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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.11.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111127020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911112702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911112702
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-27
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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vom Kap Matapan ein an« 6 grossen und 23 kleinen Kriegrichiffen bestehendes italienisches Leichwader gesichtet worden ist. welches Kur» nach Osten nahm. Kap Matapan liegt am Ausläufer de» Taygetos, gebirge» auf der Halbinsel Morea, dem alten Pelo- vonne»; von da bis zu den Dardanellen hat die Flotte noch den Teil der Mittelländischen Meeres, den man mit dem Namen das „Meer von Kandia" bezeichnet, und dann das ganze Aegäische Meer zu durckfahren.K Wie einschneidend auf Handel und Wandel in jener Legend diese Vorgänge wirken. "dafür zeugt folgende Nachricht: Die Lage i» Mytilene. ?. 0. K»»fta»tiuopel, 27. Nov. lE. D.) Aus Mytilene wcrd gemeldet: Handel und Wandel liegen hier «eit einigen Tagen völlig brach und man er. waitet in den nächsten Taqen den Konkurs einiger proher Handelshäuser. Man ist tü.'kffcherieits jedoch test entschlossen, einem eventuellen italieniich.'n Angriff äubersren Widerstand entgegenzusetzen. Die Bevülke- rung von Mytilene geht fehl eifrig daran, alles für die OUvenernre bereitzuhälten, denn gerade der Oelhandel, der Haupterwerb der Bevölkerung, ist dasjenige Geb.et. aus dem »ine Stockung bisher noch mcht zu verspüren war. Auch zu Lande regen sich dke Italiener, irnd zwar nach den. neuesten Nachrichten ganz bedeutend. Aller dings wird man auch da gut tun, diesen gegenüber eine gewisse Reierve zu bewahren, da sie aus italienischen Quellen stammen. Die „Agenzia Stefani" meldet: Tripolis. 27. November. Lestern früh erfolgte der allgemeine Vormarsch »icierer Truppen ander Eüdost front. Auf allen Punkten «ar «r oon vollem Erfolge gekrönt und schloss mit dem Rllckznge de» Feindes aus seinen befestigten Stellungen. Diese Aktion gestaltete sich nach einem sehr lebhaften Kampfe, der den ganzen Tag dauerte, zu einem glänzen den Siege, der bestimmt sein dürfte, für den ganzen Feldzug von entscheidender Wirkung zu sein, .Das BorrückcnbegannumOUHr früh durch diek.Brigadc, das 23. und 52. Infanterieregiment und zwei Bat terien. Zwei Eebirzsoatterien und zwei Eskadrons Kavallerie dildeüen den äobersten rechten Flügel. Um 7 Uhr eröffnete die feindliche Artillerie aus ihren Stellungen inr Südfüdosten, vom sogenanntenFornaci aus, das Feuer auf unsere Brigade. Unter dem Schutze der italienischen Artillerie, welche die tür- tische niederkümpfte, besetzten unsere Truppen um 8.45 Uhr das Armcnhospital. Bald darauf begann türkische Infanterie von Mesri her die ersten Reihen der sechsten Brigade zu beschicken. Die italicni,che Artillerie richtete dann ihre Schüsse gegen die feind liche Infanterie, während die italienische Infanterie, die den Vormarsch mir Ruhe und Entschiedenheit fortgesetzt hatte, zum Angriff auf Fort Mesri schritt. Als gleichzeitig das 11. Bersaglierieregiment, welches den rechten Flügel der italienischen Ostfront bildete, gewahrte, dass die sechste Brigade auf gleiche Höhe gekommen war, drang es gegen Henni vor. Unter dessen griffen die ersten Abteilungen der sechsten Brigade Las kleine Fort Mesri an, während rechts von ihnen das 50. Infanterieregiment die türkische In fanterie in ihren Laufgräben angrcff. Die italienischen Truppen an der Ostfront gingen zähe vor und mutzten eine Befestigung nach der anderen und ein Haus nach dem andern den Arabern abringen, die sich in den Palmen versteckten oder hinter Hindernissen aller Art verschanzten. Ein Haus, das Len Grenadieren im Wege stand, mutzte in die Lust gesprengt werden, so e»bittert war der Widerstand, den die Insassen leisteten. Gegen -1 Uhr nachmittags war der Vor- marsch auf der ganzen Linie durchgeführt. Das 33. Infanterieregiment besetzte die neue ihm zuge wiesene Stellung, in die bald daraus auch die Grena diere einrücktcn, während die Bcrsaglieri das Dorf Henni besetzten und den Feind vor sich hertriebcn, der sich in Unordnung aus allen Seiten zurückzog. Eine überraschende Nachricht kommt aus London, die zur Frage der Neutralität Aegyptens eine merk würdige Illustration gibt: Italienische Truppen in Aegypten. London, 27. November. (Meldung der „Press. Tentrale".) Wie diesige Blätter au» Alexandria berichten, find gestern zwischen Selum und Mersa Matru italienische Truppen gelandet worden. Diese Soldaten sollen verhindern, Latz Kriegskontrebande in das Innere des Landes gebracht werden. Zu Zwischenfällen ist es bis jetzt noch nicht gekommen, auch hat sich die Landung ohne jeglichen Widerstand vollzogen. Man wird gut tun, hier die Bestätigung abzu warten. Die Revolution in Lisins. Mird die Revolution siegen? Hierzu wird aus Peking eine Nachricht über deu neuen Präsidenten der unabhängigen Provinzen gebracht, welche die Frage allerdings zu bejahen ge eignet ist: sie lautet: Es verlautet, Latz die Regierung die Hilfe der Grossmächte zur Bewältigung des Aufstandes in Anlvruch nehmen werde. Die Provinzausicküsse von Kiangsu und Petschili protestieren lebhaft geaen Len Entschrutz. Lhangchien, der ehemalige Präsi dent des Prooinzausschusses oon Kiangsu wurde zum Präsidenten der unabhängigen Provinz gewählt. Die revolutionäre Regierung zu Wutchang hat ihn zum Nachfolger desVize- köniar von Nanking ernannt. Tang- ch « oching . der ehemalige Direktor der Tseliang- Eisenbahn, wurde oon Len Revolutionären rum Präsidenten der Provinz Tsekiang ausersehen. Chen te Kuen, der Generalgouoerneur von Krangsu, wurde von der Bevölkerung von Sutphau zum Präsidenten der unabhängigen Prcoinz uno zum Vertreter der Provinz bei der revolutionären Re gierung in Wutchang ernannt. Der General Lihuen» yung erklärte in einem Erlatz, datz die Mandschus, die sich bei den jetzigen Staatsumwälmngen neutral und ruhig verhalten, den Schutz oer Revolutionäre geniesten sollen. Der General hofft in einigen Wochen ganz Thina für die repul'lilaniiche Idee gewonnen zu Laben und dann die tuns gronen Rassen: Chinesen, Mohammedaner, Mongolen, Tibetaner und Mandschus, zu einem grogen Staat zu vereinigen. Der General betont ausdrücklich, dass die republikanische Bewegung mcht als Rassenkampk zwischen Chinesen und Mandschus, sondern lediglich als politischer Kamps zu betrachten ist. Das Edikt des Prinzregenten, das die politischen Verbrecher begnadigte, hat drei Revolutionären, die im Jahre 191b versuchten, Len Regenten zu ermorden, die Freiheit wiedergegeben. lieber die neuen Metzeleien in Hankau, die von den Kaiserlichen inizcniert wurden, herrschen in ganz China die ver schiedensten Widersprüche. Ein Teil der Bevölkerung glaubt, datz überhaupt keine Massaker stattgejunden haben. Ein anderer Teil bestätigt das Gegenteil. Taiiache rst, datz unter der Führung des Majors Teisung, eines Mandschus, die Regierungstruppcn erbarmungslos zahllose Menschen hingcschlachtet haben. Und auch die neuesten Meldungen scheinen dieser bejahenden Auffassung nicht im Wege zu stehen. Die Lage in Peking. Peking, 27. November. Die in Peking er wartete Finanzkrisis droht jeden Augenblick auszu- brechen. Die Bewohner Pekings eröffneten einen Run auf die Sparsamkeit, um die Einlagen abzu- Hebeti. Die Preise der Lebensmittel sind enorm ge stiegen. Alle Vergnügungslokale sind geschlossen. Die ganze Bevölkerung ist in grosse: Aufregung. Der Handel liegt brach. Ueberall werden Revolver ver langt, deren Preis ums Achtfache gestiegen ist. Jeder mann denkt an seine Sicherheit und versieht sich mit Waffen. Wenn die Verhältnisse tatsächlich in der Haupt stadt so liegen, so sieht das sehr böse aus. Was wird da der mächtige Mann Chinas tun? Danach meldet man uns: Yuanschikai trifft Maßnahmen zur Bekämpfung der Rebellen. Peking, 27. Nov. (E. D.) Der Ministerpräsident yuanschckai hat die Absicht geäustert, mit den Rebellen nicht in Unterhandlung treten zu wollen, sondern sie mit Waffengewalt zu be kämpfen, und hat hierzu bereits seine Mahnahmen getroffen. Dieie Aenderung in der Haltung Yuamchikais wird von der chinesischen Presse lebhaft kommentiert. Sie wirft ihm var. dass er dadurch das Land von neuem in grosse Gefahr bringe und fordert ihn auf, auf friedlichem Wege eine Lösung der schwierigen Krise zu finden. Sollte Yuanschikai nicht dem Lande den erwünschten Frieden bringen, so fügt die gesamte chinesische Presse hinzu, wäre er für den gegenwärtigen Augen blick nicht der „geeignete Mann". Die Schlacht bei Hankau. Peking, 27. November. iE. D.) Nach hier aus Hanlau euigetroffeuen Konfulardepeschen ist Hankau jetzt der Schauplatz eines blutigen Kampfes zwischen den Kaiserlichen und den Truppen der Revolutionäre. Die Regiernngst. uppen verbuchten Uder die über dcn Hantiang führende Brücke zu drinnen, um die stärksten Positionen der Rebellen an'Ugreifen. Ein Teil der kaiserlichen Truppen befand sich bereits auf dem feindlichen Ufer, als der übrige Truppenteil von den Rebellen hin crrücks überiallen und abgejchnitten wurde Ein furchtbares Biutdad unter den beiden Parteien war die Folge. Die Kaiserlichen erlitten enorme Verluste. Der Kampf dauert noch an. Tie Rote-Kreuz-Truppe der Revolutionäre. Schanghai, 27. Nov. tE. D.j Das grösste Hojpctal Schanghais. Las von den Chinesen gegründet worden ist, wiro von Chang-tsou-Youn geleitet. Der Leiter dieies Instituts ha: eine Rote-Kreuz-Abtei- lung gebildet, der zahlreiche Mädchen der besseren Stände beigetreten find. Am 28. Oktober wurde hier eine neue Schlappe der Revolutionäre gemeldet. Die Kaiserlichen, die sich aui die Rebellen ge worfen hatten, eroberten 60 Kanonen. Die Kaiserlichen sind bis zum Hantiang vorgerückt. politische Nachrichten. Prinz Heinrich von Preussen ist am Sonnabend in Pest, als Iagdgast des Erzherzogs Josef, eingerroffen. Zu der Berliner Arbeiterbewegung. Berlin, 27. November. Die Leitung der Streik bewegung in der Damenmänteltoineklron erwartet für hente wiederum eine umfassende Niederlegung der Arbeit. — Die für nächsten Donnerstag ange kündigte Aussperrung von 60—70 000 Metall arbeitern in Erostberlin wird sich schwerlich ab- wenden lassen. Ter König von Dänemark in Paris. Paris. 27. November. Der König von Däne mark, Friedrich Vlll., ist gestern nachmittag 4 Uhr auf dem hiesigen Nordbahnhof inkognito eingetroffen. Ein französischer Erzbischof über religiöse Freiheit. Paris, 27. Nov. Aus dem Katholikenkongreh in Lille hielt der Erzbischof von Cambrai eine Rede, in der er mit energischen Worten die Freiheit des Unterrichts und die religiöse Freiheit sür Beamte und Soldaten forderte. Beginn der spanisch-französischen Marokko verhandlungen. Paris, 27. November. iE. D:) In hiesigen gut unterrichteten Diplomatcnkreisen versichert man mit Bestimmtheit, Latz die fran ösisch-lpauischen Marokko. Verhandlungen am 10. Dezember ihren Anfang nehmen werden. Zum französischen Pulverskandal. Paris, 27. November. Anlässlich eines Tages befehls des Secpräfektcn von Toulon, in welchem dem mit der Versenkung der Pulvervorräte be trauten Personal die Anerkennung ausgesprochen wird, bemerkt der „Temps", der Wert des versenkten Pulvers betrage 25Millionen Franken. Dazu kommen noch die Kosten des verunglückten Panzerkreuzers „LibertS" mit 42 Millionen, die Kosten der mit demselben vernichteten Pulvervorräte im Werte von 8 Millionen, die Ausbesserungskosten für die übrigen beschädigten Kriegsschiffe und die Kosten für die Ent fernung des Wracks. Bericht der Untersuch«>«g»k»mmlsfion 1» Udjda. Pari», 27. November. Die Untersuchung», kommission, die nach Udida gesandt worden war, um den aufsehenerregenden Zwischenfall zwischen General Toutee und Destailleur zu untersuchen, ist in Paris eingetroffen. Der Bericht der Kommission wird am heutigen Montag dem Ministerrat unter breitet werden. Wie verlautet, soll eine vollständ ge Reorganisation des Verwaltungsdienstes in Marokko bevorstehen und General Toutee durch General Amade ersetzt werden. Ungeladene Suffragetten bet Lloyd Georges. 2 London, 27. Nov. Die englischen Suffragetten schrecken vor reinem Mittel zurück, um das Frauen stimmrecht in England durchzuietzen. Am Sonntag zogen sie vor das Haus Lloyd Georges in Bach und es gelang einigen von ihnen in dre Wohnung des Munsters einzudrinsen. Lloyd Georges war über die Gegenwart der Frauenstunmrechtlerinnen nicht wenig erstaunt, und nachdem die Suffragetten ihre Bitten vorgetragen hatten, entiernten sie sich wieder. Aus der Strasse veranstalteten sie furchtbare Krawall, jzenen, in denen sie unter lauten Rusen das Frauen stimmrecht verlangten. Die Polizei trieb dle sana- tischen Frauen ohne grosse Schwierigkeit auseinander. Unruhen in Lissabon. Lissabon, 27. November. Anlässlich der Ausweisung zweier Chinesinnen, die ihre tranken Augen in Lissabon behandeln lassen wollten, kam es zu einer Protestkundgebung der Menge. Militär mutzte ein schreiten, wobei einige Personen getötet, mehrere verwundet und verhaftet wurden. Der russisch-persisch« Konflikt vorläufig beigelegt'? Nachdem der persische Minister des Auswärtigen l>el dem russischen Ge,andren in Uniform einen Entsch.'ldigungsbesuch gemacht hat, hat dieier die diplomatischen Beziehungen mrt Persien wieder ausgenommen. Die Verzögerung in der Erleoigung des russiichen Ultimatums wird voraussichtlich die Folge haben, datz Russland weitere Forderungen stellt, um so das reinere Verbleiben seiner bereits gelan deten Truppen zu motivieren. Nus Leipzig imä Nmgegenkt. Leipzig, 27. November. Wetterbericht der König!. Siichf. Laadeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 28. November: Ostwind«, heiter, sehr kalt (Frost), trocken. Pöhl berg: Berg nebelfrei, Nebel ringsumher, Rauhfrost erhält sich lange, glänzender Sonnenunter gang, Abendrot. Fichtelberg: Berg nebelfrei, Nebel in den Tä lern. gute Schlittenbahn bi» Oberwiesenthal, Schnee tiefe 30 Zentimeter, starker anhaltender Reif, starker anhaltender Rauhfrost. glänzender Somrenunter- und -aufgang, Abend- und Morgenrot. O- * Auszeichnungen. Das Königliche Ministerium des Innern hat dem seit 1. April 1878 ununter brochen in der Buch, und Kunstdruckerei und Ler- lagsbuchhandlung von Oswald Mutze in Leipzig, Lindenstratze 4, beschäftigten Schriftsetzersaktor Gustav Nienhold in Leipzig-Lindenau, sowie der seit 15. Juli 1880 ununterbrochen tn der Slrohhut- und Filzhutfabrik von Earl Ahlemann in Leipzig, Thomas- gasse 11, beschäftigten Direktrice Martha Schmidt rn Leipzig je das tragbare Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit verliehen. Die Auszeichnungen wurden den Jubilaren heute in Gegenwart ihrer Arbeitgeber durch Oberbürgermeister Dr. Dittrich an Ratsstelle ausgehändigt. * Sparverein für Konfirmanden-Aussteuer in Leipzig. Der im Jahre 1884 gegründete Verein hat jetzt einen Mitgliederstand von 23271 und ein Ver- mögen von 850000 ^k. Immer grösseren Umfang haben die Osterauszahlungen angenommen. Sie betrugen in diesem Jahre 195 504 12 an 2177 ab ¬ gehende Konfirmanden. Da di« Arbeit stetig wächst und Ostern 1912 bereit» auf den 7. A^rrl fällt, die nächste Osterauszahlung also tn der Woche vom 25. Februar bis 3. März erfolgt, werden die Bezirks kassierer gebeten. Listen und Bücher bis 15. Januar 1912 einzusenden. Auch für das Jahr 1911 werden die Mitglieder 3 Prozent Gewinnanteil haben, d. h. es Der Dichter üer Seel . Zue Nobeiprciskrönuno Maurice Maeter lincks. Bon Frietzrich v. Oppeln-Brontkowski. Richt ganz übcrrasckend kommt die Kunde, baß M. Maeterlinck den Nobelpreis für Literatur erhalten hat. Ate von seiner Ausnahme in die französische Akademie, redete man schon seit ein paar Jahren von dieser internationalen Ehrung, die durch-die europäischen Erjolge des TickterS voll auf gerechtfertigt erscheint. Ungewöhnlich ist daran nur ein Umstand: dass der Literaturpreis de» sctpve- dischen Mäzens diesmal keiner gealterten, sanktio nierten, dem Streite der Meinungen entrückten Litc- raturgröße zuteil wird, sondern einem Manne auf der Höhe fernes Schassens und seiner Erfolge, der erst im kommenden Jahre feinen 50. Geburtstag be geht, einem, der vor noch nicht langer Zeit als „Eindringling" und Neuerer galt, und der wegen dec düsteren Mystik feiner Zugendwerke noch heute von vielen sck>cu gemieden oder offen verhöhnt wird. Man fragt sicll vielleicht mit Besorgnis, ob denn di« nervenquälende »kunst deS ,,Eindringlings" oder die gehäuften Schrecknisse der Prinzessin „Makeine" dem europäischen Gescknnack von heilte schon so kongenial erscheinen, daß der Dichter einer derartigen Ehrung für wert befunden werde. Und doch irren, bie dies glauben: denn gewiss gilt diese Ehrung vor allem dem späteren Maeterlinck, dem zartsingrigen Ent- schlrierer der Geheimnisse deg BienenstaateS und dem Philosophen abgeklärter Lebensweisheit, dessen stille Bück)er nur eine kleinere Gemeinde besitzt als sein laut bewunderte? Renaissancedrama oder sein heisi- umstrittene? strudelköpsige? ErstlingSorama „Ma- leine." Maeterlinck hat ffch die Möglichkeit dauern der Popularität selbst erichivert, in dem er, den Weg der Entwicklung beschreitend, seine ersten Anhämzer verliess und auch die zweite, grosse Gruppe von 'Sewnnderern, die in ihm den kraftvollen, erfolg reichen Theaterdichter sahen, durch neue stillere Ga be« enttäuscht-. Und so ereignete sich denn nach dem Monstreerfolae der „Monna Vanna", als er seine klassisch stilisierte „Idylle" tn die West setzte, lvutati» miitanäis etwa das gleiche wie vor vier Menschenaltern, ai» der Dichter des „Götz" und „Werther" seine klassifch kühle „Iphigenie" au» Ita lien über die Alpen sandte. ES bedurfte einer völ ligen Umorientierung, und die Folge war eine Ab- .Atmung. Um so freudiger ist «» jetzt zu begrüben, daß ein den Tagesströmungen fernstehende« Institut, da» vor allem auf» Ganze blickt, wie die Schwedische Akademie, ihm EuropenS Anerkennung vjndizicrt und ihm so eine seit Zahrcn gestundete Schuld hcimzahlt. Kaum «in Dichter der Moderne, sein LandSmann, der grosse Lyriker Verharren ausgenommen, zeigt »lnL glesA g«ichU»j1xne, Kvrjpgurntzs LdUwüünng ww Maeterlinck. Er hat sich aus dem uferlosen Mystizis mus und Pessimismus seiner Jugendwcrke zu einer konkreten, levenSsrohen Kunst, einer höchsten philo sophischen Weltbejahung durchgcrungen, so dass er jetzt im fünfzigsten Lebensjahre als ein Fertiger und Vollendeter dästeht. Wenn wir auch einen Ausbau seines philosophischen und künstlerischen Werkes noch zu erhoffen haben, etwas gänzlich Neues, Grund- stürzendeS haben wir nicht Mehr von ihm zu er warten. Deshalb kann man auch heute schon da» Fazit seines Lebens ziehen und seine Entwicklung von ihren Anfängen bis zu den letzten Konsequenzen verfolgen. Die Wurzeln seiner Kraft liegen auf niederdeut schem Boden, in dem mhstisclnm Brabanter Welt- imnkel. aus deu, vor Jahrhunderten eine der grössten Malerschulen der Welt hervorgegangen ist. Germa nisch Herkunft und Innerlichkeit kennzccckyicn sein Wesen und haben ihm von jeher die Sympathien der germanischen Welt gesichert: er selbst hat sich stets alS Germanen empfunden. Tie Grütze Shakespeares hat er immer wieder den in diesem Punkte von alterSher schiverhörigen Franzosen gepredigt; in die deutschen Klassiker hat er sich sclwn alS Schüler ver senkt; vor allem aber hat er sich mit der deutschen Romantik vertraut gemacht, die dafür program- matisckze „Fragmente" deS Novalis inS Französische übertragen und seine Kunst recht eigentlich an sic an- aeknüpft. Seiner Hinneigung »ur alten deutsch» Mystik und ihrem Erneuerer Schopenhauer verdankt er einen guten Teil seiner Ideen bis hinauf zu seinem neuesten Märchndrama „Ter blaue Vogej". Aus dem deutschen Märchen nahm er bereits den Stoff seines wildgenialrn Erstlingsdramas „Ma- leine", bei dein überdies Shakespeare Pate gestanden hat und das ihm den Namen eines „belgischn Shakespeare" eintragen sollte. Andererseits brachten ihn die sozialen und poli- tisehn Verhältnisse seiner belgischen Heimat ebenso dem romanischen, speziell dem französischen Kultur kreise nahe, dessen (sprach er schreibt und dessen gewaltiger Lchllboden Paris ihm frühzeitig eine Beachtung sickerte, die er al» holländischer oder (lümifcher Schriftsteller nie gefunden hätte. Deutsch seele und französisch« Geistesbildung, diese Syn- rhie, die ein Nietzsche als das wünschbarste Ziel hinstellte, ist ihm von einer gütigen Fee auf den Lebensweg nntgcgeben worden und hat in ihm ihren glänzendsten Ausdruck und ihre vollste Durch dringung gesunden. Dies drückt sich auch äußerlich in seinen Lebens gewohnheiten an». Seit Jahren verbringt er die Sommerzeit in einer alten normannischn Abtei, deren weitläufiger, gotischer Prachtbau wie ein er füllter Dichtertraum, wie die verwirklichten Mär- chcnpaläste seiner Iuaenddranien erscheint; wogegen xx den Winter und Lenz an der blauen Küste de» das Herz deS Dichters streitig machn, wie Aglavaine und Selysctte die Lieoe McleanderS strei tig machn, die eine mit ihrer naiven Zärtlichkeit, die andere mit ihrer hoheitsvollen Weisheit. Dieser Kampf aber führte notwendig zu einer tragischen Lösung, und der Tod, den der Dichter hier, nach eigenem Geständnis, entthronen wollte, bleibt zum letztenmal Sieger. Erst der Heroine „Monna Vanna" gelingt eS, den Tpd zp entthron»; fix bietet efnenz ungewissen können: er hat in fünfzehnjähriger Forschrarbeit seine Beobachtungen über das Leben der Bienen gesammelt und das Fazit daraus in einem Buch gezogen, dessen wissenschaftlicher Wert durch die Preiskrönung der französischen Akademie eine offi zielle Bestätigung erfahren hat. Studien über die Pflanzen („Tie Intelligenz der Blumen" u. a. m.) schlossen sich an. Hier wie dort strebte der Dichter eine mystische Vertiefung unseres Naturerkennens auf Grund exakter Forschungen an. die gleiche Ten- denz, wie sie der Philosoph deS Unbewußten, E. von Hartmann, mit hm er sich in vielem berührt, verfolgt hat, indem er „spekulative Resultate auf induktiver Grundlage gab, — das genaue Gegenteil der alten, verrufenen Naturphilosophie Schellings und -Oken», die von vorgefaßten Abstraktionen aus ging, um die Einzelerscheinung in ihr Schema zu zwingen. AlS dritter bedeutsamer Einfluß auf den Dichter tritt seine Bekanntschaft mit einer hochstehenden Frau hinzu, der Sängerin und Schuspielerin Georgette Äblanc, die er 1896 kennen lernte und die ihm fortan eine kluge und treue Lebensgefährtin sein sollte. ES war zu einer Zeit, da er selbst einen Ausweg aus der mystischen Versunkenheit seiner ersten Epoche sucht«. Schn der „Schatz der Armen", der philosophische Schlußstein dieser Epoch, ist ihr gewidmet, und bereits hier steigt das Gestirn der Weisheit, das den Einfluß deS finsteren SchicksalS- gestirnS niederhält, am Begriffshimmel des Dichter« Philosophen auf. Zn dem folgenden Buch „Weis heit und Schicksal" (1898) ist Ker Umschwung zu einer neuen, lebensfreudigen Weltanschauung inner lich vollzogen. Auch dieses Buch trägt eine Widmung an Georgette Leblanc in den bedeutsamen Worten: „Ihnen widme ick dieses Buch, denn es ist sozusagen Ihr Derk... Es genügte mir, Ihren Aorten zu lauschen und Ihnen mit aufmerksamem Blick durchs Leben zu folgen; denn so verfolgte ich die Be wegungen, Gebärden und Gewohnheiten der Weisheit selbst." Fortan steht dieser Frauentypus im Mittelpunkt seiner Dramen. Schon in „Aglavaine und Delvsette" (1896l sehen wir ihn auftreten. Ties Seelenvrama voll tiefer Symbolik verkörpert den stampf zwischen einer scheidenden, nordisch-mystischen, instinkt mäßigen Weltanffassung und einer kommenden, süd- liklf-klare», weisbcitSvollen Weltanschauung, die ich ' ' " ' - ' ' ick Mittelmeers, in dem lachenden BlumcnparadieS von Grasse verlebt, in einer Villa mit hohen Terrassen, die unwillkürlich an das Landhaus des alten Pyilo- sopben Silanus in seiner „Maria Magdalena" ge- maynt. In einer Zeit der Gärung und Unzufriedenheit steht Maeterlinck hente als eine in sich ausgeglichene, glückliche Natur da, glücklich nicht nur durch die äußeren LebenSumstände: sorgenlose Unabhängigkeit, frül>en Ruhm uno ein glückliche» Heim, sondern auch innerlick beglückt durch einen festen und siche ren Willen, der ihm sein Tun und Lassen vor zeichnet, durck ein ruhiges Streben und entschlossene TaseinSbejahung, als einer, der nur aus der Ferne wirkt und fick allem entzieht, was seine Kreise stören kann, der aber just dadurch zu einem Trost und Leit stern für viele geworden ist, zu einem neuen Emerson, oer seelisck Verstimmte wieder mit dem Leben ans- söhnt. Und dass er auch just aus den Irrungen und Wirrungen Her Gegenwart zu dieser wahrhaft antiken Ruhe und Abgeklärtheit fick durchrang, erhöht den Wert dieser großen Individualität. Tenn nicht als ein Kämpfer gegen seine Zeit, in der Pose des Eife rer» oder Weltenrichter», der sich, wie Nietzsche oder Sckfopenhauer, von der Gegenwart auSschloß und sich eigenwillig eine künstliche Natur zimmerte, son dern al» Kind seiner Zeit, an der er mit tausend zäl-en Wurzeln hängt, hat er sich diese Zeitlosigkeit errungen. Später wird er einmal als der Ausdruck seiner in sich selbst überwundenen Epoche dastehen, und als solclfcr ist er mit der neuesten europäischen Eyrung soeben bedacht worden. Drei Tinge baden zu seiner Lebensgestaltung am mächtigsten bcigctragen: der Sport, die Natur und der Einfluß einer Frau. AlS kräftiger und gesunder Mann war er von jung aus ein eifriger SportSmann, der sick im Degen- und Fanstkamps übte, Rudern und Wun dern liebte und dem Zuge der Zeit folgend, vom Zweirad »um Auto ilbergegangen ist. Neber all diese sportlichen Leistungen hat er fesselnde Auf sätze geschrieben, in denen er tiefsinnig daS Kleine mrt dem Grossen, die Probleme der Welt mit der Ausübung eine? nervenstärkenden Sporte» ver knüpfte. Der Sport ist stet» ein heilsame» Regulativ für sei' .itensive» geistige? Leben gewesen und hat chn on den Extravaganzen mancher über moderner Poeten, denen er nur in seinen Anfängen gefrönt hat, gründlich kuriert. Da» zweite ist seine echt germanische Natur liebe, die ihn bald zu mystischer Versenkung in die Rätsel de» All», bald zu strenger verstandes mässiger Naturbeobachtung geführt hat. Wie er selbst sagt, wäre er Naturforscher geworden, hätte ihn nicht der Wille seiner Eltern, gegen den er sich nicht weltstürmerisch ausgebäumt hat, in die juristische Laufbahn gedrängt. UebrigenS hat er diesen un erfüllten Iugenotzlan noch reichiiH nactzholen
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