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Abend-Ausgabe Sil BtzuflS-Prei- Anzeigen-Prei- ser Nr. 336 105. Zshrgang Mmiwg, Len s. ve,ember iSIl Die vorliegende Ausgabe umfaßt 8 Lenen. »klage!. ,2r^« ltt . Mr I s, n le keusche «n»en. — und Tcle- Lnlanne. ?rol. k»om « Kem n Hliiir.ch ad> tu. mm. )ann. »r^n -T ein vlo. cünwald. und. mschalk. er iüd» Auf einer eiors» ndeock^ ek 25 »ckelv. rek«. «r. 980. >kcv. s em. vkr s 14 892 tN-chtanschln») Tel.-Änschl.i 14 883 l 14 894 -» ... l14«S2 (N«cht..,ql»v Lel.-Auschl. j 14 893 i 14 894 Ämtskkatt -«s Nates und des Notizeiamtes der Stadt Leipzig t. ttiqer Tonner.» aiseritt. — e,e» rtuer .Zum ernen '8 Uhr: l _ atlnee rer gute erlauchter lhe Franck» H.eraufr Aus -er Lahn gelcksieuüert. 41) Roman von Carola o. Eqnatten. (Nachdruck verboten.) Für neu hinzutretende Leser. Szarolta Usallovary, «in junges Mädchen aus vornehmer Welt, ist durch einen Schurkenstreich um ihr reiches Erbe ge bracht. Sie wird nach mancherlei Irrfahrten Malerin und sinder treue Helfer, die dem verlorenen Testament nachsorschen. Auch «in alter Diener ihres Paters, Mellik, ist schon gesunden. Ter Lohn des Erbschleichers such« sie zu gewinnen, indem er ihr Liebe heuchelt und um ihre Hand anhalten will. Auch sonst ist man aus der scindliche» Seite nicht untätig und sucht aus jeden Fall das Testament in die Hände zu bekommen, wozu sich schon eine Spur bot, die jedoch auch den Freunden Szarol- las nicht verborgen bleibt und eiligst ausgenommen wird. mit dem ich doch nichts anzufangen weiss. Onkel Lud wig; was mich so überglücklich macht, ist einzig der Beweis von Papas Zuneigung zu mir-; seinen Besitz teilte ich gern mit Csallooarys, wenn ich dürfte?'' sagte sie, den Arm um Hornbostels Nacken legend, in einem Ton, der wie eine halbe Frag« klang. Ueber sein Gesicht glitt ein Lächeln, dann sagte er: „Das kannst du dir noch überlegen, Kinderl, bis du deine vierundzwanzig Jahre hast; und bis dahin ist's noch eine gute Weile!" „Vorher kann ich gar nichts verschenken — gar nichts?" Hornbostel schüttelte den Kopf. „Auch mit deiner Erlaubnis nicht?" „Nein, Kleine, denn ich darf sie nicht geben, und wenn ich sie gäbe, wäre sie ungültig; nicht einmal die Oberoormundschaft darf es. — Aber warum fragst du, wem möchtest du was schenken?" „Dem Arpad! Ich habe es mir schon lange vor genommen, dass er etwas haben soll, wenn wir ge winnen, denn stürbe Herr Kerkhelyi, so hätte er gar nichts", erwiderte Szarolta. „Uns hätte er, Szarolta, uns alle miteinander! — Aber es ist recht, wenn du ihm später einmal etwas gibst; er wird's brauchen können. — Wie soll's denn nun mit dir werden, Kinderl, hast du schon darüber nachgedacht?" „Mit mir? Za, was soll denn mit mir werden?" „Nun, ich meine, du wirst vielleicht deinem Ver mögen gemäss und nicht in den Stüberln leben wollen, die ich dir geben kann! Ich würd' dir das auch gar nicht übel nehmen—" Szarolta war aufgesprungen und rief heftig: „Onkel Ludwig, das ist beinahe eine Kränkung! Denkst du wirklich, kannst du denken, ich würde von dir gehen, ehe ich muss?" „Dom Fortgehenmüssen kann überhaupt nie di« Rede sein. „Doch; wenn ich heirate!" wollte Szarolta er widern, unterdrückt« diese Bemerkung aber, denn st« hatte di« Empfindung, als würde es ihren Pflege vater kränken, dass sie sofort an Jenö Tsallovary und ans Heiraten denke. Durch ein Zimmer getrennt, sah Elias Herrn Mayer gegenüber, der ihm soeben das bedungene Honorar ausqezahlt hatte, und nun noch weiter« zehn Schein« zu hundert Kronen vor ihn hinlegt« mit dem Bemerken: „Auf Herrn Hornbostels Weisung." „Nein", sagte Elia, und schob st« zurück, „tausend Zur Lage in Lisins. Eine Unterredung mit einem chinesischen Revolutionär Auf dem Stang-Fluh (Provinz Hunan), 11. November. Unser Dampfer, die „Siang-krang Maru" hat seinen Namen von dem Fluh, auf dem wir jetzt sahren. Der Siang-Fluß münoet in den Tuiig-tiiig- See und eme sechsunodreißigstündige Fahrt von Hantou flußauf fuhrt nach Changsba, der Haupt stadt der Provinz Hunan. La sich bekanntlich Hantou sowohl als Chang-cha im Besitz der Re bellen befinden, so besteht augenblicklich zwischen diesen beiden wichtigen Orten ein Austausch von Jung-Chinesen, die natürlich eine Fahrt aus dem schnellen westländischen Dampfer der langsamen und schwerfälligen Dschunken vorziehen. Ein Blick in die erste Klane jür die Chcne en der „Siang-kiang Maru" zeigt, daß wir eine Anzahl Revolutionäre an Bord haben, die in den lau.en Gesprächen, die sie führen, aus ihrer Gesinnung kein Hehl machen. Die meisten, selbst wenn sie sich .chweigeud verhalten, vermögen auch nicht ihre Gesinnung zu unterdrücken, denn ihr Aeußeres lässt leicht ihre politischen An schauungen vcrralen. Einer von den vie»en erregte meine besondere Aufmerkiamkect. Er war lebhaft in jeinen Gesten, und verstand es meisterhaft, durch seine Beredsamkeit jeinen kleinen Zuhörerkreis zu unterhalten. Das Thema bildeten jellmverständlich die letzten Vorgänge um Hanyang und Abutschang. Die Aufforderung eines Dieners, daß für die chine sischen Herren das Essen bereit sei, machte dem Vor trag, der um die Mittagsstunde gehalten wurde, bald ein Ende, und als sich der Redner als letz er anjchickte, sich in den «peijesaal zu begeben^ bat ich ihn um eine Unterredung nach dem Essen, dre er mir später gewahrte. Zur verabredeten Stunde traf ich den Herrn im chinesffchen Salon des Schiffes, der stilvoll dem chine- sijchen Geschmack angepaßt war. Nachdem der erste Schwall gegenseitiger Vorstellung, der Nam' und Ort una das Woher Wohin, verrauscht war, lenlte ich auf das beabsichtigte Gesprächsthema, wobei mich Herr Li, wie er uch nannte,, selbst unterstützte, weil er offenbar ahnte, aus was ich hinzielte. Ich be deutete Herrn Li von vornherein, daß er meine Meinung, die ich im Laufe des Gesprächs vielleicht seinen Auffassungen entgegensetzen würde, als ganz persönlich amehen solle und betonte, daß er in mrr nicht den Deutschen sehen solle, der zu ihm spreche, sondern irgend einen Freuno Chinas. Herr Li begann: „Die ganze Revolution, infolae der heute schon die Hälfte aller chinesischen Provinzen von der Z ntralregierung adgefaüen ist. ist ein Werk der Geheimgejellschaft Ko-min-tang, von der Sie wohl auch schon gehört raben werden. Ich selbst bin An hänger dieser mächugen Gesellschaft und freue mich, daß die achtjährige Arbeit, die ich ihr gewidmet habe, ihren Lohn in den glänzenden Erfolgen findet." „Was nennen Sie glänzende Erfolge, Herr Li?" warf ich ein. „Nun, ist es etwa kein Erfolg", sprach mein Gegenüber lebhaft, „wenn innerhalb eines Monats die grössten Städte des Reiches und neun Provinzen Peking den Gehoriam verjagen, wenn wir die gegen uns ins Feld gesandten Regierungstruppen wie einen Schwarm ängnlicher Kinder zurückjchlugen, wenn Tausende zu der Fahne streben, auf der geschrieben steht: „Hilf Han, vernichte Man" (Hilf der (neuen) Han (Dynastie), vernichte die Mandschu-Lynastie), Ar Leivtia »atz *»»»»«« »,rch «le» Iräa», »nd Soedite,,» r»»l lä,l>ch t«» (>«»» «ed>o»t a> P, LNi««. »terieliohtl P,' »nter» FiUote» , »»-««ftelleit «daed»l« 1» PI. «»aatU, LS Mi. otenellähru Herr Li bemühte sich sichtlich, der Unterhaltung eine anders Wendung zu geben, und ich nagte ibn deshalb, wie er sich die neue Han-Regierung denke. „In unseren Kreisen", sagte Herr Li, „gehen die An sichten noch auseinander. Die meiste Billigung findet aber der von unserem geistigen Führer Sun-Pi-Hsien gehegte Plan einer Republik nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten. Das Beispiel Frankreichs ist uns unsymphatiich. weil die Zentialgewalt in Paris liegt uno die ein einen Departements eine Ver ödung zeigen. Das amerikanische Vorbild gibt unseren Provinzen in jeder Beziehung die weitgehendste Selbständigkeit und die Republik ist bei der Dy- «chiedenheit unserer provinziellen Interessen die beste Lösung. An der Spitze des Ganzen steht natürlich ein Präsident. Wer es werden wird, weiß ich nicht, denn es hängt von Verhandlungen ab. dre fetzt gepflogen werden. Vielleicht wird Puanschikai, vielleicht auch Sun-Pi-t.sien Chinas erster Präsident werden." Ich unterbrach Herrn Li. „Darf ich fragen, zwischen wem Unterhandlungen im Gange sind?" „Das ist doch leicht zu erraten", meinte Herr Li. „Augenblicklich unterhandelt General Li-Püan-Hung im Namen unserer Partei mit Puanschitai." „Sie wollen damit doch nicht sagen, Herr Li, daß sich Puanschikai aus Unterhandlungen wegen des Präsideruenposten eingelassen Hal?" Mein Gegenüber zuckte die Achseln und meinte: „Nach den Demütigungen, die Puan nach dem Thron wechsel vor drei Jahren erfahren hat, wäre es nicht zu verwundern, wenn er in seinem Alter noch Revo lutionär würde." „Nach unseren westländischen Auffassungen, Herr Li, wäre das Lebenswerk die es seltenen Mannes, wenn er der Dynastie den Gehorsam verweigerte, vernichtet, und der spatere Geschichtschreiber könnte ihn nur als Vatcrlandsverräter kennzeichnen. Im übrigen ist es vorläufig noch eine müßige Frage sich mit dem ersten Präsidenten zu beschäftigen. Wie denken Sie sich die Verhältnisse in der neuen Regie rung weiter? „Nun, wir wollen eine durchaus moderne und fortjchrittliche Negierung, mit treuen und wissens- reichen Beamten, wir wollen Handel und Industrie nach Kräften fördern (darunter gehört auch die Be seitigung des Litinj und ferner öffnen wir ganz China den Fremden." „Gegen dieses Programm ist nichts einzuwenden, Herr Lr, und ich preise ichon heute das Genie, das es duräzuführen imstande ist. Theoretisch nimmt sich alles großartig aus, aber setzen Sie es nur ein mal in der Tat um. Die Heranbildung eines treuen und aufgeklärten Beamtcnstabes mag vielleicht ge lingen. Die Abschaffung des Likin steht aber in unmittelbarem Gegensatz zur republikanischen Verwaltung. Sie sagten jelbst, daß die Eigenart und Selbständigkeit der Provinz gewahrt werden solle. Dazu gehört das eigene Budget, dessen Rückgrat in den Litrneinnahmen be steht. Ein Ausfall dieser Einnahmen bedeutet eine Mehrbelastung des Volkes durch Steuern. Wenn Handel und Industrie gefördert werden sollen, dürfen sie nicht belastet werden. Es bleibt aber vorerst nur die Erhöhung der Grundsteuer übrig, und in dieser Maßnahme würde meines Erachtens der Keim zu einer gewaltigen Gegenrevolution liegen, mit der das ganze Volk jympathisieren würde". „Das sind Zukunftsfragen," meinte Herr Li. „Ebenso wie Ihre Republik, Herr Li," warf ich ein. „Sie glauben also nicht an eine vollständige Um wälzung des Regierungsjystems, für das wir jetzt kämpfen?" „Nein; aber ich sehe in der Revolutien ein rei- wenn ferner die Bevölkerung von Städten und Dörfern jubelnd zu uns übertritt und in uns die Befreier aus langer Knechtschaft sieht. Solche Vor gänge haben in der Geschichte, die ich gründlich studiert habe, ihre Parallele. Denken Sie nur an Washington, der Amerika vom englischen Joch be freite, denken Sie ferner an Preußen, denen Volk einmütig zusammenstand, als es den Advotatensohn Napoleon zu vertreiben nalt." „Ich bin Ihr East, Herr Li; Sie bewirten mich hier mit Tee und Zigaretten. Ich bitte deshalb mich zu entjchuldigen, wenn ich meiner abweichenden Auf fassung Ausdruck gebe." „Bitte", meinte Herr Li etwas ärgerlich, indem er nervös die Asche von seiner Zigarette abschnippte. „Offen gestanden", begann rch, „hat mich Ihre Rede nicht überzeugt. Gewiß hatte das von Li- Püanhung geführte Nationalheer bei Hankou Er folge, aber nur solange Ihre Partei mit erdrückender Ueoennacht kämptte und fast im Sturm,chritt dem Häuflein treugebliebener Hupehtcuppen unter dem Brigadegenerar Chang-Piao fünfzehn Kilometer Boden abgewann. Dem geordneten Vorrücken der wenige Tage später eintreffenden Verstärkungen aus dem Norden hielt Ihr „Nationalhcer" keinen Stand und es räumte in ziemlich regelloser Flucht das Feld. Dieier Rückzug wurde aber in Ihrer Presse als ein Sieg des Ko-min-chün, des National heeres hingestellt. „Im Kriege ist jedes Mittel billig, älterer Brueer", sagte Herr Li. „Wenn bisher wirklich nur von unseren Siegen gesprochen wird, so mußte es geschehen, um den Geist in unseren Truppen frisch zu er. alten. Und dann ist es vielleicht auch besser gewesen, daß der Kampfplatz weiter weg von der Fremdenniederlassung verlegt worden ist." „Wie dem auch sei, Herr Li, durch derartige ge färbte Meldungen führen sie einen Hohlbau auf, der über Nacht einstürzen kann." „Ich verstehe Sie nicht", meinte mein Gegenüber. „Nun. das unwissende Volk glaubt leicht lügen haften Meldungen und wird im guten Glauben re volutionär. Die meisten Städte sind vielleicht gerade auf die von der Aufstandslettung in Wutschang ver breiteten, für die revolutionäre Sache überaus günstig lautenden Meldungen zum Aufstand veran laßt worden. Wenn später die Bewohner sehen, daß sie von der Ko-min-tang hinters Licht geführt worden sind, dann ist ein endgültiger Bruch zwischen dem Volk undJhrerUmsturzgesellschaft unvermeidlich." „Soweit wird es nicht kommen", lenkte Herr Li hastig ein. „Später! Was meinen Sie mit später? Glauben Sie, daß es jemals der Zentral- regierung wieder gelingen wird, unum chränkte Macht im Reiche auszuüben? Ich jage Ihnen vor aus, daß an unserem kommenden Neujahrstage tein Mandschu mehr in Peking herrsmen wird. Der Prinzregent Tichun. das fünfjähttge Kaiserchen Hsüan- Tung und das ganze Mand.chupack, das jetzt noch in den Ministerien herumlungert, wird in die mongolische Steppe vertrieben sein und nur Chinesen sollen regieren, nur Chinesen." „Sie sind Mitglied der Ko-min-tang, Herr Li, und ich verstehe ihren Haß gegen die Mandjchus, in denen Sie die Eroberer Chinas sehen, von deren „Joch" ihrerAnsicht nach das Volk befreit werden muß." „Ganz recht. Jeder Chinese soll die Mandschus glühend Haffen." „Aber erlauben Sie Herr Li, ist dieser Hatz nicht völlig unchinesisch, das heitzt, liegt er etwa in der geschichtlichen Entwicklung begrünoet?" Als ob Herr Li bei mir eine Kenntnis der Grund züge der chlnesijchen Geschichte vermisse, begann er hastig ein Bild von den letzten Tagen der Ming- dynastie und von dem Eroberungszug der Mandschus Kronen sind genug für die Arbeit, die ich getan habe, gnädiger Herr. Wenn Sie aber wollen sonst noch etwas für mich tun, so nehmen Sie mich mit nach Pest und weisen mir arc einen Winkel, wo ich kann schlafen auf einer Schütte Stroh." Zwanzigstes Kapitel. Hornbostels gemütliches Wohnzimmer war wieder einmal der Schauplatz einer für Szarolta bedeutungs schweren Unterredung. Außer ihm und ihr befand sich noch Margita Kisfaloa darin, die neben ihr saß und ihre Hand hielt, Mayer und ein schlanker, brü netter Herr von einigen dreißig Jahren und sehr eleganter Erscheinung, der ein Päckchen Briefe und noch verschiedene ander« Papiere in der Hand hielt. Szarolta sah sehr verändert aus, beinahe geister haft bleich, uttd dabei hatten ihre Züge einen jonder- oar starren Ausdruck, der seltsam kontrastierte gegen das dunkle Glühen ihrer Augen, die unverwandt auf dem brünetten Herrn ruhten. — Im Augenblick herrscht« vollkommenes Schweigen unter den vieren. Der Fremde schien zu warten, daß eine Frage an ihn gerichtet werd«, die Blicke der beiden andern hingen in angstvoller Spannung an Szaroltas Gesicht. Endlich bewegten sich ihre Lippen: „Herr Sigossy, sind Sie «rbötig, alles das, was Sie uns erzählt haben, in Herrn Jenö Csallooarys Gegenwart zu wiederholen?" „Ja, mein Fräulein, dazu bin ich jede Stunde be reit", erwiderte er ohne Zögern. „Sind Sie auch jn der Lage, die Richtigkeit Ihrer Behauptungen zu beweisen?" ,,Auch das. — Darf ich Ihnen di« Beweise, soweit ich jolche besitze, vorlegen?" Szarolta nickte, und der brünette Herr legte das Briefpäckchen und li« übrigen Papiere bis auf eins auf den Tisch; das eine zurückbehaltene aber faltete er auseinander und übergab es Szarolta mit den Worten: „Ich mache den Anfang mit dem Zeugnis, das Herrn Dr. Csallooarys ehemaliger Hauslehrer, der praktische Arzt Dr. Krisz in Erian, seinem äl testen Zögling ausstellt: Faul, verlogen, eitel und selbstsüchtig bis zum Exzeß, unsolide und unzuver lässig." Des jungen Mädchens Blicke glitten über di« ein zelnen Zeilen des Zeugnisses langsam hin, dann legte es das Blatt wieder zusammengefaltet auf den Tisch. „Weiter." „Was de« jungen Herrn Tsallovary» Juwelen- zu entwerfen, die im Jahre 1644 ihre neue Dynastie endgültig befestigten. „Seit dieser Zeit," so schloß Herr Li seine Rede, „wird China von den Mandschus be herrscht, deren verrottete und bestechliche Regieruncis- weiie unierem Volk blutige Wunden geschlagen bat, von denen wir Umstürzler es jetzt heilen wollen." „Ihre Ausführungen entsprechen nicht den ge schichtlichen Tatsachen, Herr Lc", wandte ich ein. „In Wirklichkeit war das chinesische Reich unter der Macht derMingdynastie derart heruntergekommen, verfallen und ausgesogen und am Ende seiner Kräfte angelangt, daß die mandschurischen Eroberer als die Retter in der höchsten Not erschienen. Und über das erste Jahrhundert ihrer Regierungsweise hat sich China sicher nicht zu beklagen. Denken Sie an die Blütezeiten unter den Kaisern Chien-Lung und Kang-Hsi; ich meine, das sind Perioden, die hinter der berühmten „Frühlings- und Herbstepoche" nicht zurückstehen. Es ist das Schicksal jeder Dynastie, daß sie veraltet und sich wieder verjüngt, voraus gesetzt, daß sie die Kraft dazu hat. Kerne chinesische Dynastie hat es nach ihrem Verfall zu einer zweiten Blütezeit gebracht. Der Mandjchudynastie ist es ge lungen. Auf die herrlichen Tage der ersten kraftvollen Mandschukaiser setzte em Verfall ein, der das ganze vorige Jahrhundert ausfüllte, aber seit der Jahrhundertwende ist wieder ein Aufstieg unverkennbar. Ist das, Herr Li, was Sie als verrottete Mandictmwirrschaft bezeichnen, nicht vielleicht gerade vom Chinesentum beeinflußt werden? Wenn man ein Stück weißes Tuch in Indigo wirst, dann wird es blau, sagt ein chinesisches Sprichwort. Den Mandschus ist es ärmlich ergangen; die nahmen während ihrer mehr als 250jährigen Herrschaft völlig chinesische Farbe an, und heute sind beide Raßen (wenn Sie überhaupt von Raffen sprechen könne») ethnographisch völlig verschmolzen. Was zu überbrücken bleibt, sind vielleicht nur die traditionellen Gegensätze, und damit ist auch schon begonnen worden. Die heißblütigen Jungchinejen haben aber seit 20 Jahren systematisch versucht, diese letzte Ueber- brückung zu hintertreiben und den Grundstock zu einer national-chinesischen Bewegung zu legen, die me.nes Erachtens künstlich ist und dem komuzischen Staalsideal, auf das sich sonst die Reformer berufen, völlig widerspricht." Herr Li hatte mit einer nervösen Unruhe meinen Ausführungen gelauscht, er schritt hastig zur Tür, warf seine soeben angezündete Zigarette über Bord und nahm, eine Weile nachdenklich dastehend, fernen Platz ein. Dann setzte er das Gespräch 'ort: „Es ist zum ersten Male, daß ich mit einem Westländer über ein solches Thema spreche und ich muß feststellen, daß Ihre Ansicht von dem, was ick) in west- ländijcyen und japanischen Zeitungen gelesen habe, gänzlich abweicht. Wir find in den letzten acht Jahren Auszüge aus japanischen, englischen und amerikanischen Blattern zugeganpen. und ich habe aus ihnen, soweit sie chinesische Verhältnisse beur- terlen, eriehen, daß man im Ausland mit der jung chinesischen Bewegung, die den Sturz der Mandschus herbeiführen will, stark sympathisiert hat." „Mir sind «olche Preßäußerungen nicht unbekannt, Herr Li, und sie haben, teils »yjtematijch, teils aus Unkenntnis chinesischer Verhältnisse ge.chrieben, mit dazu bergetragen, dem Jung-Chinesentum in seinen Taten gegen die Dynastie den Rücken zu stärken. Der Arbeit jener Blätter ist es aber auch zuzu schreiben, daß ein Haß gegen die Mandschus künstlich entfacht, sorgjam genährt und vertieft worden ist. Und wer hat diesen Haß in die chinesischen Volks kreise gepflanzt? Die chinesischen Zeitungen, die von solchen Zeitungen irregeleitet worden find und die Jung-Cyineien, die in den drei Ländern studiert haben." »inH »„ UnierholS Deimchlan»» ans der deritliben »°>«n>e» vi«il«I,ädrl ».« M«.. «onatl. Ml au»tchl Poitdeltellaeid Ferner in Belptea, Dänemark den Donaoltoaten. Itotien. Luiemdui^ Niederlande Nor wegen r »slerieiid - Unaorn. Nutztand, Schweden Echwete u Spanien. Jn alle« ädrigen Slauten nui bireki durch die <b«lcholr»ll»U« de» Platte, «rdätluch. Da, L»>p«ia«, Taaedlan «rlcheinl rinal tsdUch. kann» «. Feiertag» no« morgen». >bann»m»nt»-Unnadme I«tza»n>»gaN» 8^ d,i unteren Trägern. Atltalen. Spediteur«» und Unnatzmestellen, iowl« Pogämtern und Bneilragern. Stn,,iv«ria»t»pt«t» w Ps. 0laS27 Fischer, üebold. ikölster. Kohler. Zleisch zfleifch. für Jnjerat» au, reioria und Umgebung Hi» Noalr>a»Pr»t»»ri« 26Pt,»i»NeNa««» ,«tl« l Mr «on u»»n>art» A> VI. Nekiam«» 1M> Mr Jnieiot, von «edsrdrn ttn amt lichen le» d„ P„l,-»,l» »0 P» S«lchäst,ant»«gen mll PlagoorlchEe» im Prell« «rbSht. Nadatt nach Tarif BeilaaegebLbr Seiamd- aullag« 5 Ml. o Taulend «rki PoltgedühL Teilbeilog« d^ker. Felieneil«, Äuitraa, können nicht »urüL« arrogen werben, «ilr da, ikrlchetn«» «» beitimmlrn tonen und Plätzen wird ket« Lar.nii« übernommen. Anzeigen . Annahme Jodannl.gny« 4 bei iämlllchen Ziiiolen u. ollen Annonc«»- Elpeditionrn de» In« and Auilande». Druck und Verla« »o» gliche, L Xi^te» Jnt>ad,r. Pa»l NRrlte». -ledaktlo» an» G«lchäit,ftekl«; Jodannirgali« U -aapt«Filiale Dreade«: Eeeitrase t. l llelrphon <6211 einkäufe anbelangt, so habe ich zwar nichts Schrift liches oorzuweisen", sagte der Fremde, „darf mich aber auf Herrn Kooary selbst berufen, der sich bereit erklärte, Fräulein Varos, aus aller Freundschaft für Sie und Herrn Hornbostel mündlich jede aeroürffchte Auskunft darüber zu geben. Mit Kale Rose ist nichts anzufangen, er verweigert jede Auskunft, denn er will es mir dem Club of Sportsmen nicht verderben, von dessen Mitgliedern viele treue Kunden sind. Aber Dr. Lazars erster Schreiber ist bereit, Ihnen mündlich zu wiederholen, was ihm der Geldverleiher über sein« geschäftlichen Beziehungen zu Herrn Jenö Csallpvarq und dessen Aeußerungen über das Sie beide einigende Band erzählt hat. Endlich habe ich noch die Briefe, die der junge Mann in der Zeit vom 8. Januar bis vergangenen Donnerstag an Ethelka Görgey, unsere gefeierte Soubrette, gerichtet hat. Sie werden daraus die Beweggründe ersehen, die ihn seiner eigenen Aus sage nach zur Werbung um Sie bestimmten, und auch die Zudringlichkeit, mit der er die Dame rxrfolgte." „Ich danke", entgegnete Szarolta, di« Papier« zurückschiebend. „Briefe, die nicht an mich gerichtet sind, lese ich nicht." „Fräulein Görgey hat mir aber die Briefe au» freiem Antrieb für Sie übergeben; sie läßt Sie. mein Fräulein, sogar ausdrücklich bitten, sie zu lesen, „denn , s«tzte sie hinzu, „es wäre nicht nur um jede Träne, sondern um jeden Gedanken schade, den di« junge Künstlerin diesem gemeinen Subjekt widmete!" Einige Augenblicke zauderte das jung« Mädchen, dann nahm es die Briefe aber doch an sich und sagte, ausstehend: „Ich danke Ihnen, Herr Sigossy. sowohl für Ihre' Bemühungen als auch für die offene, un verblümte Aussprache." „Beides war nur meine Pflicht, Fräulein Daro», leider keine angenehme! Ich wünsche, es wäre mir vergönnt gewesen. Ihnen befriedigende Aufschlüsse zu geben. — Ich habe nur noch hinzuzufüg«n. daß ich auf Ihre Verzeihung hoffe, wenn ich Ihre Empfindungen verletzte", sagte Sigossy. der berühmteste und eleganteste Privatdetektiv der ungarischen Hauptstadt, in dessen Hände May«r die Csallooary-Angelegenheit gelegt hatte. Szarolta wendete sich mit einer leichten Ver beugung zum Gehen, und als Margita Kisfaloa ihr folgen wollte, winkte sie ihr ab. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.) Szarolta und Gertrud Franke, die schon seit Mittag in steigender.Unruhe, schließlich in Angst der Rückkehr ihrer Freunde geharrt hatten, gingen vor dem Haus« auf und ab, bis st« ihrer ansichtig wurden. „Dort kommen sie, dort!" rief Szarolta freudig, und beide liefen den Nahenden eilends entgegen. „Onkel Ludwig! — Herr Mayer! Gott sei Dank, daß ihr wieder da seid!" sprudelte Szarolta hervor, sich an Hornbostels Hals werfend. „Wir konnten euch keine Botschaft schicken; es war niemand da —" „Elias war doch bei euch!" — An ihn hatte man nicht gedacht. „Laßt s gut sein", sagte Hornbostel, „wir bringen gute Botschaft; das Testament ist gefunden, und du, Szarolta, bist d«ines Baters llnioersalerbin! — Ich gratulier«, meine Kleine!" „Ich auch!" sagte Mayer. „Daß du mir die Kunst aber nicht als Nebensache behandelst, weil du sie nicht mehr brauchst! Sonst würde dir das Vermögen zum Fluch!" Kerkhelyi drückte ibr nur schweigend die Hand, und auch Gertrud Franke umarmte sie, ohne ein Wort zu sagen. „Morgen früh wollen wir den Herrn Notar be suchen und ihn bitten, dir das Testament oorzulesen". sagte Hornbostel zu Szarolta, ihr Balota und Pelt vorstellend. Zn den Gasthof zurückgekehrt, folgte Szarolta kbrem Pflegevater in sein Zimmer und setzte sich neben ihn auf das winzige, mit einem alten Roßhaarstoff tekleidete Sofa. „Mir ist « wirklich nicht um da» viel« Geld zu tun. nMerTllgMM Handelszeitung