Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.03.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140328024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914032802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914032802
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-28
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
fibend»Ausgabe »ar Leip-M »»« vorortt Sur» unf«r» rrsarr V«AU ASPr » « uaS Sprüttrur« LmaitSgN» »ne kou» gedrachtr moootii» > .A M., oi,r«»llitt>rN» 0.7» M Sri Ser S,tt,üft»ft,U». unsrr« Ziliol«» uaS Nu»gad»Nrllra odgri>»lt: monatll» > M. oirrtrhüdrll» S M. vur» S>« Post- tanrrkalb deutschlonS» un» Srr »»utschra Kolonien moaalUÜ, l^S M., olrttrliührll» «.SS M.. ousfchttrKU» poNdrNeUgrlo. va» Leipzigerrogidlatt erscheint Werktag« »mol.Sonn- u. Lriertagslmol. Za Leipzig, Sen Nachbarorten an» Seo Vrten mit eigenen ZNloten wir» >te kibcaSausgod» noch am ftdenS üe» erschein»»» i >» hau» geliefrrt. SerUaer NeSaktion- 2n Sen Zeiten »7, Z»rnspr»ch»si«schluK: Moabit Nr.»S7. ^rrrtsblockt des Rates rurd despoUzeürrnches der Stadt Lcrpzrs NeSoMon un- S»schjist«h,ll«: 7»han»l»gass« Nr.». o Z«rnspr«ch»stnschluß Nr. >4S»r. I4SSZ on» »4SSS. ISS. Jahrgang -inzeigenpr-ife: L' von ouowitrt» ro Pf., Nekiamen I.r« m.. Kleine finzrigen Siepetitzrilr nur SSpf.b.wteSrrhoi.Nad.,Inserate von VrborSrn im amil chrnifril Sie Petit zeii» SS Pf. cheschüstoanzrigen mit plabvvrschrift >m Preise erhöbt. Nabnti nach karlf. Seitagrn: Se>omtausl.rM.Sa,Laufens auoschl.postgedühr. finzeigen-flnnahme: lohannlogosse», bei sämtliche» iiiiaien Se» Leipziger Lagediatte» unS allen Nnnonten-LxpeSitionrn Seo du» un» Nuol^nSe». cheschiiftostelle für Vertin u. Str pr. Vron endnrg: birekiionWalterZliegel, Verlln w. >0. MargaretbenstrnK, ». §«rnsprech»Nnschiuft: Lukow SS7I. Nr. 159. Sonnavenü, üen 28. MSr;- Vas Wichtigste. * Ueber den Fall L iman von Sanders gibt der „Matin" eine ausführliche Darstellung. ^S. Pol. Ucbers.) * Der R o ch e r t e - A u s s ch u ß trat nach der Vernehmung der Zeugen in die geheime Be ratung ein. (S. Ausland.) * Der Aufstand im Nordepirus ge winnt an Ausdehnung. (S. Ausland.) Vie diplomatische Laufbahn. , Berlin, 27. März. Der Reichstag hat nach einem Winter des Mißvergnügens sich doch noch einen Erfolg er- stritten: in einer Frage, in der inan trotz mancher Anläufe und Jahr um Jahr sich erueuerndcr Be schwerden bislang im kreise sich drehte, hat der Reichstag der Regierung seinen Willen aufge- zwungcn. Rach hartnäckigem Ringen in der Kom mission und im kleineren kreise hat Herr von Jagow eingcwiltigt, daß hinfort die Anwärter auf die diplomatische wi' die konsulatskarrierc dieselbe Borbitdung zu durchlaufen, zum min desten den nämlichen Prüflingen sich zu unter werfen haben und daß zu den Eraininatoren dann ailemal auch zwei Bertreter des praktischen Lebens biuzugezogeu werben. Es gibt Leute, die nun hol,neu: wenn die Demscheu eine Reforma tion an Haupt und Gliedern einzuleiten wün schen, beschließen sie die Einführung neuer Examina. Ganz so liegen die Dinge denn doch nicht. Mit Prüfungen — die klagen über die mangelhafte Borbildung unserer angehenden Di plomaten und die Einengung ihres Retrutic- rnngsgebietes sind, wie gesägt, recht alt — hatte ja auch schon Freiherr v. Schön in der Zeit, da er noch schlicht v. Schön hieß, das liebet beschwören wollen. Er hatte in der „Rordd. Allgem. Ztg." eine Prüfungsordnung veröffentlichen lassen, in der den jungen Di plomatenfüchsen allerlei aufgegeben ward, was gewiß gut und nühlich zu wissen war. Sie sollten Französisch und Englisch verstehen und an mutig das eigene Leben beschreiben können, soll ten sich in der Praxis von Handelskammern, Bank- und Handelshäusern umg. sehen, den Refe rendar gebaut haben und dann noch mündlich und schriftlich in der Klausur uud auf Gründ sorgfältiger häuslicher Arbeit in Historie, Ju risterei und Rationalölonomik geprüft werden. Aber es scheint doch, daß diese Ordnung in der Hauptsache auf dem Papier blieb; immer wieder vernahm man von Gardelcutnants, die ohne wei teres in die Diplomatie übernommen wurden und nach wie vor stempelte eine Bestimmung auch der neuen Regulative die diplomatische Laufbahn zur Ausuahmekarrierc. „Die Zulas sung," so hieß es da, „zur Borbereitung für die diplomatische Laufbahn setzt den Besitz der für den diplomatischen Dienst erforderlichen Eigenschaften voraus, worüber der Reichskanzler nach freiem Ermessen entscheidet." Mit diesem Gardcprinzip — das dünkt uns einstweilen das Wertvollste an den neuen Bestimmungen — wird nun doch wohl gebrochen. Indem man dieselbe Borbildung für die konsulatsanwärter wie für die jungen Diplomaten vorschreibt, werden von selbst die bisher sorgsam aufrechterhaltcnen Grenzschciden verwischt und in Zukunft wird es doch wohl leichter werden, daß Männer, die sich auf konsularischem Posten bewährten, in die Sphäre der reinen Diplomatie erhoben werden. Bon anderen Bestimmungen denken wir für unser Teil skeptischer; von den Männern der Praxis in der Prüfungskommission vermögen wir uns sogar so gut wie keinen Erfolg zu ver sprechen. Auch das Prüfen ivill nämlich gelernt sein. Wir haben ähnliche Männer der Praxis >a auch in der einen oder anderen Kommission. Die examinieren dann entweder mit Todesver achtung ihren mitgebrachten Fragebogen her unter, oder aber sic haben, weil sic in dem frem den Milieu und der neuen Rolle sich nicht recht hcraustrauen, für alles ein gütiges, nachsichti ges Lächeln. Selbst bas Institut für Weltwirt schaft, das vorläufig durch eine Zufalls- ' adstimmuttg beseitigt worden ist, sehen wir nur mct einem heiteren, einem nassen Auge am . Horizont auftauchen. Weltwirtschaft ist ein Schlagwort geworden. Ein Aushängeschild, hinter dem man Aufsätze verkaufen, Reden halten, Karriere machen, ja selbst bis zum 'Jnstitutvorsteher Vordringen kann. Dennoch: nur ein Schlagwort, das viel blutigen Dilettan-. tismus verbirgt. Allerdings nationalökonomisch durchgebildet sollen unsere jungen Diplomaten sicher sein, Berständnis für wirtschaftliche Fragen haben und für die großen Zusammenhänge der Weltwirtschaft. Vielleicht wichtiger noch oder zum mindesten gleichwichtig: sie sollen gereist fein und zu reisen verstehen. Daneben werden sic freilich noch eines mitbringen müssen, was kein Bildungsgang ihnen zu ersetzen vermag: das Talent, die Eignung just für diesen Beruf. Nach der Richtung bedeuten allerdings auch die neuen Vorschriften noch keinerlei Gewähr. Aber sie werden die Auslese der so Berufenen doch erleichtern. Der Zuschuß von 6000 M., der auch jetzt noch erforderlich bleibt, engt die Auswahl zwar nach wie vor etwas ein. Aber schließlich sind bei den heutigen Erwerbs- und Gcldwcrtverhältnissen 6000 M. noch nicht un erschwinglich. Und dann, wie gesagt: cs wird in »Zukunft nicht nötig sein, datz jemand, um's zum Gesandte» und Botschafter zu bringen, vorher als Attachü sein Kaviarbrot in Tränen aß. Auch als früherer Bizckonsul und Konsul wird er zum Vorstand diplomatischer Missionen avancieren können . . . Zum Wahlsieg öer Sozial demokraten in Sorna - Pegau erhalten wir folgende Zuschrift: Der durchsichtige Versuch, das Wahlergebnis in Borna-Pegau für ein Durchbrechen oder Aufheben des Wablabkoinn.cns ter Nationalliberalcn Partei mit der Fortschrittlichen Volkspartei zu benutzen, muß mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Die Sache liegt vielmehr so: Der allergrößte Teil kleinerer und mittlerer Leute unterscheidet gar nicht nach Parteien. Sie kennen nur eine Kandidatur „der Großen", eine der „Mittleren" und eine der „Roten". Wohl lassen sich viele, namentlich bei Heroorkehrung sozialer Ge rechtigkeit, für eine Kandidatur der mittleren Linie gewinnen, aber sie möchten doch in der Mehrzahl den „Großen" nicht, und wenn auch die Führer der be- ' treffenden Organisationen mit Engelzungen redeten, und wenn Aufruf über Aufruf erschiene. Darum sind auch alle Vorwürfe hin und her zwecklos und ver dunkeln nur das Ziel, das sich alle bürgerlichen Par teien nebeneinander und miteinander stecken müßen. Man Rag auf konservativer Seite denken, wie man will, es ist staatsnotwendig, daß sich die liberalen Parteien auf einer vaterländisch-positiven Linie zu nächst durch ein äußeres Zusammengehen in Wahl- kreissragen einigen. Wieviel auch in der Person selbst liegen, und wieviel gefehlt werden kann, beweist das Ab schiedswort des Herrn von Liebert an lSl4. seine Wähler, wenn er u. a. schreibt: „Ein Teil der liberalen Wähler bat den nach dem Resultat der Hauptwahl den bürgerlichen Parteien zugehörigen Wahlkreis an die Sozialdemokratie verraten. Die Tendenz des „Berliner Tageblattes" hat im Sachsen lande gesiegt" usw. Mußte der impulsive Herr von Liebert den Wahlkreis mit dieser unzutreffenden Behauptung, mit einer solchen Unterstellung verlassen? Von wem war er so beraten? Es wird in Kürze noch auf einige andere Aeußcrungcn des genannten Herrn zurück zukommen sein, die eine Einwirkung auf das letzte Resultat der Wahl erklärlich erscheinen lassen. Für heute nur diese Andeutung. Der Wahlkreis wir nur mit einer liberalen Kandidatur zu halten. Es Hal der Konservativen Partei nichts genützt, daß sic auf dem Lande den letzten Mann in geheimen Lersamm lungen wohl selbst durch Handschlag für sich verp'lich tctc, nichts auch eingetragen, daß sie in den Städten Handwerker und Kleingcwerbtrcibende durch irre führende Beurteilungen des Abg. Nitz chle und seiner Tätigkeit für den Mittelstand zu sich hin ablcnkte. Zieht man die 1300 Stimmen, die Herr v. Liebert in der Hauptwahl gewann, von den 7214 Stimmen ab. die Herr Nitzschke 1912 erhielt, so bleiben etwa 0900 übrig. Da er aber diesmal doch noch 6512 auf sich vereinigte, so müssen 012 Stimmen von links her gewonnen worden sein. Diese Leute sind natürlich ohne weiteres abgefallen, ebenso die. die schon 1912 in einer Zahl von 1300 wieder zurück ins „rote" Lager gingen. So bedauerlich Las alles auch sein mag, so gewahrt der tiefere Blick dabei, daß es wohl möglich ist, den „kleinen Mann" für eine bürgerliche Vertretung zu interessieren und zu ge winnen, wenn man eben Nitzschkes liberale, entgegen kommende und doch das Falsche scharf kennzeichnende Art anwendet und nicht die Art des Neichsvcrdandes, der sich mit aller Macht und den meisten seiner Ver treter auch gegen die nationalliberale Kandidatur gerne* * -t hatte. Die Hauptfrage für die Zukunft ist, wie man die oft gescholtene, breite Masse auch in den Wahlen zu behandeln hat. Davon wird das Wahlglück in der , Zukunft abhängen. Paul Strobel, Bors, der Rational!. Vereine im XIV. Reichstags- ; Wahlkreise. poMiletie UeberlicM Der „Zoll" Liman von San-ers. Der „Matin" gibt über den Zusammenstoß seines Konstantinopeler Vertreters mit dem Füh rer der deutschen Militärabordnung Marschall Er schoß nach dem Hasen und schoß vorbei. Den Hirsch zufällig traf sein Blei; Da wird br nun von Jungen und Alten Für einen gewaltige» Schüben ge halten. (Geibel.) Unveröffentlichte Briefe von Emanuel Heidel. Jin nächsten Hefte der Eottajchcn Monats schrift „Der Greif" teilt Gottfried Bölsing ans dem Eottaschen Archive bi.her unveröffentlichte Briefe Emanuel Geibcls mit. Der Freiherr Georg von Eotta interessierte sich von vorn herein für den damals noch jungen Dichter, dem eine reiche Zntnnfi zu winten schien. Durch Frciligrath ließ er ihn einladcn, mit ihm in Verbindung zu treten, und übernahm dann anck> die Veröffentlichung von Geibcls Drama „König Roderich", obwohl er sich natürlich von vorn herein klar war, daß er sich hiervon einen ge schäftlichen Vorteil nicht zu versprechen habe. Trotzdem ging Eotta, als der Berliner Kunst historiker Franz Kugler, Geibcls Freund, wegen des Verlages eines neuen Gedichtbandes von Geibel au ihn hcrantrat, sogleich freudig auf diesen Vorschlag ein. So ging die neue Samm lung, die ursprünglich den Titel trug „Laub und Frucht (Juniusliedcr)" an Eotta über. Geibel sandte die Handschrift dem Verleger am 21. September 1817 mit dem folgenden Briefe zu: „Hochverehrter Herr Baron! Beifolgend tann ich Ihnen endlich das drnckfertige Ma nuskript meiner „Juniusliedcr" übersenden. Denn diesen Titel (nicht, wie ich früher beab sichtigte: Laub und Frucht« habe ich für die vorliegende zweite Sammlung meiner Gedichte ausgewählt. Zunächst brachten mich ein paar Verse aus einem alten Boltsliedc darauf, welche mir die Stimmung, die ich zu bezeichnen wünschte, einigermaßen auszudrücken schiencit... Dann ist aber die Mehrzahl der Gedichte wirt> lich in der ersten hohen Sommerszeit, im Ju nius meines Lebens entstanden: der Mai ist vorüber, die frühe reiche Blüte, die Zeit des glückseligen Schwärmens und Träumens ist da hin; nur hin ulid wieder macht sic sich geltend, aber dann als ein Vergangenes, das im Glanze der Erinnerung steht. Auf Sturm und flackernde Glut folgt die nachhaltige fruchtbringende Wärme, die Gewitterschläge der Leidenschaft be ruhigen sich in ernster Betrachtung, die Empfin dung reift zum Gedanken. Aus dem Kampfe geht es zur Versöhnung, und wenn cs hier und dort auch noch dunkelt und schattet, so trägt doch zuletzt das Ewigheitere immer den Sieg davon, >vie das Licht zur Sommerszeit selbst in den Nächten von der Erde nicht mehr ganz losläßt. Das und Aehnliches habe ich mir bei dem Titel gedacht. Ob ein anderer.dasselbe dabei denken werde oder auch nur denken könne, weiß ich nicht. Aber gleichviel! Das Kind muß eben einen Namen haben, und dec Vater wählt ihn nach seinem Sinne. Wenn das kleine Ge schöpf sonst nur schmuck und tüchtig ist, daß die Welt sich daran zu erfreuen vermag, so wird niemand um den verwunderlichen Namen schmollen. Verzeihen wir doch einem hübschen Mädchen gern, daß sie Cephise oder Petronella beißt." Die Beziehungen zwischen Dichter und Ver leger haben des weiteren mehr und mehr freund schaftlichen Charakter angenommen, und Geibel har sich Eotta gegenüber über mancherlei, was ihn in Leben und Kunst bewegte, und auch über fein eigenes Dichten offenherzig ausgesprochen. So hat er in einem Briefe an Eotta vom 18. Februar 1848 der Freude Worte geliehen, die Mörikes Gedichte in ihn: hervorgerufen hatten. „Es ist eine Frische und Klarheit, eine wohl tuende, sonnige Heiterkeit, eine kunstvollendung in diesen Liedern, wie ich sie bei keinem anderen Poeten der Gegenwart gefunden habe. Außer bei Goethe ist mir nirgends ein so schöner und reiner Ausdruck des Gefühls, ein so liebens würdiger Humor vorgekommen. Kritik und Pu blikum scheinen mir freilich noch immer nicht dem Dichter die gebührende Gerechtigkeit wider fahren zu lassen, aber er läßt sich das hofsentlich nicht anfcchlen. Der Tag einer allgemeinen An erkennung kann für ihn nicht ausbleiben, und seine Lieder werden einst in ihrer einfachen Schönheit ruhig dastehcn, wenn unendlich viel Gespreiztes und Gebeiztes, was die tendcnzvolle Geschmacklosigkeit unserer Tagespreise bis in den Himmel zu erheben strebt, in seiner inneren Nichtigkeit längst der Vergessenheit anhcimgc- fallen sein wird." Es war dies dasselbe Jahr, das Geibel durch die bekannten politischen Er eignisse tief und schmerzlich erschüttern sollte. Auch darüber hat er sich im Herbste 1848 zu Eotta ausgesprochen. „Es tut weh" io schrieb er ihm am 10. Oktober —, „die Hälfte seines Volkes in rasender Verblendung den Weg zum Abgrund einschlagen zu sehen, cs tut weh, an Männern, die wir hochgehaltcn vor vielen, und auf die wir unser ganzes Vertrauen gesetzt, ver zweifeln zu müssen, weil sie in der entscheiden* den Stunde abfielen, wie dürres Herbstlaub. Wo ist die weise Mäßigung geblieben, die wir als ein unveräußerliches Erbteil unseres Stam mes ansehen zu dürfen wähnten, wo die männ lich feste Treue und das tiefeinwohncnde Gerech tigkeitsgefühl, auf die wir so gerne stolz waren? Und wo will das alles hinaus . . .?" Die Juniusliedcr, Geibcls lyrischer Meister band, erlebten Auflage nach Auflage. Das war Geibel eine besondere Freude, denn auch er be trachtete gerade diese Sammlung als seinen be sonderen dichterischen Ehrentitel. Als Eotta ihm den Plan einer neuen Ausgabe des Bandes machte, da legte er ihm folgendes Bekenntnis ab: „Eine neue Ausgabe oer Juniusliedcr würde mir um so erwünschter kommen, da durch die fortgchende starke Verbreitung meiner früheren Gedichte, deren inneren Gehalt ich dem der Ju- niuslieder weit nachsetze, sich allmählich ein durchaus falsches und einseitiges Urteil über meine dichterische Eigentümlichkeit beim Publi kum ausbilden muß. Ich bin keineswegs der sanfte Liebeslyriker vom Jahre 1840: eben die Juniusliedcr, meine ich, können den Beweis lie fern, wie der ernste Gedanke und die männliche Kraft neben dem Schmelz der Empfindung bei mir zu ihrem Rechte gekommen sind." Iv. T. Kunst un- Wissenschaft. ' „Der grünende Zweig", ein meraktiges Schau spiel von Max Dreher, erlebte gestern, wie ge meldet wird, iin Düsseldorfer Schauspiel haus seine erfolgreiche Erstaufführung. Das Publikum spendete dem Werk lebhaften Beifall. Der Dichter konnte krankheitshalber zur gestrigen Auf führung nicht erscheinen. * Eine nachgelassene Operette von Hermann Zumpe. Ein im Nachlaß von Hermann Zumpe gefundenes musikalisches Lusstpiel „Das Gespenst von H o r o d r n ", das vom Verein der Opernsreunde Hamburg vor kurzem in Hamburg und Altona mit großem Beifall aufgefuhrt wurde, ist von Herrn Direktor Ernst Albert vom Stadthalten theater Lübeck zur öffentlichen Ausführung für diesen Sommer erworben worden. * Oskar ^.auer beabsichtigt nicht, wie befürchlet wurde, «eine Bühnentätigkert aufzugeben, viel mehr wird er nur, wie alljährlich, seinen fünf monatigen, ihm vertragsmässig zugebilligten Urlaub anireten. Die Beerdigung Frederic Mistrals. Wie aus Arles gemeldet wird, fand unter enormer Be teiligung der gesamten Bevölkerung gestern morgen in Maillane das Leichenbegängnis Frederic Mistrals statt. Die Regierung war durch den Unterstaatssekretär der schönen Künste Iacquier vertreten, der im Auftrage des Unterrichtsministers Biviani die Gedächtnisrede hielt, in der er mit be redten Worten den Dichter feierte. * von Mistral, Hauptwerk „Mircio" erschien in Marburg eine von Professor Ed. Koschwitz be sorgte Original-Ausgabe. Mistral selbst hat seinem Freunde Koschwitz gegenüber diese in Deutschland er- schienens Ausgabe als die beste bezeichnet, die je von seinem Werk erschienen sei und als einzige, für die er jemals Honorar erhalten habe. Auch weiter er schien in Elwerts Verlag eine Biographie des Dichters von Nie. Welter mit vielen Proben aus seinen Werken. * Der Vorstand der Königl. Geographischen Gesell schaft in London hat. wie uns van dort telegraphisch gemeldet wird, beschlossen, dem Geheimen Regic- rungsrat Professor Alfred Penck von der Univer sität Berlin ihre Stiftermedaille zu verleihen. Der König hat die Verleihung genehmigt. * Die Forschungsreise deutscher Aerzte nach Aegypten. Tic ärziuche Studienkammiision unter der Leitung des bekannten Berliner Physiologen Professor Dr. Adolf Bickel ist, wie berichtet wird, in Assuan eingetroffen und hat im Wüstensana torium Bab et Wadi ihre Arbeit ausgenommen. * Eine wissenschaftliche Auszeichnung für König Viktor Emanuel. Von der Akademie der Inschriften in Paris wurde, wie gemeldet wird, dem König von Italien der P r e i s f ü r N u m i s m a t i t für sein vierbändiges Werk über italienische Münzen zuerkannt. * Eine große naturwissenschaftliche Entdeckung. Oliver Loogc, der hervorragende englische Physiker, dem von mancher Seite das größte Ver dienst um die Entdeckung der drahtlosen Telegraphie zugeschricben wird, hat in einem Vortrag die Prophe zeiung gewagt, welches die nächste große Errungen- Ichaft der Physik sein werde. Er sieht sie in der Aufklärung der Schwerkraft. Allerdings ist der Forscher zu vorsichtig, um diesen Erfolg für eine absehbare Zukunft zu versprechen. Seit Newton die Schwerkraft selbst und ihre Gesetze entdeckt hatte, hat man sich redlich geplagt, das Rätsel dieser Naturkrast zu lösen, und gerade jetzt sind viele hervorragenden Köpfe in dieser Richtung bemüht. Trotzdem muß auch Lvdge bekennen, daß er noch leine Dämmerung der Erkenntnis in dieser Frage wahrzunehmen vermag. Er selbst nimmt an. daß die Schwerkraft mit dem freilich immer noch mutmaßlichen Weltäther in Zusammenhang stehen müsse. Daß man bisher noch nicht weiter nnt der Einsicht in die Naturgesetze gekommen ist, schreibt Lodge dem Umstand zu, daß die eigentliche Naturwissenschaft überhaupt erst ein Ding von gestern sei, das noch vor 300 Jahren die Menschheit hauptsächlich nur aus Kamps bedacht war. Lodge hat sich übrigens die grösste Mühe ge geben, um den Aether sichtbar zu machen, unter der Voraussetzung, daß vielleicht eine Reibung zwischen Stoff und Aether herbeigefiihrl werden könnte. Zu diesem Zweck Hot er große Stahljcheiben mit einer Geschwindigkeit von mehreren hundert Umdrehungen in der Sekunde in Bewegung gesetzt, so daß die Gefahr bestand, das Meiall könnte trotz seiner Festigkeit durch die Fliehkraft in Stücke spingen, und doch hat er am Rande dieser Scheiben mit einer besonders empfindlichen optischen Vorrichtung nicht das gerinstc Anzeichen einer Reibung wahrgenom nen Es kann also auch vermutet werden, daß die Erde in ihrem rasenden Laus durch den Weltraum keinerlei Reibung mit dem Aether erleidet, sondern sich ihm gegenüber wie ein völlig durchlässiger Körper verhält
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite