Reihe der Empfindung durchlaufend, das Herz erbeben machte. Ein alter Sang, doch unter des Meisters Hand ewig schön und neu. Eine Perle war die „Hcunliche Liebe" in der Bearbeitung von Wohlgemut!). Wie kraftvoll freudig war die Farbengebung und doch, wie leise verhauchte der Gang nach oben im Piano, denn höchste Liebe schweigt. Mit unsern braven Säugern wetteiferten die Wiener Gäste. Obcrbergrat Karl Kroniug tot als erste Gabe aus der Schatzkammer des Zauber berges Volkslied ein „Wcihnachtslied" mit Begleitung von Harmonium uno zwer Violinen, eine Probe des geistlichen Voltsgesanges, und trat dann im Zwic- gesang mit Professor Pommer aus, der für den erkrankten Felix Pöschl einsprang. Welch gesunde Heiterkeit blinkte aus der „Eerauperten Joppn" und ° dem „Schwarzbraun Michcrl". Umarmen mögen hätte man vorFreude die beiden alten Herren mit den jugend- iic.chen Herzen. Ihnen gesellte sich Marie Seisert- kuntner, zunächst auch mit cinem^,Weihnachtsliede". Ta sah man die andächtigen Österreicher vor der Weihnachtskrippe im stillen Hüttlein am Ebensce stehen und das Christrinolein bitten am den Himmels trost im Sterben. Liebeslust uno Iugendübermut sprühten aus ihren anderen Gaben, der „Sanista' nacht", der „Werbung". Meisterlich waren ihre Jodler, Rufe und Almschreie. Professor Dr. Ha- latschka sang sich mit seinem weichen Bariton in aller Herzen, besonders „So will ich frisch und fröhlich sein" war eine Glanzleistung. Als Meister des Scherzes zeigte er sich in dem Reckliede „Alte Weiber'. Von Stück zu Stück wuchs der Beifall, oft wollte er schier kein Ende nehmen, ein wohlverdienter Lohn allen Mitwirlcnden und eine glänzende Anerkennung für aller liebevolle Hingabe, dein Deutschtum zu dienen durch das deutsche Volkslied. O. speckt. Aus Saüllen. Dresden, 1. November. * Hofnacbrichte«. Der König besuchte gestern vor- mittag ',.10 Uhr die Internationale Hygiene-Aus stellung, fuhr später per Bahn nach der Sächsischen Schweiz und hielt auf dem Wlnterberae mit den Punzen Friedrich Christian und Ernst Heinrich Einkehr. Der König, der am 4. November nach Weimar reist, begibt sich am 5. November von dort nach Sibyllenort. Am 8. November abends erfolgt von dort die Rückkehr nach Dresden, wo er am st November den Landtag mit einer Thronrede er öffnen wird. * 8?l,. Oelsnitz 31. Oktober. (Selbstmord eines Brandstifters.) Der Häusler Fickert aus Tiefen- /runn hatte in der Bezirksanstalt Voigtsberg Feuer angelegt, um wieder ins Zuchthaus zu tommen, in dem er schon 22 Jahre zugcbracht hatte. Durch das Feuer kamen 35 kranke Insassen der Anstalt in Ge- fahr. Als man den Brandstifter verhaften wollte, fand man ihn erhängt vor. * Aus dem Erzgebirge, 31. Oktober. (Starker Schneefall) wurde gestern aus Reitzenhain und Jöhstadt gemeldet. Tsgeschrvmk. li Bitterfeld, 31. Okt. (U n f a l l. — Ueb e rfall.) Das Automobil des Rittergutsbcj. Baucrmeister von Schloß Löbnitz, Sohnes des Neichstagsabzeordneten Bauermeister-Deutsch« Grude, stieß am Walhalla- Theatcr in Halle mit einem Droschkcn^eschirr zu sammen. Bauermeister wurde am Kopfe schwer ver letzt uno wur?e nach dem Bergmannstrost übergeführt. — Auf dem Wege nach Greppin wurde der galizische Arbeiter Michael Wozny aus Zelechowmaly über fallen un> feiner Barfchast beraubt. II. Delitzsch, 31. Okt. (No n einem Rangier zug überfahren und getötet) wurde der Rangierer Tartsch aus Paupitzsch aus dem Berliner Bahnhof. Tas rechte Bein wurde ihm abgefahren und verletzt. Roch aus dem Transport nach dem krantenhaus starb der Bedaucrnwerte, der sich Weih nachten verheiraten wollte. Jeßnitz, 31. Okt. (Selbstmord.) Die Mc- srau Iungmann hat den Tod im Wasser gesucht. Die Frau, welche am Typhus erkrankt war, stand plötzlich von ihrem Laaer auf und ging in den Garten, wo sie am Uier der vorbciflieszenücn'Mulde eine Waschletne befestigte und sich daran in die Flut hinabließ. Elöthc, 31. Olt. (Plötzlicher Tod.) Ein in der Zementfatrik beschäftigter Arbeiter erlitt wäh rend der Arbeitszeit einen Herzschlag und war so fort tot. Osterwieck, 31. Okt. (Erfolgreiche Boh rungen) nach Braunkohle hat der Mitbesitzer des Kaliwerks, Bergingenieur Bideau, auf der Gemar kung zwischen Kothen und Dessau nicdcrgebracht. Die gefundene Kohle ist von außergewöhnlicher Härte und sehr guter Beschaffenheit. Quedlinburg, 31. Okt. (Schwarze Pocken.) Aus dem außerhalb der Stadt gelegenen Klostcrgut Sr. Wiperti ist ein fremder Arbeiter an den schwarzen Pocken erkrankt. Von der Polizei sind die umfas sendsten Anordnungen getroffen, um ein Umsich greifen der Seuche zu verhüten. Crossen b. Merseburg, 1. Rov. (Bösartiger Chine fe.) Der Direktor eines Wanderzirkus wurde von einem chinesischen Nrtisten, dem er einen Vorschuß verweigerte, durch zwei Revolver, schlisse in die Brust lebensgefährlich verletzt. Auf der Flucht schoß der Chinese viermal auf seine Ver folger, von denen er einen leicht verwundete. Er wurde schließlich überwältigt und ins Gefängnis gebracht. Esten, 1. Nov. (Grubenunfall.) Auf der Zech« „König Ludwig" bei Recklinghausen gerieten sechtz Arbeiter in ein Getriebe. Der eine wurde ge» tötet, drei andere lebensgefährlich «nld zwei leicht« verletzt. Oldenburg, 1. Nov. (Ehedrama?) In «ine« hiesigen Gasthof erschienen gestern mittag ein Mann und eine Frau, die sich unter dem Namen Becker und Frau aus Stuttgart in das Hotelbuch etntrugen. Als nach längerer Zeit das Zimmer nicht geöffnet wurde, wurde dce Tür gewaltsam aufgebrochen. Man fand den Mann, der etwa 28 bis 30 Jahre alt ist, er schossen und die etwa 20jährige Frau schwer verletzt vor. Wien, 1. Nov. (Unfall.) Während der Trauung eines jungen Offiziers wurde das zahlreiche Publikum durch ein donnerähnliches Gepolter in Aufregung versetzt. Sechs auf dem Dache beschäftigte Arbeiter waren durch Nachgeben der Säule des Kreuzes bis zur Balustrade gerollt. Drei von ihnen konnten sich festklammern und blieben unverletzt. Einer erlitt einen Schädelbruch, die beiden anderen trugen leichtere Verletzungen davon. Paris, 1. Nov. (A n d e r a l g e r i s ch e n K üste) herrscht ein furchtbarer Sturm. Ein Piloten boot, welches einen deutschen Dampfer aus dem Hafen von Algier geleitete, ist gekentert. Der Pilot und ein Mann der Besatzung sind ertrunken. Die übrigen Matrosen, die sich an das gekenterte Boot klammerten, sind gerettet worden. In Algerien sind durch Regengüsse furchtbare lleberjchwem- mungen entstanden. Der mohammedanische Fried hof der Stadt Algier steht gänzlich unter Was- s e r und bietet einen schreckenerregenden Anblick. Die Gräber sind aufgeweicht und zum Teil durch die Wassermassen zerstört worden. Man befürchtet den Ausbruch von Seuchen. Poitiers, 1. Nov. (Spionage?) Heute vormittag wurde beim 40. Artillerieregimcnt das Verschwinden zweier Teile einer 75-Millt- meter-Kanone festgestellt. Nogent-sur-Seine, 1. Nov. (Einsturz einer Fabrik.). In der Gemeinde Meriot ist gestern nach mittag eine im Bau befindliche Malzfabrik eingestürzt und hat viele Arbeiter unter Len Trümmern be graben. Die sofort begonnenen Rettungsarbeiten, an denen sich Soldaten und Feuerwehrmannschaften be teiligten, förderten bis Mitternacht fünf Tote und acht Verletzte zutage. Die Rettungsarbeiten wurden bei Fackellicht fortgesetzt, doch fehlt cs an Geräten, um bis zu den noch unter den Trümmern Liegenden zu gelangen, deren Zahl etwa 50 beträgt. Paris, 1. Nov. (Zum Einsturz der Malz fabrik) von Nogent-sur-Saine wird gemeldet: Man befürchtet, daß in die Kellerräume der auf Pfeilern an der Seine errichteten Fabrik Wasser ein- gedrungen ist und daß die darin befindlichen Arbeiter ertrunken sind. Lemberg, 1. Nov. (Brand eines Benzin tanks.) In Drobobycz, der petroleumreichften Ge gend Oesterreichs, orach in dem der Aktiengesellschaft für Naphtha-Industrie gehörigen Benzintank Feuer aus. In dem Reservoir befanden sich ungewöhnlich große Quantitäten Verzins. Bisher ist es nicht ge lungen, den Brand zu lokalisieren. Das Feuer droht auf die umliegenden Petroleum- und Benzintanks überzugreifen. Abends wurde Militär zur Hilfe leistung nach Drohobycz beordert. Man hofft, den Brand im Laufe der Nacht eindämmen zu können. Der Schaden ist ungeheuer groß. der Feuer- schein ist mehrere Meilen weit sichtbar. London, 1. Nov. (LungenpestZ Bei einem in das Marinehospital zu Shotley (Grafschaft Suf folk) eingelceferten Seemann ist Lungcnpeft festgestellt worden. Weitere Fälle sind nicht vorgekommen. Es find alle vorficht-matzregel» getroffen, um der Aus breitung der Krankheit ooyzubeugeu. Küchenzettel für Doanirstag: Wassersuppe, ge mischter Hackebraten mit rotem Rübensalat, bayr. Eierkuchen. Die Rezept« I« be» vorsteyen» aufgeführten Speise» sind in dem »Praktisch«» NachSnch sür Stadt »»b Land u»d jede KSche* enthalte», welche- in neubearbeiteter und erweiterter AuSgab« durch bi» Srveditton diese» Blatte» »um Preise von 1 nach an»»ikrt« W Ps. fR, Port» »ehr, bezogen werde» kann. Einfacher Speisezettel für Donnerstag. (Für 4 Personen.) Deutsche« Beefsteak mit Spinat und Salzkartoffeln. 2S0 a gehacktes Rindfleisch 0,50 ./L Salz, Pfeffer, Zwiebel 0.02 „ 1 ger. in etwas Milch eingeweichte Semmel 0,03 „ 40 « Fett 0,06 „ 1 lcg Spinat 0,60 „ 40 - Fett, 40 e Mehl ... 0,08 VA Wasser, Salz, 1 Kg Kartoffeln .... 0,11 ,. 1,40 VL Spart, »tlllrttk. * Der Leipziger FutztaLIlnfi »wacker" veran- anstaltete gestern bei Lützschena—Quasnitz für seine M tglteder wieder ein wohlgelungenes „Quer feldeinlaufen". Ein zahlreiches Publikum hatte sich am Startplatz und Ziel sowie an den besonders schwierigen Hindernissen eingefunden und verfolgte mit Interesse die einzelnen Phasen des Wettkampfes. Am Start erschienen Läufer im Alter von 13 bi« 28 Jahren. Die Bahn führte zunächst über Holz verhaue, durch Waldwege und Schneiden, dann über eine Waldwiese hinunter in einen Lehmstich, von da wieder hinauf auf einen Steindamm. Während von hier die Jugendklasse einem Flußlaufe folgend, dann über einen tumpsigen Graben setzend, nochmals das Buschwerk durchbrechend den auf einer Waldlich. tung liegenden Ziel zueilte, mußten die älteren Läufer vom Steindamm wieder hinab, um an einer Stromschnelle die Luppe zu durchwaten. Nun ging der Weg durch Brachland, über hohe Wälle und tieie Gräben, bis wieder die Luppe die Bahn kreuzte,' nachdem das Wasser zum zweiten Male durchquer: war, gings nochmals hinein in den in herbstlicher Farbenpracht erstrahlenden Wald, dann endlich führte der Endlauf über Wiesen grund zum Ziel zurück. Trotz der recht schwierigen Hindernisse gaben nur zwei Läufer auf, ein Teil nehmer hatte das Mißgeschick, ein regelrechtes unfrei williges Bad in der Luppe zu nehmen. Die beste Leistung erzielte Reichel (16 Jahre alt), der den Wanderpreis des Dr. Buchheit erhielt. Die Preise errangen in der 1. Klasse (26—28 Jahre): I.P. Land eis, 2. Schmoll, 3 K. Franke.— 2.Klasse(19—25Jahre): 1. Pi eil, 2. Wald, 3. Eckstein. — 3. Klasse (16—18 Jahre): 1. E. Reichel in 12 Min. 52° ><> Sek., 2. Gleichner. — 4. Klasse (13-15 Jahre): 1. S.Siegfried. 2. S.Wil helm, 3. K. Zeidler. — Läufer und Zuschauer ver sammelten sich nach dem Rennen zur Preisverteilung im Restaurant „Erholung" zu Lützschena. Lufischisfahrt. * Pilotaufftieg in Dresden am 1. November. Erdboden: ->iV 4 ' 500 w: 9; 1000 w: VV 10: 1500 m: vv 12; 1800 w: vv 11. vsl. Der Kgl. Sachs, vereia für Lustschiffahrt hält am 6. November in der Aula der Technischen Hoch schule in Dresden seine ordentliche Hauptoer- Sammlung ab, in der Hauptmann v. Abercron über „Selbsterlebtes im Freiballon" einen Vortrag halten wird. " MMcrckMrftcn - ; - - -— Sauberste AuMhrung von vrucktaiven aller An Mr ttanstel, : M Industrie, vevörüen, vereine, krivare. SperialttLtr Illustrierte - D ttaraloge und Prospekte, für Massenauflagen stotationLüruL ; Joyannisgakte 8 « fernspreOer Nr. zrs unü zs-