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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.10.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111021011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911102101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911102101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-21
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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pslitiscde Umschau. Deutsches Seich. Leipzig, 21. Oktober. * Sitzung de» Sächsische«» Landeskulturrate«. Wie wir bereit» kurz mittetlten, findet die 51. Gesamt- sttzung des Sächsischen Landeskulturrates vom 26. bl« 28. Oktober statt. Sic wird sich u. a. zu beschäf tigen haben mit der Frage der Schadloshaltung der Gärtner bei Landungen von Luftfahrzeugen und Flugmaschincn, mit den Vorschlägen zur Heoung der Futtererzcugung und zur Bekämpfung des F l e i s ch m a n g e l s, ferner mit der Förderung des Vogelschutzes, mit dem landwirtschaftlichen Lehr- lingswescn. mit der Weiterbildung der Fu gend nach dem Verlassen der Volksschule usw. * Wahl für das Landesmedizinalkottegium. Mit Ende 1911 scheiden nach Ablauf ihrer Wahlzeit das austerordentliche pharmazeutische Mitglied des Lan desmedizinalkollegiums. Apotheker Ernst Georg Schneider in Chemnitz, und dessen Stellvertreter, Apotheker Paul Mcrres in Glauchau, aus dem Amt. Es ist deshalb eine Neuwahl auf Sie Fahre 1912 bis mit 1916 erforderlich. * Die Aezirksgruppc „Altstadt" in der Ortsgruppe Leipzig des Hansabundes hielt am Mittwoch im Lokal „Zills Tunnel" eine Mitgliederversammlung ab, in der Rechtsanwalt Dr L. Burckas einen Vortrag über das Wertzuwachssteuergesetz hielt. Der Redner verbreitete sich im allgemeinen über die Bestimmungen des Gesetzes und erläuterte durch verschiedene Beispiele die Anwendung des selben, seine Vorzüge und Nachteile. Dem ausklären den Vortrag folgte eine lebhafte Diskussion, in der von verschiedenen Rednern auf Härten des Gesetzes ihingewiescn wurde. Der Vorsitzende sprach dem Redner den Dank der Versammlung aus und gab bekannt, das? die nächste Versammlung am 13. No vember stattfindc, in der Sekretär Emil Berg ein Referat über den Mittelstandskongcetz des Hansa bundes erstatten wird. * * Die Beamten bei den neuen Neichsoersicherungs- behördcn. Die preussischen Minister des Innern, des Handels und der Finanzen haben Ende August d. Z. an die Regierungspräsidenten, außer den in Potsdam und Frankfurt a. O.. die jedenfalls mit Berlin zu sammen ein selbständiges Obervcrsicherungsamt er halten werden, einen Runderlaß gerichtet, der sich mit den Anstellungs- und Eehaltsverhültnisscn der künftigen Versicherungs- und Oberversicherungsämter beschäftigt. Es sollen zunächst die Beamten der Schiedsgerichte, die bisher Provinzialbeamte und nicht unmittelbare Staatsbeamte sind, befragt wer den, ob sie auf diesem Wege unmittelbare Re- gierungsbeamte werden wollen. Dem Regierungs präsidenten sollen sich mit den ihnen unterstellten Be- Hörden deswegen ins Einvernehmen setzen und gut achtliche Aeußerungen auf Grund ihrer Erhebungen abgeben. Da die Beamten der Schiedsgerichte im Gehalt wie die Regierungssekretäre gestellt sind, so ist es zweifelhaft, ob sich viele Beamte dazu bereit finden werden, in den Dienst der neuen Behörden zu treten. * Reichstagswahlvorbereitungen. Als fortschritt licher Kandidat für den Wahlkreis Schleswig- Eckernförde ist an Stelle des derzeitigen Abge ordneten Spethmann, der eine abermalige Kandi datur abgelehnt hat, der Landtagsabgcordnete Rechtsanwalt Wald stein in Altona in Aussicht genommen. Der Nationalliberale Verein in Essen sNuhr), der die rechtsliberalen Kreise umschließt, stellte für die Reichstagswahl den Realgymnasial direktor Dr. St ei necke auf. — Die LitLaucr im Wahlkreise Tilsit-Niederung stellten den Mühlenbesitzer N eid i e s - Kaukchmen als Reichs tagskandidaten auf. — Eine Vertrauensmännerver sammlung der Zentrumspartei des Kreises Hamm- Soest beschloß mit allen gegen eine Stimme, für die nächste Neichstagswahl den bisherigen Abgeordneten Wiedeberg wieder in Vorschlag zu bringen. — Das Zentralwahlkomitee der nationalliberalen Partei des Wahlkreises Hamm-Soest beschloß, den Kaufmann Georg Schulenburg in Soest den Wählern als Reichstagskandidaten in Vorschlag zu bringen. * Freiwillige für den Unterseebootsdienst. Bis her setzte sich die Besatzung der deutschen Untersee boote aus Leuten zusammen, die bei den einzelnen Marineteilen eingetreten waren und sich erst später freiwillig für den Dienst auf den Unterseebooten meldeten. Nachdem eine besondere Unterseeboots- Abteilung gebildet worden ist, sind Anfang Oktober dieses Jahres zum ersten Male selbständig Frei willige als Maschinistenanwärter eingestellt worden. Für junge Leute im Alter von 17—20 Fahren, die gelernte Elektrotechniker, Maschinenschlosser, be sonders für Gas- und Oelmotore, oder Mechaniker sind, und in die Laufbahn der Unterseeboots-Ma schinisten (Unteroffiziere) eintreten wollen, sind die Bcfördcrungsverhältnisse günstig. * Neue Anweisungen über die Prüfung der Führer von Kraftfahrzeugen. Man schreibt uns: Nach der vom Bundesrat erlassenen Anweisung über die Prüfung der Führer von Kraftfahrzeugen mutz dem bei der Polizeibehörde einzureichenden Anträge auf Erteilung der Erlaubnis zum Führen eines Kraft fahrzeugs auch das Zeugnis eines beamteten ArzteS darüber beigefügt sein, daß der Antrabsteller keine körperlichen Mängel hat, die seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug sicher zu führen, beeinträchtigen können, insbesondere Mängel des Seh- und Hörvermögens. Zur Ausführung dieser Bor- schrift sind, nxie wir hören, nunmehr seitens deS Reictssamts des Innern auf Grund von Beratungen mit berufenen Sachverständigen eine Anleitung zur amtsärztlichen Untersuchung und Begutachtung von Personen, die um Zulassung als Führer von Kraft fahrzeugen nachsuchen, und ein Muster zur amts ärztlichen Begutachtung aufgestellt und den Bundes regierungen übersandt worden. Nach der Anleitung sind Voraussetzung für die Zulassung als Führer von Kraftfahrzeugen ein kräftiger, regelrechter Körperbau sowie körperliche Gewandtheit. Vor allem müssen ausreichendes Leh- und Hörvermögen und völlige Bewegungsfreiheit des Kopfes, des Rumpfes, der oberen und unteren Gliedmaßen vorhanden sein. Welche Gesichtspunkte bei der Untersuchung und Be gutachtung im einzelnen zu beachten sind und welche körperlichen Mängel den Untersuchten als ungeeignet zur Führung eines Kraftfahrzeuges erscheinen lassen, ist in der Anleitung des Näheren angeführt. Tie Bestimmungen sollen unterschiedslos für alle Be werber, gleichgültig ob für verussmäjsige oder ander weitige Verwendungen des Führerscl>ein§, Anwen dung finden. Es läßt sich erwarten, daß auch diese Maßregel der Regierung dazu beitragen wird, die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs günstig zu be einflussen. * Die Tauglichkeitsprüfung des neuen „Zeppelin" für das Heer. Die Tauglichkeitsprüfung des neuen „Zeppelin" für das Heer, die von der militärischen Abnahmekommission, bestehend aus: Oberst Schmi- deüe, Oberst Messing. Major Groß und Major Neu mann, zur Uebernahme des neuen Luftschiffes für das Reich abgchalten wurde, setzt sich, wie der Korre spondenz „Heer und Politik" aus Luftschifferkreisen mitgetcilt wird, aus folgenden Prüfungen zusam men: Den ersten Teil der Tauglichkeitsprüfung bildet eine Materialprüfung der Konstruktion und aller Maschinenteile. Diese Prüfung wurde von der obengenannten Kommission bereits vor 10 Tagen vorgenommen, da sie vollzogen werden muß, bevor das Luftschiff seine Hülle erhalten hat. Die Kom mission reiste nach dieser Prüfung, die günstig aus gefallen war, wieder nach Berlin zurück und begab sich jetzt vor zwei Tagen aufs neue nach Friedrichs hafen, um die weiteren Abnahmeprüfungen vorzu nehmen, nachdem die Werkstättenfahrten ihr Ende erreicht haben. Die bisherigen Fahrten des neuen „Zeppelin" waren nämlich ausschließlich Werkstätten fahrten, und die Abnahmesahrten nahmen erst am Donnerstag ihren Anfang. Die Abnahmefahrten setzten sich aus mehreren Höhen- und Schnellfahrten zusammen, in denen das Luftschiff zeigen muß, welche Flugleistungen es im einzelnen aufzuweisen hat. Auch die Leistungen der Motoren werden einer ge nauen Prüfung unterzogen. Ferner sind auch Schlei fenfahrten uno schnelle Wendungen, sowie schnelles Auf- und Absteigen mit eigener Kraft ohne Abgabe von Ballast vorgesehen und werden jetzt zur Aus führung gebracht. Das Luftschiff wird, sowie es vom Reich übernommen ist, den militärischen Namen „Z. 2" erhalten, und voraussichtlich in Köln statio niert werden. * Unfall bei der Marine. Durch vorzeitige Ent zündung einer Fünfzehnzentimeter-Kartusche an einem Geschütz wurde während einer Schießübung bei Wil helmshaven auf dem Linienschiff „Thüringen" der Geschützführer leicht und die Matrosen Dapp und Marsen schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt. Auslsnü. Oesterreich-Ungarn. * Ernennung. Der Kaiser ernannte den fürst bischöflichen Kommissar und Erzpriester in Frei- waldau Fosef Neugebauer zum Titularehren- kanonikus der fürstbischöflichen Kathedrale in Breslau für den österreichischen Diözesenanteil. * Tcuerungstumultc. Fn Proßnitz in Mähren veranstalteten Arbeiterfrauen wegen der Lebensmittelteuerung große Aufläufe auf dem täglichen Markt. Ten Bäuerinnen wurden die zum Verkauf gestellten Eier zerschlagen, die Butter verunreinigt, das Gemüse auf die Straße geworfen. Infolgedessen beschlossen die Bauern, die Stadt zu boykottieren und die Znfuyr von Lebensmittel einzustellen, bis die Stadtver waltung für den ihnen zugefügten Schaden Ersatz leiste. Frankreich. * General Robert, Kommandant des 11. Armee korps in Lyon, hat seine Stellung zur Disposition verlangt, weil Krieasminister Messimy ihm, ent sprechend dem Wortlaut des Gesetzes vom 24. Juli 1873, nach Ablauf seines dreijährigen Korpskom mandos zum Kommandanten einer Fnf.-Division er nannt hat. Es ist allerdings das erstemal feit 38 Jahren, daß ein französischer Kriegsminister die betreffende Gesetzesbestimmung zur Anwendung ge bracht hat. Dänemark. * Der König der Hellenen ist am Donnerstag abend von Kopenhagen abgereist. Zur Verab schiedung waren auf dem Bahnhof die königliche Familie, die Minister, der deutsche und der russische Gesandte erschienen. Persien. * Die Wirren. Einem Londoner Blatt wird aus Teheran gemeldet, die persische Regierung bat Großbritannien in einer dringlichen Note, die K o n- sulatswachen nicht zu verstärken, da die persische Regierung bald selbst imstande sein werde, die unsicheren Zustände in Schiras zu be seitigen. Die schwedischen Offiziere werden in die Provinz Fars geschickt. Oereinlfltr Staaken. * Roosevelt zieht sich zurück. Expräsident Roosevelt gedenkt sich ganz vom öffentlichen Leben zurückzuziehen. In einem an den ihm befreundeten Abgeordneten für Hampton gerichteten Brief namens Heere erklärt er, daß er es, wenn auch mit großem Bedauern, wahrgenommen habe, daß seine Popu larität bei den Amerikanern immer mehr und mehr im Schwinden begriffen sei. Er sehe sich deshalb gezwungen, seine öffentliche politische Tätigkeit cin- zustellen und gedenkt sich bei den kommenden Präsi- dentschastswahlen vollständig passiv zu Verhallen. Auch die von ihm erst in Aussicht genommenen Reisen, auf denen er Vorträge über die verschie densten Gebiete des öffentlichen Lebens halten wollte, werden unterbleiben. * Bryan gegen Taft. Bryan, der frühere demokratische Führer, richte: in der amerikanischen Presse heftige Angriffs gegen den Präsidenten Taft, dem er vorwirst, daß er den Obersten Gerichtshof mit Männern besetzt habe, die zugunsten der Trusts richten würden. Bryan sagt, daß Tast anfangs -war die Trusts bekämpft habe, jent aber Männer in den Gerichtshof setze, die den neuen Gesellschaften freundlich gesinnt leien. Tiefe Gesell schaften seien im Grunde nichts anderes als die aufgehobenen Trusts, unter denen das Land so außerordentlich zu leiden hatte. Wenn diese Mißstände daher im Lande bestehen blieben, so habe Tast allein die Schuld daran zu tragen. Deutscher Reichstag. Berlin, 20. Oktober. 193. Sitzung. Am Bundesratstische: Dr. Delbrück, Caspar. Präsident Graf o. Schwerin-Löwitz eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Min. Das Haus tritt in die Eeneraldebitie über das Privatbeamtenoersjcherungs- gesetz ein. Abg. Trimborn (Ztr.): Ich brauche nicht mehr zu versichern, daß meine Partei alles tun wird, um die Vorlage zu einer baldigen Verabschie dung zu bringen. (Bravo.) Fm großen uns gan zen werden wir die Vorlage unverändert annehmen müssen, obgleich einige Fragen, z. B. die der Ersatz kassen, in der Kommisiion noch geklärt werden müssen. Auf manchen Seiten herrscht etwas Enttäuschung über die geringen Leistungen der künftigen Kassen. Für einen Terl meiner Partei ist die Doppel ver - sicherung derjenigen bedenklich, die bis zu 2000 .tt Einkommen haben. Ich beantrage, die Var lage an die S e ch z e h n e r k o m m i s s i o n zu ver weisen. Wir werden mit Freuden bereit sein, mit zuarbeiten, damit dieses schwierige Werk bald zum Segen der Beteiligten verabschiedet wird. (Lebhafter Beifall.) Abg. Freiherr o. Richthosen (Kons.): Ich bin mit dem Vorredner in allen wesentlichen Punkten ein verstanden. Diese Versicherung unterscheidet sich von den übrigen sozialpolitischen Gesetzen in der Hauptsache dadurch, daß sie von dem größten Teil der Beteiligten gewünscht wird. Auch wir hoffen, daß das Gesetz noch in dieser Tagung verabschiedet wird. (Bravo!) Abg. Schmidt-Berlin (Soz.): So kurz, wie die Vorredner es getan haben, läßt sich die Vorlage doch nicht beantworten, Ihre Zurückhaltung deutet viel leicht darauf hin, daß den Konservativen und dem Zentrum, um sich für Sic Kommission mehr D.r- und Vehandlungsfreiheit zu sichern, es in der Kom mission gelingt, den Wünschen der Privatangestellten mehr entgegenzukommen, als es in der Vorlage der Fall ist. Man beabsichtigt vielleicht, durch eine neue politisch« Gesetzgebung den Sozialdemokraten für die kommenden Wahlen das Wasser abzugraben. Ein Anschluß der Prioatbeamtenversichcrung an Vie bestehende Invalidenversicherung würde finanziell viel günstiger für die Angestellten sein. Die in der Denkschrift aufgestcklic B r^ dnn'i stellt die L>ü'.inuz der V.-rsisierungsträger übertrieben boch hin. Ich vermiss« di« Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung derjenigen An gestellten, die nicht dem Versicherungszwnng unter- Itellt sind. Dann bringt die Doppelversiche rung für die Angestellten bis zu 2000 Einkommen «inen unglückseligen Zustand. Zu bemängeln ist weiter die Fortsetzung der Versicherung, die erst möglich sein soll, wenn der Angestellte mindestens fünf Jahre der Versicherung angcdört. Es ist dringend notwendig, daß dafür gesorgt wird, daß die Anrechte nicht so leicht verloren gehen können. In der Kom mission wird noch «ine ganze Reihe von Einzelfragen der Klärung bedürfen. Vergünstigungen der Ersatzkafsen stehen wir ablehnend gegen über, da dadurch die Leistungsfähigkeit der großen staatlichen Versicherung beeinträchtigt würde. Diesen Standpunkt teilen auch di« Verbände der Privat- angestellten. Auch können wir damit nicht einver standen sein, daß den Angehörigen der privaten Pen sionskassen der Rechtsweg zur Geltendmachung ihrer privaten Ansprüche versagt wird, der den Angehöri gen Ler staatlichen Versicherung offen steht. Wir wer den uns durchaus emsig an den Kommissionsderatun- gen beteiligen und versuchen, «in« Reib« von Wün schen der Angestellten durchzusetzen. Ich verkenn« nicht, daß der Entwurf manche Verbesserungen gegen- über der Reichsverncyerungsorünung aufweist, dies« aber wollen wir nicht wieder beseitigen. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Stresemau« (Natl.): Die Einmütig keit der Prioatange st eilten in der For derung einer Versicherung hat letzthin leider erheblich gelitten. Eine klein« Minorität hat eine geg nerische Agitation inszeniert, so daß die Zahl der Vers.syerungsgegner erheblich gewachsen ist. An dererseits wehren sich die Diplomingenieure, Aerzte usw. aus Fragen der Standcswürde gegen den Ver- stcherungszwang. Diese Bedenken müssen über- wu »den werden. Zu erwägen ist das Angebot der Pnvalversicherungsgesellschasten, diese Versicherung zu übernehme». Daß zu Lieser Versicherung ein Ne ichszuschuß nicht gewährt werden soll, halte ich für durchaus berechtigt. Wenn wir An gestellte bis zu einem Einkommen von 3000 in die Versicherung einbeziehen, dann können wir es nicht vor dem Volk vertreten, daß noch aus Reichsmitteln bcigesicuert werden sollte. Die finanziellen Bedenken sind denn doch nicht ganz von der Hand zu weisen, wie der Vorredner es getan hat. Diese w-rden wir speziell in der Kommission zu be sprechen haben. Politische Gründ« bestimmen uns nicht, dieses Gesetz noch in dieser Session zu verab schieden, dazu reichen die Vorarbeiten noch zu weit zurück. Ob wir Zufriedenheit erlangen werden, ob wir damit zufriedene Staatsbürger schaffen werden, möchte ich bezweifeln, denn ich glaube nicht, daß diese Zufriedenheit die von anderen Imponderabilien abhängt, bei diesem Gesetz erzielt werden kann. Was wir tun wollen, ist aber, eine soziale Pflicht zu erfüllen, die vom gesamten Deutschen Reichstage als solche anerkannt worden ist. (Beifall bei den Natl.) Abg. Dr. Muadan (Fortschr. Vp.): Auch meine Freunoe stellen sich im großen und ganzen auf den Boden der Vorlage. Würden wir Li« Vor schläge der sogenannten Arbeitszentrale, zu der eine Reihe großer Verbände von Privatange- stellten gehört, zu den unsrigcn machen, so würde das das Scheitern der Vorlage bedeuten. In der Koiwmission wird zu erwägen sein, ob nicht auch eine freiwillige Versicherung für Handwerksmeister, Kleingewerbetreibende usw. mit denn Gesetz ver bunden werden kann. Andererseits muß ein Aus gleich für diejenigen Privatangestellten geschaffen werden, di« in einem Fahre über 3000 »tt und in einem anderen weniger Einkommen haben. Di« Frage der Versicherungspflicht der Aerzte wird, da der Begriff est anbestellter Kaff.narzt sehr strittig ist, in der Kommission sehr eingchcnd zu erörtern sein. Die Ersatzkaffen auszu lösen, wäre eine sehr große Ungerechtigkeit. Die Ausgaben für dieses Gesetz werden nicht umsonst ge macht! sie stellen einen wohlverdienten Lohn für die Angestellten dar. Wir werden nach Kräften Mitarbeiten, dieses Gesetz sobald wie möglich zur Erledigung zu bringen (Lebhafter Beifall links.) Abg Linz (Rpt.): Die Vorlage ist ebensowohl ein Akt gesetzgeberischen Weitblicks wie ein Akt aus gleichender (Gerechtigkeit. Me Beschwerden und Klagen gegen das Gesetz richteten sich weniger gegen das Prinzip der Versicherung als vielmehr gegen das oorgeschlagene Versicbe- r u n g ss i) st e m, das man in seiner verwickelten Organisation und seiner kostspieligen Verwaltung al-.- eine unberechtigte und unnötige Beschwerung das Mittelstandes und der Industrie bezeichnete. Demgegenüber darf nicht außer acht gelassen werden, daß der Anschluß an die Invalidenversicherung so erhebliche Anforderungen an das Reich stellt, daß Lei dem Widerspruch der verbündeten Regierungen gegen weitere Anforderungen an den Reichssückel ohne die entsprechenden Deckungsmittel mit dem Scheitern der Vorlage gerechnet werden muß. Der Hauptausschuß der organisierten Beamtenschaft wünscht, die Bersicherungspflicht überhaupt nicht an einen bestimmten Fahresverdienst zu binden, sondern nur ein Erenzgehalt von 5000 Mark für die Bemessung der Leistungen und Beiträge festzu setzen. Meine Partei wird in ihrer Mehrheit für den Regicrungsentwurf stimmen. Eine einheitliche < Das Völkerschlacht-Denkmal. Eine hübsche kurze Beschreibung des Denkmals mit Abbildungen über die Entslekung und Ausführung des Denkmals kann zum Preise von 30 Pf., bei Zusendung 8 Pf. Porto extra, in der Haupterpedition des Leipziger Tage blattes zu Leipzig, Johannisgaffe 8, entnommen weide n.»»« Luüus MMtmor, kviserl. uaä tvvutxi. Hok-LI»v«l»i-tsl»drlIt«u»t. ktüLssi »ml Dianinas. örüsset 1910 mir äsm Prix". Theater und Musik. Leipzig, 21. Oktober. Leipziger Schauspielhaus. Dor einer Reihe von Jahren war „Francillon" noch in der Moo«; man schätzte den nach dem Rezept des ersten Aktes be reiteren Salat ä la Francillon („Marokkosalat") bei guten Menüs, und die drei Akte selber, die man auch ruhig heut« noch mit diesem Maße messen kann, hatten wert mehr Levensdauer und Bestall, als etwa Schnitz lers „Weltes Land". Damals sahen die Leipziger im Stadttheater Frau Käthe Franck-Witt als Francine. Gestern spielte Frau Agnes Sorma hier — und. wie es hieß, überhaupt zum ersten Male — dies« Rolle, und doch waren nicht eben viele Theaterfreund« dem verheißungsvollen Rufe nach der Sophienstraße gefolgt, so daß di« berühmte Gast- spieterin ihre Verführungskünste als liebende, eifer tüchtige Marquis« von Rioerolles vor ziemlich leeren Bänken schillern lassen mußte. Besonders Neues, eine eigentliche Aufgabe, bietet ihr ia auch diese viel klischierte Partie keinesfalls. Es ist das liebende, schöne, exzentrische Weib, vom Manne verschmäht, der sich nach Dumas fils' Gebot an ihrer Seite lang weilt und darum seine Freuden and«rswo sucht. Die Frau, in ihrem ersten Zorn, hält sich schadlos, und die Eh« droht auf ein paar Minuten in die Brüche zu gehen. In temperamentvollen Auseinanderietzun- gen mit dem Gatten, der Freundin war Frau Sorina natürlich wieder ganz sie leider ohne Latz sie gestern sonderliche Gelegenheit hatte, sich auszugeben. Sie war liebreizend in ihrer Hingebung, nervös in ihren Launen, flammend vor Eifersucht, vorübergehend auch schelmisch, drollig. Sie war in ihrem Element und meisterte mühelos eine als Abwechslung willkommene Rolle. Im Salon Rioerolles, der sehr hübsch in szeniert war, hatte man gestern gute Lebensart und zeigte flottes, sicheres Spiel. Besonders Fräulein Christophersen, wieder in blendender Toilette, verdient diesmal für ihre Szenen im ersten Akte ein volles Lob, desgleichen Herr Leibelt. Auch da« Zusammenspiel der übrigen war sympathisch. Mit Agnes Sorma als Francine wird „Francillon" das ihm nicht unähnliche, aber viel geringwertigere „Weite Land" noch eine gute Zeit überleben, p. s. Lisa und Sven Scholander. Manchen Nachahmer fand er, al er keiner erreichte ihn, den meisterlichen Lautenspieler und heiteren Sänger. Und seine beste Schülerin mag die Tochter sein, die z. B. Beauplans Chanson von der unklugen Großmutter so reizend sang und B«rangers Gedicht so überaus feine Pointen abgewann, auch im „Kleinen Sünder" ein artiges Genrebiidchen hinstellte. Nicht die Stimme nur macht die Wirkung, sondern besonder» der liebenswürdige, bald schelmische, bald ein wenig ernste abgestimmte Ton des Vortrag». Und dann der liebe, alte Sven, der immer der ewig junge bleibt! Wie viele Bühnenkünstler könnten von seiner eminenten, nur so geringer Mittel bedürfen den Charakterisierungskunst lernen Ein Strich durch oder über die Haare, den Frackkraaen hoch gestülpt, di« Physiognomie eingestellt, die Augen verschmitzt zugekniffen, bald auch weit geöffnet — die Maske ist fertig! Köstlich singt Scholander Durands Ochsen lied, scharf markiert er den alten Klosterpförtner, parodiert er die, des Freiers harrende dumme Liese. Eine Meisterleistung war (als Zugabe) der Pariser Straßensänger, ein Typus, als ob er un mittelbar etwa vom Boulevard Saint Germain hineinspazierte in Leu Leipziger Kammermusiksaal. Gewiß ist Lisa und Scholanders Kunst die des Kabaretts, aber sie ist es in ihrer höchsten Vollendung, in denklicher Vornehmheit und, wo sie hinpaßt, in aller Eleganz. Sehr verdienstlich ist es, daß beide Künstler, Vater und Tochter, unentwegt forschen nach älteren Wersen und Liedern, die ausschauen wie musikalischer und literarischer Urväterhausrat und einen gar freundlich anmuten. So enthalten die sogenannten Scholander-Prograinme, eine wertvolle Sammlung, bereits hundert Lieder. Und auf feinen europäischen Wanderfahrten geht ^r polyglotte Künstler fleißig alten Tonwesten nach und verleiht damit feinen Vorträgen zugleich einen wichtigen musikhistorischen Wert. Die Scholander-Eemeinde, zahlreich wie stets, spendete dem liebenswürdigen Künstlerpaar wärmsten und herzlichsten Beifall und erzwang sich eine Zugabe nach der anderen. L. 8. Klavierabend von Paul Otto Möckel. Der jung«, aus Friedbergs Schule hervorgegangene Pianist Herr Möckel hatte seinem ersten Klavierabend ein Pro gramm zugrunde gelegt, das auf einen Musiker schließen ließ, der es ernst mit der Kunst meint. Und wirklich, einen solchen lernte man. in ihm kennen. Gleich die Wiedergabe der Beethovenfonate Op. 109 ließ auf des Vortragenden echt musikalische Veranlagung schließen, war auch in den übrigen Darbietungen allerorts deutlich zu verspüren. Es war dag verinnerlichte Spiel einer romantisch ver anlagten Natur, dem man mit Interesse folgte, das namentlich in Schumanns C-Dur-Fantasie in schönste Erscheinung trat und dieses fantastisch-leidenschaft liche Stück mit seinen eingestreut poetisch-vrträumten Stellen ,zu tiefgehendster Wirkung brachte. Ueberall. auch in Brahms' Händeloariationen und Beethovens „Wut über den verlorenen Groschen" machte sich recht angenehm bemerkbar, wie haushälterisch der junge Künstler mit den ihm zu Gebote stehende» Mitteln umging, wie er die einzelnen Sätze und deren Teile gleichsam aus sich heraus neu erstehen ließ. Wie qrundmufikalisch wurde jederzeit phrasiert, wie sein durchdacht und wirksam jede Steigerung in Tempo und Dynamik angelegt, wie rhythmisch straff alle energisch gehaltenen Partien hingestellt In rein technischer Hinsicht aber wurden noch nicht alle Wünsch« erfüllt. So ist die pkwsifche Kraft seines Spiels für gewiff« Stellen noch nicht genügend ausreichend, auch klingt da» Forte zurzeit noch etwas hart und spröde. Doch da« sind kleine Mängel, die sich durcb Fleiß beseitigen lassen. - Wa» Herrn Möckel über viele seiner Kollegen erhebt, ist da« Vermögen, musikalisch zu empfinden und zu gestalten. Anlagen, nie sich wohl entwickeln, doch niemals, selbst nicht Lurch größten Fleiß aneignen taffen, O. 8.
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