Volltext Seite (XML)
2. vettsye. Sonntag, 29. Oktober lSN. Leipriger Tggedlstt. Nr. 300. l0S. Jabraann. politische Umschau. Zur Behanülung ües Msrokko-i Abkommens. Nach übereinstimmenden neueren Nachrichten be absichtigt die Regierung nicht, das Marokkoabkommcn mit Frankreich oder «inen Teil desselben dem Reichstag zur Geneh migung vorzulegen. Es wird ihm aber zurKenn t- nis unterbreitet werden, lieber die Rechtslage äußert sich Professor Dr. Anschütz, Staatsrechts- lehrer an der Berliner Universität, in einem Gut achten, das er dem „B. T." zur Beifügung stellt, u. a. folgendermaßen: „Der Sinn Les Artikels 11, Absatz 3 der Reichs verfassung ist, daß deutsche Beiträge, die in das Ge biet der gesetzgebenden Gewalt, also auch in das Budgerrecht eingreifen, der Genehmigung durch Bundesrat und Reichstag bedürfen. Deshalb mußte die Erwerbung der Carolinen wegen der an Spanien zu zahlenden Geldzahlung vom Reichstag genehmigt werden. Die Aenderung der Grenze des Bundes gebietes bedarf nach Artikel 1 der Reichsverfasfung auch eines Gesetzes, aber die Schutzgebiete gehören nicht zum Bundesgebiet im Sinn« jenes Artikel». Der Erwerb und die Wiederabtretung von Schutzgebiet unterliegt der kaiserlichen Prärogative. Die Ab- trctung eines Stückes von Kamerun, die Erwerbung eines Stückes von Französisch-Kongo bedürfen also nicht der Genehmigung Les Bundesrates und des Reichstages. Die Aushebung oder Beschränkung der deutschen Konsulargerichtsbarkcit in Marokko bedarf gleichfalls nicht der Gsnehmigung Les Reichstages. Derartige Aufhebungen und Beschränkungen haben Lurch kaisorliL/e Verordnung, die nur der Zustimmung Les Bundesrates bedarf, zu erfolgen." Wie wir hierzu erfahren, sieht man auch in den Kreisen der naUonalliberalen Partei, die dahin drängt«, das Abkommen noch vor dem Abschluß dem Reichstag vorzulegen, die Rechtslage so oder so ähn lich an wie Professor Anschütz. Man erinnert sich, wie es beim Algecirasvcrtrag war. Dem Reichstag wurde ein Ausführungsgesetz unterbreitet. Im ersten Paragraphen dieses Ausführungsgesetzes rvar Bezug genommen auf die große Generalakte. Bei der Be ratung hat Graf Ballestrem als Präsident über die ganzen Paragraphen der Akte abstimmen lassen. Da erhob sich Gras Posadowsky und erklärte, der Präsi dent habe etwas getan, wozu er kein Recht gehabt habe. Als Gesetz ist nur das Ausfiihrungsgesetz ver öffentlicht worden, nicht Las Algecirasablommen. Deutlches Leich. Leipzig, 29. Oktober. * LanLesgesundhrrtsamt. Die sächsische Staats regierung hat schon seit längerer Heit die Frage der Errichtung eines Landesgesundheitsamtes erwogen und zu diesem Zwecke weitere Vorarbeiten eingeleitet. Die hierbei in Betracht kommenden mannigfachen Gesichtspunkte haben nach der „Neuen pol. Korr." Veranlassung gegeben, die Erhebungen fortzuführen. * Der zweite Diskusstonsabend des National liberalen Vereins für Leipzig und Umgebung und des Iungnattonalliberalen Vereins wurde am Dienstag abend abgehalten. Landtags abgeordneter Dr. Zöphel referierte unter Berück- sichrigung einzelner verbesserungsbedürftiger Punkt« in einem einstündigen Vortrage über die „Ver- fassungssragen aus der sächsischen Politik". Er er strebt vor allem eine Aenderung der Ersten Kammer, die er für eine verfehlte Einrichtung, einen Rest des Standesstaats hält. Eine wirkliche Reform müsse aucb Industrie, Handel und Gewerbe, sowie den freien Berufen in der Kammer eine entsprechende Ver tretung sichern. Die Geschäftsordnung unseres Par- laments sei ebenfalls dringend verbesserungsbeoürf- tig. Dr. Zöphel hält die Abtrennung des Verkehrs ministeriums vom Finanzministerium nicht für an gebracht. Eine Beseitigung der Fleisch- und Schlacht steuer sowie der so partikularistisch wirkenden Ueber- gangsabgabe ist unbedingt anzustreben; besonders im Hinblick auf unsere jetzigen Teuerungsverhältnisse. Die Mietsstcuer dagegen sei den Gemeinden zu über- lassen. Das Stempelstcuergesetz muß einer voll ständigen Durchsicht unterzogen werden. Die Ge sandtschaften in Wien und München sind als unnötig und partikularistisch wirkend einzuziehen. Ein Gesetz über die Abgrenzung der Befugnisse der Polizei gegenüber der Gerichtsbarkeit ist zu erstreben, erst dann wird Sachsen ein wirklicher Rechtsstaat sein. Das Ministerium des Kultus und öffentlichen Un terrichts ist voneinander zu trennen. Sodann ging Redner auf die Stellung von Synode und Kon sistorium zu Staat und Schule ein, bezeichnete die Trennung von Staat und Kirche als erstrebenswert und die schon jetzt geforderte Trennung von Schule und Kirche als eine Vorstufe dazu. Der Leiter des Abends, Redakteur Dr. Günther, dankte dem Re ferenten für seinen trefflichen, mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Vortrag. In der sich anschließenden Diskussion verbreitet sich Oberlehrer Eoldacker kurz über die Grenzgebiete zwischen Staat und Kirche. Pastor Weickert behandelt das Thema „Glauben und Wißen" und sprach dann über einige kirchliche Ver fassungsfragen. Dr. Zö l erwiderte auf die Aus führungen beider Herren und nahm, nach einer kurzen Bemerkung Pastor Weickerts, Las Schlußwort. * Dis vcrficherungskommisston des Reichstages nahm einen Antrag an, wonach der Versicherte bis zum 25. Lebensjahr in eine höhere Versicherungs klasse übertreten kann, als dem Jahresarbeitsver dienst entspricht. Anderseits soll der Versicherte bei vermindertem Einkommen in der bisherigen Versicherungsklasje verbleiben dürfen. Weiter hat die Kommission zu 8 10, der den Kreis der Ver- sicherungspflichtigen umschreibt, Anträge der Reichs partei und der Fort chrittlichsn Volkspartei an genommen. durch die Aerzte und Tierärzte von der Versicherungspflicht befreit werden. Außer den in Eiienbahnberrieben Beschäftigten werden auch die Angestellten der Post- und Telegraphenbetrieoe für versicherungspflichtig erklärt. Endlich wuroe folgende Resolution des Zentrums angenommen: Der Reichs tag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen 11 spätestens nach Aufstellung der ersten Bilanz (19171 oem Reichstag eine Denkschrift über die Geschäftsergebnisse und die Finanzlage vor-ulegen und 2) dann, soweit es ohne Erhöhung der Beiträge möglich er cheint, in erster Linie die Gewährung non Kinderzuschußrenten nach dein Vorbild der Neichsversicherungsordnung in die Wege zu leiten. Beim Kapitel „Erstattung von Beiträgen" wurde 8 62, der die Bedingungen enthält, wonach den Versicherten Anspruch auf Rückerstattung eines Teiles der geleisteten Beiträge zusteht, ab gelehnt. Bei 8 73, der von dem Ruhen der Rente handelt, beantragte das Zentrum, den Durchschnitt der 60 höchsten Mvnatsbriträge als Bedingung für das Ruhen der Rente sestzusetzen. Der Antrag wurde angenommen. 8 75. der bestimmt, daß die Witwen- reute ruht, soweit sie zusammen mit dem Jahres arbeitsverdienst der Witwe den in 8 73 bezeichneten Jahresarbeitsverdienst des verstorbenen Ehemanns übersteigt, wurde adgelehnt. Bei A 135 harte die Fortschrittliche Volkspartei beantragt, daß auch Frauen als Beisitzer zu den Rentenausschüssen gewählt werden können. Der Antrag wurde ab- gelehnt. * Herr o. Kiderlen-Wächter und die Wiener „Neue Freie Presse". Herr Benedikt, der Besitzer der „Neuen Freien Presse", ist, so schreiben die „Nachr. a. Oesterr.-Ung.". aus Herrn von Kiderlen böse; denn, wie in Wiener Journalistenkreisen mit viel Behagen erzählt wird, ha: die Redaktion der „Neuen Freien Prelle" Herrn v. Kiderlen um ein Inter view über die politische Lage gebeten. Herr v. Kiderlen hat ihr aber sagen lasten, sie möge sich doch an den „englischen Diplomaten in wichtiger Stellung" wenden, was sie ja wohl bei nächster Gelegenheit wieder tun wird; diesmal wollre sie aber mit edler Dreistigkeit geraoe ein Interview vom deutschen Staatssekretär haben, der ihr nun die einzig richtige Abfertigung darauf zuteil werden ließ. " Die Petitionskommisfion des Reichstages be schäftigte sich mit zahlreichen Petitionen von Frauen verbänden betreffs die Herbeiführung eines Verbotes der weiblichen Bedienung inGast- wirtschaften. In einzigen Petitionen wird die Herbeiführung eines Verbotes als nicht durchiührbar erachtet, dafür aber um eine Einschränkung ge beten. In oen Petitionen werden die Gefahren ge schildert, die den Kellnerinnen bei Ausübung ihres Berufes drohen. Es wird ausgeführt, daß die Existenz der Wirte durch die Abschaffung der werblichen Be dienung nicht gefährdet sei. Die moderne Sozial gesetzgebung habe für die Frauen so viel Wohl taten geschaffen, das; es wunderbar erscheine, daß die Gesetzgebung au« diesem Gebiete vollständig ver sage. Es werden in den Petitionen Vorschläge ce- mächt, die Gewerbeordnung in Vieser Hinsicht abzu ändern oder noch besser eilt Reichsgesetz zu erlassen. Die Kommission war der Meinung, darz das Verbot eine Gewaltmaßregel darstelle und daß speziell un Kellnerinnenberus die Verhältnisse in Norddeutsch land und Südbeuis.hiand wesentlich verschieden wären, so daß ein Reichsgejetz nicht in Frage kommen könne. Man dürfe weder in die Gswerbefreiheit noch in die Berufswahl eingreifen. Die Kommission überwies diejenigen Petitionen, die eine Bekämpfung Les Animierlneipenwesens forderten, deut Reichs kanzler als Mate rial, ging über diejenigen aber, die eine generelle Abschaffung der weiblichen Be dienung für ganz Deut.chlanü verlangen, zur Tagesordnung über. * Der letzte Versuch. Zur dritten Lesung des Ent wurfes über die Errichtung eines kolonialen und Konsulargerichts Hofes haben dis Ab geordneten Dr. Heck scher und Dr. Seniler den Antrag wiederholt eingebracht, den Gerichtshof statt nach Berlin nach Hamburg zu legen. * Der Bericht der 13. Kommission des Reichstags über die Verhandlungen zum Schiffabrts- a b g a d e n g e s e tz ist im Reichstage heute aus gegeben worden. Dsr umfangreiche Bericht ist vom Abg. Gerstenberge: sZkr.1 ver'aßt Die Kommission hat an dem Entwürfe eine Reihe von Abänderungen voraenoinmcn und eine Reihe neuer Bestimmungen in das Gesetz eingefügt. So sind die Strecken, auf denen Besahrungsabgaden erhooen werden sollen, genauer präzisier: worden. Ferner sollen die Mittel der Verbände zur Herstellung neuer Schiffahrts straßen auch Verwendung finden zur Herstellung einer Schiffahrtsstcaße im Rhein zwischen Konstanz und Stratzburg. Die Zusammensetzung der Strom- verbände ist für den Nhemverdand und den Elbeverband aogeandert worden, die Zahl der Mitglieder wurde in beiden Verbänden erhöht. Die Aufgaben der Strombeiräte wurden wesentlich vermehrt. Die Tarife für Besahrungsavpaben wurden nicht abgeändert, dagegen für oewisse Fälle Abgabenfretheit eingeführt. Auch die Bestimmungen über den Beginn der Abgavcncrhebung haben mehr fache Abänderung er'ahren. Ferner wurde folgende neue Best.mmung ausgenommen: Zur Deckung der Kosten für die Herstellung und Erhaltung älterer Ausrollen, die vor der Verkündigung des Schiff- ia> rtsabgabengesctzes auf anderen als den im Lastffahrlsabgäbengeletz bezeichneten natürlichen Wasserstraßen ausgesührt sind, dürfen ü efahrungs- abgaben nicht erhoben werd,», mit Ausnahme der- jeniaen Wasserbauten, die oei der Verkündigung des Gesetzes noch in der Ausführung begriffen sind. * Der „Fall Toelstrt". Zu der „Tcmps"-Mel- dung, daß in offiziellen Kreisen Frankreichs nichts bekannt sei in bezug auf die Behauptung des holländiicheu Sozialisten Troelstra, wonach sich zwei europäi we Mäch.e während der jüngsten Krisis zur Beschwörung der Kriegsgefahr an das inter nationale sozialistische Bureau ge wendet Hütten, erklärt die „Norbdeutiche Allgemeine Zei.ung": Selbstverständlich ist auch von deutscher Seite ein derartiger Schritt weder direkt noch indirekterfolgt. (Wir hatten bereits gestern ein Dementi der deutschen Regierung in dieser Angelegenheit veröffentlicht D. Red.1 * Die Vorbereitungen zu den Reichotagowahlen werden in einzelnen Bundesstaaten bereits in Angriff genommen. So geht di« Bürgermeisterei in Darm stadt zweckmäßigerweiso jetzt schon mit der Aufstellung der Listen der Wahlberechtigten vor. Durch diese zeitige Maßnahme wird «ine sorgfältige Aufstellung der Wählerliste ermöglicht und die Eemeiichen er leichtern sich die Arbeit erheblich.. * Ter notionalüderale Reichstagsabgeordnete Dantdirektor Oertel, der gegenwärtig den Wahlkreis Tborn vertritt, ist dem Reichskanzler für die Leitung der Reichsbankhauptstelle in Bremen vorgeschlagen worden. " Die Zentralstelle zur Bekämpfung unzüchtiger Deröffentl chungen. Wie der „Inn" an zuständiger Seils mitgcteilr wird, ist eine Zentralstelle zur Be kämpfung unzüchtiger Veröffentlichungen am 15. Sep tember d. I. an. Königlichen Polizeipräsidium zu Berlin auf Grund der von Deutschland im Pariser Abkommen zur Unterdrückung des Handels mit un züchtigen Veröffentlichungen vom 4 Mai 1010 über nommenen Verflichiung errichtet worden Die Haupt aufgaben dieser Zentralstelle bestehen in der Samin- tung aller Nachrichten, welche dis Ermittlung und V/il-iilieksi' LekLlMk'Ll f^otssLor' vt*. von »ALS kxrolenr iu Gna sc'rEd: Oie Lrünckuog Ihrer brouebia-Last Uva ist ein >va r?s Vercl snst um ckio leicke cko Zlvn^onlie t. I u l nie t vor um ck v lcicko ck . lell batte 8 o ckureü Zlktciluu-; eines l-'reonckes bo> et^as Iknu gllo t «les llklscs ebroua t unck ewerbto cla, ckass ckackuieb tiber- bsmpt ckis mme dell avck ausckm ernck cvurcke. eo- braucbe icb s e jvt L völl x xesunck, uvck es v.r l wir cka- clureb uni vieles le o ter, eine tuncke, na ria Lfea 'l ga;oa cker ^Voc e . rvei -tuuckon vacb üurLLu Acvisc e p>uso» bmE rv! antzer laut u sproebeu, w o e» wein mit 5 oll i n l-vä so wenlen v eie nv »tillon lbnsn ckw'kon. äseue's Uronebl»-La^tilioo za kabea io ckou Lpvtnellcn. 9. tz VON Damen- und Ixmder-^eMv/ä8Q!e Dau88tand8- und ^Vu88l3llurl^8W38cdie und der liier^u verwendbaren 8lode bellen, bellslellen, bellinneres, äc^n^linmer una Onrdinen aller Ouali täten und Preislagen werden in diesen 8onder-Verkauf ehenlalls eingeschossen. Oie Veranstaltung umfasst meine gesamten reichen ragerhestände,- also nur erstklassige Waren. Der Verkauf lindet im ?arterre und im 2wi8OkenZe8OkO88, lür betten und Lddatrimmer im I^aden, 6ur§8tra88e 33,- neben Del Veeebio 8tatt. Oie ?reise liegen 19—ZS °o unter dem regulären Wert, so dass ein aussergewöhnlich vorteilhafter Oinkauk verbürgt ist. 6eginn am 1. November, näheres in der bdsttvocb-Anzeige.