Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.03.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140324013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914032401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914032401
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-24
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Morgen - Ausgabe kür r»Ip,1g UN- Vororte Surch misrr» Lr-arr v«AUAVpr»I^». uaü SprSItrure Lmalt-sU» tn» hau» grbrachtr monatUch 1.2» M„ oterteUahrllch 3.75 M. Sri der Srsch-ftostrU«. «nsrr» Zttialro uaü NuogadesteUra abgrholt: monatlich IM., otrrtellShrUch 5 M. durch 0i» Pog: laurrhald veutschloa-, uoS drr »rutsche« »otoatro moaatUch 1^0 M.. virrteliährltch 4-5» M., auoschlirtzllch postdestrltgel». Sa» retpiigrrTagrdlatt »rschetat Werktag» »mal, Sou«. «. Zeirrtagotmal. 3« Leipzig, Sen Nachbarorte« unü -«a Orten mit «lgenen Ziiialen wir» »i« ?.denSau»gade noch am Mdenü de» «rschetnrn» in. Hau» geUesert. »erlinrr Neüaktion: 3n»e« Zetten t7. Zernsprrch-ftnschiuft: Moabit Nr. 447. /lrrcksblackt des Rates und des polrzerarrctes der Stadt Leipzig Nebaktion und OefchüftoNeller ^»honntsgog« Nr.». » Zrrnsprech-sinschluft Nr. 14b«. 14-45 unü 14-44. los. Jahrgang . kür Inserat« au» Leipzig un» Umgebung »ie . ispalr>gep«tit^«ilr25ps.. »ie Neklamereilet M., von au»worl» ro ps„ Neklamen > 2» M.. Klein« sinzeigen »lepetttzetle nur rops.b.wie»»rhoi.Nad.,Inserate von Sekör»,n im amil>chenL«,l üi« Petit zeii« 54 ps. O«ich<tst»aaz»tgrn mit playoorschris» >m Preis« erhobt. Nodatr nach Larts. veilagrn, Oefamtausl.»M. Sa» Lausen» au»scht postgediihr. Anzeigen«stnaahme: ?»haan>ogaNeI. bei sämtlichen kilialcn Seo Leipziger Lagediattr» un» allen Hnnonrcn-Lxprüitionen Seo Sn- un» siuslnnücs. VrschastakieU» sur Serlin a.Si« pr.Sran^endurg viroklionwalterZliegel, verlia N io Margaretbenstrofte S. jernsprrch - sinschluh: Llihow 447:. Nr. 150. vienstsg, üeii 24. Miir;. IS 14. Das Wichtigste. * Dir Zweite Kam m c r erledigte am Montag einige Elatkapitcl. (S. Ber.). * Kaiser Wilhe /m stattete auf seiner Reise nach Korfu am Montag in Wie n dem 'Kaiser Fra'nz Joseph einen Besuch ab. (L. des. Art). * Hm Reichstag wurde am Montag das Nachtragsgesetz, das vom Neu bau des M ili -- tärkabinctts handelt, verabschiedet. Dann wandte man sich zur zweiten Lesung des Etats ches R e i ch s s ch a tz a m t s. (S. Art. n. Ber.). * Tas württembergischc Königspaar ist am Montag zum Besuche des bayrischen Kö-- nigshofes in München eingetroficn. (T. Pol. Uebers.). ' ' - ' * Vor dem Rochette-Aus schuß wurden «im Montag Caillaux und Gencral- staatSanwalt Fabre verhört. (S. bes. Art.). * Die Leiche des seit Febrrrar vermißten Stuttgarter Literaturhistorikers Otto Har^ nack ist im Neckar bei Besigheim gelandet. (S. Kunst). * In Bombay steht ein großes Baumwollenlagcr in Flammen. (S. Nachr. v. Tage). * Die deutsche Billardmeistcr^ schäft soll Ostern in Leipzig ansgctragcn werden. (S. Sp. u. Sp.). tvirtschost un- Gesetzgebung. Der Hansa-Bund versendet heute eine Zuschrift an die Presse, die sich mit der Be handlung der wirtschastlichen Dinge im Reichs tage beschäftigt. Wir haben erst dieser Tage aus den Hauptvunkt, aus dem heraus das Nebel zu heilen ist, hingewiesen. Die Kreise, die eine genügende Vertretung ihrer Interessen ver missen, müssen von vornherein auf die Auf stellung von Kandidaten Bedacht nehmen, die gewillt sind, sich dieser Interessen anzunehmen. Man sende mehr Industrielle und Kaufleute, überhaupt mehr Leute des praktischen Lebens in den Reichstag, und es liegt dann nur an den Gewählten, daß sie den Verzug ihrer Sach kenntnis in wirtschaftlichen Dingen in erfolg reicher Weise geltend machen. So sollte man wenigstens meinen. Sie werden freilich bald erfahren, wie schwer cS ist, mit Wünschen und Forderungen wirtschaftlicher Natur durchzu dringen. Denn ivie selten kommt cs gerade auf diesem Gebiete vor, daß sich für eine ge setzgeberische Anregung sofort eine allgemeine Zustimmung einstellt! Die Regel ist das Umge kehrte: Bedenken und Schwierigkeiten kommen von allen Seiten, und ihr Ursprung muß durch aus nicht in einer böswilligen Auffassung ge sucht werden, sondern im Wesen der Sache selbst. Es kann eben aus wirtschaftlichem Gebiete kaum irgendeine Forderung ausgestellt werden, die nicht irgendwo auf ein Gegcninteresse stoßen würde. Der Hansa-Bnnd erinnert in seiner Zu schrift an die Tatsache, daß er bei den letzten Wahlen 88 Abgeordnete durchsetzen half, die'mit seinem Programm einverstanden waren. Wenn er trotzdem heute Beschwerden erhebt über die letzte Reichssteucrgcsetzgebung, so beweist das doch nicht, daß diese 88 Reichstagsabgcordncten ver sagt hätten. Sic haben eben schließlich aus fach lichen Gründen so gehandelt, wie es die Um stände erheischten. Und wenn cs hundert ge wesen wären — sic, wären alle in dieselbe Lage gekommen. Der Hansa-Buud redet deshalb auch über schwenglichen Erwartungen keineswegs das Wort. Er verspricht sich schon eine Besserung in seinem Sinne durch ein Entgegenkommen der Parteien. Es heißt da: .Hn erster Linie handelt es sich darum, die rich tige Fühlung mit dem Reichstage seitens Industrie, Handel und Gewerbe herzustcllen. Hierzu hatte der Industrierat des Hanfa-Lundes bereits in seiner Novewbersitzung zunächst die Anwendung des 8 26 der Geschäftsordnung des Reichstages und damit die Einsetzung einer stän digen Kommission für Handel und Ge werbe empfohlen. Die Verwirklichung dieser Vor schläge ist zu erhoffen. Inzwischen haben aber die mittleren Parteien, so u. a. auch die Frcikonser- vatioen, cvenfalls er reulicherwcife gewerbliche Dezernenten bestellt, und auch das Zentrum hat in dankenswerter Weise sich ausdrücklich bereit er klärt, den Wünschen des Gewerbestandcs besonders Rechnung zu tragen. Auf diesem praktischen Wege sollte nun einmal fort gefahren und auch auf die Anhörung der sachverständigen aus der Initiative der Parteien heraus nicht verzichtet werden. Wie diese Einrichtungen arbeiten werden, bleibt abznwarten Natürlich wäre dem Gewerbe stand in erster Linie geholfen, wenn weit mehr Manner der Praxis im Reichstage säßen. Nach Lieser Richtung hat die Arbeit des Wahlfonds des Zentraloerbandes deutscher Industrieller nur wenig erreicht, und der Hansa Bund trotz relativ beschränkter Mittel erhebliche Erfolge erzielt. Wenn aber die Industriellen den parlamentarischen Kampf in der Regel scheuen und nicht bei der Opferwilligkeit Les Bundes der, Landwirte und der Sozialdemokratie große Mittel zwecks Organisierung der Wahlkreise Jahre vor Wahlen zur Verfügung stellen, kann ihnen auch ein neuer Bismarck nicht hcl'en. Ferner ist es zu bedauern, daß häufig den kleinsten Fachfragen mehr Bedeutung bcigelegt wird als dem Kampfe für die Förderung des gewerblichen Geistes in der Ge setzgebung überhaupt, so wird häufig das Inter esse für die grüßten Lebensfragen von Industrie, Handel und Gewerbe innerhalb der einzelnen In dustriellen schon selbst gelähmt, wobei noch hinzu kommt, daß die Taktik des Bundes der Landwirte vor allem darauf gerichtet ist, von den eigenen Gegensätzen innerhalb der Landwirt schaft aözulcnken und auf die angeblich besonders stark vorhandenen Divergenzen in Industrie, Handel und Gewerbe dauernd seine Kampf Politik gegen den Gewerbe st and aufzubauen." Dieser Hinweis des Hansa-Bundes auf die Notwendigkeit, das Große voranzustellcn und das Kleine beiseite zu lassen, ist sehr angebracht. Wenn es wirklich gelänge, in den Organisationen der Industrie und des Handels wie auch des gewerblichen Mittelstandes große Fragen so zu klären, daß jedesmal deutlich die Ausführ barkeit der Absichten und die Verträglichkeit mit dem Gemeinwohl zu erkennen wären — wie viel Arbeit würde dem Reichstag erspart, wie viel Zeit würde gewonnen! Was das parla mentarische Leben heute so sehr schädigt, das ist gerade das Ucbcrmaß des Klein- und Flick werks. Man denke nur an unsere ausgewachsene Gewerbeordnung. Wie vieles ist da hineinge- flickt und gewurstet worden, mit der regel mäßigen Begründung, es handle sich ganz be stimmt um Lebensfragen — das Wort ist über haupt sehr beliebt —, und wie oft erwies sich nachher diese und jene mühsam hineingeschobene neue Bestimmung als unwirksam oder doch als höchst fragwürdige Bereicherung! Auch für die Gesetzgebung gilt, daß sich in der Beschränkung der Geister zeigt. Kaiser Wilhelm in Wien. Anläßlich des Eintreffens des Deutschen Kaisers in Wien prangen die Stadtteile am Schönbrunner schloß und die vom Penzinger Lahnhof dorthin führenden Straßen in reichem Flaggcnschmuck. Schon in früher Morgenstunde waren viele Tausende hin- ausgceilt und hatten die Zufahrtsstraßen vom Bahn hofe zum Schlosse besetzt, vor allem auch den weiten Platz vor dem Palais, um dem geliebten Herrscher und seinem erlauchten Gaste ihre Huldigung dar- zuöringen. Der kleine Penzinger Bahnhof war mit Flaggen in den deutschen und österreichischen Farben >owic Girlanc-en und Blattpflanzen aus den kaiserlichen Treibhäusern in verschwenderischer Fülle besonders prächtig geschmückt. Auch das Kaiser zelt war mit kostbarem roten Samt aus geschlagen morden. Auf dem Bahnsteige nahmen Aufstellung die Ehrenkompanie des In fanterieregiments Hoch- und Deutschmeister Nr. t mit Fahne und Musik und Tanncnrcisern auf dem Tschako sowie deren direkte Vorgesetzte bis zum Korps kommandanten General der Infanterie v. Schcmua, und dem Stadtkommandanten Feldmarschalleut- nant Wikullil: ferner erschienen der Bürgermeister Dr. Weißkirchner und Polizeipräsident Brzc- sowsky. Außerdem fanden sich ein die Mitglie der der deutschen Botschaft, der sächsische Gesandte Graf Rex, der bayrische Gesandte Frhr. v. Tücher mit den Herren der Botschaft bzw. der Gesandtschaften, General v. Liebig, Konsul von Vioenot sowie Vorstände und Mitglieder der reichs deutschen Vereine. Gegen 10 Uhr NO Min. fanden sich vom Kaiser lichen Hause mi« Begleitern ein: die Erzherzögc Karl Franz Joseph, Peter Ferdinand, Leopold Salvator, Franz Salvator und Karl Albrecht in ihren deut schen Uniformen mit Ordensbändern. Etwa gleich zeitig erschien von seinem dem Schönbrunner s.hlo>> benachbarten Wohnsitz Herzog August von Cumberland in der Uniform seines k. und k. Infanterieregiments Nr. 42 mit seinem Hofmarschall Baron Erotha. Geraume Zeit vor 11 Uhr kündeten brausende Hochrufe die Ankunft Kaiser Franz Josephs an, der in offenem Wagen am Penzinger Bahnhof vorfuhr. Während die Musik die Volkshymnc in tonierte, betrat der Monarch, die Uniform eines preußischen Gcncralfeldmarschalls tragend, elastischen Schrittes den Bahnsteig, besichtigte die Ehren kompanie und begrüßte den Herzog von Cumberland sowie die erschienenen Erzhcr.zöge. Der Kaiser hielt kurz Cercle ab und unterhielt sich besonL-crs mit dem Herzog von Cumberland. Inzwischen war die Ankunftszeit herangekommen. Kaiser Franz Joseph nahm vor der Reihe der Erzherzoge, auf deren rech tem Flügel der Herzog von Cumberland stand, Auf stellung, in militärischer Haltung saluticr.'nd. Ankunft Kaiser Wilhelms. Pünktlich fuhr der kaiserliche Hofzug in den Bahnhof ein. Kaum hatte der Zug gehalten, als Kaiser Wilhelm, in der Uniform eines öster reichisch-ungarischen Fcldmarfchalls, dem Salon wagen entstieg, an dessen Treppe Kaiser Franz Joseph herängetretcn war. Die Monarchen begrüßten sich mit Inniqkcit und schüttelten mit großer Wärme, der I die Freude über das Wiedersehen abzusehen war, die I Hände. Die beiden Kaiser küßten sich zweimal und sprachen längere Zeit in herzlicher Weise mitein ander. In ebenso herzlicher Weise be grüß tederKaiserdcnHcrzog von C u m- oerland, mit dem er einige Zeit in angelegentlich ster und herzlichster Weise sprach. Sodann reichte der Kaiser den Erzhcr zögen die Hand, begrüßte die übrigen Offiziere und schritt in Begleitung Kai,er Franz Josephs die Ehrenkompanie ab. Hierauf stell len die Maiestäten einander die gegenseitigen Ge folge vor und begaben sich trotz eines leichten Regens in offenem .Hofwagen unter brausenden Hochrufen drr zu Tausenden die Straßcnziige umsäumenden Men schenmenge nach dem Schlosse Schönbrunn. Der Her zog von Cumberland begab sich in sein Schloß zurück. Auf der Brücke vor dem Schlosse hatte der für einige Tage zum Besuch der Wiener Gesang vereine in Wien anwesende Leipziger Mä n n e r- chor Aufstellung genommen, der den Majestäten — wie bereits in der Abendnummer mitgeteilt — leb hafte Huldigungen darbrachte. Im Schönbrunner Schlosse wurde Kaiser Wilhelm zunächst vom 1. Obcrsthos meister Fürsten Moutenuovo und dem Zecemon.e- meister Grafen Lholoniewsky empfangen. H.eraus begaben sich die Majestäten in das Maria-Theresia- Zimmer, wo zur Begrüßung Kaiser Wilhelms die Erzherzoginnen Zita und Maria Annun ziata, sowie die übrigen Erzherzoginnen versam melt waren. Kaiser Wilhelm begrüßte die fürstlichen Damen aufs herzlichste und unterhielt sich längere Zeit mit ihnen. Dann geleitete Kai er Franz Joseph seinen kaiserlichen Gast in die großen Fremden appartements, in denen Kaiser Wilhelm Absteige quartier nahm. Kurz nachdem Kaiser Franz Joseph in seine Privataemächer zurückgekehrt war, empfing er den Besuch Kaiser Wilhelms. !We Leiden Mon archen blieben geraume Zeit allein im Gespräch. Um IBz Uhr stattete der Herzog von C u in - bcrlandKaiser Wilhelm einen Besuch gb. Hierauf empfing Kaffer Wilhelm den Grafen Derchtold in besonderer Audienz! auch Graf Tisza erschien. Um Z-.'- Uhr sand allerhöchste Frühstückstafel statt, an der außer den Monarchen un- deren Gefolge teilnahmen: sämtliche in Wien weilenden Mitglieder des Kaiserhauses, der deutsche Dot.chajtcr von Tschirschry und Bögendorff, Botschaftsrat Prinz Stolberg-Wernigerode mit Gemahlin sowie die übrigen Herren und Damen der deutschen Bouchast, ferner Graf Berchtold, die Ministerpräsidenten Graf Stürgkh und Graf Tisza, sowie die obersten Hof chargen. In der Mitte der langen Tafel saßen die beiden Kaiser nebeneinander, zur R.ch tcn Kaiser Wilhelms die Erzherzogin Zita, zur Linken Kaiser Franz Josephs die Erzherzogin Maria Annun ziata. Kranzspenden für die Kapuzinsrgrnft. Im Auftrage Kaiser Wilhelms legte am Montag vormittag der Militärattache Graf Kagcneck in der Kaisergruft bei den Kapuzinern an den Särgen der Kaiserin Elisabeth und des Kron prinzen Rudolf kostbare Kränze nieder. * Wiener Prehstimmen. Die Blätter übernehmen einen Artikel der „P o - litischenKorrespondenz" zum Besuche Kaiser Wilhelms, in dem es heißt: Dem Besuch des Deut chen Kaisers, der den beiden Monarchen die Möglichkeit einer vertraulichen Aussprache bietet, wird in Oesterreich-Ungarn sehr hoher Wert beigclegt, zu mal da er nach Ereigniyen der jüngsten Vergangen heit erfolgt, die in der internationalen Lage tiefe Furchen gezogen haben. Es kann auch die Bedeutung des Umstandes nicht verkannt werden, daß sich an die Zusammenkunft in Schönbrunn ein Besuch des Deutschen Kaisers in Miramare beim Erzherzog Thronfolger Franz Ferdinand schließt, mit dem er ein Verhältnis besonderer Intimität pflegt, und Lag unmittelbar nachher König Viktor Emanuel die Gelegenheit ergreift, um den verbündeten Mon archen in Venedig zu begrüßen. Diese Begegnun gen bilden eine neue, von höfischem Gepräge freie, darum aber nicht minder eindrucksvolle Bekun dung des Dreibundes und der persönlichen sowie politischen Intimität der Herrscher der durch diese Allianz verknüpften Mächte. vom Kochette-^usschuß. Bei der heutigen Vernehmung Caillaux' wiederholte dieser, ivie aus Paris, 2!!. März, ge meldet wird, seine vorhergegangenen Aussagen und beharrte bei ihnen. Er verlangte, denjenigen rennen zu lernen, der dem Advokaten Bernard iagre, daß ter Aufschub bewilligt werden würde. Caillaux blieb bei seiner Aussage, daß er Monis nur dem Wunsch Bcrnards übermittelt habe, und niemals über die Natur der Unterredungen zwi.chcn Monis und Fabre etwas gewußt habe. Caillaux fügte hinzu, daß Bernarv ihm niemals mit einem aui chcn- erregcndcn Plädoyer gedroht habe Er, Caillaux, selbst habe Monis gelegentlich von dieser Mögl.chken gesprochen. Zum Schluß leugnete Caillaux, daß der Direktor des „R appc I", Dumes - n i l", in der Rochctte-Angelegcnhcit bei Alonis das Vorgehen Caillaux' tort gesetzt habe. Caillaux ist überzeugt, daß sich der Obecsiaatsanwall Fabre hinsichtlich des Datums seiner Unterredung m t Monis um drei Tage irre. Folglich lstitte auch die schriftliche Auszeichnung nicht jo schnell danaa; fein können. Schließlich wiederholte Caillaux. Fabre habe ihm vestätigt, daß er über seine Unterredung keine Aufzeichnung gemacht habe. Der Oberstaatsanwalt Fabre, der in Gegenwart Caillaux' vernommen wurde, hielt die Angabe über den Zeitpunkt der Unterredungen mit Monis und der Abfassung des Protokolls aufrecht. Ebenso blieb er dabei, daß Caillaux persönlich ihm nichts von einem Aufschub gesagt habe, daß aber Monis ihm mirgeteilt habe, er wünsche den Aufschub, um Caillaux gefällig zu sein. Als er Monis darauf aufmerksam gemacht habe, daß der Aufschub es Röchelte ermöglict;en würde, seine Operationen sorlzusetzen, l>al>e Monis die Unter reduna kurz abgebrochen. Fabre bestritt. Caillaux im Jahre 1911 gesagt zu haben, daß er aufgcfordert wor den sei, vor dem ersten Untersuchungsausschuß von der Wahrlzeit abzuweichcn. Caillaux widersprich! hierauf aufs entschiedenste. Fabre gab zu, Caillaux. um ihn zu beunruhigen, gesagt zu haben, daß kein Protokoll vorhanden fei. Er hielt ferner aufrecht, daß ihm in den Unterredungen mit Briand und Barthou nicht nahegelegt worden sei, über diesen Gegenstand Stillschweigen zu beobachten. Fabre erklärte auf Be fragen, er habe Caillaux gegenüber das Vorhanden sein des Protokolls auch deshalb verneint, weil er seinen Inhalt nicht bekanntgegeben haben wollte. Wenn er es seinen Stcllvertetern Bloch Larocque und Schcrdlin gezeigt habe, so sei dies geschehen, um zu beweisen, daß er kein Narr sei. Er habe lein Geld erhalten, wie ein Gerücht wissen wollte. Cail laux sagte auf Befragen aus, er habe seinen Nach folger über seine Unterredung mit Fabre in Kenntnis gesetzt. Fabre, von neuem befragt, erklärt, er habe es vor einigen Tagen abgelchnt, das Schriftstück dem Iustizminister zu übergeben, habe ihm aber dessen In halt dargelsgt, wogegen Caillaux behauptet, daß General st aatsanwalt Fabre sich auch ge weigert habe, den Inhalt mitzuteilen. Am Schlüsse der Vernehmung sind Caillaux und Fabre darin einig, daß Fabre sich niemals mit Caillaux weder direkt noch indirekt über die Rochett c A ngclegenhcit unter halten hat. * was war üer »Nochette-Skan-alN Diese Frage sei kurz durch folgendes er läutert: In wenigen Tagen find genau sechs Jahre verflossen seit Paris, ja ganz Frankreich durch eine Verhaftung aufgeregt wurde, die Taufen den kleiner Sparer die Augen darüber öffnete, daß sic einem genialen Schwindler zum Opfer ge fallen und ihre mühselig erarbeiteten Kapitalien verloren hatten. Der Mann, den am 23. März 1908 der Polizeipräfekt Lepinc aus seinem Banlpalast herausholen und durch Detektive in Untersuchungs haft abführen ließ, war der „Bankdirektor des Crödit Minier" Herr Rochette, ein Schwindler, der an Talent einer Therese Hum bert nichts nachgab. Seine Laufbahn vom kleinen Ba h n h o f s p i k k ol o bis zum vielfachen Mil lionär muß geradezu verblüffend genannt werden. Rochette, der selbst einmal eine kleine Erbschaft durch zweifelhafte Finanzleute verloren hatte, hatte sehr bald mit unglaublichem Geschick und Gefck)äftssinn er kannt. daß man durch „Gründungen" auf dem schnell sten Wege ein reicher Mann würde. Und so „gründete" er immer eine neue Unternehmung nach der anderen, von der „Hella-Glühstrumpffabrik" an gefangen, bis zu der berühmten „Rio Tenerido-Mine", die diesen schönen Namen natürlich nur zur Verwechs lung mit der an der Börse gehandelten „Rio Tinto- Mine" erhielt, ja bis'zu der stolzen Höhe seines großen Bankunternehmens des „Crc'dit-Minier" waren diese Unternehmungen immer schwindelhafter und schwin delhafter geworden. In kurzer Zeit hatte Rochette es durch geschickte Finanzmanipulationen verstanden, sei neu Unternehmungen einen Wert von 1Z9 Millionen Franken zu verleihen, und fast ganz Frankreich, so wenigstens Bauern, Handwerter und Kleinbürger, hineinzulegen. Abe: auch hochgestellte Persönlichkeiten entpuppten sich späterhin als Teilnehmer der Rochette schen Gründungen, so daß die Aufdeckung des Rochette Skandals zu einem wahren Panama wurde. Seinen größten Erfolg verdankte Rochette einer über aus raffiniert geleiteten Finanzzeitung, die von den Kleinbürgern der Provinz mit wahrer Begeisterung gelesen, nur dazu bestimmt war, ihre sauer ersparten Groschen in die Taschen Rochettes und seiner Helfers helfer fließen zu lassen. Aber auch diesen genialen Finanzschwindler, der in neuester Zeit eigentlich nur einen einzigen Rivalen in dem nicht minder finanz begabten Flugzeugfabrikautcn Deperdussin erhalten hat, ereilte sein Verhängnis. Freunde wollten ihn warnen, aber Herr Löpine mit seinen Polizisten waren schneller, und so mußte Herr Rochette, der eben noch einen Staat von 6 Bureaudirektorcn und 199 Ange stellten befehligt hatte, seine Herrlichkeit hinter Ge fängnismauern in nichts zerfließen sehen. Rochettes Verhaftung gab das Signal zu einer Reihe sensa tioneller Skandale, durch die hervorragende Persönlichkeiten auis ärgste bloßgestellt wurden. Rach dem der Prozeß durch Jahre hindurch verschleppt wurde, wobei man kein Mittel unversucht ließ, den verhaßten Polneipräfekten aus Amt und Würden zu bringen, erhielt endlich Rochette 9 Jahre Gefängnis zudiktiert, woraus er sich aber wenig machte, da er längst in Mexiko saß und dort drüben frisch und ver gnügt weiter „gründete". Man hatte nämlich die Dummheit begangen, ibn geaen 299 999 Franken Sicherheit auf freien Fnß zu belassen, was er, wie man sieht, wohl zu nutzen verstand. Damals wurde jene parlamentarische Unterfuchung-stommission gebil det, die die Behauptungen der Freunde Rochettes, Löpine habe einen Unschuldigen verhaftet und zu Fall gebracht, nachprüieu sollte, aber fang- und klanglos in den Orkus verschwand. Es ist dies dieselbe Kom mission. die jetzt, dank den Revolverschüssen der Frau Caillaur, ihre parlamentarische Auserstehung feiert und ihren Vorsitzenden, Herrn I a u r L s, zum augenblicklichen Herrn der inncrvoli- tischen Situation kn Frankreich macht.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite