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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.03.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140324028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914032402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914032402
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-24
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
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Lci^V.^rr dagLblaU. Dieser Expedition sei es gelungen, den Ausstand nach heftigen Numpfcn n i c d c r z u w c r s c n. Von den Aufständischen loNen 150 Mann gefallen fein. Die Verluste der Deutschen seien gering. Wenn der Ausstand mit diesen siegreichen Gc- fechten wirklich beendigt fein fallt«, so wäre das sehr erfreulich zu hören. In Vergessenheit geratene Negierungs vorlagen. Boni Hunsaknud wird uns geschrieben: „Das neue Buchmachergesetz wird nach der Ertragssckätzung dein Reich eine Mehreinnahine von reichlich 1.') Millionen Mars erbringen, ob wohl nach privaten Schätzungen noch höhere Er- träge erwartet werden dürfen Bei diesem An lasse ist zu erhoffen, das; die geiverbefrennd- lichcn Abgeordneten des Reichstages ans als- baldige Aushebung des Scherlstempels hinunrlen werden, dessen Ertrag zuletzt nur noch etwa zwei Millionen erbrachte. Weite kreise des Mittelstandes und Detailhandels und zahl reiche Gruppe« des Hausakuudes haben unter anderen diese Wunsche g-äußert. ""d man darf erwarten, das; ihnen j.-pt Er ü lang zuteil w rd. Auch die aus finanziellen Gründen nicht er folgte Wiedereinführung eines billi gen Orts Portos sollte nunmehr im Inter esse des Bertehrs lvieder versucht ivcrden. Fiu Jahre 1900 wurde seitens der verbündeten Re gierungen vorgeschlagen, das Ortsporto für Post karten zu ermäßigen, und über eine Ermäßigung auf drei Pfennig ist auch verhandelt worden. Die Aufhebung der Fahrkarten steuer sollte ebenfalls lvieder einmal in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt werden. Zu dieser Abgabe wurde seitens der verbündeten Regierungen seinerzeit ansgcsührt, das; dieselbe unpopulär und ungerecht sei. Auch bat diese Steuer, deren Ertrag auf 40 Millionen geschätzt wurde, nicht entfernt diese Summe erreichen können. Ein Eingehen auf diese Wünsche würde in weiten Kreisen des Gewerbestandes und des Hansabuudes freudig begrüßt werden und den gerade in letzter Zeit bezweifelten Nachweis er- bringen, daß der Reichstag sich die Wünsche des Gewerbestandes wohl angelegen sein läßt." Ueber -ie Angabe unehelicher kin-er in -er Angeftelltenversscherung. Auf eine Eingabe an den Bundesrat wegen Angabe unehelicher Kinder in der Angestellten versicherung hat, wie man uns schreibt, der Reichskanzler Reichsamt des Innern) eine Ant wort erteilt. In der Eingabe wurde gebeten, die Bestimmung über den Bordruck für die Ein tragung in die Aufnahmekartcn der Angestellten- Bersicherung dahin abzuändern, das; die Ver pflichtung zur Angabe etwa vorhandener un ehelicher Kinder weiblicher Angestellter auf den Karten selbst fortfalle. Dagegen soll in den Karten ein Vermerk ausgenommen werden, daß die weibliche Angestellte verpflichtet sei, etwa vorhandene uneheliche Kinder sofort der Persiche rungsbehörde selbst anzugeben, unter Hinweis auf die durch Nichtbefolgung der Vorschrift ent stehende Straffälligkeit und die wirtschaftlichen Nachteile der Unterlassung. Die Antwort lautet: In dem Vordruck für die Versicherungskarte findet sich keine Spalte, in der Familienange hörige, insbesondere uneheliche Kinder von weib lichen Versicherten nachzuweisen wären. Wenn eine solche Eintragung im Vordruck der Auf- nahmekarte vorgesehen ist, so sind diese An gaben unbedingt notwendig, damit die Reichs versicherungsanstalt für Angestellte von vorn herein die Höhe ihrer Belastung übersieht. Diese Angaben sind aber für die Versicherten um des willen unbedenklich, weil dem Arbeitgeber oder irgendeinem anderen Dritten ein Einblick in die A n s n a hm e ka r t e nicht gewährt zu werden braucht; nach 8 >88 des Versicherungs gesetzes für Angestellte hat in erster Linie der Versicherte selbst — ohne Vermittelung des Ar beitgebers — die Ausstellung der Versicherungs karte mittels Aufnahmekarte bei der Ausgabe stelle zu beantragen. Die Reichsversichcrungs« anstatt hat die gedruckte Belehrung über Aus füllung der Anfnahmekarte dahin geändert, daß statt der 'Worte „ferner uneheliche" Kinder gesagt wird „und alle vaterlosen" Kinder. Heer und Aotte. General der Infanterie v. Deimling. Anläßlich der Beförderung des Kommandierenden Generals des l'>. Armeekorps in Straßburg, General lcutnants o. Deimling, zum General der Infan terie sind mehrfach Mißdeutungen laut geworden, die in dieser militärisck-en Rangerhöhung eine Aus- ,Zeichnung für das Verhalten des Generals während der noch nicht lange Zeit zurückliegenden bekannten Vorgänge in Elfaß-Lcsthringcn erblicken wollten. Davon kann, wie der Korrespondenz ..Heer und Po litik" von militärischer Seite geschrieben wird, nach Lage der Dinge gar keine Rede sein. Die Beförde rung Generalleutnants v. Deimling erklärt sich ganz einfach dahin, daß er als ältester Gcncral- lcutnant laut Patent vom 22. März lvllt zur Beförderung stand. Daß damit keinerlei o siziellc Auczeichnung beabsichtigt war, geht schon allein aus dem Umstand hervor, daß drei weitere Gene ralleutnants. deren Patent in dieser Charge das gleiche Datum trägt, wie bei o. Deimling. «Ken ia l l s zu Generalen der Infanterie befördert worden sind. Cs sind dies der Gouverneur von Mainz n. Rathen, der Cbef des Ingenieur und Pionierkorps und Gcncralinspektcur der Festungen n. Clo er. sowie der Gencraladjutant des Groß herzogs von Baten, Generalleutnant Dürr. Diese vier Offiziere waren die vier ältesten Generalleut nants der Armee und haben jetzt, nachdem sie diese Charge vier Jahre innehatten, selbstverständlich ihre Beförderung erhalten. Damit fallen alle, insbeson dere an die Ernennung des Generalleutnants v. Deimling geknüpften haltlosen Vermutungen in nichts zusammen. General o. Deimling trat 1871 als Einjährig Freiwilliger in die Armee ein. Am bekanntesten wurde er durch seine Tätigkeit während des Hottentottenaufstandes in Südmestafrika. Er nahm zunächst als Kommandeur des 2. Feldregi ments der schuktruppc an den Kämpfen am Water berg und der Verfolgung der Hereros teil. Beim Ausbruch des Hottentottenaufstandes erhielt er den Oberbefehl im Süden und leitete die Operationen gegen Hendrik Witboi und gegen Morenga in den Karrasbergen. 1W6 erhielt Oberst o. Deimling das Kommando über die Sckmhtruppc in Südwcstairila, das er bis zum März 1997 führte, wo er zum Kom mandeur der 58. Infanteriebrigadc ernannt wurde. * Frühjahr-Übungen der Hochseeflotte. Die Hochsceilottc hat mit Ausnahme des 2. Geschwaders den Hafen von Wilhelmshaven verlassen, um Früh- fahrsübungen abzuhalten. Deut-che» Reich. * Der Kronprinz nimmt von übermorgen ab an einer Uebungsreise des Großen Generalstavs teil. * Zur zweiten Lesung des Etatsnotgesetzes sind im Reichstage Abänderungsanträgc eingebracht worden, die dahin gehen, die ncugcschaffenen Stellen für Beamte im Postetat bereits am 1. April zu schaffen und damit nicht bis zur endgültigen Fertig stellung des neuen Etats zu warten. Ferner wird beantragt, aus dem Etatnotgesctz zwei Positionen iNeubauten der Bcklcidungsämter in Spandau und Magdeburg) herauszunehmen und sic endgültig erst später zu bewilligen. Diese beiden Anträge dürften im Plenum Annahme finden. Die Konservativen beantragen außerdem noch, die 7 500V0Ü zu Auf wandsentschädigungen an solche Familien, von denen bereits drei Söhne durch Ableistung ihrer gesetz lichen Dienstpflicht eine Gesamtdienstzeit von min destens 6 Jahren zurückgelegt haben, ebenfalls durch das Etatnotgesetz zu bewilligen. * Die Einbringung des Reichstheatergesetzentwurss beim Bundesrat ist demnächst zu erwarten, da die letzten Arbeiten, die sich auf die Begründung zum Entwurf beziel)en. im wesentlichen fertiggestellt sind. Mit einer Einbringung des Entwurfs in den Reichstag noch in dieser Zession dürfte in Anbetracht der vorgerückten Zeit aber nicht zu rechnen sein, und man.kann annehmen, daß der Bundesrat in An betracht der besonderen Wichtigkeit der Materie eine gründliche Durchberatung der Vorlage vornehmen wird. Die Wünsche der Interessenten haben nach Möglichkeit Berücksichtigung in dem Entwurf ge funden, in dem auch die privatrechtlichen Angelegen heiten der Theaterangestellten und Bühnenmitglieder eine Regelung gefunden haben. Bei den Verneh mungen. die zweimal mit Vertretern der beteiligten Kreise vorgenommen wurden, wurde in den wesent lichsten Fragen Uebereinstimmung erzielt, und nur Veite 2. Nr. 151. Nvenü-Kusgave. cs zu einem Zusammenstoß zwcsckxn der Polizei und den Manifestanten. Einige hundert Meter entfernt Karle sich eine Gc-genmanifestation gebildet, die unter He.kniien au? Coillaur auf die Studenten eindrang. C > !am ni einer w ü st c n S ck I ö g e r e t, in deren 2 rlau, die Polizei eine groß- Anzahl Verhaftungen vornnstn. Erst nacb längerer Zeit gelang es den Po!:; in rnnickrasten, die Ruhe wiederher-uqtellen. Der Rochette-Ausschus;. Wie aus Paris gemeldet wird, fuhr In der Rachmitlagssitznng am Montag Briand in seinen Acugerungen fori: Rochetle hatte zuerst den Vo" schlag der Prüfung der Bücher angenommen, sich jedocr) schließlich wieder g.weigert. so daß ein V c r fahren iiocwcnd.g wurde. Sodann sprach Briand von der Verha;rnng Roci?eltes und ßigte im weiteren Verlaufe der Zache; Als er zum Zweiten Male Justiz Minister wurde, plädierte Rechette sür die Richtig leit des Versehrens infolge Verjährung. Briand ließ den Generatftaatsanwalt rufen und machte ihm heftige Vorwürsc, das; er einen siebenmonatigen Auf schub gemährt haoe, und verhchtte nicht, daß er ihn ganz dafür verantwortl ch machen würde. Fabre zögerte zunächst mit der Antwort, sagte aber schließ lich, er habe den Aufschub gewährt, weil er dazu pe zwungen worden sti. Als Beamter ;ci er gewöhnt, zu gehorchen, und er halx? geglaubt, sich dem höheren Befehle beugen zu müssen. — Bri a n d ertlärte u. a.: Er wurde wenig« Tage vor dem Tode Calmettes tele phonisch zu B a r thou gerufen, wo er Calmettc traf. Barthou sagte ihm. daß Calmette den Bericht Fabres veröffentlichen will. Briand beschwor Calmette, dies nicht zu tun. Calmette versprach dies ehrenwört'ich — Ein Ansschußmitglied bcmerite daraus, er habe am Tage des Amtsantrittes des Kabinetts Dou- mcrgue in der Redaktionsslube gehört, daß Barthou einen Bericht Fabres besitze, mit dem er seinen G«;- ner erdolchen könnte, wenn er wollte. An dem angcblickM Montag, fuhr das Mitglied fort, tele phonierte man mir, daß man den Bericht Fabres am anderen Morgen veröffentlichen werde. — Diese Rach richt wurde von einem Redakteur des „Figaro" be stätigt. — Briand wiederholte, daß Calmettc sein Ehrenwort gewiß nicht gebrochen hätte. — Das Mit glied bemerkte darauf: ,.Ia, aber außer Calmette konnte auch ein anderer die Ab chrift des Berichtes besitzen." — Briand jagte wciier, er habe zu Caillaux von dem Dokument gesprochen, der ihm erklärte, er habe Alonis gesagt, daß er, Caillaur, an einem Auf schub der N -chettc Angelegenheit das größte Interesse hätte. Da ihm, Caillcnix. die Finanzen anvertraut waren, glaubte er. daß ein den öffentlichen Kredit schädigendes Plädoyer einen ernsten Widerhall fin den würde. Briand sagte: Wenn er nicht früher Ent hüllungen gemacht I)obe, so sei dies gesck)«hen, weil er sich Les seinen Händen anvcrtvauten Dokumentes nicht bedienen wollte, um einen Skandal hervor- zurnfen, der politische Gegner zu treffen bestimmt n>ar. Die Unterredung mit dein Oberstaatsanwalt Fabre schilderte Briand ebenso wie dieser. Von dem ibm durch Fabre übergebenen Schriftstücke machte er seinen Kollegen im Ministerrat Mitteilung. Dann habe er das Schriftstück in einen versiegelten Um schlag getan und dem Pcrsonaldircktor übergeben. Es war kein amtliches Schriftstück. Er hatte den Eindruck, als ob ihm Fabre, nur um sich zu sichern, eine Kopie des Schriftstückes übergab. Als er, Briand. svätcr Ministerpräsident wurde und das Justizministerium verließ, habe er das Schriftstück seinem Nachfolger Bartkau übergeben und dann nicht mehr davon sprechen hören. — In der Dienstag Sitzung wird Barthou vernommen. PMiseke UeberlieM Ein Mufstan- in Neu-Kamerun. Der Gewinn an kolonialem Besitz im Kongegebiet hat dem Deutsche» Reiche bisher nur Sorgen und Enttäuschungen gebracht. Jetzt scheinen noch Schwie rigkeiten durch ein-m Eingebörenenaufstand zu kom men. Wir erhalten folgende Meldung: Antwerpen, 24. März. Aus dem Kongogebiet hier cingctroffene Reisende berichten, daß eine A u f st a n d s b e w e g u n g in den» von Frankreich an Deutfchlonp abgetretenen Gebiet Reukamerun ausgebrochen sei. Der Kabul« stamm, emer der mächtigsten und kriegerischsten Negerstämmc, hätte sich erhoben, um die deutsche Herr schaft n b z u s ch ii t t e l n. Das deutsche Gou vernement l>at eine Strafexpedition unter Führung des Lcutnants v. Raven abgesandt. Der gute Name. 43s Roman von Georg Engel. IM i m <>. ni. <>. U. Schon tauchten die Bäume des Gartens mit ihren bunten BallonS ans der Dunkelheit her- ans und der Kapitän mußte die Ruder ein ziehen, um sanft an die Steiutrcppe aufahrcn zu können. Rasch sprang er heraus und warf einem der Knaben die Kette zu. Jedoch er fand die Gänge des Gartens nicht mehr von lustwandeln den Gestalten belebt, alles lag verlassen und ausgcstorben, und in den bunten Ballons zuck- icn die herabgebrannten Lichtchen verendend hin und her. Die Gesellschaft war in dem Dampfer viel früher als der Kapitän angelangt nnd hatte sich bereits zerstreut. Nur aus dem Rosenkiosk klangen noch laute Männerstimmen herüber. Holstein schritt beschleunigt darauf zu. Sehon von weitem vernahm er Gläser klingen und die Baßstimme des Rittmeisters, der vorhin so höh nische Bemerkungen über sein Verhältnis zur Gräfin gemacht hatte. Der Herancilcnde stutzte. ,Lch glaube, eS ist lächerlich, diesem geistvollen Pferdebändiger ge radeswegs in die Arme zu laufen," überlegte er, „gleichviel, ich habe einmal beschlossen, diese Herren nicht ernst zu nehmen, also vorwärts!" Er betrat die breite Holzstnfe und schritt, sich verbeugend, in den von unzähligen Rosen bekränzten Raum hinauf. Nm den runden Tisch hatte sich nur ein klei ner Kreis niedergelassen. Auster dem Hausherrn nur der angeheiterte Rittmeister und der Prinz von Königstein. Als der Kapitän an der Schwelle erschien, verstummte plötzlich das Gespräch, und jeder der Herren schien über das unvermutete Eintreffen Holsteins so sichtlich betroffen, als hätte mau noch eben von ihm wenig lautes ge sprochen. Fuister blickte der .Hausherr auf seinen Gall und wollte sich eben erheben, al- der Ritt meister mit lautem Gelächter da- Lb« den Tisch schob, und, sich behaglich herum wendend, mit völlig trunkener Stimme ausrief: „Da haben wir ja endlich den kleinen Nabob — aber ohne Damen schade — kommt sonst doch nicht vor? Na tut nichts — hat Glück bei Weibern — man weiß ja, wo es her kommt — hat's bei seiner hübschen Sticfmama gelernt — allerliebste Stiefmama — verfluchte Geschich ten — pompöses Weib — möchte auch Bekannt schaft machen, wirklich — kann kosten, was cs will, he, hc, he, — —." Er verstummte und raffte sich zusammen, denn der Prinz war auf gesprungen und schüttelte derb seinen Arni. „Na — ja," murmelte der Rittmeister init einem schwachen Lackeln — „hat ja nichts zu sagen, Sohn ist ja doch nur ein Krämer — f)at nichts zu sagen." Holstein hcktte. dem bezechten Offizier schwei gend zugchört, nun zuckte er die Achseln und wandte sich mit kalter Höflichkeit an den Grafen Burghckus, der die Hand ans den Tisch gestützt, finster zu Boden blickte. „Dieser Herr ist offenbar unzurechnungs fähig, wie sein Benehmen zeigt," sagte Hol stein ruhig, „aber es macht ans mich den Ein oruck, als ob auch Sie, Herr Graf, die Aeuße- rungen dieses Herren billigen. Ich must deshalb Sie um eine Erklärung bitten." Der Oberst schien das erwartet zu haben, denn er richtete sich langsam auf und trat dem Kapitän schwerfällig näher. Auch sein Gesicht erschien geröteter, als es sonst zu sein pflegte, und seine Stimme klang rauh und aufgeregt, als er den, jungen Mann zornig zuflüstertc: „Sic haben mich komprimitticrt, Herr — meine Frau — man spricht " Er vollendete nicht, sondern stampfte mit dem Fust, daß die Sporen klirrten. Holstein zuckte die Achseln. „Auf solche Lächerlichkeiten finde ich keine Antwort," ver setzte er tatt, „eS bleibt mir nur noch übrig, zu fragen, ob Lie die Anschauungen dieses Herrn über eine Dame teilen, die ich allen Grund Lab«. KochrusLäHeL" Graf Burghaus nagte an der Unterlippe. „Ich habe keine Ursache," gab er frostig zurück, „mich über die Ehre dieser Dame be,onders zu ereifern, nnd bedaure, keine weiteren Erklärun gen geben zu können." Damit wandte er sich ab und fingerte ner vös auf dem Geländer herum, Holstein jedoch verharrte noch einen Augenblick auf der Schwelle, und aus seiner geröteten Stirn schwollen die ?ldern an. „Niederträchtige, erbärmliche Affen einer heruntergekommenen Gesellschaft!" wollte er wü tend hinansrufen, da fiel sein Blick auf den Prin zen, dessen dunkle Augen mit schwermütigem, teilnehmendem Ausdruck an ihm hingen, und er bezwang sich und sagte höflich: „Dann haben wir in dieser Form nicht mehr uriteinander zu verhandeln." Damit verbeugte er sich und ging. „Gute Nacht," rief der Prinz ganz laut hinter dem Abgehenden her, aber Holstein ver nahm eS nicht mehr. Hastig eilte er aus dem Garten nnd erreichte bald die dunkle Straße. Förmlich erleichtert atmete er auf, als er die schmale, menschenleere Gasse hcravsah nnd das ferne Raufen des Meeres vernahm. Und plötzlich überkam ihn jene springende, lustige Stimmung, in der man den laut vernehm baren Schlag des ängstlich pochenden Herzens mit einem fröhlichen Liede niederpfeift und gleichgültig an das Allerentlegenste, Entfernteste denkt, nur nicht an das letzte, schwerwiegende Ereignis. So summte auch er eine kecke Matroscnmcto- die vor sich hin und schritt leichtfüßig dem großen Markte zu, wo er in dem -weisen Hause des Herrn Pit» seine Stadtwohnung besaß und auch für den Doktor eine Etage gemietet hatte. Es war das erstemal, daß er in der Stadt schlafen wollte, bis jetzt hatten die großen, elegant cingerickstetcu Räume leergestanden. Noch war er nicht aus der engen Gasse hcr- au-gekommen, al- hinter ihm leichte, eilende Schritte heraufklaugerr. Da- geübte Ohr de- Oienslsg. 24. klsrz 1)14. in gewissen Punkten der Kostümfrage, namentlich in bezug auf Lieferung moderner Kleidung, gingen die Ansichten auseinander. * Eine Novelle zum Zwangsversteigerungsgesetz ist dem Bundesrat zugegangen. Dor der end gültigen Ausarbeitung der Bestimmungen des Ent wurfs sind besonders Sachverständige im Reichsjustizamt gehört warben, und bei den statt gehabten Beratungen mit den Vertretern der Reichs regierung wurde über die sehr schwierige Materie im wesentlichen eine N cberein st im mun g erzielt. Es handelt «ich um die Ab änderung des 8 57 des Zn'angsrersteigerungsgesetzes. Zurzeit lassen es die gesetzlichen Bestimmungen zu, daß durch Zessionen und Pfändungen die gesamten Mieten von Grundstücken ca. ein halbes Jahr lang den Hypotbekengläubigcrn unk Erstebern ent,zogen werden. Da die Rechtsprechung entschieden hat, daß beim Erstehen der Grundstücke nach diesem Zeitraum die Vorausnerfügungen über die Mietszinsen wieder auflebcn, so werden hierdurch die Ersteher der Grundstücke vielfach empfindlich geschädigt. Es l»aiidclt sich also um die Ausarbeitung neuer Be stimmungen, die sich mit der Beschränkung der Vorausverfügungcn über M^ets,zinsen zum Nachteil des Erstehers befassen. Diese werden naturgemäß im wesentlichen dem wirtschaftlichen Nutzen der Hrwelbeiepgläubipcr dienen die in solchen Fällen meist in Mitleidenschaft gezogen werden. Zwecks Ab Hilfe der Mißstände waren schon viele Interessenten bei der zuständigen Reichsbehördc vorstellig ge worden, und die hervorgetrctenen Unbilligkeiten und Härten lasten jedenfalls eine Neuregelung der An gelegenheit wünck-enswert eriibeinen. * Das Reichswirtschaftsgesetz, das die Budget kommission des Reichstags verlangt hat, wird, wie wir hören, schon im nächsten Herbst dem Reichstage zugehen * Zur Beschleunigung der Etatsarbeiten der Dudgctkammission des Reichstags soll der Vorschlag gemacht werden, die Kommissionsarbeiten dieser Kommission bereits am 21. April wieder auf zunehmen, damit das Plenum bei der Wieder aufnahme seiner Arbeiten am 28. April nicht an Stoffmangel leide. Die Budgetkommission hat noch den ganzen Militäretat, den Etat des Auswärtigen Amtes und Reste des Kameruner Etats zu beraten. Die Beratung des Militäretats in der Kommission dürfte fünf bis sechs Sitzungen in Anspruch nehmen. Da dem Reichstage Ende April das Altpensionär gesetz und das Rennwettgejetz vorgelegt werden wird, so muß die Budgetkommission auch diese beiden Ent würfe noch beraten. Der Plan, sich kurz vor Himmel fahrt bis auf den Herbst zu vertagen, läßt sich jedoch nur durchführen, wenn die Etatsberatung im Plenum bis zum 16. Mai endgültig abgeschlossen ist. Dies ist nur möglich, wenn der Reichstag vom 28. April ab ohne Unterbrechung in der Etats beratung fortfahren kann, da für den Militäretat im Plenum mindestens eine Woche gebraucht werden wird. * Zum Besuch des württembergischen Königs iu München. Der König von Württemberg hat fol gende Herren durch Geschenke ausgezeichnet: Staats minister Graf Hertling, Oberhofmeister Graf v. Seinsheim, Oberstkämmerer Freiherr v. Lahberg. Gesandter in Stuttgart Graf Moy, Generaladiutanr v. Walther und Kabinettschef Staatsrat v. Dandl. * Der Kardinalshut für den Abt von Marialaach? Dem Abt von Marialaach soll, wie verlautet, der Kardinalshut verliehen werden. Eine Bestätigung dieses Gerüchtes fehlt jedoch noch. * Reichstagskandidatur. Für die durch die Mandatsniederlegung des bisherigen Abgeordneten v. Halem notwendig gewordene Reichtagsersatzwahl im Kreise Schwetz ist von polnischer Seite wieder der frühere Kandidat v. Saß-Zagworski ausgestellt worden. Ausland. Zrankreich. * Die Nückberufung des Generals Eqdonx. Aus Paris, 2t. März, wird gemeldet: Die Rück- bcrufung des Generals Eydoux aus Athen wird jetzt offiziell bestätigt. Zu seinem Nachfolger ist General deVillaRct ernannt worden, der augen blicklich die 79. Infanterie-Brigade in Tommercy befehligt. * Vom französischen Finanzgesetz. Aus Paris wird gemeldet: Die Kammer hat heute mit 399 gegen 115 Stimmen die Artikel des Finanzgesetzes ange nommen, die über ererbte, im Auslande unter gebrachte Kapitalien handeln. Kapitän; unterschied das feine Klirren silberner Offizierssporen. Unwillkürlich blieb er stehen, und wandte sich zurück. „rierci, mcmmeur," rief der heraneilende, tief in einen Mantel gehüllte Offizier, „ich konnte Ihnen kaum folgen!" Holstein stutzte. „Prinz Königstein?" fuhr er überrascht auf und ihm fiel ein, daß dieser junge Mann als der einzige ihm ohne alle Vorurteile gcgcnübergctreten war. „Darf ich fragen, womit ich Eurer Hoheit dieneu kann?" Der Prinz lächelte flüchtig und schritt lang sam neben dem Kapitän her. „Ich bitte Sic, lassen Sie die „Hoheit" aus dem Spiel," bat er ruhig und legte seinen Arm in den des Seemannes, „es klingt in Ihrem Munde schlecht, und ich möchte auch nicht nnmcr daran erinnert sein," und ernst fuhr er fort: „Er warteten Sic mich nicht?" Holstein verneinte erstaun». „Ich bin gekommen," sprach der Prinz wei ter, „mich Ihnen sür alle Fälle, zur Verfügung zu stellen. Oder haben Sie sonst jemand, der Ihnen gegen den Grasen Burghaus diesen Dienst leistet?" „Nein," sagte Holstein finster, „niemand!" Die beiden schritten eine ganze Weile neben einander her, ohne ein Wort zu wechseln. Dann hob der Prinz plötzlich das Haupt und streifte seinen Begleiter mit einem eigentümlichen Sei tenblick. „Wen lassen Sic iin schlimmsten Falle zu rück?" forschte er dringend. Der Kapitän lachte kurz. An diese Möglich keit hatte er noch gar nicht gedacht. Er wollte sich Sylvias verlockende Erscheinung zurückrufen, aber ihr Bild war plötzlich wie fortacwischt. Nur sein Vater stand leibhaftig vor inm nnd grinste ihn widerwärtig an. „Niemand," wicdc-rholte er frostig uild dann begann er wieder jener? kecke Manosenlied zu summen, aber die Töne stahlen sich zischend hinter den zusammengebissenen Zähnen hervor. Uortsetzrrvg » dar
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