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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.03.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140330015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914033001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914033001
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-30
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
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Sette 2. Nr. 1S1. Morgen»Nusgsve. Lripzigtt Lagedtatt. junglideralen, wie des altnationak- liberalen Verbandes unverzüglich her beizuführen/' Weiter wurde solgender von den drei Vorsitze», den des Zentralvorstandcs, den Abag. Vassermann, Dr. Friedberg und Dr. Vogel, eingebrachtcr Antrag c i n st i m m i g angenommen: „Der Zcntralvorstand der nationalliberalen Partei bringt den Beschlug seines gejchäftssühren- den Ausschusses vom 1. Oktober 1!>11 gegen das Eingehen bindender Verpflichtun gen nationalliberalcr Kandidaten gegenüber anderen Parteien in Errnne- rung. Er erwartet, das; dieser Beschlug insbeson dere hinsichtlich sozialdemokratischer Ltichwohlbedingungen ausnahmslos befolgt wird, da ein anderer, die Freiheit der parlamentarischen Betätigung auvschliehendes Verhalten mit der Reichsverfassung der Vertrauensstellung der Ab geordneten und den Grundsätzen der nationallibe- ralen Partei nicht vereinbar ist." Der bekannte oom Werbeauslchuß der Franc n der Nationalliberalen eingebrachte Antrag wurde an Sen qeschäftsfiihrcnden Ausschuß zuruckver- w lese n. Weiterhin beschäsligte den Zcntraloorstand die Frage, wie eine bessere Fühlungnahme zwi lchen den Parlamenten und den ge werblichen Ständen herbeizusührcn ist. Fol gender Antrag Hirsch wurde einstimmig ange nommen: „Zur Erörterung der Frage, aus welchem Wege eine engere und bessere Fühlungnahme zwischen Sen Parlamenten und den wirtschaftlichen Kreisen im Lande herbeizuführen ist, wird eine Kom mission von 7 Mitgliedern eingesetzt, der je '2 Mitglieder des Reichstages und des preu ßischen Abgeordnetenhauses angchörcn müssen." Einstimmig angenommen wurde sodann folgender Antrag des geheimen Regierungsratcs Stadthagen: „Der hundertste Geburtstag Bis marck s am 1. April 191.', soll durch eine natio nale Feier in allen Wahlkreisen des Deutschen Reiches gefeiert werden. Der gc- schäftsführende Ausschuß der Rationalliberalcn Partei wird beauftragt, die geeignetsten vorberei tenden schritte zu einer möglichst einheitlichen Reichsfcier zu unternehmen." Als letzter Punkt sland aui d<er Tagesordnung die Festsetzung von Ort undZeit des nä ch st e n allgemeinen V e r t r c t e r t a g c s. Einladun gen lagen vor von Posen, Nürnberg, Stuttgart und Köln. Die Mehrheit entschied sich für Köl n. Als Zeitpunkt wurde der -'7. September bestimmt. Da mit war die Tagesordnung erschöpft. Der LorfitzenL-e, Abg. Vassermann, wies in feiner Schlußanjprache darauf hin, daß es not wendig sei, die Reihen zu schließen. Wenn diese Erkenntnis durchdringe, dann werde die heutige Aussprache und die Beschlüsse der Partei zum Legen gereichen. lLcbhaster Beifall.) * An d-ie Tagung schloß sich ein gemein james Mahl im Hotel „Kaiserhof". Das Esten verlief in überaus harmonischer Stimmung. Herr Bass er - Eann brachte das Hoch'auf den Kaiser aus. darauf erhob sich zur einzigen Rede des Abends der Präsident der sächsischen 2. Kammer, Dr. Vogel, der «stqcndes ausiührtve Die-Ginhoit des Reiches lyrt vor bald ,'.N Fahren die nationallibcrale Partei ge schaffen, und alle, die diesem Gedanken nachhingen, gesammelt. Die Einheit in der Parier hat sie dann durch lange Fahre zum ausschlaggebenden Faktor im deutschen Reichstage gemacht. Als die Einheit dann in der Partei zerbrach, ging auch die Partei zurück, sobald aber der große Gedanke des Vaterlandes wieder mächtig wurde, wurde auch die Partei wieder mächtiger und stieg ihr Einfluß. Wenn wir heute sehen, daß die natwnallibcralc Partei wieder eine ansehnliche, vielfach ausschlaggebende Stellung in der Reichspolitik cinnimmt, so danken wir das dem Manne, der uns seit in fahren geführt hat. Fch habe Vassermann non seinen Anfängen her gekannt und war dabei, als unser großer Führer Beniasen ihm die Nachfolge in der Führung der Partei über trug. Fch danke ihm ganz besonders, daß er immer mit Erfolg, trotz allen, was auf ihn eimtürmte, die Partei geleitet hat. Wir gehen auch heute mit den, Gefühl auseinander: Alle Differenz» sind zurück gedrängt von dem ernsten LVillen, eine einige ge schlossene Partei zu bleiben. Wir trinken auf Vassermann als den Führer einer einigen geschlossenen Partei. Das Hoch auf den Parteiführer wurde jubelnd ausgenommen. polililette UebeilieM Vte flen-erung -er Geschäftsordnung der Zweiten Kammer. Schon wiederholt ist in der Zweiten Kammer über die Umständlichkeit der ans dein Fahre 1874 stammenden Geschäftsordnung des Landtages Klage geführt worden Die Verzögerung in oer Erledigung der Landtagsarbettcn ist zum guten Teil mit aus die für die Gegenwart recht nn zulängliche Landtagsordnnng znrückznsühren Um den Geschäftsbetrieb der Zweiten Kammer zu vereinfachen, hatte sich nun bereits nu vori gen Landtage die Rcchenschaftsdeputatron mit Vcrbesserungsvorschlägcn befaßt und diese auch in einem vollständigen Antrag in das Plenum der Zweiten Kammer gebracht. Die damals vor- gcschlagencu Aeudernngeu bezogen ?ich auf Zahl und Äufgabe der Deputationen, auf die Be Handlung der Petitionen und aus den Vortrag der Registrande. Der Antrag der Rechenschasts- deputation wurde am 27. Mai 1912 vom na- tionallibcralen Abgeordneten Klemhcmpel in der Zweiten Kammer näher begründet. Aus den Reihen der Kammcrmitglieder wurden noch ver schiedene andere Wünsche, zum Teil auch Be denken gegen die Vorschläge der Rechenschafts deputation laut, und schließlich wurde der An trag einer zchnglicdrigen außerordentlichen De putation überwiesen. Diese Deputation, der u. a. die nationalliberalen Abgeordneten Anders, Hettner und K'leinhcmpel angehörten, hat drei Sitzungen abgehaltcu. Ihre Anträge sind in folge Zeitmangels nicht mehr zur Verhandlung vorm Plenum gelangt. Es war zu erwarten, daß die Frage der Vereinfachung des Geschäftsbetriebs in der Zwei ten Kammer auch in diesem Landtage ange schnitten werden würde. Zeit einiger Zeit bc schästigen sich die Direktorien beider Kammern damit, Abänderungsvorschläge zu formulieren. Das Direktorium der Zweiten Kammer ist nun am Sonnabend mit den gestern bereits mitgeteilteu Anträgen an die Ocsfentlichkeit gc treten. Es handelt sich vor allen Dingen um Einführung der im Reichstage so rasch bewähr ten „Anfragen", um eine Verbesserung des Modus der Auszahlung der Landtagsdiäten und um eine Neufassung der Bestimmungen über das Recht der Kammer zu Gesetzesvorschlägen. Die Vorarbeiten der außerordentlichen Depu tation des vorigen Landtags sind dabei nicht mit berücksichtigt. Es ist indes nicht zu be zweifeln, daß bei der Beratung der Anträge des Direktoriums im Plenum der Zweiten Kammer auf die früheren VerbessernugSvor . schlüge zurnckgegrisscn wird. Hoffentlich koiytztt daun eine wirklich den Bedürfnissen der Gögem wart entsprechende Geschäftsordnung zustande. Wesentlich für das Gelingen des Ganzen ist uns der Umstand, daß alle Mitglieder des Direktoriums den Antrag unterzeichnet haben, daß also Vertreter aller bürgerlichen Fraktionen im Landtags mit dem J.nhält dieser Vorschläge einverstanden sind Daß von den Sozialdcmo- traten keine Zchwierrgkciten bereitet werden, ist sicher; denn gerade von dieser Zelte wurde im letzten Landtage am entschiedensten nach einer Aenderung der Geschäftsordnung des Landtages gerufen. Es sind daher die besten Aussichten aus einmalige Beschlüsse der Kammer zur Ver einfachung ihres Geschäftsbetriebes vorhanden. Tagung -es Lanöesausschusses -er Zortschrlttttchen volkspartrt. Von nuferer Dresdner Redaktion.) Dresden, 29. März. Der Laudesausschuß der Fortschrittlichen Volksvartei hielt am Zonntag unter Vorsitz des Abg. Günther im Hauvtbahnhof eine Zitzung ab, die von Vertretern aus allen Teilen des Landes zahlreich beincht war. Hauptgegeustand der Verhandlungen bildete die Vorbereitung zu den Landtags wahlen 1915 und das geplante Abkommen mit der Nationalliberalen Partei. Den Bericht hierzu erstattete der Abgeordnete Brodaus- Ehemniy. Nach einer ausgedehnten Aussprache, in der die einzelnen Wahlkreise ihre Wünsche zum Ausdruck brachten, wurde einstimmig fol gende Einschließung angenommen: „Der Landesansschuß der Fortschritt lichen Volkspartei im Königreich Lachsen hält ein taktisches Abkommen mit der Nationalliberalen Partei für die L a n d t a g s w a h l c n von 191 5 f ü r uot - w endig, um dem Liberalismus in Zachscn einen erhöhten Einfluß zu sichern und für ein Mittel, um die Gegner von rechts und links znrückzudrängen. Der Vorstand der Fort schrittlichen Volksvartei wird ermächtigt, wci tere Verhandlung e n mit der National liberalen Pa..ec unter der Voraussetzung zn führen, daß der bisherige Besitzstand gewahrt bleibt unter voller Berücksichtigung der berechtigten Ansprüche der Fortschrittlichen Volksvartei." Außerdem beschäftigte sich der Landesaus schuß mit den neuen Labungen des Landesver bandes, die nach den Beschlüssen einer vom vor jährigen Landesparleitag eingesetzten Kommission vorlagen. Berichterstatter hierzu war Fabrik besitzer Hugo Graf-Leipzig. Nach einigen Aeuderungcn wurden die Zatzungen angenom men. Zchlicßlich beschloß der Landesausschuß, den nächsten Landesparleitag in Dresden am 13. bis 14. Juni abzuhalten. Vie Netchspostbeamten bei -er Mobilmachung. Dic Rcichspostverwciltung macht auch mobil, wenn die Armee auf den Kriegsfuß gesetzt wird. Es wer den je nach Bedarf bei den Armeen usw. Reichs poststellen (Feldposten; ausgestellt, die je nach Er messen ihre Standorte änc<rn und auch dic postalische Verbindung mit den heimischen Postanstalten aus- rcchtzuerhaltcn haben. Die Beamten der Feldpost wer den dem Personal der Reichspost entnommen und er halten den Rang von M i l i t ä r b e a m t c n. Be merkenswert ist, daß die mittleren Postbeamten zu den oberen Militärbeamten zählen. Wie alle Fcldpostbeamtc stehen sie in einem doppelten Unter- ordnungsverhältnissc, und zwar einerseits zu den ihnen vorgesetzten Militärbefchlshabcrn, anderseits zu den ihnen vorgesetzten Postbeamten und Post- ochörten, woraus sich allerdings verwickelte Diszi- plinarbcsugnissc ergeben. Die Feldpostbeamten haben,den allgemeinen Ofü^ierzana wie dic meisten '' 'vo^ren-MnitSrbsvmtsn ^(Zahlmeister, Intendantur beamte, Militärgerichtsbeamtc usw.). Bei der Aus wahl der Beamten ist besonders aus solche Bedacht zu nehmen, dic des Reitens schon kunt-ig sind. Beamte, bei denen dies nicht zutrifst, haben sich zu verpflichten, in Fricdenszeitcn das Reiten zu er lernen. Hinsichtlich des Alters der zu verwendenden ! Personen ist zu bemerken, daß Beamte, dic das 45. Lebensjahr überschritten haben, in der Regel oom Fcldpostdienst befreit sind. Auch wird darauf Rück sicht genommen, daß nicht Väter zahlreicher Familien zu Fcldpostbeamtcn usw. bestimmt werden. Die bei Fcldpostanstalten zu verwendenden Beamten, Unter - beamten und Postillione werden von den Obcrpost- dircktionen nach den getroffenen näheren Festsetzungen im voraus bezeichnet und dem Rcichspostamt zur Ee- vrr gute Name. .53s Roman von Georg Engel. dv 6rettl'eio L e'o.. u. m i>. n. üeiprijj.i Holstein fühlte sich von diesem Bilde so an- gcmütct, daß er wohlgclaunt durch den Hoi schritt und mir einem kräftigen Stoß die Gar tentür öffnete. Jetzt aber sah ihn auch Marie, dic, ganz von den hernieder hängenden Zweigen des Apfelbaums verdeckt, auf einer kleinen Letter gestanden hatte und nun leichtfüßig hcrabsprang, ihren Pflegling auf einen bereitgehaltencn Zluhl zu nötigen. Zie bestand auch darauf, daß er sich die mitgebrachte Decke über die Füße bette, und so saß denn der genesende Mann wohlein- gehullt auf dem Rohrgcslecht und schaute dem anmutigen, jungen Weibe freudig zu. War cs dre ungewöhute frische, würzige Luft, war es die neue Lebenskraft, die in dem jungen Körper hin und her zu fluten begann, oder war es der Anblick der schönen Frau mitten zwischen den rotbäckigen Aepfcln, daß sich die Wangen des Sitzenden allmählich wieder mit jener bräun lichen Röte überzogen, die fein Geficku jo kühn und entschlossen erscheinen ließ'? Wo hatte er nur seine Augen gehabt? Wie das junge Weib dort vor ihm ans der Leiter stand, das dunkle Kleid, das ihr beim Steigen hinderlich war, ein wenig geschürzt, die zier lichen Füßchen kräftig auf die Sprosse gefetzt, und den schönen Kops nach hinten geneigt, nm da und dort nach der blühenden Frucht zn spähen — glich sie da nicht einer lieblichen Nymphe, die mit vollen Händen Knospen und Blüten auf die Erde streut? „Teufel!" — Mit einem leisen Ruf stieß der Kapitän die Decken fort und schritt rasch an den Baum. „Was treiben Sic?" rief Marie erschrocken, während sie sich umwaudte. „Ich will nut vom Handwerk jein," sagte der Kapitän verwirrt, „geben Sic mir irgend etwas zu schaffen. Ich bin ganz gesund." Dic junge Fran hielt sich mit der einen Hand an der Leiter fest und blickte ernsthaft auf ihn herab: „Wenn ich das voransgcsehen hätte," antwortete sie vorwurfsvoll, „so würde ich Sie nicht gebeten haben, i ecunterzutommen. Sie sind als Patient gar nicht lenksam" Sie wollte sich wieder zurückwcnden, aber Holstein ergriff ihre Hand und drückte sic leicht: „Richtig," meinte er kopsnickend, „schelten Sic nur immer. Das steht Ihnen allerliebst. Aber nicht ivahr, unterdessen darf ich Ihnen dies Körbchen halten?" „Wenn Sic durchaus daraus bestehen," lächelte Marie etwas freundlicher, „dann kann ich natürlich nichts dagegen cinwcnden. Also, zählen Sic bis fünfzig. Wenn so viel Aepscl im Körbchen sind, dann ist cs genug." Der Kapitän nahm das Strohgeflecht in die Höhe: „Schön, doch wieder ein Anfang in der bürgerlichen Beschäftigung." Nun fiel Frucht aut Frucht iu den Korb, Marie schien gerade die schönsten und größten zu suchen, und Holstein mußte scharf achtgcben, daß sic nicht vorbeirvlltcn. Dic Abendsonne warf dabet durch das Blättcrwerk viele bunte Strahlen auf die holde Fran, immer rosiger schienen dem Kapitän die sonst so blassen Wan gen seiner Pflegerin zu leuchten, und ihre hoch erhobenen, wohlgesormtcn Arme führten manch mal malerische Bewegungen ans „Fünfundzwanzig," zählte Holstein, als ob er sich selbst auf andere Gedanken bringen wollte. Da wurde ein schleichender Tritt hörbar, und durch dic Gartentür trat sein Vater in einem voni Aller glänzend gewordenen Gehrock, einen stutzerhaften Zulinder aus dem Kopf und ein leichtes Svazierstöckchcn in der Hand. Er stutzte, als er tnr Grupve unter dem Baume an sichtig wurde, daun aber zog er elegant den Hut und streckt, dem Dohne schon von weitem dic Hand entgegen: „Ich gratuliere von ganzem Herzen zur Ge nesung," rief er erfreut. — „Gewiß, dein Aus sehen ist ein ganz vortreffliches." — Seine Hand schwebte dabei noch immer in der Lnst, als hoffte er zuversichtlich, jein Sohu würde sie ergreifen. Als Holstein zum erstenmal wieder in dieses lamelnde, verlebte Antlitz blickte, da war cs ihm, als ob er jetzt erst wieder völlig in die Gegenwart gerückt sei. Duntle Glut schoß ihm bis in dic Stirn, er trat zurück und wollte sich kurz abwcndeu, aber ein leises Rascheln von Mariens Kleide hinderte ihn Finster blickte er zu ihr empor und sah, wie sic ihre dunklen, sprechenden Angen flehend auf ihn gerichtet hielt. Alle Röte war von ihren Wangen gewichen, fast bewegungslos starrt' sie ans ihn, nur die leicht geöffneten Lippen schienen etwas stammeln zu wollen. Noch einmal blickte der Kapitän in da» blasse Antlitz hinauf, dann biß er sich in die Lippen und preßte plötzlich die Hand seines Vaters, daß dieser am liebsten aufgeschricn hätte. „Guten Tag, wie gehl cs?" stöhnte der Sohu mehr, als er sprach. „Gut, gut," triumphierte der Alte, und klopfte dem Zurückwcichcudcn auf die Achsel. „Aber auch dir geht es gut, mein Sohn; ich fühle cs an dem kräftigen Druck deiner Hand. — Nein, nein, widersprich nicht: wir werden dich schon wieder kurieren, meine liebe Marie und ich. Hoffentlich bist du doch mit der Pflege seilens deiner iungcu Mutter zufrieden?" Er gab sich bet diesen Worten ganz das Alt scheu eines sorgenden Familicnhauptes. Marie stand plötzlich neben dem gequälten Manne und legte ihren Arm sauft unter den seinigeu: „Wir wollen uns jetzt in die Laube setzen," flüsterte sic bittend. „Es wir Ihnen gnt tun, kommen Sic." Schonend führte sic den Zaudernden in die nahe Laube und fetzte sich ihm gegenüber. Dann begann sic ihre Apfel zu schälen, und wenn sic auch während dieser Beschäftigung nicht mit dem Kapitän sprach, so hingen ihre Augen dennoch groß und strahlend an seinen Zügen, als ob sic ihm innerlich tausendfältig danke. Aber auch der alte Baron schritt in die Laube und drängte sich an die Seite seines Sohnes. Und je schweig samer seine beide» Gefährten waren, desto lauter und wortreicher bemühte sieh der Standesherr sein. „Wie freue üb mich, daß wir endlich wieder gemütlich znsammensitzcn," rief er wohlgelaunk. „Alke Welt spricht ja von dir, nur der eigene Vater erhält leine Kunde. Ist cs wirklich wahr, das; du ein so enorm reicher Mann geworden bist? — Nun sa, cs ist ivahr, darüber spricht man nicht — aber du Werft ist ein kolossales Besitz- tum lind die Regierung läßt ja auch bereits bei dir arbeiten. — Ja, und höre, mein Sohn, du hast da einen guten Freund von nur, den Grafen Bnrghaus, erschossen. Das ist eine schlimme Geschichte; man wird dick» dafür aus dic Festung schicken, aber das ist gleßchgültig — Du hast einer Ehrcnvslicht genügt, der du dich nicht entziehen konnten Jetzt erzähle uns doch einmal den Hergang. Nutzt wahr, der Oberst hatte die Frechtzeil, von meiner lieben Marie Unehrerbietiges zn sprechen, und da bist du für dic Ehre deiner Mutter eingetreten, nicht ivahr, mein guter Lohn?" Montag, 30. MSN 1914. nehmigung namhast gemacht. Die Beamten für die Stellen des Feldoberpoitmeisters. der Feldpon- inspektoren, der Armcepostinspektorcn und der Feld postmeister werden vom Reichspostamt unmittelbar bestimmt. Die zum Feldpostvicnst cinberufenen Be amten erhalten sür dic Zeit, während deren sie eine Felddicnststellung inne gehabt und nicht dic Feld ptlagc aus Militärfonvs bezogen oder nicht auf dem Feldetat gestanden haben, dic bestimmungsmäßige Feldzulage aus der Postkasse. Dem deutschen Detachement, das in China im Boxerausstand kämpfte, ward eine Feldpost bei gegeben, die aus 1 Armcepostdirektor, 1 Armee postinspcktor, 1 Oberpostsekretär, 2.'» Fcldpostsckretäre,:, 15 Feldpostschaffnern und 8 Fcldpostillivnen nebsl 26 Trainsoldaten bestand». In Deutsch-Süd westasrika waren 4 Feldpoststationen ausgestellt. An Feldpost- und Aushilfspersonal infolge der Un ruhen befanden sich daselbst 2 Pvstinspektorcn, 3 Sekre täre, 31 Oberpoßalsistenten und Assistenten sowie So Unterbeamte. Koloniales. deutsch - Gftafrika als Touristenlan-. In der „Deutschen Kolonialzeitunq" schreib» Dr. Kn r st cd t zu dieser Frage folgendes: Nach Britisch O stasrika strömen jährlich wachsende Scharen von Jägern und Reisenden, an Deutsch Ostafrika geht der große Strom aber vorbei. Daß das auch wirtschaftlich nicht ohne Bedentnng ist, geht daraus h.^.vor, das; der Etat unserer Nachbartolonie allein ans Jagdlizenzcn eine Ern nähme von l Million Mark jährlich anfwciß. Eine Stadt wie Nairobi lebt in der Hauptsache von den fremden Jägern und Reisenden. Während für Britisch-Ostasrika eine groß zügige amtliche und private Propaganda gc trieben ist, ist für Dcutsch-Ostafrika in der Rich tung bisher noch wenig oder nichts getan. Ein bescheidener Anfang ist seinerzeit mit dem Jagd Handbuch und neuerdings vom Heimischen Ar bcitsansschuß für die diesjährige Daressalamer Ausstellung mit der Broschüre „Wohin reise ich im Sommer 1914" gemacht worden. Weitere kleinere Propagandaarbciteu sollen sich in Vor bereitung befinden, so daß zu hoffen ist, daß allmählich die Propagandaliteratur über Ost asrika auch eiu vertieftes touristisches Interesse für unsere größte Kolonie Hervorrufen wird. Drei Gebiete sind cs in Deutsch-Ost asrika, die sowohl vom landschaftlichen als auch wirtschaftlichen Standpunkt heute dic Haupt anziehungskrast auf die Reisenden ausübcn: i 11 s a m b a r a , der Kilimandscharo und , U l u g u r u. Dank privater Initiative ist der Kilimandscharo neuerdings start erschlossen wor- worden. Dr. E. Th. Förster hat am Weg Moschi —Kibo eine Reihe von Schutz- und Unterkunfts häusern errichtet, so daß die Besteigung des Kibo Gipfels jetzt in bequemen Tagesetappcn durchzusührcn ist. Dr. Förster hat bereits mehr fach Reisende auf den Berg geführt, und die Kosten stellen sich — alles einbegriffen — mit l5 bis 20 Rupien sür den Tag so niedrig, daß zu hoffen ist, es möge von den Alpinisten recht häufig Gebrauch von dieser Gelegenheit ggmacht werden, um so mehr, als für An- und Abmarsch von Moschi und nach hier zurück nur sechS, bis acht Tage gerechnet werden. "Auch wer^iicht bis zum Kibo-Gipfcl zu steigen gedenkt, hat in dein in 2800 Meter Höhe gelegenen Bismarck Haus am Rand des Urwaldes in Angesicht der Gletscherkappc des Gipfels eine Unterkunft» gclegenhcit, die bereits jetzt häufig benutzt wird Die Anlage weiterer Hütten, darunter eine durch eine deutsche Ortsgruppe des Deutsch-Ocstcr- reichischcn AlpenvcreinS, wird zweifelsohne gc eignet sein, dem höchsten deutschen Berg weitere Besucher zuzuführcii. Nachdem nunmehr durch dic Tanganjika- Bahn Plätze wie Tabora und Ujiji sowie der Tanganjika-See dem Verkehr erschlossen sind und eine bequeme Dampsergelegcnheit dem Der Kapitän blickte siiister zn Marie hin über, dic gesenkten Hauptes vor ihm saß und mit zitternden Händen ihr Werk weiter verrich tete. — Jetzt zeigte cs sich ja schon, wohin dic Versöhnung mit dem heruntergekommenen Manne führen müsse. Diese Taktlosigkeit, diese erzwungene Vertraulichkeit, trieben dem Sohne das Blut nack> dem Herzen. Was mußte dic Acrmste darunter leiden? Um ihretwillen wollte er sich noch einmal bezähmen. „Es wird kühl, gnädige Frau," sagte er, sich bezwingend. „Ich glaube, cs wird Zeit, das; ich in mein Zimmer zurückkehrc." Marie stellte sofort ihre Schüssel hin und erhob sich. „Sie haben recht, Herr Baron," ant wortete sic leise, „cs wird Zeit." Sie wollte die Decke zusammcnraffcn und dem jungen Manne voranschreitcn, aber der alte Baron, der die beiden lauernd beobachtet hatte, ergriff die Hand seiner Gattin und hielt sie - zurück: „Was muß ich liörcu?" ries er vcrwuu- dert. „Herr Baron? — Gnädige Frau? — Aber Kinder, ihr seid doch verwandt. Warum sagt ihr nicht „du" zueinander, hinter meinem Rücken geschieht cs doch gewiß?" Marie warf ihrem Pflegling einen flehen den Blick zn, als ob sic ihn beschwören wollte, zu schwelgen, aber während der Kapitän noch über legte, ob er nicht in diesem Augenblick aus dem Hanse sortstürmen solle, wurde der Eingang der Laube verdunkelt, und eine kräftige Stimme bot höflich „Guten Abend". Marie atmete auf. Es war Herr Pilz, der dem Patienten nun bcrzlich die Haiid schüttelte und iictz wohlwollend miäi seinem Befinden erkundigte. Der Disponent kam allen wie ein rettender Engel. Er spracli die Ansicht ans, das; sein Freund, der Kapitän, allerdings noch nicht ganz „Stil cl>ur»nt" sei, aber die gute Luft seines Hauses würde sicherlich viel zur Genesung des Patienten beitragen. Als sich Holstein hieran? für die gute Meinung bedankte, schüttelte Herr Pilz seinem „Freunde" noch einmal die Hand, und als er bemerlke, daß dieser zngleicn mit ihm anjbrectzen wollte, nahm er ibn energisch unter den Arm und geleitete ihn freundlich die zwei Treppen hinaus. (Fortsetzung in der Abendausgabe.)
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