Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.12.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111221021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911122102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911122102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-12
- Tag 1911-12-21
-
Monat
1911-12
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Selle 2. Nr. 353. ros. üanryany. NI» verfuchsobj«kt« wählte er fich die sogenannten Mäusetumoren, krebsartig« Geschwulst«, die auf dem Weg« d«r künstlichen Ueber impsuna sei weihen Mäusen erzeugt worden find. Er erkannte «ine Verbindung von Selen und Tellur mit Natrium in «inprozentlger LAuna al« heroorrageno geeignet, di« Krebszell« des Mäuiekredses abjzulüten. Es fehlte also nur noch der W?g, die^e Verbindung derartig rasch an den Krel>s heranzubrrngen, daß das übrige Gewebe, das von dem immerhin giftigen Strom durchwandert wird, keinen Schäden von ihm nimmt. Er suchte, wie v. Wassermann sich ausdrückt, «in Geleis«, aus dem der Körper blitzschnell an die Krebszelle herangeschleppt wird, so daß sie von ihr aufgesaugt werden kann. Als dieser Wegbewrderer tonnt« nur ein Körper in Betracht kommen, der eine ungeheure Difsustonskrast besitzt, d. h., der blitzschnell sich im? Körper iortdewegl. Seine ersten Versuche machte Wassermann zu diesem Zwecke mit dem Fiuorescin, einem Anilin- tarbstofs. und ging dann zu dem verwandten Eolin über. Mit einer Verbindung von Eolln und Selen, dem Eostnsclen. nun hat v Wasier.nann geradezu klassische Erfolge bei Müusetu moren erzielt. Nach 4—5 Einsplitzungen dieses nörvers, von dem 2,5 Milligramm genügen, um eine Maus von 15 bis 26 Gramm Gewicht zu röten, zeigten die krebsähn lichen isieschwülsle regelmäßig eine flüssige Ein schmelzung. die dann nach einigen weiteren Tagen vom Körper vollständig aufgeiaugt war. Der Krebs heilte in allen Fällen aus! Notabene d«r Mauselrebs. Auf die Anregung von «' Hansemanns macht, von Wassermann dann seine Impfungen an zwei Mäus«n, die an Krebs erkrankt waren, der nicht durch Impfung, sondern spon tan entstanden war. Urrb siehe da, derselbe Erfolg: -eide Mäuse verloren innerhalb einer Woche aus dieselbe Weis« ihren Krebs, wie die Impfkreüs- mäuse. An der Wirkung des Verfahrens ist also ein Zweifel nicht möglich. Mit Begeisterung wurden die Ausführungen des Redners ausgenommen, di« mit den beherzigens werten Worten schlossen: „Ich würde bedauern, heute meine Ausführungen gemacht zu Haben, ich würde be dauern, Ihnen meine Erfolge vorgefirhrt zu haben, wenn dadurch eine Beunruhigung unter die tumor kranke Menschheit und ihre Acrzt« getragen würde. Was ich gewollt habe,das ist. Ihnen zu zeigen, daß wir heute imstande sind, auf einem durch bestimmte Re flexionen ««gezeigten Wege den Mäusekr«bs zu heilen. Es bleibt zu hoffen, dasf wir auf diesem Wege fortschreitend, noch mehr erreichen werden." Diese vernünftigen Worte des Gelehrten sollten allgemein beherzigt werden, damit sich nicht an die wichtige aber für die llebertragungssähigkeit auf Menschen noch immer fragliche Heilmethode irgend welche übertriebenen Hoffnungen knüpfen, die dann möglicherweise grausam enttäuscht werden. Prachtvoll« Projektionen, zu denen Herr von Hansemann die Erklärungen gab, schlossen den denk würdigen Sitzungstag. Nach üer krsnzöliläien Msrvklwberswny Ueber die Abstimmung in der gestrigen Sitzung der französischen Tc- putiertcnkammer wird noch gemeldet: Tie Minderheit von 36 Stimmen, oie gegen das Abkommen stimmten, irptc sich zu sammen aus 14 Mitgliedern der Rechten, 6 un abhängigen, 7 gemäßigten Republikanern, 2 ge einigten Sozialisten. 2 Mitgliedern der republi kanischen Bereinigung, 2 Mitgliedcric der demo kratischen Linken und 3 radikalen Sozialisten. 141 Deputierte ei', thielten sich der Ab stimmung, darunter 28 gemäßigte Republikaner, 23 Mitglieder der radikalen Linken, 3 Mitglieder der Rechten, 12 Nationalisten, 24 gemäßigte So zialisten, 11 Mitglieder der demokratischen Lin relprlyer Tsyeblrm. Donnerstag. 21. Dezember 19N. D e verfaNungskrills ln üer Türket. Erklärungen des Eroßwesirs und des Kriegsministers. Konstantinopel, 21. Dezember. Während in der gestrigen türkischen Kammersitzung die Verlesung des Antrages Be > ri, der den Geheimbericht des (Sroßwesirs enthält, erwartet wurde, bestieg der Groß wesir die Tribüne und verlas selbst den Bericht, worin er, als er vor dreizehn Jahren auf- gefordert wurde, das Memorandum des Is mail Keinmal betreffend den Zusammentritt einer Konstituante zur Ausarbeitung eines Grund gesetzes zu begutachten, sich dahin ausgesprochen harte, ken, 4 radikale Sozialisten und 9 Mitglieder der republikanischen Bereinigung. Pariser Preßstimmen. Tie radikale „Action" schreibt: Tie zahlreichen Stimmenentl-altungen der Vertreter der Ostdepartemcnt- und der republi kanischen Delegierten zeigen der Regierung, das; die Aera der Zuge st änd nisse an den Inter nationalismus vorüber ist. Tie Annahme des deutsch-französischen Ab kommens pat natürlich in der gesamten Pariser Presse ein lebhaftes Echo gefunden. Tie demokratische „AutorUs" tadelt die De putierten, die sich der Abstimmung enthalten haben und sagt: In dieser Frage wäre es den Deputierten eine Pflicht genasen, vor der Nation und vor der Zukunft die poliliche Verantwortung zu übernehmen. Tie radikale „Petit R pnblique" meint, der Kolonialmnnster Lebrun, der als Vertreter eines s^renz'eparreiiients sich gestern von seinen Landsleuten irennen mume, wird einen Trost in dem Bewusstsein finden, dost er seine Pflicht erfüllte. „Lantcrnc" schreibt: Alles in allem genommen, har sich doch ein großer Akt vollzogen und dre Zukunft, die ein besserer Richter ist, wird denjenigen, die Frankreich die Herrschaft über Nordasrika ge sichert haben, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Tie nationalistische „Libre Parole" meint: Unter den 393 Deputierten, die für das Ab kommen gestimmt haben, befindet sich auch Janrös. Tas allein kennzeichnet die übrigen 392, die aus Schwachheit, Unwissenheit, Falschheit und politischer Leiden schaft einen Vertrag angenommen haben, von dem der deutsche Reichskanzler dre für Frank reich so bedeutungsvollen Lorte gesagt hat, das; Teutschland durch ihn ohne den geringsten Ver zicht eine Vermehrung erfahren habe. Jaurss schreibt in der „Humauitß": Alle geeinigten Sozialisten Kimmen darin überein, daß der Vertrag nur ein Mittel war, um den dringendsten Zwist zu regeln und eine geordnete und friedliche Politik vorzube reiten. Tic leitenden Staatsmänner würden ein unbegreifliches Verbrechen begehen, wenn sie dieses Abkommen nicht im (Leiste der Billigkeit, der Verständigung lind des Friedens anwenden würden. Das Abkommen und der Senat. Paris, 21. Dezember. «Agence Havels.) Der französisch-deutsche Vertrag gehl heute dem Se natsbureau zu. Tic Kommission zur Prü fung desselben wird am Ende dieser Woche er nannt. Die Regierung wirk die Kommission bitten, die Arbeiten so cinzurichten, daß das Plenum des Senats noch vor Ende des Monats Beschluß faßt. Es ist indessen zweifel haft, ob der Senat wegen der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit noch vor dem Wiederzusamrnenlritt im Januar die Debatte be ginnt. daß der Zeitpunkt ungünstig sei, weil die innere Lage damals verwickelt war. Ein solcher Versuch, so hieß es in dem Bericht weiter, könnte «ine Teilung der Türkei herbeisühren. Im übrigen käme ein Grundgesetz zu spät, da die Verfassung vom Jahre 1878 theoretisch noch bestehe. Der Eroßwestr erzählte dann noch viel« Einzelheiten aus seinem Leben und verlas weitere Geheimberichte. Kriegsminister Mahmud Schefket-Pascha gab eine geschichtliche Darstellung der Entdeckung der Geheimdokumente des Iildie. von denen viele gestohlen worden seien, und erklärte ein« Veröffentlichung für inopportun, denn sie würde «ine Anzahl Personen in elnem Augenblicke kompromittieren, wo das Land der Ruhe bedürfe. Der Krieqsminister wendete sich sodann an die ver schiedenen Nationalitäten und erklärte, er rate den Muselmanen, ihre internen Zwistigkeiten aufzuaebcn, denn fönst würde die Türkei, die das einzige noch unabhängige muselmanische Land sei, ihre Unabbängigkeit verlieren. Hier auf wurde die Sitzung ohne Debatte ge schlossen. Verzicht der Opposition auf eine Debatte. Konstantinopel, 2t. Dezember. Wie verlautet, hat die Opposition auf eine Debatte ver zichtet. weil die Erklärung des Grostwesirs ein Ge ständnis darstellte. Die Bemübungen, «ine Ver ständigung zwischen der Majorität und der Opvosition herbeizuführen, werden fort gesetzt. Don beiden Seiten wurden Delegierte ge wählt, die mit der Führung der Verhandlungen be auftragt sind. vor üem Meüen in Lhum. Schanghai, 21. Dezember. (Reuter.) Auf die Vorstellungen, die gestern die Vertreter mehrerer Mächte in unverbindlicher Form den Friedcns- untcehä.ch.'ern Wuli g>a g und Tangschaoy-, ge macht haben, verspra^) W utiugfang in seiner Antwort, er werde sein möglichstes tun, um die Wünsche der Vertreter der Mächte zu erfüllen. ES müsse indessen bedacht werden, daß die Chinesen für die Freiheit, die Bürger recht und eine gerechte Regierung kämpften. Aller in Haß zuiammengeflickter Friede könnte ernste Folgen haben. Wenn eine §eue Re volution ausbräche, würde sie schlimmer sein als die gegenwärtige. Deshalb sei es dringend nötig, einen Frieden auf unbedingt fester Grundlage zn schließen. Keine Notenabgabe per Mächte zu den chinesischen Friedensverhandluugen. Die Nachricht dcS „New Port Hcrald", daß die Konsuln der Mächte in Schanghai in Sachen der Friedensverhandiungen förmltchc Noten an die Kaiserlichen und Aufständischen gerichtet hatten, ist, wie wir hören, in dieser Form nicht zutreffend. Eine Einmischung in die Fric- densverhandlungen wird von den Konsuln nicht beabsrchtigt, sie sind aber ermächtigt, auch auf schriftlichem Wege an die Unterhändler die Sympathie ihrer Regierungen für einen Erfolg der Friedcusverhandlungen in freundschaft licher Form zu beknndcn politMe Nachrichten. Der Dank de, Kronprinzen. Berlin. 21. Dezember. Auf das Glückwunsch telegramm der Stadt Berlin an den Kroil- »ri nzen aus Anlaß der Geburt des vierten Sohnes ist beim Oberbürgermeister Kirschner heute aus Danzig folgende Antwort eingegangen: „Meinen und der Kronprinzessin herzlichsten Dank für di« uns l>eso!idero erfreuenden Glückwünsche Berlins, der Vaterstadt unseres jüngsten Sohnes. Wilhelm, Kronprinz." Amtseinführung des Prinzen Friedrich Wilhelm. Breslau, 21. Dezember. Der zum Landrat des Kreises Frankenstein in Schlesien ernannte Prinz Friedrich Wilhelm r-on Preußen wurde gestern durch den Regierungspräsidenten Freiherr« v. Tschammer in sein Amt eingeführt. In der darauf folgenden Sitzung de» Kreistages wurde Prinz Friedrich Wilhelm zum Provtnzial- lanvtagsabgeordneten gewählt. Die Ernennung Dr. Eolss zum Kolonialstaatssetretär. In Ergänzung unserer Meldung im heutigen Morgenblatt wird uns noch mitgeteilt, daß Dr. Solf zu Beginn des nächsten Jahres zum Ctaatssetretär des Reichskolonialamtes ernannt werden wird. Der Gouverneur von Ostafrika Frhr. v. Rechcnderg hatte die Uedernahme des Postens abgelehnt und wird in den diplomatischen Dienst übertreten. Demnach find die Posten der Gouverneur« von Ostafrika und Samoa neu zu besetzen. Zusammentritt des neuen Reichstags. Eine Berliner Korrespondenz wirft die Frage aus, wann der nächste Reichstag zusammentreten werde. Beschlüsse über den Tag des Zusammentrittes sind noch nicht gefaßt. Nach der Verfassung muß der Reichstag spätestens lill Tage nach seiner Auflösung versammelt werden. Der späteste Zeitpunkt würde also für das Zusammenireten des neuen Reichs tages der 7. Mürz jein. Was den frühesten Zeit punkt des Zusammentrittes anlangt, so wird es daraus antommen, wann die Stichwahlen statt» finden werden. Ist es richtig, daß sie im allgemeinen am 25. Januar vorgenommen werden sollen, so würde der Reichstag frühestens am 7. Februar zu» sammentreten können, da die amtliche Ermittlung des Stichwahlergebnisies nicht vor dem 29. Januar stattfinden könnte und da den gewählten Abgeordneten ein« Frist von acht Tagen zur Erklärung gelassen werden muß. Daß der Reichstag möglichst früh zu sammentreten wird, liegt auf der Hand. Man wird also annehmen dürfen, daß er etwa für den 7. Februar einberufen werden wird. Ein Eeheimerla'g des preußischen Kriegsministeriums soll nach der „National-Zeitung" an die Richter ergangen sein, in dem sie aufgefordert werden, am Wahltage ausnahmslos ihr Wahlrecht auszu- üben. Auch solle den Subalternbeamten nahegelegt werden, daß sie am 12. Januar zur Urne gehen. Von einer bestimmten politischen Partei sei selbstver ständlich in dem Erlaß keine Rede. — Gegen diesen Erlaß ist wohl nichts einzuwenden. Das Befinden Kaiser Franz Josef». Wien, 21. Dezember. Beim Kaiser Franz Josef sind gestern, wie fast alle Tage, die Professoren Ehiari und Ortner zum Konsilium erschienen. Sic sanden den Zustand des Patienten befrie digend. Der Kaiser nahm unter der Aufsicht Pro fessor Chiaris eine Inhalation vor. Beide Aerztc, bei deren Visite der Leibarzt Kerzl natürlich stets an wesend ist, empfahlen die allergrößte Schonung an gesichts des scharfen Nordostwindes, der um das hoch, liegende Schloß Schönbrunn besonders heftig weht. Die Teuerungsfrage im österreichischen Herrenhaus«. Wien, 21. Dezember. (Eig. Drahtm.) Im Herren- Hause beantragte der frühere Minister Baeren- reither, di« Kommission des Hauses möge die Teuerungsfrage prüfen und gegebenenfalls geeignete Vorschläge machen. Der Redner legte dar, wie sehr das Vertrauen in Las heutige protektionistische Zoll- und Handelssystem erschüttert worden sei, insbesondere auch durch die Verwaltungsmaßregcln. die neben den Zoll- und Handelsverträgen ebenfalls dem Schutzzollsystem dienen. So berührte Deutschland durch die geplante Er höhung der Schiffahrtsabgaben auf der Elbe eine Frage, die Oesterreich sehr nahe angehe. Er sei aber fest überzeugt, daß die Negierung in der Frage der Freiheit der Elbschiffahrt un bedingt fest bleibe. Das bestehende Zollsystem sei eine der Haupt ursachen der Teuerung. Als besonderes Symptom der Lage in Oesterreich bezeichnete der Redner die zu nehmende Passivität der Handelsbilanz und die starke Auswanderung. Oesterreichs handels politische Bewegungsfreiheit sei infolge desDualis- vom Lhriststollen. Unsere deutschen Feste sorgen nicht nur für das vZemüt, sondern auch für da--> leibliche Wohl, und >vie im geistigen Gehalt steht auch in materieller Hinsicht da» Wtnhnachrchcst obenan, das dein Magen reichlichste Ladung gewährt, so daß der heilige Abend in Norddcutschland sogar den wenig poetischen, aber zutreffenden Namen „VullbnkS-Abend", d. h. Bvller- Bauckj-Adend erhalten hat. Wie den Tieren be sonders reichlich ihr Futter zugcteilt wird, so er halten die Kinder so viel sie nur mögen und dürfen iogar selbst zulangen; dauer sich der heiße Kinder wunsch jo mancizen Lippen entringt: „O> wenn doch erst de Atzeird keem, da man unben snitt und sülben itr!" Tas Menü des deutschen Weihnachtsabends ist desbald gar reichlich und vielgestaltig: jede Lcmd- schait hat ihre besondere Spezialität. Vieliach, so in der Uckermark, in Pommern, in Schleswig-Hol stein, bildet noch der an den altgcrmanischen Jul- cber erinnernde Tchweinskops wir Grünkohl oder vorangehendem Reisbrei die Hauptmahlzeit: in Thüringen ist ein gebratenes Ferkel da» Feitgericht; in Schlesien feiert man >mt Mohnklüßen und Karp fen, in Sachsen ist man einen Aepfetsalat mit Heringen, zu dem jedoch nur weiblich« Heringe ge nommen werden, w»nl der Rogen auf Reichtum im künftigen Jahr bindeutet. Aus demselben Grunde bevorzugt man vieliach auch weibliche Karpfen Auch an besonderen Getränken fehlt es nicht; besonders beliebt ist, nicht nur in der Lüneburger Heide und am Solling, sondern auch anderwärts, die Kaltschale, die in einem weitbauckngen Napf aus Branntn-ein, Zucker und Honigtuchenbrocken zufam- menaerührt und gemeinsam ausgclösfelt wird Toch der Höhepunkt aller weihnachtlichen kulinarischen Ge nüsse ist und bleibt dos Feftgcback, der Ckrist- st o l I e n. Bereit» um 1400 erzählt der Presbyter Alsso von einem bestimmten Wcihnachtsbackwerk, einem großen, langgesormten Weißbrot, das gesäuert nnrrde, „damit es schmackhafter werde", während damals das gewöhnliche Brot noch ungesäuert war. Um 1510 buken die Nonnen im Kloster Güntcrsthak zu Weihnachten versckuedcnc suchen als Geschenke. E ne Weihnachtspredigt von 17,71. ipincht von „Cbnst- stoslen, Zucker, P'efferkuwen und mancherlen Con- iect und Bilde aus diesen allen". 1593 meint Gregor Strigencius in einer Nenzayrsprcdigt: „Aus Weih nachten gefallen die Thriststrietzel und großen Wecken." Ueber b.e eigenartige Form dieses Gebäcks ist viel gestritten worden, und Mögt nennt diese Frage sogar „eines der schwierigsten Problem« der geschichtlichen Volkskunde". Jakob Grimm meint in seiner Mytho logie, daß Bilder der den germanischen Göttern ^»heiligten Ticre in Teig geformt und von den grauen in den Tempeln gevacken wurden. So Imt man denn daran gedacht, daß die Sitte deS Lhnst- llollen» eine Erinnerung an da» altgermanifche Opfer Jet, In Schweden wurde «och in neuerer Zeit dem Weibnachtsgcl'äck die Gestalt des Julebcrs gegeben; i in vielen deutsclwn Landen haben sich die geschnitzten 1 tzolzformen, in denen die Kuckzen gebacken werden, aus uralter Zeit her fortgcerbt. Tie „Hansel männer" und „Springerle" in Schwaben haben menschliche Form, die märkischen „Pereken" Pferde- und andere Liergestalten. Dock, ist wahrsckxnnlich, daß die Form des Weihnachtsstollens ihre Ent stehung erst christlichem Brauche verdankt. Im Stollen ist eine symbolische Darstellung deS C b r i st k i n d l e i n s erhalten geblieben, dessen kleine, von Windeln umivickelte Gestalt ja eine ent fernte Aehnlichkeit mit dem langen, schmalen Stol len ausweist. Wer wollte die Namen all der un zähligen Genossen aneinander reihen, die der alte Lhriststollen in allen deutschen Gauen erhalten hat? In Nordschleswig und Nordsricsland gidr es die >lneppelloken, die Halliglucckcr und d'.e auch in Mecklenburg bekannten Kindjeespopvcn -- Kindsesus puppen. In der Lüneburger Heide heißen die Slot en 9annseeSkoken, für die das Christkind und die Eng- lcin selbst den Ofen Heizen, weshalb denn auch der Himmel gegen Abend vor Weihnachten so schön leuchtet Im Osnabrückischen gibt es die „KlauS- kcrlS", in westfälischen Bauernhäusern delektiert man sich an den „Spekulatius" genannten Kuckzenscbwein- chen. In der Lausitz und in Schlesien werden die „Striezeln" mit Mohn gefüllt, in Schwaben ißt inan das Huzelbrot, und im bayrisch-österreichischen Gebiet das Klozen- oder Klözenbrot. Huzeln und >ilozen sind Ausdrücke für gedörrre Birnen, denn der süddeutsche Lhriststollen hat zumeist eine Fül lung mit BirnenschnBzen, Nüssen, Feigen u. dgl. Bn reicher Kranz von Tagen und Gebräuchen hat um den Lhriststollen und seine Genossen einen stimmungsvollen Zauber gebreitet; überall ist das Backen und Verschenken der guctzcn mit tiefsinnigen Vorstellungen verknüpft, die besonders reich in Tirol ausgebildet sind. Ter Weihnachtszeiten muß hier am Vorabend des Thomastages 22. Dezembers ge- ' backen werden, und das ist ein Vorgang von höch ster Äedcuurna und Wichtigkeit, aus den sich alt und jung freut. Unter Lachen und Necke« werden di« Vorbereitungen getroffen; außer dein großen Fa milienzelten werben kleinere für die Tiri en ge backen, die sich dann den Kuchen am TreikönigStüge von dem erwählten Burscticn „anscbneidcn" lassen. Tie Groß- und Kleinhirnen, denen das Geschäft des Teiglnetens obliegt, müssen mit den teigigen Armen die bereisten Bäume umschlingen, damit sie künf tige» Jahr recl>t gute Frucht tragen. Ist dann der Teig gefüllt, so wird er bekreuzigt, mit Weihwasser besprenat und in den sorgsam ausgekchrten Back ofen geschoben, worauf dann eine feierliche Span nung eintritt, bis der verhärtete Sünder unter all gemeinem Jubel aus dem Feuerofen gepolt und sogleich an die Tiruen verteilt wird. Tic Zelten werden dann cn Roggen gelegt, damit sic frisch bleiben; sie werden dreimal mit den heiligen Weihe kräutern geräuchert, mit Weihwasser gesprengt und gesegnet. Bevor aber die Lerfpcisung am TrcikönigS- taq beginnt, spielt der Zelten am Dtefanstage noch eine wichtige Rolle. Ter Bursch, der sich eine Tirn auserkoren hat, fragt bei ihr an, ob er ihr am Ltesanstage (26. Dezembers „den Zelten nachtragen" dürfe. Diese Ansrage gilt als offizielle Erklärung und die Erlaubnis des Mädchens als seine Einwilli gung. Tas Anschneiden und Verspeisen dcS Zelten am 6. Januar ist dann das Zeichen beglückter Liebe, und der Christstollen hat sich nicht nur als weih nachtlicher Freudenbringer, sondern als Gott Amor bewährt. Der Sturm lm LuMchMlsger. Die entfesselten Elementargewalten, die am Sonnabend als surchcbarer Zyklon in der Um gebung von Tripolis wüteten, haben den Italienern einen schweren Verlust zugesüat: das mit vieler Mühe errichtete Luftschifflager bei Tripolis mit allen seinen Baracken und Ballon hüllen ist vollkommen vernichtet, der Lenkballon be- ichcidigt, der große Fesselballon, dem die Italiener jo wesentliche Erfolge verdanken, von der Winds braut entführt und zerstört, und zwei Farmansche Eindecker zerichmettert. Den größten Teil des Tages über herrschte präch tiges Wetter, das dann mit überra chender Schnellig keit plötzlich umschlug und sich zu einem furchidaren Sturm verwandel«e. In der „Ltampa" berichtet ern Krieqskorrespondent, daß man wenige Minuten später kaum noch etwa» sehen konnte, die «ui- gewirbelten Sandmassen blendeten die Augen. „Ich befand mich bet Ausbruch des Orkans auf der Strafe und mußte stehen bleiben, um nicht von den gewaltigen Windstößen zu Boden geschleudert zu werden. Von allen Seiten tönte das Krachen zersplitterter und zerschmetterter Fenster, die erst kürzlich aufgehängten elektrischen Bogen lampen wurden von der Windsbraut er saßt und berabgeschleudert." Die schlimmste Verwüstung aoer traf das Lager der Lustschiffer. In der kürzlich errichteten großen Lufrschiffhalle hatte man die Hülle des Lenkballons bereits uusgebreitet: am Sonntagmorgen sollte der Ballon mit Gas ge füllt werden. Dem plötzlichen Ansturm des Zyklons geoenüber waren die Soldaten machtlos, und zähne knirschend mußten sie mit ansehen, wie das Werk wochenlanger mühseliger Arbeit im Handumdrehen von den Elementen vernichtet wurde. Die hohen Arkaden der Halle begannen zu zittern, und die Leinwand der Umhüllung blähte sich wie ein Segel im Winde. Es wäre vielleicht ein Glück gewesen, wenn der Zeltstoff geplatzt wäre, aber das Material war neu und dauerhaft und hielt stand. Die Folge war. daß der Wind mit furchtbarem Getöse den ersten Bogen niederdrllckle. die sich dadurch in der Leinwand bietende Höhlung bot dein Sturme eine sichere Hand bade, und im nächsten Augenblick waren die stählernen Pfeiler krumm gedrückt, gesprengt, wurden au» der Erde gerissen und sortgeschleudert. Nicht besser erging e» d«n Flugmaschinenschuppen, von denen der eine völlig vernichtet wurde. Zwei neue Far manmaschinen waren damit widerstandslos der Wut der Winde preisgegeden und zerschmetterten. Der schlimmste Verlust aber traf die Italiener im Hafen. Hier hatte man den Drachenballon an einem abgetakelten türkischen Schiffe sestgemachl. Der Sturm packte den Ballonkörper. zersprengie die haltenden Drahtseile wie Zwirnsfaden, im nächsten Augenblick stieg das entfesselte Luitschiff empor und wurde von dem heulenden Orkan landeinwärts fort gerissen. Am nächsten Tage sand man hinter der Oase in der Nähe von Henni die zersetzten trau- rigen Reste der Ballonhülle. Auf dem Trümmer haufen liegen jetzt die verbcgenen und aus der Erde gerissenen Ltahlpfeiler der Ballonhallen in wirren Durcheinander umher. „Es ist ein Anblick", jo berichtet der Korre spondent, „der einen die Hand in ohnmächtigem Zorne gegen das Schicksal ballen läßt, gegen die blinde und rohe Gewalt der Natur, die sich hier das Wert unierer Forschungen und unserer Arbeit zum Spielzeug erwählt hat." Gin neues plrttinlanü. Unter den Metallen hat das Platin, von einigen ganz seltenen und daher wenig verwendeten Stuften abgesehen, schon seit längerer Zeit den Vorrang der höchsten Kostbarkeit erreicht und auch das Gold in dieser Hinsicht überflügelt. Dazu kommt, daß ein dauernd großer Bedarf für Platin vorhanden ist. da es zur Herstellung von Geräten für gewisse Ar- beiten im chemischen Laboratorium unentbehrlich ist. Seine schwere Schmelzbarkeit, sein schöner Silber glanz und schließlich auch gerade dre Tatsache seiner Kostspieligkeit hat ihm noch manche andere Ver wertung erschlossen, und man könnte ihm mit Sicher heit noch eine große Steigerung Voraussagen, wenn eben nicht die Platinausbeute >o überaus knapp wäre. Rußland ist nächst Sachsen in einigen Be- -irken des Uralqebirges der einzige bedeutende Platinlieferant für die ganze Welt. Was sonst noch in Nord- und Südamerika, in Australien und an einigen anderen Stellen gefunden worden ist. hat sich bisher stets als recht unerheblich erwiesen. Jetzt kommt aus Kanada die Nachricht, daß während des letzten Sommers der Geologe French im Nelsonbezirk in Westkanada ein Platin lager entdeckt habe, das nach seiner Schätzung das reichste over doch eines der reichsten der Welt ist. French soll große Erfahrung gerade im Platin bergbau besitzen, so oan ihm Glauben geschenkt wird. Seine Entdeckung ist auch für die Wissenichaft von Bedeutung, da das Platin mit einem Metall ver bunden ist, das ein ganz neues Element aus der Familie der Edelmetalle darstcllt und den Namen Kanadium erhalten hat. Sein Schmelzpunkt liegt etwas unter dem des Silbers und Goldes, und es besitzt einen außerordentlich lebhaften weißen Glan». Es kommt in halbkristallinischen Körnern und in kurzen Stäbchen vor.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)