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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.11.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111108029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911110802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911110802
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-08
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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Nr. 310. ISS. Hohrgang. Leipziger TageiUsn. Mittwoch, 8. Nooemirer lSU. Unruhen l» Tuni». Tu «t», 8. November. Zwischen Araber« und Italienern brache« am Morgen er« st« Strei. tig ketten aus. die da, Eingriffen von Polizei und Militär notwendig machte«. Auf beide» Sette« gab es mehrer« lote »ad verwundete. Auch wurden mehrere Polizeibeamt« »er. wandet, unter ihnen ein Wachtmeister fo schwer, das, er bald daraus starb. Der Kriegsenthusiaomus der Italiener ist erloschen. Turin, 8. November. (Eig. Drahtmeld.) Der Enthusiasmus für den Krieg, der zu Anfang des. selben herrschte, macht letzt einer großen Unlust gegen denselben Platz. Taalich gehen Truppen hier ab, um nach Tripolis einaeschiffr zu werden. Dabei spielen sich auf den Straßen schreckliche Szenen ab. Mütter, Bräute und Frauen hängen sich an die Sol daten und wollen sie nicht ziehen lassen, und auch di« Soldaten selbst sind äußerst erregt, und oft hört man sie Verwünschungen gegen die Regierung auestoßen. Alle Tage kommt es in den Kinematograpbentheatern bei der Vorführung von Szenen aus dem Kriegsschau platz zu feindlichen Demonstrationen gegen die Negierung, die nicht aufhörcn, obwohl der- artig« Vergehen streng bestraft werken. Derna noch nicht gefallen. Konstantinopel. 8. November. (Eig. Drahtmeld.) Das Krregsmi nisteri nm dementiert die Meldung ter „Agcnce Ottomane", wonach Derna von den türkischen Truppen eingenommen sein soll. Um Derna fanden zwar Kämpfe statt, bei denen die Türken Erfolge hatten. Die Stadt selbst ist indessen ncch nicht gefallen. Die Revolution in Shins. Infolge der Ermordung de» Generals Wuluchen durch die Mandsäpis hat sich eine derartige Er regung verbreitet, daß die Dynastie ernstlich ge fährdet erscheint. Äia der New Korker Hcralo mcloet, sind die Führer der Nordarmec überzeugt, das; der Mord vom Thron besohlen wurde. Die Diplomaten, die ein allgemeines Massaker befürchten, haben die Gesaudtschchten in Verteidigungszustand jcpen lassen und alle außerhalb wohnenden Fremden sind auf gefordert worden, sich in das Gesandtschastsviertel zu heaeben. Die Mitglieder der Nationalversamm lung send »um größten Teil an» Peking geflohen. Der lvoi rüstet sich zur Flucht. Der Regent hat LVO Wagen bestellt, die in Bereitschaft gehalten werden, um die Palastschätze in Sicherheit zu brin- gen. Wohin der li,n)i sicn ivcnden wird, ist unbekannt; doch nimmt man an, daß er sich über die Mongolei uach Rußland begeben wirb. Die einzige Eisen bahn, die noch den MandsclzuS zur Verfügung steht, ist die nach Kalgan, wohin eine große Anzahl der reichen Chinesen geflüchtet ist. Flucht des Kaisers? London, 8. November. (Eig. Drahtmeld) Der »Exchange Telegraph" erhält von seinem Korrespon. deuten in Shanghai die Meldung, daß der Regent mit dem jungen Kaiser und dessen Eesokge nach Tientsin geflüchtet sein solle». Di« Flucht, welche von langer Hand vorbereitet war, erfolgte in Verkleidung und unter großer Eskorte. Eine Bestätigung dieser Nachricht liegt nicht vor. Anders lautend« Gerüchte sind in vielen chinesischen Städten in Umlauf. Tatsache dürfte sein, daß Regent und Kaiser zwar au» Peking geflohen sind, aber zur zeit außer ihrer nächsten Umgebung niemand etwas von ihrem Aufenthaltsort weiß. Da» Exil de» chinesische« Kaiserhaus«. Peking, 8. November. lEig. Drahtmeld.) Nach Briefe», die an» der Umgebung Pua»schik»i» kommen, soll de, Führer der Nevol»tioniire, General Li, gefordert Haden, daß di« gesamte kaiserlich« Fami lie mit ihrer gekamte» Hofhaltung ständigen Aufent halt in Tn-schi-t» nehme» soll. — Nach Berichte« an» Mulde» solle» sich viele Chinesen an» Mnkden geflüchtet haben, da «an in Mulden ebenfall» ein Chinesenmassakr« befürchtet. Die revolutionär« Flagge überall. London, 8. November. (Eig. Trahtm.) Wie „Morning Post" au» Schanghai meldet, weht in Nanking überall die revolutionäre Flagge, selbst auf dem Gebäude de» ProvinzialratS von Kiangs«, welcher seine Unabhängigkeit erklärt batte. Die kaiser lichen Truppen gingen dort noch nicht zu den Revo lutionären über, aber der Tatarengeneral ist ge flohen. Es wird nur geringer Widerstand erwartet. Di« Lage in Hongkong. Peking, 8. November. Cig. Trahtm.) Aus Hong kong wird gemeldet: Tie revolutionäre Zen- tralregierung forderte den Vizeköuig unter Androhung von Gewalt auf, die F l a g g e z n w e ch - sein Der Vizekönig ist dec Aufforderung bis her nicht nachgeko m m e u. Von der Grenze des englischen Gebietes nahen revolutionäre Mann schaften. Gestern fanden bedeutende stampfe statt; die Negiernng-.-trnppen leisteten wenig Widerstand. Tie Eisenbahnverbindung Kanton—Hongkong ist unterbrochen. politische Nachrichten. Fabrikbesitzer Clauß-Plaue Mitglied der Wirtschaft lichen Kommission der Kolönialverwaltung. Auf Vorschlag des Bundes der Industriellen wurde vom Staatssekretär des Reichskolonialamtes Herr Fabrikbesitzer Ernst Stevhan Clauß in Immenhof- Plaue fsachsenl zum Mitglied« der Ständigen Wirtschaftlichen Kommission der Ko- lonialverwaltung ernannt. Herr Fabrik besitzer Clauß gehört dem Präsidium des Bundes der Industriellen an. Zum Ausscheiden Dr. v. Waechter» an» der Ersten Kammer wird gemeldet, daß nicht Rücksichten auf Gesundheit und Alter dieses Ausscheiden veranlaßten. Herr Dr. v. Lvaechter erfreut sich vielmehr noch voller Rüstigkeit und guter Gesundheit. Sein Austritt aus der Ersten Kammer erfolgt lediglich, weil der Fürst von Schoenburg-Waldenbura den bisher von Dr. v. Waechter innegchabten Sitz für die fünf Schoenburgisckien Rezeßherrschaften im nächsten Land tage selbst sinzunchmen beabsichtigt. Die Verabschieduno de» Staatssekretärs von Linde, quist im Kolonialamt. Berlin, 8. November. (Eig. Drahtmeld.) Der bisherige Staatssekretär im Reichskolonialamt von Ltndequtst verabschiedet«« sich gestern im Rcichskolontalamt mit einer längeren An sprache von seinen bisherigen Mitarbeitern. Bemerkt hierzu sei, daß auch di« amtliche Be kanntgabe der Verabschiedung des Herrn v. Linde- qutst inzwischen erfolgt ist, wie naclfstehende Meldung besagt: Seine Majestät der Kaiser haben AllerynSdigst geruht, dem Staatssekretär de» Reich»koloinalamt» von Lindequist die nachaesuchte Dienstentlassung zu erteilen und den Kaiserlichen Gouverneur von Samoa Dr. Sols bi» auf weitere» mit der Wahrnehmung der Geschäfte de» Staatssekretär» de» Retchstolonial- amt» und nach Maßgabe de» Gesetzes vom 17. März 1878 (Reichsgesetzbl. S. 7) mit der Stellvertretung de, Reichskanzler, im Bereiche de» Reichskolonial, amt, zu beauftragen. Znm Marokko-Abkommen. Der frühere Gouverneur von Kamerun, von Putt- kamer, der al» genauer Kenner der Kongoverhält- rriss« gelten kann und von dem man nicht behaupten wird, daß er unserer Kolonialpolttik mit allzu großem Wohlwollen gogenübersteht, faßt sein Urteil über den deutsch-französischen Gebietsaustausch in einem Artikel in der „Täglichen Rundschau" wie folgt zu sammen: Unter dem Vorbehalt des baldigen Er werbes der spanischen t-uinea-Küsie und der Insel Fernando Po bedeutet das Kongoabkommen einen beträchtlichen Gewinn für Kamerun. Eröffnung der internationalen Sanitätskonferenz. Pari», 8. November. fEig. Drah'.mclü.) Der Minister des Aeußcren de Selves eröffnete heute die iniernationale Sanirätskonferenz, auf der einundvierzig Sraaten vertreten sind. Zum Vor sitzenden wurde der französische Botschafter in Rom Barrerc ernannt. An der heutigen Disiussion nahm u. a. der Vertreter Deutschlands Freiherr von der Lancken-Wachsnitz teil. Österreichisches Abgeordnrtcnhaus. Wien, 8. November. sEig. Drahtmeld.) In fortgesetzter erster Lesung des Budgets führte Abg. Masarik (Tschechisch fortschr. Gruppe) aus, seine Gruppe könne vom Standpunkt« der finanziellen, der sprachlichen und der kulturellen Politik der Negierung kein Vertrauen «nlgcgenbringe». Er lehne das Bud get ab. Abg. Grog erklärte im Namen des Deutsch nationalen Verbandes, der Ministerpräsident werde den Beweis erbringen muffen, daß er wirklich ob jektiv verwalten wolle. Er werde gewisse Vor- gänge in seinem bisherigen Ressort, dem Unter richtsministerium, vergessen machen muffen. Der Deutsch-nationale Verband werde di« Bestrebun gen der Regierung nach Herstellung der Arbeits fähigkeit des Hauses unterstützen. Der Verband for dere von der Regierung ferner die Respektierung des deutschen Besitzstände« und werd« etwaige Angriffe auf die Freiheit der Schul« und ebenso alle Bestre bungen auf den Umsturz der Gesellschaftsordnung energisch zurückweisen. (Lebh. Beifall.) Angesichts der drohenden Gefahr einer Wiederkehr des § 14-Regim«s müßten alle kleinlichen Meinung» Ver schiedenheiten zurücktreten. Es mü'-ten nationale Vereinbarungen, nicht zwischen den Par teien und der Regierung, sondern von Volk zu Volk getroffen werden, um endlich zu vernünftigen Zu ständen im Parlament zu gelangen. (Lebhafter Bei fall.) Abg. Adler betonte, die Zusammensetzung der neuen Regierung bedeute eine Verschiebung nach der klerikalen Seite, mcshilb die Sozialdemokraten der Negierung Las stärkste Mißtrauen entgegen bringen. Drohender Fuhrleutestreik in London. London, 8. November. (Eig. DrahtmelLung.) Die Fuhrleute drohen erneut mit dem Aus stand, weil der jüngste Schiedsspruch von einigen Unternehmern nicht beachtet worden ist. Eine all gemeine Versammlung der Gewerkschaft der Fuhr leute hat eine Resolution angenommen, in der er ¬ klärt wird, man würde energisch« Maßregeln er greife», wenn die Unternehmer nicht versorächen, den Schiedsspruch bi» Sonnabend zur Ausführung zu bringen. Tsgeschrvnlk. , vernburg, 7. Nov. (Die Scharlachepidemie) ist endlich im Rückgänge begriffen. In der letzten Woche sind nur noch 12 neue Fälle zur Anmeldung gelangt, die höchste Zahl der Erlrankunaen wurde mit 34 in der zweiten Oktoderwoche gezählt. Zur zeit sind noch 89 Kinder an Scharlach, 9 an Drph- theritis erkrankt. Prag, 8. Nov. (Der Religionsstörung an- geklagt.) Aus Reichen berg wird gemeldet: Heute hatte sich der evangelische Pfarrer Dr. Hegemann aus Laibach zum vierten Male wegen Religions störung vor Gericht zu verantworten. Er wurde abermals freigesprocheu. Der Staatsanwalt meldete die Nichtigkeitsbeschwerde an. Krakau, 8. Nov. (Vom Feuer zerstört.) In Mogila brach in der Farbenfabrik „Aurelia" ein Feuer aus, das ungeheure Dimensionen an nahm und auch auf die Draht- und Metallwaren fabrik Hochstetten Übergriff Beide Fabriken wurden vollständig eingeäschert. Ein Maschinist drang während des Brandes in das Maschinenbaus ein, um durch Ocffiiung der Ventile eine Kestelexplosion zu verhindern. Als er ins Freie eilen wollte, stürzte die Decke ein. Er wurde ichwerverletzr unter den Trümmern hervorgezcmen. Der Schaden beträgt mehr als 1' ., Millionen Kronen. Pilse«, 8. November. (Lins Ortschaft ein geäschert.) Unweit der Burg Karfftein brach in der Ortschaft Vordertreban eine Feuersbrunst aus, die die gesamte Ortschast einäsmerte. Die alte histori'che Burg Karlstein ist von dem Feuer nicht bedroht. Pari», 8. Nov. (Ein furchtbarer Unglücks fall) hat sich in der kleinen Gemeinde St. Gauvens (Dep. Vienne) ereignet. Das Dorf ist malerisch an einem überdüngenden Felsen gruppiert, der mit seiner vorragenden Kuppe das Dorf wie mit einem Dach bedeckt. Heute ist diese eigentümliche Felsbildung, die von Touristen o!t bewundert wurde, der kleinen Gemeinde zum Verhängnis geworden. 2n den ersten Morgenstunden stürzte plötzlich ein gewaltiger Felsblock von der Höhe des Berges in da» Tal und zertrümmerte mit donnerähnlichem Krachen zwei Häuser, die von den Gestetn»mas>en bedeckt wurden. Die in den zerstörten Häusern Wohnenden, die zur Zeit des Felssturzes schliefen, wurden von Steinmassen begraben. Bisher sind 4 Leichen geborgen worden. 17 Personen werden vermißt, doch besteht die Hoffnung, einzelne von ihnen zu retten. Paris, 8. Nov. (Frau Professor Curie) ' vrotcstiert in einer Erklärung gegen das Eindringen Unberufener in ibr Privatleben. Die ungeheuer lichen Deutungen, die ihr sogenanntes Verschwindet? mit Herrn Langevin gezeitigt habe, zwingen sie, gegen Vie Identität gewisser angeblich von ihr stammender Aeußerungen oder ihr zugemuteter Hand lungen energisch Verwahrung einzulegen. Da ihr die Abbitte des Ver assers des betreffenden ver leumderischen Artikels vorliege, werde sie jetzt kein gerichtliches Verfahren einleiten, künftig aber werde sie die Urheber aller ihr Privatleben betreffender Verleumdungen vor Gericht stellen. Die ihr zu- zverkennrnde Schadenersatzsumme würde sie wissen schaftlichen Zwecken zuwenden. London, 8. Nov. (Das Syndikat der Roll kutscher) beschwert sich beim Schiedsgericht darüber, Das Vllüerduch sls Erzieher zur Kunst. Von Rektor P. Hoye. Wenn die Kunstbewegung vielleicht in manchen Dingen zu weit gegangen ist, so läßt sich doch nicht leugnen, daß das Schlagwort von der „Kunst im Leben des Kindes" im allgemeinen manches Gute geschaffen hat. Zunächst hat es immer mehr für die Erkenntnis gewirkt, daß dem Schönen im Leben die Vedeuiung zugewürdigt wird, die ihm auch tatsächlich zukommt, sodann hat es im einzelnen auch gezeigt, wie die Kunst in dieser oder jenex Weise zum Erzieher Les jungen Menschen gemacht werden kann. Zu denken wäre hierbei nur an die Bestrebungen im Kamvfe gegen die Schundliteratur, an die Reform der Kinderstube nach künstlerischen Gesichts punkten, an die vertiefte Raturerzcehung. Das sind alles positive Ergebnisse der .Kunst bewegung. Auch auf die Bedeutung der Bilder bücher hat man sich mehr als bisher besonnen. Von ihnen galt früher dasselbe als vonder Kinderstube. Was für die andern Zimmer nicht mehr gut genug war, das wurde nach hinten in die Kinderstube ab- gejchoben. An Bilderbüchern wurde wahllos gekauft, was der Markt gerade mit sich brachte. Und Gutes war selten. So verkehrte sich jener Satz: Für die Jugend ist das Beste gut genug! gerade in sein Gegenteil. Heute ist das in jeder Beziehung anders gewor den. auch für das Bilderbuch. Wie im allgemeinen, so Huven sich auch hier unsere besten Künstler daraus besonnen. Laß sie auch unier der Jugend segensreich uurten können. Es gibt heute deshalb eine erfreu liche Fülle von guten, wirtlich künstlerischen Bilder büchern, von denen manche auch schon zu einem niedrigen Preise zu haben sind. Nach welchen Gesichtspunkten wären nun Bilder bücher zu beurteilen? Zuucülm stellt der Stoff seine bestimmten Forde rungen. Er muß in der Seele des Kindes schon Ver ständnis finden, muß sich in den vorhandenen Ge dankenkreis einglicdern können. Für die Kleinsten ist daher der Inhalt beschränkter. Da wird das Bild anknüpfen müssen an die tägliche Umgebung und an das tägliche Geschehen in der Welt des Kindes. Die Kinderstube, das Haus, der Garten, die Straße geben den natürlichen Schauplatz für das Bild ab. Für die späteren Jahre treten die Stoffe aus der Ge schichte, Sage und Märchen hinzu, und in den letzten Schuljahren kommen auch schon allegorische Dar stellungen in Betracht und solche Bilder, d,e mehr durch ihren Siimmungsgehalt sprechen und eine reifere Bildung für ihr Verständnis voraussctzen. Ebenso wie brr Stoff, so will auch die Form des Bildes beachtet sein. Bloße Farbenklecffe taugen nichts, sie sagen dem Kinde zu wenig. Was auf dem Bilde zu leben sein soll, dos ;ei mit aller möglichen Deutlichteit dargeslellt. Das bezieht sich vor allen Dingen auf die Personen. Diese sotten charakteristisch sein. Man muß aus ihnen eine Absicht, ein in dividuelles Empfinden herauslcsen können. Unsere Oblaten- und schlechte Plakatkunst zeigt da deut lich. wie es nicht lein soll. Süßliche Engels gesichter ohne jeden Ausdruck, von denen man zedes für ein bcttebiges andere setzen könnte, das ist eben unkünstlerisch. Nein, das Eigentümliche, das Be sondere. das individuell Erlebte ist es. was der Maler zum Ausdruck bringen muß. In dieser Be ziehung steht selbst die Karikatur, sofern sie eindeutig zum Sinn des Kindes spricht, noch unendlich höher »l» jene schablonenhaft« Lnqelgesichterkunst. 2n Vieser Beziehung seh« man sich Vie Bilder unserer neueren Kindermaler an wie eines Dusch. Kreidolf, Meggendorfer; man wird an ihnen studieren können, was hier von der Ausdrucksstärke der Form gesagt wurde. Auch der Färbe sei noch eine Bemerkung gewidmet. Kinder lieben die bunten Farben, und sie werden Laber die farbigen Bücher den schwarzen stets vor ziehen. Die Farben seien aber auch wirtlich aut. tief ausgeprägt, kräftig und voll Ausdruck. Die scharfe Umgrenzung der Farben ist Lesser als ferne Uebergän^e. Schattierungen und Halbtöne; für diese Feinheiten haben die Kinder noch keineEmpfänglichkcit. Don den Bilderbüchern, die in jeder Hinsicht gut sind, wären unter anderen beispielsweise folgende zu nennen: Für das Atter von e.wa 4-8 Jahren: Meggendorfer „Aus dem Lande", ferner die prächtig illustrierten „Kinderreime" von Kreidolf und Hofers „Rumpclpnmpel". Für das Alter bis 10 Jahren kämen etwa in Betracht Thumanns „Für Mutter und Kind". Kreidolfs „Wiesenzwerae". „Gute Freundschaft" und „Daheim" von dem dekaiaten Kindermaler Plcticy und Spetters Bilder zu Len Herrschen Fadeln. Für die dritte Stufe, über 10 Jahre hinaus, seien empfohlen „Mar und Moritz" von Busch. 2n den „Blumenmärchen' neigt Kreidolf ganz besonders seine reiche phantasievolle Gestaltungskraft. Zu vergessen ist Lier auch nicht der unvergeßliche Maler der Deutschen, Ludwig Richter, der auch iür die Kinder jo viel Gutes geschaffen bat. Zu nennen wären fern „Sonntag". ..Familienschatz" und „Jahres zeiten"; viel Vergnügen werden auch machen Spetters Bilder vom „Gestiefelten Kater" mit neuem Text von Aocnarrus und Reinickens „Märchen-, Brloe. - und Geschichtenbuch". Nicht zu unterichätzcn ist es. daß die Eltern dann und wann mit den Kindern zusammen die Bilder betracqtcn. Es geht dabei eine unmittelbare suggestive Wirkung von den Groszen auf die Kleinen über. Es bietet sich dabei auch eine günstige Ge legenheit, die Interessen des Kindes zu wecken und in bestimmte Richtungen zu leiten. Den Eltern selbst aber kann es nur eine reine Freude sein, das unbefangene, frische Genießen ihres Kindes mit zu erleben. Es ist nicht gewiß, daß von einem Kunstwerke stets bestimmte Anregungen auf das Kind ein wirken. und wir wollen uns daher vor einer Heber- Schätzung hüten, aber die bloße Möglichkeit sollte doch schon bestimmend auf uns eiuwirken. und was wir tun rönnen, um die künstlerffch« Empfänglichkeit und die Freude am echten Schönen zu steigern, das sollten wir doch aus Gedankenlosigkeit oder Bequem lichkeit auch nicht unterlassen. Auch das Bilderbuch ist ein Erzieher des Kinde» zu künstlerischem Empfinden. Lrliolmigrrliejme Mr Aksüeimker. Wie uns mitgcteilt wird, hat das Organiiatious- komitee des Deutschen Akademischen Bundes die Gründung von Erhol u nash e im en für Akademiker in Angriff genommen. Da die geistige Aroeik vom medizinischen Standpunkte aus als eine einseitige zu betrachten ist und darum sich bet den Akademikern besonders vielfache Verbrauchserscheinungen des Nervensystems und damit Nervenkrank- beiten vorfinven, so erscheint die Gründung von Erholungsheimen für Akademiker besonders not wendig. Dem Organisattonslomitee sind bereits Unterstützungen von selten vieler Badeorte an geboten worden. Wie Professor Dr. Peter Bergel mitteilt, wird der Charakter der Erholungsheime nicht durchweg der gleiche sein, denn ein Teil wird rein die Funktion erfüllen müssen, «in Sommerheim zu sein, in dem der akademische Arbeiter mit seiner Familie Erholung findet, während der andere mehr den Charalter eines Sanatoriums tragen wird. Die genaueren Bestimmungen sind darüber noch nicht festgesetzt worden. Ku lr unü Ovlksumtlchaft. Bei Betrachtung der Beziehungen zwischen Volks wirtschaftslehre und theoretischer Aeubctil zeigt es sich, daß viele Aesthetiter die Gegenstände des ge wöhnlichen Gebrauches von vornherein als nicht schön be'eichnen oder von ihnen verlangen, nicht > schön zu sein, da sie andernfalls den Gebrauchszweck verhüllen. Mit diesen Gedanken leitete Direktor Dr.H. Wolff, der bekannte Volkswirtsct cfftslehrvr und Privatdozent in Halle, seinen Vortrag über das oben genannte Trema ein. das er am Dienstag im Vortrags saale des Graifimuseums behandelte. Die Ursache, warum sich die VolkswirtscbasUer noch weniger als die Aesthe-en nm den Gebrauchsgegenstand bekümmern, erblickt er in der Wandlung der Bedürfnisse. Vor etwa 500 Zahlen zeigt sich das Bild der geschlossenen Hauswirtschaft, bei welcher jeder für sich und seinen alleinigen Bedarf arbeitete, also erne Jn- dioidualqualität schuf. Diese Zeit wurde abgelöst durch dre Handwerker- und Zunftperiode, die noch gewisse individuelle Eigenart beibehiclt, da sie für den Kunden auf Bestellung arbeitete. Die moderne Zeit kennzeichnet sich durch den Massen betrieb. dem es nicht gelang ästhetisch wertvolle Gegenstände zu lie'ern, weil er in dieser Hin sicht noch in den Kindericliuhen steckt und das Produtt nicht auf seine Kosten rammt. Denn der Hcrstcllungsprozeß — auch im Grogdetriebe — vollzieht sich erst dann richtig, wenn vor der An.ertigung die Frage nach dem Zwecke be antwortet wird. Leider steht es heute so» daß schablonenmäßig große Mafien auf den Markt kommen und daß aus dem ebemalcgen Kunden der Käufer würde, der aus dem Angebot zu wählen hat, wobei er sich oft den Eeichmack Les Verläufers aufdrängen läßt. Die Anpassung an das Individualbedürfnis ist aber auch heute noch möglich, selbst bei Massen herstellungen, denn in den verschiedenen einzelnen soialen Volksschichten liegen einheitliche Be dürfnisse vor. In den Werkstätten für Hand werkskunst finden sie schon heute ihre Erfüllung. Wie diese Arbeit sich im großen verwirklichen läßt, skizzierte der Redner in einem von ihm ausgestellten Programm turz folgendermaßen: Es ist Qualitätsarbeit zu schaffen in eigen» dazu errichteten Werkstätten. Diese wieder müssen zusammengefaßt werden zu Bünden, wie z. B. der Deuffche Werkbund und der Kunstgewerbcverein schon bestehen. Den Verkäufern dieser Artikel ist Gelegenheit zu geben, sich geschmacklich zu bilden, ebenso dem Publikum. Dieses aber muß zoiammengelchlossen werden zu einem Käuferbundc. der in erster Linie für den ästhetischen Wert des Produktes einzutreten hat. An einer Reihe guter Lichtbilder wurde gezeigt, wie sich diese Forderungen in der Beziehung zwischen Kunst und Volkswirtschaft verwirklichen lasten. S. rp Lullst unü Mllenstiisst. * Konzert im Isr. Wohlrütigkeitsverein. Im Fest saal des Zoologffchen Gartens hielt am Dienstag abend der Israelitische Wohltätigkeitsverein zu Leipzig sein diesjähriges Konzert ab. bei dem drei bedeutende Künstler mitwirkten. Mit einer „Fan tasie über russische Lieder" leitete der Cellist Gustav Ratz den Atend «i». In der Wiedergabe dieses Stückes sowie in dem „Nocturna" von Chopin und dem „Scherzo" von Klengel zeigte der erst 15jährige Künstler, dem sein Lehrer Profeffor Klengel eine große Zukunft prophezeit, eminente Bogentechnik und Treffsicherheit sowie ein fein ausgearbeitetes Stakkato und prächtige Nuancierung. Die Weichheit des Tones — wenn auch nicht so füllend wie bei diesem — ist der seines Meisters eng verwandt. Unser Alfred Käse vom Stadttheater ist bekannt, als Gestalter von Wohllaut und Schöne die Seelen in seinen Bann zu zwingen. Von seinen Liedern, unter denen sich auch Klengels „Nachtgesang" und der „Einsiedelmunn" von Hans Lowenield befanden, war das mit tiefstem seelischen Empfinden vorgc- t tragenc „Grauer Vogel" von E. Lindner-Leipzig die herrlichste Gabe des Künstlers. Erika Wedekind- Dresden bot gleichfalls auserlesene Perlen ihrer Kunst und fand für jedes Lied den neuen erschöpfen den Stimmungsausdruck, in ihrer bewundernswerten Gesangstechnik eine Königin der Koloraturen. Ihre Glanffeistung war gestern abend das Rezitativ und die Arie aus „Ernani". Den Vortragenden war Max Wünsche, der für seine Leistung volles Lob verdient, am Blüthnerfliigel ein feinsinnioer Be gleiter. (Z. 8x. * Ein Ecschichtsrverk über das sächsische Herrscher haus. Der Leipziger Historiker Professor Freiherr von Weitzenbach besichtigte, wie uns ge chrieben wird, in Brehna Vie mehr als 800 Iahre alte Kircbe und die damit in Verbindung stehende, von 1201 bis 1208 erbaute Nonnenkirche, die als letzter Rest des von der Gräfin Hedwig und ihrem Sohne Conrad gegründeten Nonnenklosters vorhanden ist. Der Ge lehrte will ein Geschichtswerk über das sächsische Herrscherhaus herausgeben, mit dem die Brehnaer Grasen nahe verwandt waren. Er ließ deshalb von beiden Kirchen zahlreiche photographische Ausnahmen machen, ebenso von der Gegend, wo das Grasenschloß gestanden hat. Profeffor Artur Nikiscb unternimmt in diesem Monat eine Tournee durch Rußland. Bemerkenswert dabei ist, daß der Künstler außer einer Reihe von Konzerten im Kaiserlichen Theater zu Moskau eine Aufführung des „Lohengrin" in russischer Sprache dirigieren wird. * Vom Dresdner -ostheater. Die General- dircktion hat Lothar Mehnert durch einen neuen Kontrakt zu fesseln gewußt, so daß der Künstler den ehrenvollen Antrag de» Wiener Burgtheaters. der ihm eine Gage von 38000 Kronen bei neunmona tiger Spielzeit und das Rollcngebiet Sonnenthals und Hartmanns zusichcrte, adgelehnt hat. * Der Nobelpreis für Chemie. Die schwedische Akademie der Wissenschaften beschloß, den Nobel preis für Physik dem Professor Wilhelm Wien in Würzburg und für Chemie Frau Curie in Paris zuzuerkennen. Die diesjährigen Preise betragen je 194 330 Frcs. * Schiller-Fackelzug. 2n besonders würdiger Weise wird in Wien der Geburtstag Schclleis gefeiert werden. Der durch seine große Mitgliederzaht be kannte Verein „Südmarl" plant einen Fackettug, an dem sich auch die Wiener deutschen Studenten, Sänger und Turner beteiligen wollen, sodaß eine sehr große Teilnahme ,u erwarten steht. Der Zug wird lich von der Universität über die Ringstraße zum Schiller platz bewegen, wo nach einem Gesang der aus über 500 Mann bestehenden Wiener Sängerschaft der Reichsratsabgeordnete Wedra eine Hulvigungsrede halten wird. Am 15. findet dann noch im Deutschen Volkstheater eine Festvorstellung des „Wilhelm Lell" statt.
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