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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.11.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111110027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911111002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911111002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-10
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Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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Vie Revolution in Lhins. Und immer rascher, immer drohender für die Regierung schreitet da» Verhängnis vor. Die Revo- lutionäre finden immer mehr Unterstützung im Volke und auch bei den Truppen, die massenweise zu ihnen übergehen und sich ihnen im Kampfe anschlteßen. Di« Mandschudynastie steht unmittelbar vor ihrem Zusammenbruch: sie hat e» nicht verstanden, zur rech ten Zeit die auch für das alte Reich erforderlichen Neuerungen einzuführen. Nun mutz sie der Gewalt weichen. So meldet ein Telegramm des „B. L. A": Schanghai, 10. NovsmLer. Fast alle größeren Städte im Ianqtsebccken sind jetzt in den Händen der Revolutionäre, darunter Hangrichau, dessen Tataren general Selbstmord begangen hat. In Nanking finden zurzeit schwere Kämpfe zwischen den Kaiser lichen und den Revolutionären statt: jedoch be ginnen dort ebenso wie im Norden die bisher treu gebliebenen kaiserlichen Truppen schwankend zu werden. Massendesertionen sind häufig. Futschan ist nach kurzem Kampfe in die Hände der Aufstän dischen gefallen. Der Oberbefehlshaber der Trug, pen Sungtschingsan und die meisten Beamten sind entkommen. Die westlichen Proviuzn sind völlig sicher. Schantung hat sich für unabhängig er klärt: fast stündlich kommen Nachrichten von weiteren Uebergaben unter steigender Begeisterung. Es bilden sich Selbsrregicrungen. Proklamalimren wer den erlassen Die revolutionären Komitees beabsich tigen, um dem drückenden Geldmangel abzuhelfen, eine grötzerc Ausländsanleihe aufzunnehmen. Die hiesige Telegraphenzcntralc hat die Revolutions flagge aufgezogen und nimmt keine Regierungstele gramme mehr an. Der Privatverkehr auch in chiffrierten Telegrammen ist ungestört. Aus dem hiesigen Arsenal sind zehntausend moderne Gewehre an den berüchtigten Schanghaier Janhagel ausge- geben worden, was zu Besorgnis Anlag gibt. Die kaiserlichen Truppen plündern die noch in Flaurmen stehende Ciry von Hankau. Der Gouverneur von Nanking wurde getötet. Der Vizekönig Iitschcng ist nach Japan entflohen. Iuanschikais fortgesetzte Weigerung, den Prcmierministerposten zu über nehmen, wirkt entmutigend auf die Anlüinger der kaiserlichen Sache. Auch Kanton hat seine Unabhängigkeit erklärt und die Drnchenstagge unter Abfeuern einer Salve eingezogen. Hier hatte sich die Ueücrnahme der Regie rung im ganzen seb: ruhig vollzogen; der Bizekönig» der die letzte Nacht in der Freindcnnieder- lassung zubrachte, weil er sich im eigenen Palast nicht incyr sicher fühlte, verliest aus einem Boote am frühen Morgen die Stad: und siedelte nach Hong kong über. Ein Telegramm dazu besagt: Hongkong, 10. November. (Meldung des Reuterscheu Bureaus.) Um großes Blutvergießen zu vermeiden» fügte sich der Bizekönig der Er klärung der Unabhängigkeit von Kan » ton. Der Bizekönig sucht ein vorläufiges Asyl in Hongkong. Der Kaiserliche Hof in Peking? fechlshaber scheint der Hof fast noch allein fest und zielbewustt zu sein. Nach einem Telegramm ist das Gerücht, wonach die .Kaiserinwitwe, der Kaiser und di« Gemahlin des Regenten Peking verlassen hätten, unbegründet. Drr Thron hat von den Forderun gen der Notabeln in Schantung zwei nicht genehmigt, nämlich Punkt 2. betr. den sofortigen Friedensschlust mit den Rebellen, und Punkt st, Herr. Proklamierung der Vereinigten Staaten von China. Der Krieg um Tripolis. Neue Kämpfe wurden vom Kriegsschauplätze vor Tripolis in der letzten Zeit gemeldet, und wenn es sich dabei bisher in der Hauptsache nur um kleinere Schar mützel handelte, so dürfte nach den neuesten Meldun gen ein ernster Kampf bevorstebcn. Tic Türken wol len 'ich wieder in Besitz von Lrivolis setzen; sollte ihnen das gelingen — und nach Lage der Dinge ist der Zweifel daran nicht wohl gerechtfertigt—so würde damit die tatsächliche Besitzergreifung der Italiener wieder ausgelöscht sein. Von Tripolis aus hätten die Türken dann auch wieder den besten Stützpunkt für ihre weiteren Operationen, die den Italienern dann sehr unangenehm werden dürften. Die lischt in üen SchsnMslien. Langsam ist die Mondscheibe über den fernen Dächern und Türmen von Tripolis emporgesticgen, die Sterne haben wieder ihren helleren Glanz ange nommen und flimmern zitternd durch das Laub gewölbe der Palmen zu unseren Häuptern. Eine schöne und klare tiefe afrikanische Nacht hat sich heradgesenkt. eine Nacht von rätselhafter Tiefe, In brunst und Heimlichkeit. In den Tiefen der Schanz« gräden hinter mir liegen schlummernd die Soldaten, Leute der 6. Kompagnie des 82. Infanterieregiments: seit 15 Tagen und Nächten stehen sie nun ais Vor posten brausten. Rings herrscht tiefe Stille, nur hier und da wälzt sich ein Körper in unruhigen Träumen und ein leises metallisches Klirren begleitet diese Bewegung. Nur zwei Posten wachen, unbeweglich stehen sie in der Stille, das Gewehr im Arm, und die Blicke hinausgcwandt in das undurchdringliche Dunkel der Oase, die wie ein breiter langer schwarzer Klumpen schwer vor ihren Augen liegt. Kaum 50 Meter vor den mit massigen Sandsäcken verstärkten Schanzen dehnt sich erv kleiner Hain von Palmen und Oliven: von unserer Schanze aus streben drei schlanke, zierliche Palmen rn die Höhe, und von einem nahen Akazienstrauch weht ein süßer schwerer Duft hin und wieder über unsere Köpfe. So beginnt Guelfo Civinrni seine Schilderung der Nächte in den Schon graben, dieser Nächte der grenzenlosen Müdigkeit, dreier 'Nächte banger Er wartung. „Nun liegrn sie alle im schlummer, diese jungen und friichcn Burschen, die tagaus tagein die tödluben Kugeln pfeifen hören. Heute haben sie von den Älazien Zweige abgerissen, haben die staub, bedeckten Waffenröckc damit geschmückt, haben ein paar duftende Blüten in ihre Taschentücher gewickelt oder in ihre Brieftaschen gelegt, um sie den Briefs an die Lieben daheim berzulegen. Fast alle tragen nun schon seit Tagen fertig geschriebene Karten oder Briese in der Tasche, rasch bingetriyclte Schilde- rungen oder kurze Grütze; seit Tagen warten sie auf die Gelegenheit, dieie Lebenszeichen vvm Schlacht feld« zur Post nach Tripolis schicken zu können. Für manchen von ihnen vielleicht wird die Zeit nicht mehr kommen. 2m Schatten der gegenüberliegenden Zypresse stammt ein kleiner rötlicher Blitz aus, pfeifend faust Türkischer Sturmangriff auf Tripoli». ?. (?. Nom, 10. November. (Eig. Drahtmeldung.) Wie hiesige Blätter aus Tripolis berichten, sind die vereinigten Türken und Araber damit beschäftigt, die letzten Vorbereitungen zu einem grasten Sturmangriff gegen die dortige italienische Garnison zu treffen. Auch die Italiener befestigen ihre Stellungen, um einem etwaigen Sturm der feind lichen Truppen energisch entgegentreten zu können. Geplänkel in Tripolis. ?. O. Rom, 10. November. (Eig. Draht Meldung.) Wie aus Tripolis gemeldet wird, haben die Ita liener bei dem Gefecht von Cha el Chat 28 Tote zu verzeichnen gehabt. Während des gestrigen Tages eröffneten die Türken aus die italienischen Stel lungen ein heftiges Feuer, das jedoch von den Italienern bald zum Schweigen ge bracht wurde. Weitere Scharmützel. Rom, 10. November. (Agenz. Stef.) Gestern abend und heute nachmittag haben fortgesetzt kleine Scharmützel stattgefunden, wobei der Feind das Gelände, das überall Gelegenheit zu Ueberfällen au» dem Hinterhalt bietet, ansnutzte, um die Auf kl Li- rungsarbeit der Italiener zu stören. Das 93. Infanterie-Regiment wurde besonders stark engagiert und batte zwei Tote und sechsund zwanzig Verwundete. Die Araber wurden an verschiedenen Punkten von der italienischen Artil lerie wirksam beschossen, worauf sie sich zerstreuten. Wie italienische Kundschafter berichten, herrschen im türkischen Lager autzer der Cholera auch die Blattern. lieber die Lage vor venghast hatte der Korrespondent des „Berl. Lok.-Anz." eine Unterredung mit dem Abgeordneten der Stadt, Schetwan-Bei, der Benghasi vor zwölf Tagen ver lassen hat und heute hier eingetroffen ist. Die Ita liener kielten, wie er mitteilt, Stadt und Hafen Benghasi besetzt, die italienischen Kriegsschiffe lägen in der Bucht von Benghasi, wo sie auch vor Stürmen gesichert sind. Alle italienischen Versuche, ins Innere vorzudringen, seien blutig zurückgeschla gen worden; sie beschränkten sich daher darauf, die Stadt modern zu befestigen. Anderseits sind Türken und Araber durch die überlegene Artillerie des Fein des in ihren Forts festgehalten; sie halten die Italiener umzingelt, ohne ihnen in ihrer Position etwas anhaben zu können. Bisher wurden den Italienern fünf Mitrailleusen abgenom men. Die Italiener erhalten indes vom Meer her dauernd neue Hilfstruppen, Munition und Proviant. Grotze Mengen Senussi sind vor Benghasi cingetroffen, die Tuaregs ziehen nach Tripolis. Für diese Freiwilligen sind ausreichend Mauser- und Mar tinigewehre nebst Munition vorhanden. Schctwan sprach zum Schirrst die Ueberzeugung aus, datz die Italiener niemals ins Jnnerevordrin- gen können. Der Abgeordnete wird in wenigen Tagen nach Benghasi zurückkehren. politische Aschrichten. Die Anträge der Parteien zum Marokkoabkomweu. Zur Besprechung des deutsch-französiscknn Ab- , tominenö betresfenb Marokko und Aequatoriul- Afrjka sind folgende Anträge eingegangen: TuS Zentrum beantragt nachstehenden Gesetz entwurf betr. Abänderung des Schuygebietsgesetzes vorn 25. Juli 1900: Wir, Wilhelm usw. verordnen im Namen öcS Reiches nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstages wie folgt: AIS 8 1 r» wirb hinter A 1 des Schutzgebietsgesetzes folgende Bestimmung eingeschaltet: Tie Grenzen eines jeden Schutzgebietes können nur durch ein Gesetz geändert werden. Tie Nationalliberalen beantragen, den Ncict-skanzler zu ersuchen, einen Gesetzentwurf ein- .zubrjngen, wonach unter Klarstellung' oder Acude- rung der Rcichsversassung ausgesprochen wird, daß die Erwerbung und die Veräußerung von Schutz gebieten der Form der Neichsgesetzgebung bedürfe. Tie FortschrittlichcVolkSpavt ei be antragt, den Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichs tag unverzüglich ein Weißbuch über die Verhand lungen mit Frankreich vorzulegen; ferner, der Reichs tag wolle das deutsch-französische Abkommen vom 4. November 1911 betr. Marokko und Aequatortal- Asrika der Budgetkommission zur Berichterstattung überweisen. Ferner soll die ReicbSregierung ersucht werden, einen Gesetzentwurf einzubrinaen, durch den das verfassungsmäßige Recht des Reichstags, bei Erwerb und Abtretung von Schutzgebieten des Reiches mitruwirken, klargcstellt wird. Tie Sozialdemokraten endlich beantragen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, 1. das deutsch-französische Abkommen betressend Marokko und Aeauatorial-Afrrka dem Reichstage zu dec ver fassungsmäßigen, für ihre Gültigkeit ermöglichten Genehmigung vorzulegen; 2. dem Reichstag ein Weißbuch zugeben zu lassen, daS die ans Anlaß jenes Abkommens mit fremden Mächten gewechselten Noten enthält: 3. noch in dieser Session dem Reichs tag einen Gesetzentwurf zu unterbreiten, wodurch ausdrücklich Artikel 1l der ReickiSverkassung eine Abänderung dahin erfährt, daß alle Veriräge mit fremden Staaten zu ihrer Gültigkeit die Genehmi gung deS Reichstages erfordern. Keine Reichvtagswahl mehr im 3. Kasseler Wahlkreis. Auf Anordnung des Ministers des Innern hat der Regierungspräsident den auf deck 30. November dieses Jahres anberaumtsn Termin zur Vornahme einer Ersatzwahl im 3. Kasseler Reichvtagswahlkreise (Homberg—Fritzlar—Ziegenhain» aufgetragen, und zwar mit Rücksicht daraus, daß die Herbsttaqung des Reichstages schon Anfang Dezember ihr Ende erreich« und der Termin für die allgemeinen Neuwahlen schon mit einiger Sicherheit zu berechnen sei. Arbeitgeberbund der deutschen Zigarrenlndustri«. Anläßlich der umfangreichen Arbeiterbe wegung in derZigarrenindustrie in West falen und den Hansestädten trat am 9. November in Berlin der Arbeitgeberbund der Deutschen Zi- 'garreninLustrie zusammen. Es wurde einstimmig folgender Beschluß gefotzt: „Die heute in Berlin tagend« Bundesversammlung der Deutschen Zigar- renindustrie spricht einmütig ihren im Abwehrkampfe gegen die organisierten Taocrkarberter stechenden west fälischen und hanseatischen Mitgliedern ihre volle Sympathie aus und sichert ihnen ihre nachhaltige Unterstützung zu. Alle sich daraus ergebenden Maßnahmen bleiben dem Vorstand überlassen. Der japanische General Oshima in Berlin. Berlin, 10. November Zu Ehren d«s iaptnischen Generals Oshima Mb die Deutsch, slsiatische Gesellschaft gestern abend ein Fest mahl. General Oshima erwiderte auf den Will kommensgruß des Generalfeldmarschalls Freiherrn o. d. Goltz, er wisse al» Soldat, was Japan Deutsch land zu verdanken habe, doch auch auf anderen Ge- bieten hätten die Leiden Länder manche Berührungs punkte. Der neue Präsident de» Herrenhause». Berlin, 10. November. Aus Herrenhauskretsen wird uns geschrieben: Die Gerüchte, daß der bisherige Präsident des preußischen Herrenhauses. Freiherr von Manteuffel, eine auf ihn fallende Wiederwahl in der nächsten Landtagssession ablehnen würde, haben sich auch kürzlich zu einer Notiz in der Presse verdichte:. Wenn Herr von Manteuffel dedauer» licherweise einen derartigen Entschluß aufrecht er halten würde, so ist es natürlich, daß die Fraktionen des Herrenhauses sich von vornherein über die Wahl einer anderen geeigneten Persönlichkeit für den Prä sidentenposten einigen. Allem Anschein nach scheint die Wahl des Dr. jur. Viktor Herzogs von Ra- tibor und Fürsten von Corvey, Prinzen zu Hohen- loye-Schillingsfürst, am meisten Aussicht zu hoben. Der Herzog, der erbliches Mitglied des Herrenhauses ist, bekleidet den Nana eines Generalmajors der Armee und ist u. a. auch Präsident des Allge meinen Deutschen Iagdschutzvereins. Aus unseren Kolonien. Die nach dem Okavango entsandte Expedition der Schutztruppe hat den Rückmarsch nach ihren Gariri- sonen angetreten. Der Kommandeur der Schutztruppe Major o. Heydebreck ist bereits wieder in Windhuk eingetrofsen. Die Expedition hat keinerlei Wider stand gefunden. Auch Herr v. Frankenbera war in der Tat am Okavango in Andara und hatte dort einen weißen Polizeiwachtmeister und sieben ein geborene Soldaten zurückgelalsen, die aber bis auf weiteres zuriickgezoqen sind. Nach der Regenzeit wird wahrscheinlich in Andara und an der Mündung des Omuramba und Omataka j« «in« Station mit ein geborenen Soldaten errichtet werden. Nach anderen Informationen wird nur die Station Kureng Kuro verstärkt und Andara besetzt. Auch ein Arzt soll ständig am Okavango stationiert werden. Reise König Peters nach Pari». Belgrad, 10. November. Anläßlich des Besuches beim Präsidenten Falliere» wird König Peter, wie nach einem Telegramm der „Frkf. Ztg." offiziell ver- einvart wurde, vom 18. bis 19. November in Pari» weilen, wo dem Könige zu Ehren «ine Reihe von I eine Mauserkugel über die Schanze, und der eigen tümliche Knall eines Mausergewehrs schlägt trocken > in die stille Nacht. Aber der Schuß bleibt ohne Ant wort. Die Posten haben Befehl, keine Munition zu vergeuden, und die Soldaten gehorchen. Sie hoben sich nun an diese Nächte der Erwartung gewöhnt, die Nervosität und die Erregung der ersten Tage ist vorüber, keiner feuert, wenn er sein Ziel nicht deut- lich sieyt. Einer der Posten auf unserer Schanze, ein Lombarde, begleitet gleichmütig jeden Schuß mit einem ärgerlichen Murmeln: „Blödsinn!" Die 5. Kom panie, umere Nachbarn, wird öfter gestört und ver- liert jeden Augenblick die Geduld. Der ihr gegen überliegende Palmenhain ist weniger dicht, und von Zeit zu Zeit sieht man zwischen den schlanken Stäm men einen Schatten aujtauchen und verichwinden. Dann antwortet hastig blindes Feuer aus den Gräben, pflanzt sich auf die Nachbarschanzen fort, durchläuft eine lange Linie und verstummt dann allmählich. Es ist nur Postenseuer. Drinnen in den Gräben schlafen alle seelenruhig: irgendwer erwacht auf einen kurzen Augenblick, brummt mit schlaftrunkener Stimme eine Frage in die Nach! „Was gibt's?" Aber schon sinkt er wieder zurück: schlafen, wciterschlasen. Ein schnarrendes, stöhnendes Geräusch hämmert rhythmilch durch die Stille, cs kommt aus der icbnarchenden Kehle irgend eines Schläfers. Aus der Ferne tönt ein beulendes Huiidcgebell. hier, dort, da hinren, nun zur Rechten wird es erwidert, in den verlassenen leeren Araber häusern kläffen herrenlose Hunde. Hinter uns sind diese Häuser fast alle leer und verödet. Mit der Waffe in der Hand hat man die Bewohner ergriffen und erschoßen; andere sind geflohen, verschwunden, verschollen. Ach, diese schönen Nächte in der Vorposten linie: unter den Sternen, das Gewehr neben sich, im Hinterhalt gegen den Hinterhalt: das sind Nächte von unbekannter Poesie, reich und schwer von dem Leheimnisoollen Zauder des Südens, der Geist und «inne weitet und zugleich die Gefühle sammelt und weckt. Keine Nächte des wirk- lichen Krieges, denn jetzt wenigstens, in der Stille ofritanischer Dunkelheit, schweigt der wirkliche Krieg; e» sind Nächre eines seltsamen Kampfer gegen gleichende Feinde, schattenhafte Weien, die lautlos zwischen Palmenstämmen hin und her gleiten, ohne sich zu zeigen, ohne hörbar oder greifbar -u werden. Das sind nicht mehr die Feinde des Tages, die in offener Schlacht zum Kriegsspiel stürmen, da» find lauernde Schleicher, die aus dem Dunkel zielen, feuern und spurlos verschwinden. Ueberall find sie, dort vor uns, hinter unseren Reihen; immer wieder zucken vereinzelte Schüsse durch vie Nacht, hallen kern in den Weiten und ersticken. So verstreicht die Kehrseite des Tages, in steter Erwartung auf ernste Angriffe, die diesmal mcht kommen. Alle Augenblicke geht durch die Schanzlinie irgend ein blinder Lärm, der keine Foleen hat, irgendwo drängt ein kleiner Trupp Araber heran und feuert wie wild, die Posten anrworten, die Schläfer springen auf und hasten an ihre Plätze, im Nu beginnt ein stürmisches Eewehrfeuer, Befehle ballen, Waffen klirren, bisweilen greift sogar eine Batterie in den Lärm ein, aber dann kehrt die Ruhe zurück, wie durch Zauber sind die weißen Feinde verschwunden, die Schüsse verstummt, und nur das lanngezogene Gebeut verlassener Hunde tönt aus der Ferns weiter. Brummens suchen die Soldaten wieder ihre Plätze, um weiterzuichlafen. Auch in dieier Nacht gab es einen dieser Alarme, er kam vcn Feschlum, wo gestern das ueuangetom- mrne Grenadierbaiaillon Stellung bezogen hat. Alle neuen Truppen feuern fleißig und hastig, sie lind noch nervös, sind ungeduldig und noch nicht müde. Drei oder vier Tage in den Schanzengräben, und sie werden rulffg. Die anderen, die Erfahrenen, schlafen. Die Kompanie, bei der ich die Nacht verbrachte, hat vom Abend bis zum Morgen kaum ein Dutzend Schüße abgegeben, und erst mit dem hcrandämmern- den Morgengrauen springt alles hastig auf, Schüsse knattern, und zwischen den Palmen vor uns sehen wir eilig eine Gruppe von 15 Arabern in wallenden weißen Gewändern verschwinden...." Peking unü leine vekeltltzungen. Der große Moment, in dem die chinesischen Rebellen die Hauptstadt de» Reiches erreicht baden werden, steht allem Anschein nach nahe bevor. Alle nach Peking führenden Eisenbahnen sind in ihren Händen; eine wilde Panik hat sich des Haies und der gesamten Einwohnerschaft bemächtigt. Der junge Kaiser ist geflüchtet und die hohen Palast beamten lenden ihre Familien in Scharen au» der Festlichkeiten veranstaltet werden. Der Umstand, datz hierbei von einer Truppenreone Abstand genommen wurde, erregt insbesondere bei der serbischen Oppo sition sichtliche Verstimmung. «US Leipm unü llmgegenü. * L ipzig, 10. November. Wetterbericht der Kgl. Sachs. Landeswetteewart« zu Dresden. Voraussage für den 11. November. Ostwind, zeitweise aufheiternd, nachts kalt, tags über warm, tcin oder nur unerheblicher Niederschlag. Pöhlberg: Berg ncbelfrei, Nebel ringsumher, glänzender Sonnenuntergang, HimmelssärLung orange. Fichtelberg: Berg nebelfrei, Nebel in den Tälern, schwacher anhaltender Reif, glänzender Son nenunter- und -ausgang, Abend- und Morgenrot. teifim unü UmnLgenü im neuen IMKlHen Ltai. Dem am Donnerstag eröffneten Landtag ist auch der Etat für 1912 13 vorgelegt worden. Im außer ordentlichen Etat sind für die Erfordernisse für Leip, zig und Umgegend u. a. folgende Summen eingesetzt: Für den Umbau der Leipziger Bahnhöfe wird die sechste Nate von 5 200 000 -k gefordert. Von der 49 500 000 -L betragenden Bausumme sind bisher 35 715 000 -3t, einfchl. der unverwendct gebliebenen Beträge 36172 582 -3t bewilligt worden. Zu der Er weiterung des Babnhofes Liebertwolkwitz und zum zweigleisigen Ausbau der Strecke Paunsdorf — Stünz— Liebertwoltwitz ist eine erste Rate von 400 000 ^t eingesetzt worden. Die Gesamtkosten dieser Arbeiten sollen sich auf 9l0 000 .« belaufen. — Eine Million Mark wurden in den außerordentlichen Etat eingestellt als Bau - da riehen an gemeinnützige Vauvereine und Bau genossenschaften zur Verbesserung der Wohnunas- Verhältnisse der Eisenbahnbedienste- ten. — Der Etat der Universität Leipzig schließt in Einnahmen mit 822 290 -tt, in Ausgaben mit 4 615 504 -,<t ab. Es macht sich also ein Zuschuß von 3 793 115 -.tt erforderlich. — Das hiesige Lehrer seminar soll einen Erweiterungsbau erhalten, der insgesamt 413 000 »tt verlangt, wovon als erste Nate 206 500 -ll bewilligt werden sollen. — Für die L e i v ziger Taubstummenanstalt wird der Anlauf eines Grundstückes und der Neubau eines Gebäudes im Etat vorgesehen, wofür als erste Rate 450 000 von der 900 000 -3t betragenden Summe gefordert werden. — Dem Museum für Völkerkunde wird die Beihilfe von 3000 -3t auf 6000 -3t erhöht, da auch die städtischen Aufwendungen für das zugleich dem Universitätsunterrichte dienende Museum ge wachsen sind. — Die von der Akadeniie für graphische Künste innehabendcn Räume im westlichen Flügel sollen ihr auch nach Fertigstellung der Bauschule überlassen werden. — Ferner ist ge plant, einen Aufbau mit Freilichtstudiendach auf den mittleren Querslügel des Akademicaebäudes herzu stellen und das Dachgeschoß zu Zeichensälen auszu bauen. Dazu wird ein Äerechnungsgeld von 70 000 .tt gefordert. — Für die neue Bauschule fordert der Etat als dritte und letzte Rate 384 000 ^t. Der ge naue Kostenanschlag für dieses Gebäude bezifferi sich auf 570 819,10 ^t, wozu noch 63 000 -.1t für innere Ein- richtnng und Ausstattung kommen. 250 000 -lt hat der Landtag bereits bewilligt. — Die anteiligen Kosten für das Leipziger Polizeiamt sind um 15 000 -it auf 165 000 -<t gewachsen. Die erhöhte Ein stellung findet ihren Grund in der allgemeinen Stei gerung des Polizeiaufwandes. — Der Staats,Zuschuß für das Leipziger Diakonissenbaus beträgt wieder 8000 -.X, für die Handelshochschule 15 000 ^1t. — Der Etat der Landwirtschaft lichen Versuchsstation in L.-Möckern erfor dert einen Zuschuß von 53 746 -3t. * * Ordensverleihung an Reichsgerichtsräte. Wie au» Berlin gemeldet wird, ist den Retchsgerichtsräten Specht, v. Lödel und Dr. Bernhardi der Note Adlerorden 3. Klaffe mit der Schleife verliehen worden, den Reichsgerichtsräten Dr. Oppermann und Ungewitter der Königliche Kronen- orden 3. Klaff«, und den Reichsgerichtsrätcn Dürr und Dr. Bcwer der Rote Adlerordcn 4. Klasse. c>t. Universitätsnachrichten. Nach der Vorschrift in K 36 der Tisziplinarorünuna für die Studieren den der Universität Leipzig haben die studenti schen Verbindungen und Vereine inner halb vier Wochen nach Beginn eines jeden Se mesters Verzeichnisse ihrer Mitglieder bei dem Uni versitätsgerichte einzuretchen. Zu diesen Verzeich nissen sind besonders eingerichtete Formulare zu be nutzen, die in der Universitätökanzlei für 10 Pi. pro Stück zu entnehmen sind. Tie Verzeichnisse sind spätesten- am 18. Novembe r d. I. in der UniverfitätLkanzlei einzureichen. In den Berzeich- bedrohten Hauptstadt. Es ist kaum Hoffnung vor handen, daß die ungeheuer ausgedehnte Doppelstadt, die man gewöhnlich Peking nennt, eine Belagerung durch die Aufrührer standhatt aushalten könnte. Auf einer ausgedehnten sandigen Ebene gelegen, ist die Hauptstadt etwa 60 km von der arozen Mauer und 16t« km von dem Golf von Petschili ent fernt. Der Kranz von Befestigungen und Vor« städten. der sich um die belden Hauptzentren des städtischen Lebens lagert, hat eine Ausdehnung von etwa 50 «-M. Im Gegensatz zu den meisten anderen chinesischen Städten sind die Mauern, die die Haupt« stadt umgllrlen» in einem sehr guten Zustand, sorg fältig aufgeführt und ausgedessert, und würden jedem Anariff einen sehr bedeutenden Widerstand entgegensetzen, wenngleich das Feuer moderner Ar tillerie sie ohne die geringsten Schwierigkeiten ver nichten könnte. Rings um die Tatarenstadt sind die Mauern 50 Fuß hoch, 60 Fuß an der Busis und 40 Fuß am oberen Rande stark. Die Mauern, die die Chinesenstadt um chlicßcn, sind weniger kräftig, haben 30 Fuß Höhe und eine Dicke von 25 und 15 Fuß. Die 16 Festungstore, die von eckigen Türmen gekrönt sind, haben wohl Schießscharten, aber die Geschütze, die hier drohend hcrausschauen sollten, sind zum allergrößten Teil nicht vorhanden. Dre gewaltige Fläche, die von diesen Umwallungen eingeschlcssen wird, zerfällt in zwei deutlich geschiedene Teile, in die nördliche oder Taiarenstadt, die den Namen Nuischin'. und die südliche oder Ehineienstadt, die den Namen Waisching führt. Der innerste Teil der Riesenfluche birgt die „verbotene Stadt" und enthält den kaiserlichen Palast, die Hochburg de» jetzt so grimmig befehdeten Mandschuregiments. Um den Palast zieht sich eine zweite, fest umfriedete Stadt nn kleinen, die allein für die Hof. und Staats beamten bestimmt ist. Ringsherum brandet und wogt das lärmende Treiben der Großstadt. Der erste Anblick, den Fremde von der ehrwürdige« Residenz der chinesischen Herrscher erhalten, ist wenig bestechend: überall hohe Mauern unü Wälle, die di» eigentliche Stadt verbergen. Von der Höhe der Mauern aus ober enttaltet sich diele älteste der Gartenstädte in einem bezaubernden Panorama. Endlos dehnt sich eine Wi.dnis von Tempeln nnd Palästen, die mit ihren blauen, grünen und gelben Ziegeln lustig in der Sonne blitzen, und diese nützlichen, bunten Flecke find einge«
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