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Br^ugS-Prei» füi L«Nt>» »»» durch m>l«n Traaei and Eordllrvr» !»»< tialich in» yau» grdrowl « VI. monatU, k.7d MI. virrteliahrl V«c »njee» gtltal«» ». >n» nahmeilell«» adaehoU 7S VI. mosatt, L»«I. vtenrltLhrl. D»n» »»« G,»r mnerhald D«»ua>la»d» and brr deuttzd«» Naloni«» »„rleljädkt ».SV Vil„ «onaU. l.A> MI. au»ichj Pollbeftellaeld Ferner m Belgien, Dänemarl. den Donaultaaten. Ilalien. Uuremdurg Nlederlanb«, N»r- wegen Oekienelch - Ungar». -iuSland. Schweben, Sckweu a Span»«». I» allen übriger. Sraaten nur virell durch dt» Selchalrrirell» de» Blau«» «rdaltltch. Ta» lletpugrr Logedlau «rlcherm ltaral. täglich Sonn. ». Feiertag» nur morgen». Üldonn«mrn«».llnnadmr I.üa»»r»gall« 8, bei anlrren Iraaern. Arlralen.Spediteure» uad Annahmellellr», >owr« Boiramlrr» und Bnellrager». Abend-Ausgabe. Urip.ngcr Tagtblatt ss 14 892 («achtauIchlnU s" 892 l««chta»lchl»v l.ii«°s3 ^anoeiszeikung. Amtsblatt des Nates und des Nolizciamtes der Ztadt Leipzig. Anzeige» Preis fllr Inserat« au» llerpti, und Umgeb»»» die Ispalttg« P«ttt,eile LPs. die Reklame teil« I MI.' von auswart» 30 Ps, Reklamen llll MI. Inlerai« von Behörden im ami- lichen Teil dt« Petttreil« S0 Ps Selchäftsanzeigen mit Platzoorschrist«» im Breis« «rhöht Rabatt nach Tarts. Beilagegedühr lliesaml- auslag« S Mk. v Tausend «rkl. Postgebühr. Teildeilag« hoher. Aeftertellt« Ausiraa« können nicht jarüil- ae-ogen werden. Für da» ikrlchetnen an bestimmten Tagen und Platzen wird lei»« iSarantir übernommen. Anzeigen »Annahme: 2oh»»»i«g»ss« 8, hei samilichen Filialen a. allen Annoncen» Expeditionen de» In- and Auslandes. Duut und Verla, v»u Fischer L «iirste» Inhaber: Paal Riirfte». Redaktion »,d »rschitslsstell«: Iohannisgass« 8l Haavt»Filial« De,»»««. Srestrab« 4, l (Telephon 462V. M. 247. los. Jahrgang MtnmoM, üen S. September 19N HW- Unsere heutige Morgenausgabe umfaßt 18 Seiten, die Abendausgabe 8 Seiten, zusammen 26 Seiten. >»u^.,. .... Oss Echo suk üie Note. Die Veröffentlichung der sogenannten Beruht- gunxsnote der „SkorLd. Allgem. Ztg ist in der d e u l- schen Presse verhältnismäßig ruhig hingenom men worden. Die Absicht, beruhigend auf gewisse, stark nervös gewordene Kreise zu wirken, wird aner kannt, vielfach wird darüber hinaus sogar einer optimistischen Auffassung der Lage Raum gegeben, aber cs zeigr sich hier und La auch eine recht skeptische Stimmung. Besonders die „Kreuzztg.", die eben erst die Möglichkeiten eines Krieges erörtert hatte, ist mit dem so überaus vorsichtig formulierten letzten Satz der Erklärung gar nicht zufrieden; sie meint vielmehr, daß der Ausdruck vom „glätteren Fortgang" der Ver handlungen gewählt wurde, „um darauf vorzube reiten, Laß aller Voraussicht nach die deutsch französischen Verhandlungen auf der Ba sis der von Cambon übermittelten Beschlüße der französischen Regierung ergebnislos verlau fen werden." Aehnliche Befürchtungen hegen auch andere deutsche Blätter. In der Londoner Presse hat die offiziöse Er klärung dagegen durchweg einen äußerst günstigen Eindruck hervorgerufen. Alle City-Blätter stimmen Larin überein, daß nur durch das lange Schweigender deutschen Diplomatie die Berliner Börse während der letzten Tage schwankend war. Kiderlcn-Wächters Politik, so schreiben sie, ziele dahin, alle Börsenleute zum Bankerott zu bringen. Sie wundern sich, daß die Negierung nicht schon vor längerer Zeit eine Note über die MarokkoverhanLlungen veröffentlicht hat. Die Pariser Movgenpreste übt noch einige Zu rückhaltung; die meisten Blätter veröffentlichen die Rote der „Nordd. Mlg. Ztg." ohne einen Kommentar. Die wenigen Blätter, die auf die Auslastung eingehen, sind der Meinung, daß Frankreich den Schluß der Be sprechungen abwarten könne, und geben der Hoffnung Ausdruck, daß es sich in würdiger Weise aus der Ma- rokkoaffüre zieht. Der offiziöse „Petit Parisien" spricht die Meinung aus, daß ein Scheitern der Verhandlungen und das Eintreten unerwarteter Dinge nicht mehr zu befürchten ist. Die Note be deute, daß der französische Vorschlag eine feste Grund lage zu den Verhandlungen biete, und daß Herr v. Ki- derlcn Wächter Liefe Grundlage als annehmbar be trachte. Das „P a r i s I o u r n a l" glaubt zu wissen, daß die dentfä)e Regierung in allererster Linie die Note deshalb veröffentlicht hat, um die deutsche F i - nanzwelt, die in letzter Zeit sehr beunruhigt war. zu beruhigen. Die Blätter verlangen von Deutschland, daß es dieselbe Ruhe bewahre wie Frankreich, (!) Doch scheint diese Ruhe nur äußer lich zu sein. Nur Las „Echo de Paris" bringt wieder einen Hetzartikcl. „Wir haben", so schreibt das Blatt, „Deutschland präzise Vorschläge zukommen lasten. Er halten wir eine günstige Antwort, so kann die Ma rokkofrage als erledigt gelten. Wenn nicht, dann darf die französische Regierung nicht länger zögern, ihre Soldaten unter die Waffen zu rufen. Mit Deutschland ist scheinbar nur zu diskutieren, wenn wir unseren Säbel geschliffen in der Scheid: halten. Bis zum 20. d. M. wird ganz Frankr eich unter Waffen sein, wenn die deutsche Regierung bis dahin nicht unsere For derungen erfüllt haben wir d." Sollte diese Auffassung des Chauvinistenblattes im ganzen fran zösischen Volke geteilt werden, dann wäre jeder Ver such auf deutscher Seite, Gegenvorschläge zu machen, nutzlos. Manche Kreise Frankreichs scheinen auf eine Demütigung Deutschlands geradezu zu brennen. Um so mehr muß es die deutsche Regierung als selbstver ständliche Pflicht betrachten, sorgfältig zu prüfen, ob in den Vorschlägen des Herrn Cambon irgend etwas enthalten ist, was in jenem Sinne ausgeleg: werden könnte. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhänge, daß die „ N o w o j e Wremja ", die allerdings nie an besonderer Vorliebe für Deutschland gelitten hat, die Franzosen in ihrem Widerstand gegen deutsche Abänderungen an den Cambonschen Vorschlägen be stärkt: „Ganz Rußland billigt die Haltung Frank reichs, das im Recht ist und seine nationale Ehre verteidigt." Noch deutlicher ist die Sprache des „Ruß": „Deutschland soll sich nicht durch seine übertriebenen Forderungen ganz Europaaus den Hals Hetzen." Derartige Stimmen maß gebender russischer Blätter sollten für uns in Deutsch land ein ernstes Warnungszeichen sein. Einberufung der Eisenbahnschutzmannschaften. Zum Schutze der E i s e n b a h n st r e ck e n in einem Mobilmachungsfalle sind seit einigen Jahren besondere Wachmannschaft e n aus ehemaligen Unteroffizieren und anderen Männern wie Land wirten, Jägern usw. vorgesehen, die sich für den in Frage kommenden Dienst besonders eignen. Das Frankfurter Bezirkskommando hat jetzt, nach der „Nat. Ztg.". ein Rundschreiben erlassen, wonach cs erwünscht ist. daß die dafür in Aussicht genommenen Mannschaften zu einer zweitägigen Uebung eingezögen werden. Die Uebung findet am 2ö. und 26. September in Zivilkleidcrn statt. Die Eisen- bahndlrektion hat den Auftrag erhalten, das verfüg bare Wagenmaterial bcreitzustellen. Keine weiteren Kriegsschiffe nach Agadir. Die „Köln. Ztg." schreibt: „Wie uns am Sonn abend aus Hamburg berichtet wurde, hatte Dr. Wirth ans München bei einer in Alsterdorf abgehaltencn all deutschen Versammlung die Ansicht geäußert, die Reichsregierung gedenke, noch mehr Kriegs schiffe nach. Agadir zu schicken. Ohne zu wissen, worauf diese Vermutung sich stützt, glauben wir^ daß sie nicht zutrifft, denn irgendein Er eignis. das die Entsendung weiterer Schiffe in die marokkanischen Gewässer nötig machte, ist nicht ein getreten." llrber öle Uebungen üer Lochleellotte wird nachträglich noch folgendes gemeldet: Kiel, 6. September. (Eig. Drahtmeld.) Nach träglich wird gemeldet: Die gestrigen Vorfüh rungen der Flotte nach einem besonderen Programm am Vormittag bestanden zunächst in einer Reihe von Evolutionen, die Lei dem prachtvollen, aufklärenden Wetter in ihrer großartigen Exaktheit vorzüglich verfolgt werden konnten. An sie schloß sich ein längeres Feuergefecht. Die Friih- stüctstafel beim Chef der Hochseeflotte fand während der Fahrt der Flotte zum Ankerplatz bei Fehmarn statt. Dem Kaiser zunächst saßen hierbei Erzherzog Franz Ferdinand, der Großhcrzog von Oldenburg. Prinz Heinrich, Prinz Georg von Bayern, Graf v. Moutccuccoli, Großadmiral v. Tirpitz. Groß admiral v. Köster, Admiral Holtzendorsf. Wie man hört, äußerte sich der Erzherzog über die Vor führungen der Flotte mit der höchsten An» erkenn»ng und Bewunderung. In den Nachmittagsstunden verweilten der Kaiser und seine hohen Gaste auf der „Hohenzollern" und gingen um 7 Uhr wieder an Bord der „Deutschland", wo Abendtafel stattfand und auf der die Rückfahrt nach Kiet angetrcten wurde. Während der Kieler Fahri wurde ein Nachtgefecht mit einem Angriff der gesamten Torpedobootsflottille vorgeführt. Die Lichtkegel der Scheinwerfer, die dicht geballten Wolken des Pulverdampfes, die Naketcnsignale, das rauschende dunkle Wasser, die Silhouetten der Kriegsschiffe und die schwarzen Torpedoboote vereinigten sich zu einem Bild von milder Art, während das Ohr von den dröhnenden Salven der Geschütze betäubt wurde. Nach dem Ein laufen in den Kieler Hafen ging der Kaiser mit seinen Gästen wieder an Bord der schon vorher eingetros- fenen Kaiserjacht. Gm irmkhmunll m pcrlrcn? Während noch in den letzten Tagen fortgesetzt von Erfolgen des Erschahs Meldungen aus Pe si.n entliefen, kommt jetzt eine wichtige Nachricht, nach der die Negierungsiruopen noch vor Len Torrn Te herans einen vernichtenden Schlag gegen die An hänger Mohammed Alis ausgoführt haben: Teheran, 6. September. sEig. Drahtm.s W nige Meilen von hier kam es gestern zu einer entschci» denden Schlacht. Die zumeist aus Turkcm.ucn bestehenden Truppen Sardar Asch ad s wur den v o l l k o m m e n überrascht. Die Sache des früheren Schahs hat einen Schlag er litten, von dem sie sich wahrscheinlich nicht erholen wird. 600 Mann, darunter Sardar Aschad, wurden gefangen genommen und vier feindliche Kanonen er beutet. Die Regi.'iungstruppen machten auch sonst eine reiche Bente. Sardar Aschad, der verwun det ist, wird hin gerichtet werden. politische Nachrichten. Wieder ein „Spion". Paris, 6. September. (Eig. Drahtm.) Bei Com- pi< gne wurde ein Deutscher, angeblich ein ge wisser Richter aus Dresden, unter der Be schuldigung der Spionage verhaftet. Verbesserungen in der Ueberwachung der holländischen Grenze. Aachen, 6. September. (Eig. Drahtmeld.) Wie amrlich mitgeteilt wivd, ist zwischen Deutsch land und Holland eine Vereinbarung getroffen worden, nach der die Polizei von Holland und diejenige in den deutschen Grcnzbezirken unter Umgehung Ver Zentralinstanzen in unmittelbaren Verkehr irrten dürfen. Die Vereinbarung bezieht sich in der Hauptsache nur auf die Ueberwachung und A u s k u n ft n a h m e über Ausländer. Als solche Grcnzbezirtc gelten die Regierungsbezirke Köln, Düsseldorf und Aachen. Die Verein barung dürfte die Arbeit der Regierungen in der Ueberwachung der Schmuggler und Spieler wesentlich erleichtern. Rosa Luxemburg steckbrieflich verfolgt. Warschau, 6. September. (Eig. Drahtmeld.) Das Gericht des 8. Bezirks der Stadt Warschau Irak gegen die bekannte deutsch: Sozialistensührerin und Schriftstellerin Rosa Luxemburg, deren Gatte ein Nüsse ist. einen Steckbrief erlassen. Rosa Luxemburg soll sich angeblich augenblicklich in Berlin aufhalten. In dem Steckbrief wird die Bevölkerung aufgefordcrt, für den Fall einer Rückkehr Rosa Luxemburgs nach Rußland, diese den Gerichten zu zu führen. Der Steckbrief ist auf Grund des 977 des russischen Strafgesetzbuches (revolutionäre Propaganda) erlösten worden. Die neuen italienischen Dreadnoughts. Rom, 6 September. (Eig. Drahtmeld.) Italien arbeitet gegenwärtig mit fieberhafter Eile an dem Ausbau seiner Flotte. Der fünfte und sechste Dreadnought sind jetzt in der Arbeit und gehen ihcer Vollendung entgegen. Die Werften entfalten eine angespannte Tätigkeit, um die Liefc- rungstermine innehalten zu können. Die beiden neuen Dreadnoughts „Leonardo da Vinci" und „Ju lius Cäsar" werden im September und Oktober vom Stapel laufen. Die Abrüstungsarbeitcn des Panzer, kreuzers „San Giorgio", der seinerzeit verunglückte, dauern fort, doch glaubt man nicht, daß man das Ge rippe des Kreuzers retten kann. Der Marineminister wird dem Ministerrat eine neue Forderung Vor lagen, um so bald wie möglich noch zwei neue Dreadnoughts auf Stcn>el zu legen. Verschwörung gegen König Alfons? Paris, 6. September. Nach einer Meldung aus Cerbere an der spanisch-französischen Grenze sp icht man in Madrid seit einigen Tagen von der Ent deckung einer gegen das Leben des Königs A lfons gerichteten Verschwörung. Die Sicher heitspolizei bekam von ihren Agenten in Paris eine darauf bezügliche Meldung unv trifft alle Vorkeh rungen, um sie aus Frankreich in Spanien ankom menden Reisenden scharf beobachten zu lassen. Zu diesem Zwecke befindet sich in jedem Zuge, der aus Frankreich nach Spanien abgcht, ein spanischer Ge heimpolizist. Bisher sollen 17 solcher Gcheimpoli zisten mit diesem llebrrwachunasdicnste betraut wor den sein. Es heißt auch, daß A n a r ch i st e n planen, den Jnfanten Don Jaime, der sich in ver Klinik eines bekannten Professors in Freibure einer Behandlung unterziehen muß. zu entführen, weshalb dort eine strenge Bewachung Les Prinzen eingerichtet wurde. Nuk üer Svlümsge. 33) Roman von Marie Stahl. tSlachdruck verboten.- Kläre hatte ihre Sicherheit so völlig verloren, Laß sie sich dem Minister gegenüber nervös und ängstlich fühlte. Sein Kommen erschreckte sie; denn mit dem untrüglichen Instinkt des Weibes fühlte sie, wieviel davon ihr galt. Und gerade jetzt mußte sie doppelt vorsichtig rn ihrer ganzen Haltung sein. Wenn er zu weit ging, konnte leicht Mißtrauen g gen sie hervorgerufen werden, oder Zweifel an der Un verletzlichkeit ihrer Moralität. Sie wußte nur zu gut, von welcher Seite die Eifersucht geneigt war, unge recht gegen sie zu werden. Und auch Frau von Flam- beras war sie durchaus nicht sicher. Hatte sie ihr doch damals einige sanft« Reprimanden zuteil wer den lassen wegen der Verliebtheit des Majors, und wenn es auch neulich ihr Wohlgefallen erregte, daß der hochmächtiae Staatsminister die Sonne seiner Gnade sogar über ihr Hausfräulein scheinen ließ, so konnte dieses Gefühl ebenso leicht in strenge Miß- billigung und Tadel Umschlagen, wenn er um Haares breite weitergehen sollte in seiner Huldigung, als ihr angenehm war. Und sie hatte immer noch zu tun, den Aerger wieder gut zrr machen, den ihr Sonntags spaziergang im Regen mit der darauffolgenden Er krankung heroorgerufen hatte. Sie wußte längst, daß keine Frau auf Rosen gebettet ist, di« unter der Fuchtel einer anderen Frau steht; selbst einer so lie ben, vornehm denkenden Dame wie Frau von Flcrm- berg gegenüber galt es, jedes Wort, jeden Gedanken abzuwägen, wenn sie sich nicht Unannehmlichkeiten bereiten wollt«. Freiheit der Meinung und Tat waren gänzlich ausgeschlossen. Sie brauchte den Vorwand wichtiger Geschäfte zur Vorbereitung des Mittagessens, das bei der Plötz lichkeit der Ansage einige Schwierigkeiten verursachte, um sich den ganzen Vormittag fernhalten und Frau von Flamberg den Empfang überlasten zu können. Sie olieb in der Küche und nahm sich einige be sonders schwierige und umständliche Gerichte vor, um sich dort unentbehrlich zu machen. Es geschah nun wirklich, daß Frau von Flamberg nach ihr schickt«, weil Geiersmark den Wunsch äußerte, sie zu begrüßen- aber sie ließ sagen, sie bedaure, sie könne unmöglich abkommen. So mußte sich der Minister vorläufig mit der NI „lieben, alten Dame" begnügen. Und dann wurde Haideklang gerufen, um mit ihm einen Spaziergang durch die Felder zu machen. Erst zur Mittagstafel, um 3 Uhr, erschien Kläre, wie immer, in ihrem dezenten, schwarzseidenen Kleide, ohne allen Schmuck, was ihr besonders gut stand. Sic hatte die Tafel mit herrlichen Rosen geschmückt; die Türen nach dem Balkon waren weit geöffnet, und Las Licht funkelte in dem alten Familiensilber und Kristall. Es war alles tadellos hergerichtet, als diniere man alle Tage in Satzenfclde im großen Stil. Außer Jemelchen waren Marjahn und Wieprecht in Livree gesteckt und beim Servieren tätig, und Kläre hatte es fertig gebracht, dieses ländliche Trio so zu drillen, daß sich alles mechanisch abwickelte. Weiß wein, Erdbeerbowle und Sekt waren genau auf die richtige Temperatur gekühlt, und von der köstlichen Kraftbrühe an bot jeder Gang das Erlesenste der Jahreszeit aufs geschmackvollste für Gaumen und Auge hergerichtet. Frau von Flamberg war wieder einmal sehr zufrieden mit ihrer Stütze und dachte im stillen: „Mein Gott, was finge ich ohne sie an! Großartig, wie sie das so schnell zustande gebracht hat, und ohne alles Aufhebens, als wäre das alle Tage so bei uns!" Heute verzieh sie zum ersten Male den Ncgenspaziergang und die Krankheit ganz. Geiersmark begrüßte Kläre wärmer, als ihr lieb war. Er hatte von ihrer Krankheit gehört und be dauerte lebhaft ihr verändertes Aussehen. Sie lenkte das Gespräch schnell auf das Buch, das er ihr geschickt hatte, und zeigte durch ihre Bemerkungen, daß sie es mit Verständnis gelesen. Bei der kleinen Tafelrunde blieb die Unterhaltung allgemein, und der Minister zeigte sich wieder ganz als der scharmante, geistvolle Causeur, der dem Genuß eines solchen Mahles die rechte Würze zu geben versteht. Und abermals wirkte der Zauber seiner Persönlichkeit befreiend auf Kläre; sie fühlte seine Gesellschaft und Unterhaltung wie eine Wohltat, so daß ne die Angst und Sorge wie das Herzweh der letzten Wochen ein wenig vergeßen konnte, und das glich einer Erlösung. Nach dem Diner wurde der Mokka wie üblich auf dem Balkon serviert. Kläre hatte sich wieder zurück ziehen wollen; diesmal hielt sie aber Frau von Flam- oerg selbst energisch fest, denn es strengte sie zu sehr an, die Unterhaltung ihres Gastes allein zu bestreiten. Es war ihr auch durchaus nicht unlieb, als der Mi nister rücksichtsvoll darauf bestand, daß sie ihre übliche Siesta hielt. Ich muß jetzt einmal den Hausherrn spielen und anordnen, daß Sie, gnädige Frau, sich zurückziehen und ein Schläfchen halten," sagte er liebenswürdig vertraulich. „Ich werde mich unterdessen ganz aus gezeichnet mit meiner Kollegin, dem Satzenfelder Ministerpräsidenten, unterhalten. Und nachdem Frau von Flamberg sich zurückge zogen hatte, sagte er weich: „Was ist Ihnen, Kind? Ist es wirklich nur das Schnupfenfieber, Las Sie so verändert hat? Ich möchte Sie wieder so sehen, wie Sie mir zuerst gegenüber traten, so zwanglos und verstehend. Es ist heute, als ob eine Wand zwischen uns stände." Kläre schwieg eine Weile mit einem gequälten Ausdruck, und er sprach weiter: „Sehen Sie, ich hatte mich so auf dieses Wieder sehen gefreut. Nach all der großen Arbeitslast und den aufreibenden, zerrüttenden Kämpfen der letzten Wochen sollte es mein Lohn sein, hier einen Tag lang auszuruhen und glücklich zu sein in dem Frieden dieser mir liebgewordenen Stille. Aber zu diesem Glück ge hört für mich immer das Mitgenießen einer ver stehenden Seele, einer mir verwandten Natur. Ich find« das so ungeheuer selten; die innerliche Einsam keit ist das große Leiden, die eigentliche Tragik meines Lebens. Zu meinem unsagbaren Entzücken entdeckte ich neulich beim ersten Sehen in Ihnen das, was ich meist vergeblich suche, jenen Funken, der sofort auf blitzt, wo ich anschlage. Und heute wollen Sie nicht reagieren, heute ziehen Sie sich immer hinter jene fatale Wand vor mir zurück." „Exzellenz müßen verzeihen und bedenken, daß ich Rücksichten auf meine Stellung zu nehmen habe," ent gegnete Kläre zögernd. „Ich bin kein freier Mensch, der seinen Neigungen oder Wünschen folgen darf, Und gerade weil man mich hier in der liebenswür digsten und liberalsten Weise gleichberechtigt be handelt, darf ich nie die Grenzlinie außer Augen lasten und überschreiten, die sich von selbst aus meiner Stellung ergibt." „§)M, ist es das?" fragte Geiersmark sichtlich be friedigt. „Ich sehe. Sie sind sehr klug und vorsichtig, und darin haben Sie ja recht. Damen, wie unsere liebe, vortreffliche Mama Flamberg, sehen die Welt lebenslänglich nur aus einem bestimmten Gesichts winkel an, und der ist nicht gerade der größte, kann es auch nicht sein, wenn man immer in ländlicher Stille lebt. Aber nun sind wir beidc eine kurze, schöne Stunde auf uns allein angewiesen, und nun lassen Sie diese böse Wand fallen. Sehen Sie mich einmal wieoer mit Ihren Sonnenaugen an wie neulich, so daß ich mich gleich um zwanzig Jahre jünger fühlen lann." „Ich fürchre, ich werde Exzellenz heute sehr ent täuschen; es liegt eine Erdenschwere auf mir, die ich nicht abschütteln kann," murmelte Kläre befangen. Er sah sie forschend und nachdenklich an. „Kommen Sie," sagte er dann aufmunternd, „lassen Sie uns einen Gang durch den Garten machen. Es ist nicht mehr so heiß, und ich gehe gern in die alten, schattigen Daumparks spazieren, besonders wenn sie etwas ur wüchsig und verwildert sind, ohne dekorative Kunst anlagen, ein Genuß, der mir auch selten zuteil wird." Und während sie nebeneinander die große Allee hinunter und tiefer in die Laubgänge des Gartens gingen, plauderte er von den Entbehrungen und Ent sagungen des Menschen der zu einem repräsentativen Leben verurteilt ist, und dessen Person aufgehen muß in der Charge. „Ich sage Ihnen das zum Trost; Sie sehen daraus, daß Sie nicht allein unfrei sind," bemerkte er dazu. „Es ist also auch eine Illusion, daß wir auf den Höhen des Lebens zur Freiheit kommen," sagte Kläre. „Alles dreht sich im Kreislauf, der Mensch kommt im mer wieder auf denselben Punkt zurück, und ein eiserner Ring unverstandener Notwendigkeit hält alles eingeschlosten. Ich habe noch nie eine Antwort gefunden auf das Warum all dieser Kehrseiten des Kulturdaseins. Es will mir immer scheinen, daß wir uns die schwersten Fesseln gegenseitig abnehmen könnten, wenn wir nur mehr Mut und mehr Ver trauen zueinander hätten." „Ja, das ist das große Wenn! Wenn die ver fluchte Mittelmäßigkeit nicht wäre und das, was unter dem Durchschnitt ist, und das ist die ganze, groß« Maste. Die gehört in Ketten und Käfige, und ihret wegen wird der höhere, der Adelsmensch, mit ein gesperrt. denn sie gönnt ihm nicht die Bevorzugung seiner Ueberlegenheit. Und sehen Sie. darum lechzt meine Seele nach der kongenialen Natur, denn nur sie kann mir in stillen Feierstunden des Lebens KetteU abnehmen, die mir ins Fleisch schneiden." (Fortsetzung in der Morgenausgabe^