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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.10.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191110298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19111029
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19111029
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-29
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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kehr»mtntster» Sora« tragen zu wollen, da er von den Revolutionären mit tiefstem Haste verfolgt wird, „Die PrLstdenteufrage." Ein Gewährsmann de, Schanghaier Verichterstat- ter» der „Morntng Dost" hatte tn Hankau «in« Unter redung mit dem Rebellenführer 2 tyuanh « ng . der die Annahme al» falsch erklärte, daß Dr. Sun- lotsen irgend etwa» mit der gegenwärtigen Revo lution zu tun habe. Er fragte, ob Puan sch ikat -um Präsidenten der chinesischen Republik ge- macht werden würde für den Fall, daß er mit den Rr- bellen gemeinsam« Sach« machte, worauf der Rebellenführer an! wartete, Puanichikai sei viel -u despotisch, gerade in evtgegen^esetzlem Sinne werde ja ein Lemsel des Regimes giuchr. tllZeiter befragt, ob die Republikaner den Dr. Snnjatsen m ihrem Präsidenten maciien würden, antwortete Li, besten Methode sei -u theatralisch Bleibt wohl nach der Meinung des rcpudlikanifcncn Generalissimus nur die einzige Annahme übrig, da!? der für den Präsi- üenlcnpvsten geeignetste Mann L t y »i a n h« n g selbst ist. Der Mordanschlag auf Schengkunnpao. Loudon, "8. Oktolrer. (E g. Dcahtmeld.) Die Forderung, Ellx-ngkunorrao aurch Enthauptung -u bcstrajen, ging von einigen Mitgliedern des Reichs- ausschusfes aus, doch wurde der Gedanke auf äußerst heftigen Einspruch der 'ltenrctcr der vier An- leihen, ächte (Amerika, Deutschland, Frank, reich, Englands fallen gelassen. Rach dem Mord anschlag auf Schengknngpao wurde dieser von einer S ch u y g a r d c, die ihm gleichfalls von den Ver tretern der vier Mächte bcnpc-tcll: worden war, zur Lahn und mit Sonderzug nach Tientsin gebracht. Peking. 28. Oktober. (Rcutcrburein.) Wie man hier glaubt, wird sich der frühere irse.kchrsmnniter Schcngkungpao zunächst nach Tsingtau begeben. Ein Erfolg der Regiecnngstruppcn. Peking, 28. Oktober. jEig. Drahlmeld.) Eine amtliche Depesche meldet, dass gestern in der Um. aebung von Hanta» «in heftiger Kampf stattsand, in dem die Revolntionäre geschla. qen wurden. Die kaiserlichen nahmen die Chines.n- stadt von Hankau ein. Der Korrespondent des Reu» terschen Bureau» hat die Berluste der kaiserlichen aus <8 Tote und IZü Verwundete angegeben. Unter den Toten befinden sich S Offiziere. Die Rebellen verloren angeblich 4U» Man n, darunter den Sie- sehlvhaber der Artillerie. 2V Eeschiitzc wurden von den Kaiserlichen erbeutet. Jur DMsMmlrelvrm. Von dem Vorstände des Vereins Säch sischer Schuldirektoren geht uns nachstehend« Erklärung zur Resolution des Sächsischen Lehrer verein» vom 1. Oktober mit der Ditte um Aufnahme in unsere Zeitung zu: „Der Vorstand des Sächsischen Lehrcrvcrsin» Hot Stellung zu Len Verhandlungen und Eingaben des Direktorenvcreins genommen und der Delegierten- Versammlung in Leipzig ein« Erklärung vorgelegi, die in vielen Tageszeitungen Aufnahme gefunden hat. Sie lautet: „Der Verein Sächsischer Schuldirektoren hat seine wünsche zur Ncugestalt'mg des Volksschul- gesctzes in einer besonderen Denkschrift der König!. Regierung, den Hoben Ständerammern und den König!. Bezirksschultnspektoren unterbreitet. In diesen Eingaben sucht der Verein nicht nur die maßgebenden Kreis« für die persönlichen Interessen der Dircktorenschaft zu gewinnen, sondern bekämpft auch ideale Bestrebungen der Sächsischen Lebrer- schaft zur Hebung des Dolksschulwcsen» und stellt sich teilweise auf einen geradezu entgegengesetzten Standpunkt zu Forderungen, die auch der Deutsch« Lehrerveretn schon fett Jahrzehnten erhoben hat. Dieser Denkschrift sind noch 2 Vorträge über Schul' leitung und Schulaufsicht als Ausdruck der Wünsche der Volkrschuldirektoren Sachsen« betgeaeben. In diesen Vorträgen wird dl« Lehrerschaft tn ein un günstige« Licht gerückt. Einzelerscheinungen wer den verallgemeinert und Zustände in der Schule in einer der Lehrerschaft nachteiligen Weise dar. gestellt. Der Vorstand weist diese Verunglim pfungen der sächsischen Lehrerschaft mit Entschieden heit zurück. Das Vorgehen de» Vereins sächsischer Schuldirektoren ist um so mehr zu mißbilligen, als dieser Verein alle seine Verhandlungen hinter verschlossenen TIlrcn zu halten pflegt und seine Eingaben geheim hält." Die Deleqiertenrersummlttng hat diese Erklärung des Vorstandes einstimmig zu oer ihrigen gemacht. Wenn auch der Direkiorcnverein es schun mehrfach erfahren mußte, dasi seine zur Hebung der Volks schule und der Volksbildung gefassten Beschlüsse von Lehrern bekämpft und als einseitig oder nicht zeit gemäß bezeichnet wurden, so tritt letzt die Tatsache hervor, dasi der Lehrerverein geflissentlich die Mei nung zu erwecken und zu verbreiten sucht, der Di» rektorenverein lasse sich bei seinen Darlegungen von persönlichen Motiven leiten und stelle seine persönlichen Interessen in den Vordergrund. In einer Zeit, wo Regierung und Stände vor der Beratung uno Bearbeitung eincs neuen Schnlgest'tzes stehen, hielt sich der Dircktorenverein für berechtigt und r-erpflichtet, seine Ansichten über die auf dem Gc- l'iete des Volk»sihulwcscnv vorznncbmcuden Re former: auszusprechen. Leine Mitglieder stehen in mitten der schulischen Tätigkeit; sie hoben tätlich Gelegenheit, zu beobachten, cb und inwieweit Unter richt rind Erziehung den an die Schule zu stellenden Forderungen genügen; sie sind, nicht in letzter Linie, für untcrichtliche und erzichl'che Mißerfolge oder für andere damit im Zusammenhangs siebende Be gleiterscheinungen verantwortlich und erhalten durch den fortwährenden Verkehr mit den Schulvorständen, den Eltern und anderen Kreisen Kenntnis von den Bedürfnissen der Gegenwart. Wie sehr der Dircktorenverein bemüht war, das ganze in Frage stehende Gebiet zu beleuchten, acht daraus hervor, daß er sämtliche Paragraphen des Schulgesetzes einer Betrachtung nmerzog und auch auf die mit dem Gesetz in Verbindung flehenden Aus führungsverordnungen Rücksicht nahm. Das Gesetz vom 24. April 1873 ist in seiner gesamten Anlage noch setzt ein Meisterstück schulgesetzlichrr Arbeit und eignet sich daher in zweckdienlicher Weis« als Unter lage zur Neubearbeitung. Die der Volksschule für die Zukunft zusallende Aufgabe hat der Verein der Direktoren in den Erwägungen zu tz 1 des Gesetzes in ausführlicher Weise beleuchtet; ans ihnen heraus und nicht aus persönlichen Gründen sind alle weiteren Vorschläge geflossen. Die „Wünsche" des Direktorenvcreins sind demnach das Ergebnis sachlicher Erwägungen. Dasi hierbei auch Wünsche zum Ausdruck gebracht wurden, die sich ans die amt- liche Stellung der Direktoren bezogen, war einerseits geboten durch das Bestreben, auf alle in Frage stehenden Gebiete einzugehcn: anderseits durch den Umstand, dasi das Gesetz vom Jahre 1873. in welchem zum ersten Male die fachmännische Aussicht voll durchgeführt wurde, gerade nach dieser Richtung hin mancherlei Lücken aufwies. Man begnügte sich da» mal» damit, in großen Zügen die Tätigkeit der Direktoren und ihre Rechte und Pflichten zu fix ercn. Die Notwendigkeit, hier ergänzende Bestimmungen zn treffen, tr^t im Laufe der Jahre immer »mehr hervor und zwar bei den Gemeinden wie auch bet den Direktoren. Es bedurfte einer ungemein großen Selbstbeherrschung des Dircktorenvereins. bei Be ratung und Feststellung der hier vorzubringenden Wünsche die in den Reiben der Direktoren entstandene Bitternis nicht durchblicken zu lasten; denn in den dem Sächsischen Lehrervereine dienenden Presioroanen waren bei dem Kampfe um Beseitigung jedweder Lokalschulaufsicht di« ungerechtfertigsten Angriffe gegen di« Direktoren erhoben worden. Bet Besprechungen von Unebenheiten, die sich hier und da gezeigt hatten, unterliefen nicht bloß arge Uebertreibungen, sondern r« kam auch wieder holt die Neigung zum Durchbruche, falsche Verallge- Mrinernngen zu brlden und dem ganzen Direktoren, stand« das zur Last zu legen, wa» man bei einzelnen als eine pädagogische Sünde htngestellt hatte. Die Direktoren haben in dem Bewusstsein ihres schul- und lehrerfrcundlichen Strebens zu solchen Angriffen ge schwiegen. In der Leipziger Resolution wird dem Dirck- rorenverein der weitere Vorwurf gemacht, er be- kämofe auch ideale Bestrebungen der sächsischen Lehrerschaft zur Hebung des Volksschul- wcsens. Jeder, der die Eingaben des Direktoren vereins ohne Voreingenommenheit liest*), wird ohne Mühe die Haltlosigkeit dieses Vorwurfs erkennen. Der Dircktorenverein hat allerdings verschiedenen Vorschlägen des Lshrernereins nicht zunimmen können; aber da. wo er abweichender Meinung war, hat er sich bemüht, unter Anlehnung an das be währt« Alte gangbare Bahne,: für einen gesunden, zeitgemäßen Fortschritt zu schaffen. Er wollte keinen sprungbasten Fortschritt, sondern einen schrittweisen, weil dre Geschichte der Pädagogik und auch die der Völker zeigt, dasi Ideen in ihrer Entwicklung alle Glieder der Evolutionsreihe durchlaufen müssen, wenn sie nickt auf lange Zeit zurüßgedrängt werden sollen. Soll die Schule gedeihen, so muß sie von dem Vertrauen aller Gefells bafrskreise geringen werden; sie muß aber in ihrer Wertschätzung verlieren, wenn sie für Ideen eintrist oder solihe groß zieht, die mit dem Empfinden weiter Kreise uni» mit unsirn wirt schaftlichen Verhältnissen im Widerspruche sie.,en. Schon aus diesen Gründen konnte der Direktoren verein den Forderungen nicht zustimmen, die sich aus Wegfall des konfessionellen Religionsunterrichts, auf Einführung der allgemeinen Volksschule, auf Aufhebung der Lokalschulaussicht u. n. rr. bezogen, und zwar um so weniger, als er von vornherein aus Gründen, dre in der Natur der Sache liegen, erklärst, Lust er für den konfessionellen Religions unterricht, für Beibehaltung der nach Bildungsbe dürfnissen gegliederten Volksschule und für das Fort» bestehen des Direktorats rm jetzigen Umfange ein- rreien ton ne und müsse. In seinen „Wünschen" Hot der Direltorenverein gezeigt, wie nach seiner Ansicht die nach Arien gegliederte Volksschule einzurichten und nach welchen Grundsätzen der konfessionelle Un terricht zu erteilen ist, damit zur Hebung und Ver- ticfnng der Volksbildung berechtigten pädagogischen Forderungen Rechnung getragen werden kann. Wenn de: Dnektorenoerein zu der vom Lehrer- vereine ausgesprochenen Proklamierung der Arbeits schule sich obwartend verhalten hat, so ist dies deshalb ae>ch«hen, weil die ganze Fran» als eine viel um» strittene, bei der da.' Für und Wider noch nicht klar vorliegt, anzusehen ist. Wohl aber ist er der Ansicht, dasi der in der ganzen Bewegung des schaffenden Lernens liegende alte, berechtigte Grundgedanke, Er höhung der Selbsttiitiglsit des Schülers und Gewähr leistung für ernr allseitige Ausbildung des Kindes, auch in der jetzigen sogenannten Lernschule zur Durchführung gebracht werden kann, ahne daß eine Umwälzung der bisher geübten schulischen Tä- tigkeit sich notwendig macht. Der Lebrerverein sucht seine Position damit zu verstärken, dasi er sagt, seine Forderungen habe der Deutsche Laoreroerein schon seit Jahrzehnten erhoben. Es dürfte aber dem Sächsische','. Lehrerveretn nicht unbekannt sein, dasi die Bildungsbedürfnisse in den verschiedenen deutschen Ländern verschieden liegen, dasi wir auch, kein RcichssiHukamt haben, durch welches die Dildungsmittel gleichmäßig den deutschen Bundesstaaten zugewiesen werden könnten. Ob ferner die Majorität des deutschen Volkes den vom Deutschen Lehrerverein erhobenen Forderungen zu- ») Druck und Verlag von Karl Lymann, Loschrvitz. stimmen wtlrd«, läßt sich auch nicht behaupten. Ferner ist es eine Tatsache, dasi bei der straffen Organisation de» Deutschen und des Sächsischen Lehrervereins manche Forderungen von den Vereinen schärfer aus gesprochen werden, als dies vom einzelnen Lehrer geschieht. Wissen doch die Direktoren, dasi eine große Zahl sächsischer Lehrer sich zustimmend zu den „Wünschen" der Direktoren verhält. Weiter sagt die Resolution: In den Vor trägen wird die Lehrerschaft tn ein un- günstiges Licht gerückt. Einzeln« Er scheinungen werden verallgemeinert und Zu stände tn der Schule in einer der Lehrerschaft nachteiligen Weise karge st e l l t. In beiden Vorträgen über Schulleitung und Schulaufsicht ist der Schwerpunkt der Beweis führung dafür, dasi das Direktorat in seiner gegen- wärtigen Form beibchalten werden möge, nicht auf die mangelhaften oder anfechtbaren Leistungen ein zelner Lehrer, sondern darauf gelegt worden, dasi die fachmännische Ortsschulaufsicht bedingt wird durch die notwendige Einheit der Arbeit in jeder Schule, und dasi Gemeinde und Familie das Recht haben, di« fachmännische Ortsschulaufsicht als eine notwen dige Folge der allgemeinen Volksschulpflicht zu for dern. Nirgends haben in den Vorträgen Verallge- ineinerungen stattgesnnocn, nirgends sind die Zu stände ungünstiger geschildert worden, als sie wirk- lich sind, und volle Anerkennung wird, wo sie berech tigt ist. der Lehrerschaft gezollt. Zum Vorwurf wird dem Direktorenverein endlich auch gemacht, daß er seine Verhandlungen hinter verschlossenen Türen hält. Der Verein Sächsischer Schuldirektoren tagt genau so wie die Delegierten- und Hauptversammlung des Säch sischen Lehrervereins. Zur internen Versammlung des Tirektorenvereins werden wie bei der Delegierten versammlung des S. L. V. keine Gäste, sondern nur Mitglieder des Vereins zugelassen, während bei der Hauptversammlung beide: Vereine Ehrengäste zu gegen sind. Auch bei den Delegierten, und Haupt versammlungen des S. L. V. wird streng kontrolliert, ob der Eintretcu.de die Teilnehmerkarte antweisen kenn. Man kann also mit demselben Rechte behaup ten, der S. L. B. tagt hinter verschlossenen Türen, schließlich tut dies ober jeder Verein. Dasi die Be schlüsse und Eingaben des Direktorenvcreins der Lehrerschaft mitgeteilt werden müßten, wird wohl im Ernst niemand verlangen; denn der Direktoren verein untersteht fa nicht der Aufsicht und lieber» wachnng durch den S. 2. D. Der Verein Sächsischer Schuldirektoren weist eine die tatsächlichen Verhältnisse verkennende und die Dircktorenschaft in ihrer Gesamtheit beleidi gend« Kritik entschieden ab. Er hält es noch wie vor für sein Recht und für seine Pflicht, serne Wünsche für die Neugestaltung des vaterlän dischen Volksschulwcsens an maßgebenden Stellen zur Kenntnis zu bringen." Der Eelrtzentmnr? über ü!e MnLe!5- beziLhungLN zu Snsilünü, der dem Reichstag« soeben zugegangen ist, dient dazu, den seit dem 1. August 1898 bestehenden provisori- sch« n Zustand in unseren Handelsbeziehungen zu dem Vereinigten Königreich« und seinen Kolonien auf weitere zwei Jahr« zu verlängern. Der Antrag der Regierung, den Bundesrat zu er mächtigen, dem Britischen Reiche diejenigen Vorteile einzuräumen, di« seitens de» Deutschen Reiches den meistbegünstigten Ländern gewährt werden, kehrt jetzt -um neunten Male wieder und noch immer ist keine Aufsicht vorhanden, daß unsere Handels beziehungen zu England bald definitiv geregelt den. Ein im Sommer 1900 von der deutschen Regie rung gemachter Versuch, vom Reichstage eine Ver längerung „bis auf weiteres" zu erlangen, scheiterte, die Regierung erreicht« nur, daß seit 1901 dre Bcr- Kuüol! Sahm. Im letzten Winter war im städtischen Museum in einer Sonderausstcilung des Kunstvereins ein Porträt ausgestellt, das wegen seiner guten Technik viel Be achtung fand, mehr aber noch »vegan des ungemein imponierenden und doch so gewinnenden Eindrucks, den schon die bloße Wiedergabe des markanten Kop ses des Abaebildeten machte, eines älteren Herrn, dessen stahlblaue Augen aber noch in jugendlichem Feuer erstrahlend aus dem Bilde schauten. Viele r<r Beschauer Wichten es, wen das Porträt dorstellte, gehörte doch d«r Abgebildet, zu den ersten und aus- aeprägtesten Persönlichkeiten im geistigen Leben Leipzigs. Aber wenige von ihnen würden es geglaubt Haben, dasi es «in Mann von fast 70 Jahren war, dessen Züge der Maler so sprechend wiederge- geben hatte. Auch wer den Dargestelltsn kannte, vergaß über diesem Brustbild ganz und gar den leicht gebeugten, unendlich sensiblen Körper, der zu diesem Kopf« m»t dem leuchtenden Augenpaar und den straffen Züaen gehört, und der allein cs dem un kundigen Beschauer verraten hätte, daß Rudolf S o h ni, der glänzend«, fprül-ende Professor der Leip ziger Iuristensakultät, nunmehr die Schwelle des biblischen Altera erreicht hat: Heute, am 29. Oktober, sind 70 Jahre verflossen, seitdem er zu Rostock ge boren ward. Eine Würdigung seiner bedeutsamen Persönlich- keit wird arw diesem Anlasse seinen vielen hundert ehemaligen Schülern, wie auch den politisch und kirchlich interessierten Kreisen unserer Stadt und weit darüber hinaus gleicherweise willkommen sein. Seine Studienzeit verbrachte der Sohn des Rostocker Advokaten, der di« Wahl des juristischen Studiums übrigens, wie er selbst sagt, ursprünglich mehr aus Famili«ng«wobnheit als aus innerer Neigung getroffen hatte, in Berlin, Heidelberg und besonders auf der Universität seiner Geburtsstadt, wo Bühlau und Wetzest aus seine wissenschaftliche und auch auf seine Charakterbildung großen Einfluß ge wannen. 1860 habilitierte er svb in Göttingen und 1870 wurde er mit 29 Jahren Ordinarius »n Frei bürg, wo damals auch sein Freund Bindinq lehrte. Zwei Jahr« später wurd« er, gleichfalls mit Dinding zusammen, an die neu gegründete Universität Strasi- vurg berufen. Vor 2t Jahren erfolgte seine Be rufung als Professor des deutschen und des Kirchen rechts an die L e i pz i g e r Universität, zu deren glänzendsten Dozenten er seitdem gehört. Seine Be deutung fand in seinen zahlreichen hol^n Auszeich nungen durch Souveräne und durch wissenschaftlich« Körperschaften ihren äußeren Ausdruck. So ist Sohm Ehrendoktor der philosophischen Fakultät der Uni ¬ versität Leipzig, Ehrendoktor der theologischen Fakul tät Körugsverg uns der juristischen der Universität Pest. . In weitesten Kreisen auch des nicht zuristingen Publikums bekannt ist Sohms Name dadurch, dasi er im Jahre 1898 zusammen mit Friedrich Naumann den aus de: christlich-sozialen Partei hervor- geaangenen national-sozialen Verein ins Leben rief, dessen Programm für die patriotische, warmherzige, selbständige Art Sohms kennzeichnend ist. Es forderte besonders einerseits eine feste und stetige auswärtige Politik (Vermehrung der Kriegsflotte, Ausbau der Kolonien) und anderseits Reformen in» Innern: Vereinssreihcit und Vergrößerung des Arrteils der arbeitende,» Klaffen an dem Gesamtertrag« der deutschen Volkswirtschaft durch fortgesetzte politische, gewerkschaftliche und aenossenschaftliche Arbeit. Be kannt ist, dasi der Gründung kein Erfolg in der großen Masse üeschiedrn war und daß sich der Verein ocrhrr im Sommer 1903 auflöst«. Auch heuts noch setzt Sohn» bei neu auftauchenden Fragen von sozialer Bedeutung nicht selten sein« ge- wichtigc Persönlichkeit ein mit warmem Streben, di« Lags der breiten Schichten der Bevölkeruira -u bessern. So hat er neuerdings zu der erst jetzt endlich in wei- teren Kreisen in ihrer Bedeutung erkannten Frage des Erbbaurechts in den „Jahrbüchern für Bodenreform" äußerst markante, klar« Ai'ssühinngcn aemacht. Aber seiner ganzen Pcrjönuchkcir würde es wider- sprest<cn, wollte sich feine Teilnahme au dem aktuellen rnnerpolitischen Leben in der Beachtung der wirt schaftlichen Fragen erschöpfen: vor allem das kirchliche Leben findet daneben in ihm einen auf merksamen, warmherzigen Beobachter. In längster Zeit erst fand seine mit kircirenrechrlichen Gründen eingehend belegte Stellungnahme gegen das preußische Verfahren wider kirchliche Irrlehre in der ganzen Leutichen Presse grösste Beachtung. Sohms Ansicht, seine politisch.' und kirchliche wie seine wissenschastlick)c zeichnet sich fast immer durch ihre Selbständigkeit aus und durch die durchaus sub jektive, neuartige, künstleriswr und eindringlich Art, in der er sie darstellt, bei der Anordnung seines Stoffes mit souveräner Beherrschung aus dem Chaos der Einzelheiten den Kosmos eines harmonischen, kühn gefügten Gebäudes bildend. Vielleicht am bezeichnendsten dafür ist jene viel kommentierte Rede, die er als Kommissar des Bundesrats am 7>. Februar 1896 bei der Beratung des Entwurfs z im Bürgerlichen Gesetzbuch im Reichstage hielt und in der er besonders die sozial demokratischen Angriffe auf den kapilaiislischn Cha rakter dieses Gesetzes sehr energisch mit immer neuen Gründen, bald voll lächelndem Humor, bald voll blitzender Schärfe zurückwies. Ein Zuhörer, der be kannte Jurist Oertmann, schrieb damals: „Dir Rede Sohms war impulsiv und feurig, von durchaus indi viduellem Gepräge und in ihrer Eigenart von be sonderem prickelnden Reiz ... Er ließ hier seine ganz« markante Persönlichkeit hervortrrten mit der vollen Glut eines aufbrausenden, diplomatischer Glätte abholden Idealismus." Der gleiche glänzende Stil, der seinen für dis breiteste Oeffentlichkeit bestimmten Reden und Auf« sühn eigen »st, zeichnet auch Sohms fachwissenschaft- liche Wer!« aus: die Formulierung der juristischen Grundgedanken, die glänzende, oft paradoxe Prä- giraiu, mit der er ganz« Enttvicklungsreih«n in einem fcharfgcschliffenen Satze zusammenfaßt, der hohe sitt liche Schwung, der das eigene warme Herz nicht unter der Eisdecke nüchterner Objektivität erstarren lassen mag, der aber dabei über den sachlichen Gegner nie mals ungerecht und vorschnell urteilt, das alles mackst Sohms Darstellungen, aitch ohne daß noch der hohe Reiz seiner klaren, mitreißenden Sprechweise und des beredten Spieles feiner eindrucksvollen Gesten wie in seinen Vorlesungen hinzutritt, zu einem hohen Genüsse. Wir möchten es uns nicht versagen, aus einem seiner meistgelesenen, populären. Werke, der 1887 in erster Auflage erschienenen, heute schon in weit mehr als einem Dutzeird Auflagen vorliegenden „Kirchen- geschichte im Grundriß" einige Sätze als Beispiel dafür zu zitieren: „Dem Mittelalter war die Welt eine Welt der Sunde. Darum bestand die Frömmigkeit des Mittel alters in oer Verneinung dieser Welt mit allen ihren Gaben. In diesem Sinne flieht der Mönch di« Ehe, den Besitz, die ganze Welt, ihre Kunst, ihre Wissen schaft, ihre Freuden, ihre Pflichten, um sein Fleisch zu kreuzigen mit allen seinen Begierden. Welch groß artige Kraft der Brest- »nd Selbstaufopferung! Und doch webe ihm! Mit der Welt der Sünde flieht er -»gleich die Welt der Sittlichkeit. Er flieht vor der Versuchung, aber flicht zugleich vor Len Aufgaben, welch« Gott dem einzelnen, ja jedem ein,-einen in Lieser Welt gestellt hat, vor den Ausgaben des Familienlebens, des bürgerlichen Lebens mit all ihren Anforderungen an Selbstentsagung, an Selbst aufopferung. an echte, rechte, tatkräftige Sittlichkeit. Egoistijch zieht der Mönch sich von der Welt zu rück in seine Klosterzelle, um nicht mehr seinem Nächsten, sondern allein sich selbst zu leben." Ein anderes an Klarheit und Schönheit in der juristischen Literatur selten erreichtes Werk sind sein« „Institutionen des römischen Rechts" (13 Auflagen!), mit denen er, obgleich selbst von Haus aus nicht Romanist, die heute weitaus erste der für den Studierenden bestimmten Darstellungen des römisii)«n Rechtes schuf. Andere fachwissenschas'liche Werke Sohms sind, um nur einige herauszugrc!,. n, „Der Prozeß der Lex Salica" (1807), „Fränkische Reichs- und Gerichtsverfassung" (1871), „Trauung und Verlobung" (1876), der erst« Band seines „Kirchenrechts" (1892), „Die Entstehung des deutschen Städtewesens", die tiefgründige Monographie „Der Geaenftaich, rin Erundveqriff des bürgerlichen Gesetz buchs" und zahlreiche dandelsrcchtliche Aufsätze. Ohne je Sc-lbstoerständliches zu fegen und Längstgess'.gtcs -u wiederholen, ist Sohm so nicht nur einer der glän zendsten^ sondern auch einer der vielseitigsten und produktivsten Juristen der Gegenwart: Kirchenrechr, Handelsrecht, deutschr Rechtsgeschtchte, römisches und deutsches bürgerliches Recht, alle» zieht er in den Krei, seiner Forschungen, und es wäre schwer zu sagen, auf welchem dieser Gebiete seine Hnupt«rfolge liegen. Seinen Ausgang nahm Sohms Forscher arbeit von der Untersuchung der Nechtszuftände im alten Frankenreiche, und rechtshistorifche Unter suchung und Darstellung ist es auch, zu der er immer wieder zurückkehrr. Dasi es einem Gelehrten von so umsasscndem tiefen Wissen von solcher Klarheit und solch mit reißendem Schwünge beschißen »st, al» Dozent eine jugendliche Hörersckzaft wie wenige zu fesseln, ist nicht verwunderlich. Abe: darüber hinaus ist er seinen Hörern, und deren hat er unter den Leipziger Juristen und auch unter den Historikern und Theo logen Jahr für Jahr viele Hunderte, die tn Ver ehrung an ihm hängen, durch Li« ganz persönlich« Note seines Vortrages nicht nur ein Delehrer, sondern auch ein Erzieher, ein Erzieher zur Bescheidenheit und Lauterkeit und zu hohem sittlichen Ernste, Tugenden, siir di« er selbst das beste Abbild ist, als eine sittliche Persönlichkeit wir wenige andere. Mit dieser seiner Bescheidenheit, mit seiner mit reißenden Begeisterung, wie sie zumal in seinem Kirchenrcchtskollcg so oft zum Ausdruck kommt, und mit der Strenge der Anforderungen, die er an sich stellt, mit s«inem Lurch und durch patriotischen und doch, wo es nottut, stets freimütigen und selb ständigen Wesen ist er der typische deutsche Professor im besten Sinne. Mag cs dem allverehrten Jubilar beschieden sein, noch recht viele Jahre lang das lautere Gold seiner tiefschürfeirden Forschung in die köstlichen Gefäße seiner klassisch-schönen Schriften in reichem Strome ausgiesieir zu können, seinen unzähligen dankbaren Schülern tn Universität und Praxis zu reichem S«g«n, ihm selbst zu tiefinnerer Befriedigung!
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