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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.09.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191109030
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110903
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110903
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-03
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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Bezug--Preis i8e.L«lp,«a »»d vorsrt* d»rch «nl«r« IiLger ond 8o»dtt«ur« 2m»l tiaitch i», Vmi, »«bracht:« V». »anatU r.7S Mk. vt«rt«liShrl. V«t »»Irr» Filialen u. Sa. nahm«ft,ll«» oda»h,tt: 7» Ps. maaalU »L-K. »»«rt.lsLhrl. »arch P,ft: im««rbalb L«ut,chland« and d«r deutschen Kolonien »ierteljährl. ».« «k„ manatl. i-Al Vlk. auoichl Poltbestellaeld Ferner m vel,ien. Dänemark, den DonauNaaren. ItaUen. t.'ur«mdura. Niederlande. Rar» wegen. Lekterriich. Ungarn. Rußland. Schweden, Schwei» u Evamen. In allen übrigen Staaten nur direkt durch die Geschäftsstelle de, Lian«, erhältlich WpügcrTaMatt Da, Letozlger Tageblatt erscheint 2mal iägltch. Sonn» «. Feiertag, nur morgen». Ldonnementr-Annahm«: 2ohanai»g«sse 8. det unseren Trägern. Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. l »S2 M-cht-nschl,») Lkl.-Änlchl.^ 14KS3 s 14 8S4 Handelszeitung Ämlsklatt des Aales und des Nolizeiamles der Atadt Leipzig. Anzeiger». Preis sllr Inserat« au» L«tp»t» and llmgebana die lsoalttg«P«tit»rile SPs_dt«Neklame» «eil« 1 Mk.' van an»wärl, 20 Pf, Reklamen l.20 Mk.' Inserat« von Behörde» im amt. lichen Teil die Prttt»«tl« M «f. l«i,schast»an,eigen mit Platzoarlchriften u in der Bdendau»gab« im Preis« erhöht. Rabatt nach Tarik. Betlagegebühr Gesamt» auslage 5 Mk. v lausend erkl. Postgebühr. Teilbeilag« höher. Festerteilt« Äusträg, können nicht »urück gelogen werden. Für da. Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. kln»eigen> Annahme: Iohanmrgasse 8, bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen Les In- und Auslandes. Druck und Beklag ,,» Fischer L Kürst«, Inhab«r: Paul Kürste». Nedaktio» und Geschist,stell«: Iohannisgasse 8. Ha»,t> Filiale Dreode«: Seestrogc i, i lTelephon ^821. Ar. 244. Die vorliegende Aufgabe umfaßt 32 Leiten. Dss Wichtigste. * Die Verhandlungen der S ch l i ch t u n g s k o m - Mission im Metallgewerbe, an denen ein Vertre ter der Hirsch-Dunckerscben Gewerkschaft teilnahm, endeten zur Zufriedenheit beider Teile, so dass der Friedensschluß benorsteht. ts d. bes. Art.) * Ein Konsortium unter Führung des Bankhauses Gebr. Arnhold in Dresden übernimmt 5 Mil lionen Mark Iproz. Leipziger Stadt- anleihe Emission 1S11. (S. Handelsztg.) * Der pren bische Gesandte am Dresdener Hofe Prinz zu Hohenlohe-Oehringen hat seinen Abschied eingereicht. (S. Dischs. R.) * ZnDresd'en trat am Sonnabend der 12. Ver bandslag Deutscher Mietervereine zu- lammen. sS. d. bes. Art.) * Am Sonnabend fand in Potsdam in Gegenwart des Kaisers die Enthüllung des Steuben- Denkmals statt. (S. d. bes. Art.) * Der bisherige amerikanische Botschaf ter in Berlin, Hill, wurde am Sonnabend vom Kaiser in Abschiedsaudienz empfangen. fS. d. bes. Art.) * Die nächste Unterredung zwischen Staatssekretär n. Kiderlen-Wächter und Botschafter Cam bon findet am Montag in Berlin statt. (S. d. bes. Art.) I * Aus Frankreich werden zwei tödliche Fliegerabstiirze gemeldet. (S. Letzte Dep.) Zeitgemäße Erinnerungen. Als die deutsche Regierung durch das plötz liche Erscheinen des „Panther" vor Agadir in etwas drastischer Form nach Paris die Auf forderung zu einer ergiebigen Unterhaltung über die gegenwärtige Marokkolage richtete, da geschah es letzten Endes in der Absicht, end lich einmal mit Frankreich ins reine zu kommen, den Alp der ewigen deutsch-fran zösischen Spannung zu bannen und womöglich die Wege zu ebnen zu einer wirklichen An näherung der beiden großen Kulturmächte, die einander bei freundschaftlichem Verhältnis in so mancherlei Beziehungen höchst wertvoll zu ergänzen vermöchten. Früher hatten wir es wiederholt versucht, durch alle erdenklichen Liebenswürdigkeiten diesem Ziele näher zu kommen. Diese Methode der einseitigen Liebenswürdigkeiten liest jedoch die praktischen Erfahrungen des letzten halben Jahrhunderts der Weltgeschichte auster acht, die da lehren, dast politische Annäherungen sich viel sicherer und fester vollziehen, wenn sie nicht etwa vorbereitet worden sind durch eine Politik der reinen Tourtoisie, sondern im Gegenteil durch eine sich jeglicher Sentimen talitäten entschlagende, ganz reale, nötigenfalls derbe und drastische Auseinandersetzung über die wechselseitigen Rechte und Interessen — eine Aussprache, bei der die Beteiligten nicht davor zurückschrecken, mangels ander weitiger Verständigungsmittel die Schwerter sprechen zu lasten, Diese Periode der ehrlichen Verständigung nach drastischer Auseinandersetzung hebt an mit der Entstehungsgeschichte jenes Bündnisses, das sich durch lange Jahrzehnte als das weitaus festeste und für den Verlauf der europäischen Dinge wichtigste erwiesen hat: das Bündnis zwischen dem Deutschen Reich und der Donau-Monarchie. Nicht durch den Aus- tqusch von großen Liebenswürdigkeiten und kleinen Geschenken zwischen Berlin und Wien ist es begründet worden — was ihm voran ging, war vielmehr der deutsch-österreichische Krieg von 1866. Als diese kriegerische Aus sprache ihren Abschluß fand in den Friedens verhandlungen, da war es Bismarcks leitender Gedanke, den Friedensschluß trotz alles Drängens von anderer Seite in solcher Weise zustande zu bringen, daß dadurch die Bahn frei ge- macht werde für eine baldige deutsch-öster reichische Annäherung, die bis zum engen Bündnis führen sollte. Wie Bismarck dieses politische Instrument damals gespielt, das muß ihm auch von dem al» eine seiner genialsten Leistungen anerkannt werden, der im übrigen vielleicht geneigt ist, mehr die ungünstigen I Sonmsy, üen 3 September ISN. los. Jahr-SN-. Nebenwirkungen zu sehen: die Auslieferung eines Teiles des Deutschtums an ein zunehmend slawisches Regiment und die Wahrscheinlichkeit, dast nach wiederaufgelebter Aktivität der öster reichischen Politik dereinst doch wieder neue Rivalität zwischen Wien und Berlin sich geltend machen müsse. Das russisch-französische Bündnis fällt aus dem Rahmen jener Verständigungen heraus, denen eine mehr oder weniger drastische Aus einandersetzung vorausgegangen ist: es verdankt seine Entstehung den Fehlern der deutschen Politik in der Caprivizeit, zeigt aber immer hin auch seinerseits, wie sehr man sich hüten soll, wegen der zwischen den Kontrahenten be stehenden Gegensätzlichkeit politische Bündnisse für unwahrscheinlich oder gar ausgeschlossen zu halten. Denn die Gegensätze zwischen der fran zösischen Republik und dem Zarenreiche alten Schlages waren zur Zeit der Schaffung des Zweibundes in der innerlichen Struktur der sich verbindenden Staaten doch wahrlich nicht geringer als die äußeren Gegensätze zwischen zwei Ländern, die sich vor kurzem bekriegt haben. Auch dem englisch-japanischen Bünd nis ist die große Auseinandersetzung nicht vorangegangen: aber die Erfahrung hat gezeigt, dast es auch keine dauerhafte Verständigung, sondern nur ein zeitweiliger Notbehelf der damals bündnishungrig gewordenen Briten gewesen. Sie haben das Bündnis ausgenutzt, um Rußland durch die Gelben demütigen zu lasten: als aber Japan bei diesem Werke war, da streckte der Brite — der es ja liebt, kriege rische Aussprachen möglichst nicht selbst zu führen, sondern durch andere führen zu lassen - die Hand nach der Newa aus; und nach der den Rusten durch Englands Verbündeten bei gebrachten Niederlage von Tsuschima, nicht nach einer Periode der Liebenswürdigkeiten, kam die englisch-russische Entente zustande, wie die englisch-französische Entente zustande gekommen war nach der von den Franzosen mit Rücksicht auf ihre unzulängliche Seerüstung und Küstenverteidigung zähneknirschend er duldeten Schlappe von Faschoda. Frankreichs Absicht war es in der Zeit nach Faschoda gewesen, Deutschland unter Nutzung des Burenkrieges zum französisch-deutschen Kriege gegen England zu treiben, in dem Deutschland die Zeche bezahlen sollte, Frankreich aber sein Schäflein in Nordafrika ins trockene führen wollte. Es ist eine pikante Revanche, die England für die gegnerischen Treibereien von damals an dem Entente-Freunde von heute nimmt, indem es ihn aufzustacheln sucht zu einem englisch-französischen Kriege gegen Deutsch land, in dem Frankreich die Zeche bezahlen soll, während England die Ernte Heimbringen will. Freilich dürfte dieses englische Verfahren die Franzosen auf die Dauer nachdenklich stimmen; und im übrigen zeugt es von erfinderischem Geist der heutigen englischen Diplomatie ebenso wenig wie jene rein äußerliche und so ganz andersartigen Zielen nachstrebende Imitation des Beispiels, das Deutschland während der bosnischen Krise durch Betonung seiner „Nibe lungentreue" gegeben, durch die jetzigen Erklä rungen, daß England unentwegt an der Seite Frankreichs stehen werde. Das vorläufig letzte Glied in dieser hoch interessanten Geschichte der auf politische Zer würfnisse gefolgten, mehr oder minder engen politischen Verständigungen ist die vollkommene Aussöhnung zwischen Rußland und Iapan, die keineswegs etwa als Farce aufzufasten, sondern für Japan nach dem Zerrinnen des englisch-japanischen Bündnisses zum ernsten Be dürfnis geworden. Kehren wir nach diesen geschichtlichen Rück blicken über das letzte halbe Jahrhundert zurück zu den deutsch-französischen Marokko verhandlungen und dem nicht mehr ver schleierten deutsch-englischen Zerwürf nis, so werden wir den Stand der weltpoli tischen Dinge am Ende mit ganz anderen Augen betrachten, als wir es in den letzten Wochen tun zu müssen glaubten. Der fünfte Reichskanzler war bei seinem Amtsantritt offensichtlich getragen von dem Streben — ja, man konnte wohl sagen: von der Zuversicht, die deutsch-englischen Beziehungen, die sich während der Amtszeit seines Vorgängers trotz aller Bemühungen dauernd als recht ge spannt erwiesen halten, einer entscheidenden Besserung entgegenzuführen. Kiderlens Absicht bei der Herbeiführung der neuen Marokko unterhaltung war es, auch die deutsch-franzö sischen Beziehungen auf eine ganz neue Ver- ständigungsbasts zu führen und einer ehrlichen deutsch-französischen Aussöhnung die Wege zu ebnen. Der Gang der langwierigen Marokko verhandlungen, die Tonart der englischen und französischen, in der Folge auch der deutschen Presse schienen darzutun, dast von alledem ge rade das Gegenteil, nämlich eine nur noch viel ernstere Spannung zwischen den drei Mächten, erreicht werden würde. Iu England speziell sieht man in dem deutschen Streben nach Ver ständigung mit Frankreich, nicht mehr durch die wirkungslosen Mittel der Courtoisie, sondern durch sehr ernste, realpolitische Aussprache ohne Vermeidung drastischer Mittel, den Versuch, die englisch-französische Entente zu sprengen, die man nun britischerseits um so mehr zu festigen beflissen war. Trotz all dieser britischen Bemühungen brauchen wir um den Ausgang nicht zu bangen, wenn die deutsche Diplo matie stahl hart bleibt und sich zum ernsten Zeichen der Bereitschaft auf unser gutes Schwert stützt. Die Geschichte des deutsch-öster reichischen Bündnisses, der englisch-französischen und der englisch-russischen Entente und der russisch-japanischen Aussöhnung — diese Kette politischer Verständigungen, denen ernste, teils bis unmittelbar an den Krieg heranführende, teils direkt kriegerische Zerwürfnisse und Aus einandersetzungen vorangegangen sind, mag uns die Zuversicht schöpfen lassen, daß im Falle kraftvollen deutschen Ausharrens auch diese, gleichfalls so hart an der Kriegsgrenze entlang führenden Marokkooerhandlungen schließlich eine politische Lage zeitigen werden, in der binnen nicht zu ferner Zeit vielleicht Frankreich und England in Wettstreit treten mögen um den Rang in der deutschen Freundschaft. Das im Augenblicke anscheinend Unwahrscheinlichste hat sich ja auch in all jenen früheren Fällen als das von der praktischen Vernunft der Staaten Gebotene erwiesen. * Zwei neue Kunügebungen zur Nlsrokkokrage liegen in der „Kölnischen Zeitung" und in den .Münchener Neuesten Nachrichten" vor. Der Artikel des rheinischen Blattes gibt sich als redaktionelle Arbeit, ist aber auf einen weit ernsteren Ton gestimmt als die kürzlich be sprochene. recht ungeschickte Veröffentlichung des „Berl. Lok.". Die „Köln. Ztg." bezeichnet als heiklen Punkt die Machtfrage, die aufgeworfen wird, wenn Frankreich Herr in Marokko wird und fährt dann fort: „Seitdem ist die ö f f e n t l i ch e M e i n n n g i n Deutschland noch mehr erregt worden, weil man aus den Aeusterungen der französischen »nd englischen Blätter und den berüchtigten Aus lassungen des „britischen Diplomaten in wichtiger Stellung" in der „Neuen Freien Presse" die Ueber- zengung gewann, auf der ganzen Linie der deutschfeindlichen Elemente sei der Angriff eröffnet worden, um die gute Ge legenheit zu einer Demütigung des Deutschen Reiches zu benutzen. Als die „Kölnische Zeitung" vor kurzem ausführte, es sei gar keine Uebentürzung geboten, und das Warten sei auch eine Waffe, hat man uns irrigerweise vor geworfen, wir wollten das deutsche Volk zu ge duldigem Warten auffordern, obgleich jeder un befangene Leser sehen mußte, daß wir nicht unser Volk, sondern unsere Diplomatie im Auge hatten. Diese Ansicht haben wir auch jetzt noch, nur ist seit dem das Werk friedlicher Unterhand lungen wesentlich erschwert worden, weil inan im Auslande keine Rücksicht auf die Jm- pondcrabilen nahm, vor deren Verletzung wir dringend warnten." Noch bemerkenswerter als diese ernsten Mah nungen an die Adresse des Auslandes, den Bogen nicht zn überspannen und der deutschen Langmut nicht allzu starke Proben anzusinnen, ist die Auslassung der „Münch. Neuesten Nachr.", die eine Unterredung mit einem „deutschen Diplomaten in wichtiger Stellung" darstcllt. Deren Ergebnis wird von dem Münchener Blatte in folgend« Sätze zusammengefaßt: I. Berzichtleistungen Deutschlands. Deutschland scheidet politisch aus der Reihe der Algecirasmächte aus, überläßt politisch Marokko an Frankreich, das sich wegen dieser seiner Vor herrschaft mit den anderen Unterzeichnern des Ver trages auseinanderzusetzen haben wird. Abgesehen davon gibt Deutschland die Kolonie Togo hin. N. Entschädigungen an Dentjchland. Erstens er hält es die volle Sicherung seiner wirt schaftlichen Interessen und volle Handels freiheit in Marokko verbürgt. Zweitens bekommt es von Frankreich ein großes Stück von Französisch-Kongo, vielleicht mit einem Hafen; wahrscheinlich auch das Vorkaufsrecht auf das spanische Rio-Muni-Gebiet, das es — später — mit der spanischen Insel Fernando Poo zu vereinigen hoffen darf. . Zieht man die Bilanz aus dreier Verlust» und Gewinnrechnung. dann will es uns scheinen, als ob der Derlust ü b e r w ö g e. Weite Kreise des deutschen Volkes werden es nicht verstehen, warum bas Faustpfand „Agadir", da» auf eine Er werbung des Susgebiete» hinzudeuten schien, wieder hcrausgegedc» werden soll ohne die geringste polt- liithe Festsetzung in Südwestmarokko. Aber das möchte noch gehen, die Gefährdung einer so ex ponierten Stellung durch Großbritannien wäre wohl aus die Dauer zu bedrohlich. Dagegen wird die Hergabc Togos, von der merkwürdigerweise die sozialistische „Humanitü" auch gestern wieder trefflich unterrichtet war, ini veutfchen Volke sehr schmerzliche E >n p s l n - düngen erwecken. Gewichtige Imponderabilien werden damit ohne Not — beiseite geschoben. Obwohl das endgültige Beseitigen aller Marokkoslreitiragen eine nichl zu unterschätzende Bedeutung haben wird: dafür, oasz uns etwas, das eigentlich schon dnrch zwei Verträge, die von 1006 und 1000, gewährleistet war, nun zum dritten Male feierlich st verbürgt werden fall, nämlich die volle Handelsfreiheit und volle wirt schaftliche Betätigung in ganz Marokko unter künftig französischem Protektorate, dafür opfern w i r nach unserem Dafürhalten zu viel. Ueber- oies wird es außerordentlich schwer jein, von den Franzosen derartige Garantien sür die Einhaltung des Punktes 7 zu erhalten, daß künftig jede Irrung ausgeschlossen sei. Daß wir den in Aussicht gestellten Erwerb an sich gewiß wertvoller Kolonien aus spanischem Besitze natürlich nicht umsonst erlangen, sondern mit einigen Millionen angemessen bezahlen werden, liegt auf der Hand. Dafür wird Spanien wahr scheinlich das erlangen, was uns versagt bleiben soll: den Mitbesitz an marokkanischem Boden. Für einen mehr oder weniger unsicheren Wechiel auf die Zukunft greifbare Opfer: das ist der Hnupteindruck der amtlichen „Richt linien". Sollten die Angaben der „Münch. Reuest. Nachr." mit der Wahrheit übcreinstimmen, so können wir nur dem Urteil dieses Blattes beipflichten. Das Deutsche Reich opfert angesichts seiner Stärke und Macht viel zu viel, um dafür recht problomati scheu Gewinn für sich zu buchen. Deshalb eigentlich wäre zu wünschen, baß die „Richtlinien", Hie in diesem Aufsalze gezeichnet worden sind, recht bald amtlich als völlig unrichtig bezeichnet würden. Nach den Wahr ncchmungen, die man in den letzten Tagen machen konnte, scheint diese Hoffnung allerdings auf recht schwactzen Füßen zn stehen. Denn unser Berliner .1. Mitarbeiter drahtet uns zu der Forderung des Landcrwerbes in Marokko folgendes: „Dast die deutsche Regierung marokta nifches Gebiet nicht erstrebt und während der deutsch französischen Verhandlungen niemal s gefordert habe, ist mir bereits vor drei Wochen an zuständiger Stelle versichert worden. Hinzu gefügt wurde damals, daß der „Panther" nach Agadir gehen musste, auch wenn dadurch in einem Teile der deutschen Bevölkerung die Hoffnung aus die Erwerbung marokkanischen Gebiets erweckt wurde. Wenn man sich lrcmüht, die Regierung nicht zu verdammen, ohne auch diejenigen Momente in Betracht zu ziehen, die sie zu ihrer Zurückhaltung veranlaßt Haden könnten, so ist zrrzugeben, daß cs oer deutschen Politik nicht angemessen gewesen wäre, leichtfertig ein Stück Fleisch aus dem Leibe eines mohammedanischen Staates, wie des marokkanischen Scherifen reiches, zu verlangen. In einem Augenblick, da ein osmanischer Prinz als Gast in der deutschen Keichs Imuplstadt lveilt, drängt sich dieser Oiedanke doppelt ans. Deutschland hatte nach der ganzen Vor geschichte der marokkanischen Frage keinen Grund, das Scherifat als einen Ka dauer zu behandeln. Die deutsche Politik wurde rechtlich und diplomatisch dadurch stark, dast die Akte von Algeciras und das deutsch-französische Februnrabkommcn die Unabhängigkeit des Sche rcfenrciches ebenso zur unverrückbaren Grundlage hatte, wie die wirtschaftliche Freiheit, und daß Frankreich sich dagegen schwer verging Wenn Deutschland nun ebenfalls die Integrität des Sultanats angriff, müßte es auch für seine eigene Position eins andere Grundlage wählen." Prehstimmen über die Münchner „Richtlinien". Die „Tägl. Rundschau" sagt zu den Veröffent lichungen der „Münch. Reuest. Nachr.": „Immerhin hoffen wir, daß sich am Ganzen noch wesentliche Irrtümer befinden. So können wir vor allem nicht annehmen, daß die deutsche Regierung willens ist, unsere Kolonie Togo, die einzige, die sich aus eigenen Mitteln erhält, wirklich prels- zugebcn. Sonst hätten wir es nicht mehr mit einem schlechten Geschäft, sondern mit einer vollen Niederlage zu tun." Die „Kreuzzeitg." billigt, daß das Deutsche Reich kein marokkanisches Gebiet fordert und schreibt: „Die deutsche Regierung, durch zwei Verträge gebunden, kann unmöglich anders handeln; wollte sie all den großen und kleinen, den offenen und versteckten Feinden Deutschlands nicht eine wuchtige Avaffe in die Hand geben, den moralischen Kredit und das Ansehen des Deutschen Reiches auf das Schwerste schädigen. Sollten wir uns desselben Ver tragsbruches schuldig machen, den wir an Frankreich so hart und bitter zu tadeln haben? Soll ten wir uns ebenso einfach über Vertrüge hinweg setzen, di« von der deutschen Regierung im Namen des Kaisers geschloffen wurden, wie es Frankreich tat? Nein. Deutschland durfte Frankreich auf dieser abschüssigen Bahn einer Interessenpolitik nicht fol gen, die sich kaltblütig über Verträge und Derspre- chungen hinweasetzt, wenn es ihr dienlich erscheint. Deutschland mußte seinerseits die von ihm im Namen des Kaisers nnterzeichneten Ver träge halten. Wir glauben, daß diese von Deutsch land bewiesene Achtung vor geschloffenen Verträgen reiche Zinsen bei Freund uno Feind tragen wird, daß man in allen Kabinetten sich früher oder später daran erinnern wird, daß wir unseren verbün deten ein unbedingt treuer Freund, unseren Geg nern aber ein ebenso zuverlässiger Feind sind und bleiben wollen. — Das Platt schreibt die
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