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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.11.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111128022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911112802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911112802
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-28
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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In ollen tdnuen viaalen nui biiekl durch di« lbelidaliollell« de» Platte» «ehalilich. Da, Leip.ia«, Tageblatt erlcheint Linal töglich. kann» u. »leieriag, nur morgen». Kdonnrmenl.-Annadme Iohanm.goU« 8, de» unleren Tlagern. Filialen. Eoebileurea und LnnatzmejieUen. loail« Paiiaiiurm uad Vneltragern. El»»«1v«rka»I»pret, lv V1 Abend-Ausgabe. MBigerTagMM s14M2 lK«cht«"140ch) KL » s 14892 t«-4t°nlchl,»» «el.-Auschl.! 14W, «NßIUvklsjkIrUtIA. Tel.-Änschl ^ 14 893 Ämtsblalt des Nates «nd des Vokizeramtcs -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-Preis 7-- ttlr Inlerat« aa» Leiopa and Umgebung dl» llpallia« V«N«»»>l» ÄP) .dieKeNam«. i«il» I Mi. oon au.wari» ^l> Pt^ Reklamen UAI Mk. Jnlerol« oon «ebörden «m amt» l,a>»n Teil d„ Peltt.ell» 6» Pi Ibelchalt.anreigrn mll Platzvorichttitea im Prelle «rdSht. Rabatt nach Taris. iUeilaaegedilhr Geramr- auslag» 6 Mt. o Taulend erkl. Postgebühr. Tetlbrilage b^oer. 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Man hat gesagt, sie habe die Stimmung in England nicht richtig beurteilt und hätte sich durch den dortigen deutschen Botschafter informieren sollen. Wir sind jetzt informiert über die Stimmung. Wir wissen jetzt, welche Stimmung heute herrscht und damals herrschte. Ob Graf Wolff - Metternich nicht darüber berichtet hat, entzieht sich unse rer Kenntnis; angenommen, er hätte sie bis aufs Wort genau so geschildert, wie sie sich aus der Rede Edward Greys ergibt (und es ist keineswegs ausgeschlossen, daß der deutsche Bot schafter so berichtet hat): hätten dann etwa die deutschen Kritiker gewollt, daß die deutsche Regierung vor jener englischen „Stimmung" ins Mauseloch gekrochen wäre? Wir schätzen es als außerordentlich hohen Gewinn ein, daß durch das Handeln der deutschen Regierung, d. h. durch die Entsendung des „Panther" nach Agadir, die „Stimmung" des englischen Mini steriums enthüllt worden ist, und zwar ganz anders, viel offenkundiger als je durch eine sanfte Fühlungnahme des deutschen Botschafters und einem zu den Akten genommenen Bericht des selben Hütte geschehen können. Das ganze deutsche Bolk kennt jetzt diese Stimmung. Diese „Stimmung" aber geht dahin: 1. Wenn die deutsche Regierung durch ihren Botschafter in London Mitteilungen machen läßt, die die Absichten der Regierung Seiner Majestät des Deutschen Kaisers aus drücken und die dahin gehen, daß ein Schiff zum Schutze deutscher Staatsangehöriger und ihrer Interessen nach Agadir entsandt sei und dieses Schiff, wenn Ruhe und Ordnung wiedergekehrt »eien, den Hafen dort wieder verlassen solle, so glaubt das englische auswärtige Amt diese Erklärung nicht. Das englische Mi nisterium verlangt (zwar nicht in Form einer Anfrage, aber dasselbe Verlangen wird durch die neue Rede ganz unzweideutig bewiesen), nachdem es am 1. Juli die erwähnten deutschen Erklärungen erhalten hat, bereits am 3. und 4. Juli neue, indem es die ersten beiseiteschiebt. Das ist ein ganz unerhörter Vorgang. 2. Deutschland darf nicht mit Frank reich über eine Lösung der marokkanischen Frage unterhandeln. Ob Deutschland es in dem Sinne, wie Grey es meint, jemals getan hat, ist hier gleichgültig. Angenommen, Deutsch land hätte es wollen: Es darf nicht, das englische Ministerium verbietet es. Nicht zwei Tage lang darf es. Am 1. Juli war, wir wiederholen es, die Mitteilung von der „Panther"-Entsendung gemacht worden, am 3. Juli ist dem englischen Ministerium schon die Zeit zu lang geworden. Aber England durfte im Jahre 1904 einen Eeheimver- trag mit Frankreich über Marokko schließen, ohne Deutschland mit einem Worte zu be fragen, und es durfte sieben Jahre vergehen lassen, ohne der Welt davon Mitteilung zu machen oder Deutschlands Zustimmung einzu holen. Wie sagte doch unser Botschafter Wolff Metternich zu Edward Grey: Sie messen mit zweierlei Maß, einem für Frankreich und einem für Deutschland. Alan könnte auch sagen: einem für England und einem für Deutschland. 3. Wenn England eine Frage für so wichtig hält, um sie in einer Sitzung des englischen Ministerkabinetts zu erörtern, dann hat Deutschland sofort in die Knie zu sinken. Deutschland hat nicht erst englische Anfragen abzuwarten. Wenn es der englischen Regierung schwierig wird, solche Anfragen zu formulieren, hat Deutschland den Wunsch Englands zu er raten und sofort auf dem Präsentierbrett die Erfüllung darzubringen. 4. Wenn der englische Minister am 4. Juli ein Prinzip aufstellt, das entweder namenlos überhebend ist, oder auf die Lage keine Anwendung findet, wenn er am 12. Juli durch den deutschen Staatssekretär des Aeußern erfährt, daß niemals von deutscher Seite irgendein Gedanke an eine Unterhaltung zwischen Deutschland, Frank reich und ,Spanien existiert habe, und wenn er endlich am 21. Juli weiß, daß zwischen Deutschland und Frankreich nicht über die Teilung Marokkos, sondern über den Kongo verhandelt werde, dann beschwert er sich am 27. November doch noch darüber, daß die eng lische Regierung vom 4. Juli bis zum 24. Juli keine „Antwort" erhalten habe. 5. Daraus folgt zugleich das Weitere: wie das englische Ministerium nicht zulassen will, daß zwischen Deutschland und Frankreich über Marokko verhandelt würde, jo wollte es auch nicht zulassen, daß zwischen ihnen über den Kongo nach dem freien Willen beider Mächte verhandelt würde. Beweis: die Mitteilung des englischen Ministers vom 21. Juli. 6. Deutschland darf nicht einen ge schlossene nHafeninSüdmarokkobesetzthalten, auch wenn seine Staatsangehörigen um Schutz maßregeln nachsuchen; es darf nicht im ent ferntesten daran denken, eine Flottenvajis sich irgendwo zu schaffen, dann darf die eng lische öffentliche Meinung von Rechts Wegen erregt sein. Eine ministerielle Erklärung, aus der man solche Folgerungen ziehen kann, scheint uns vom Standpunkt des Staates aus, dem der Minister angehört, nicht geschickt zu sein. Bis her wenigstens galt es nicht als geschickt, seine Ansprüche derart zu enthüllen und ein anderes Volk, dem es weder an materiellen Kräften noch an Idealismus fehlt, derart vor den Kopf zu stoßen. * Vie Msrokksüebstte im englischen Unteichsuse. Im weiteren Verlaufe seiner Rede über Englands Verhalten bei den deutsch-französiichen Verhand lungen gab Sir Edward Grey seine Ansicht über die wahre Natur der Spannung und führte dazu folgendes aus: Wenn er auf das eingebe, was er als die wahr« Natl r der Spannung bezeichne, io habe er zu erklären, daß zwischen Frank» reich und Deutschland ein Abkommen erreicht sei, in welchem beide Seiten sich wichtige Zugeständnisse machten und wichtige Vorteile gewährten. Daß die,es Abkommen angenommen wurde und der Friede gegenüber de: Erregung während der Verhandlungen bewahrt blieb, ist eure den an den Verhand lungen beteiligten Diplomaten hoch anzu rechnende Tatsache (Beifall) und durchaus nicht beschämend für die Stellung, die wir unserer seits nahmen, obgleich es nur eine nebensäch liche (suksicüLi-^) Stellung war. Nichtsdesto weniger ist dies der Moment, den einige Leute dazu aussuchten, sich selber aufzu regen und soviel andere als sie in Deutschland oder hier durch eine Erörterung aufregen tonnten, wie nahe man an dem Kriege war (Bestall). In diesem Augenblicke scheint wirklich in der Welt atmosphäre irgend ein unheilvoller Einfluß an der Arbeit gewesen zu sein, der jeden Teil der Erde beunruhigt und erregt. Wir sind Heuer durch einen Zeitraum großer Erregung hindurchgcgangen. Einige Länder befinden sich im Bürgerkriege, andere sind im Krienszu stände, und in mehreren Ländern, die weder Bürgerkrieg noch Krieg haben, gibt es Leute die entzückt davon sind, auseinander zusetzen, wie nabe sie dem Kriege oder der Revo lution gewesen sind oder möglicherweise sein werden, sei es in der Vergangenheit in der Gegen wart oder in der Zukunft. (Heiterkeit, Beifall.) Es ist wirtlich, als ob die Weit in einem Zustande von politischem Alkoholismus wäre. (Beifall, Heiterkeit.) Ich erwähne die Rede, die kürzlich Oberst Faber hielt, nur, weil diese Rede auch in der Budg erk om ni ission des Reichstags Gegenstand der Er örterung war, und wie mir von ganz zuverlässiger Seite mitgeteilt wurde, die Verbitterung des deutschen Volkes verstärkt hat. Ich weiß wohl, dag es für uns leicht möglich wäre, zu erwidern, daß eine oder zwei im Reichstag gehaltene Reden — nicht amtliche, und auch Faber ist kein amtliches Mitglied (Heiterkeit) — uns ge nau soviel Grund geben, hier zu erklären, daß unsere öffentliche Meinung dadurch beleidigt wurde. Natürlich führt eine Rede eine andere herbei. Ich kann nur mein Bestes tun. ich kann versuchen, den vorhandenen Argwohn und das aufregende Gerede avzuichwächen, indem ich untersuche, was die Spannung und die Befürchtungen im Sommer uns bis in den oeptember hinein wirk lich bedeuteten. Natürlich war eine zwar nicht andauernde, aber zeitweilige diplomatische Besorgnis vorhanden und zuzeiten eine sehr beträchtliche Besorgnis, wie es Frankreich und Deutichland gelingen würde, eine Löiung durch ihre Verhandlungen zu finden. Diese Verhandlungen waren sehr (chwierig für die beiden Länder, und Härte eines von ihnen sie abgebrochen — und es gab Zeiten, wo es w aussah , als ob sie zum Stillstände kommen müßten — so wäre es sehr schwierig gewesen sein zu sagen, was die nächste Folge gewesen wäre. Wir waren in beständigen intimen Be- ziehungen mit Frantrerch. Wir wußten, Frank reich hegte den ernstlichen Wunsch nach einer Der- Kündigung und würde die Verhandlungen nicht plötz lich abbrechen. Wir glaubten auch nicht. Laß die deunche Regierung dies tun würbe, obschon wir nicht in derselben engen Fühlung mit ihr ständen, oder ihre Ansichten über Len Lauf der Verhand lungen uns so bekannt waren. Immerhin lag die Möglichkeit vor, daß die Verhand lungen abgebrochen werden tonnten, ob schon ich es nie für wahrscheinlich hielt. Ich erwartete niemals einen jähen Abbruch, aber es sah ein- oder zweimal später im Sommer so aus, als ob die Verhandlungen auf einen toten Punkt kommen tonnten. Natürlich würde der nächste diplomatische Schritt für eine an der Algccirasakte beteiligte Macht der gewesen sein, eine Konferenz vorzuschlagen. Das wäre ein Schritt gewesen, den zu tun wir bereit gewesen waren. Ich hatte die deutsche Negierung im Juli daraufhin sondiert, ob der Vorschlag einer Nus üec Lahn gelchleuüert. 30s Roman oon Carola o. Eynatten. (Nachdruck verboten.) Kür neu hinzutretende Leser. Lzarolta Csallovary, ein junges Mädchen aus vornehmer Welt, ist durch einen Schurkenstreich um ihr reiches Erbe ge bracht. Sie wird nach mancherlei Jrrsahrten Malerin und jiildct treue Helfer, die dem verlorenen Testament nachforschcn. Auch ein alter Ticner ihres Vaters, Mellik, ist schon gefunden. Melliks Aussage war, das bestätigte auch Dr. Lazar, das wichtigste Moment im Prozeß. Wenn nicht alles, so hing doch Las weitaus meiste von ihr ab, und diese Gewißheit ließ vor üem ehemaligen Großbauer die wunderlichsten Schreckbilder erstehen. Alle Möglichkeiten beunruhigten ihn dermagen, daß er gegen vier Uhr plötzlich von der Arbeit, mit der es ohnehin nicht voranging, aufftand, seinen Hut nahm und der ihm begegncnüen Zenz sagte: „Wenn jemand oon den Unseren nach mir fragen sollte, Zenz, ich bin zu Doktor Lazar gegangen!" Seine Besorgnis, zu spät zu kommen, erwies sich erfreulicherweise als eine unbegründete, denn er traf Dr. Lazar noch in voller Tätigkeit. „Was bringen Sie Gutes, Herr Hornbostel?" fragte er den Eintretenden. „Ich bringe nichts, Herr Doktor, möchte mir nur eine Auskunft holen!" entgegnete er und trug rm Anschluß an dies« Antwort seine Bedenken wegen Melliks Aussage bei der morgigen Vernehmung vor, mit der Frage schließend, ob keine vorbeugenden Maßregeln getroffen werden könnten. „Sie machen sich unnütze Sorgen, mein Verehrte ster", versetzte Lazar lächelnd. „Mellik ist nicht der Mensch dazu, sich aufzuregen, in Angst zu geraten oder verwirrt zu werden, weil er beschwören soll, was er bestimmt weiß!" „Herr Doktor glauben also gewiß, daß wir ge winnen werden?" fragt« Hornbostel hastig. „Ich bin davon so überzeugt, wie man es sein kann, solange ein Prozeß noch in der Schwebe ist!" „Letder dürst« es bei einem Prozeß in Ungarn noch zweifelhafter sein wie er endet, als anderswo." Der Bureaudiener kam herein und überreichte dem Rechtsanwalt eine Besuchskarte. Dr. Lazar nahm sie ihm ab und rief mit dem ersten Blick darauf' „Donnerwetter, bester konnte es ja nicht treffen!" Damit gab er die Karte auch schon an Hornbostel weiter, der in grenzenloser Heber- raschung las: „Körös Achaz", und darunter in feine rem Druck „Pfarrer". „Körös hier —?!" „Führen Sie Len Herrn herein", sagte der Advokat. Hornbostel wollte dem Diener folgen, wurde aber durch den Doktor daran verhindert. „Bleiben Sie ruhig hier, Herr Hornbostel, es ist ja Ihr« Ange legenheit, um die es sich handelt", sagte er. „Wenn ich nicht störe, bleibe ich mit Vergnügen. Mir ist es natürlich sehr interessant, den Herrn Pfarrer über die Testamentsangelegenheit zu hören und zu erfahren, wieso er hierher —" Die Tür ging auf, und herein trat ein Herr von echt magyarischem Eesichtsschnitt, in dessen äußerer Erscheinung sich der katholische Geistliche in nichts verriet. Er trug dunkles Zivil uno die untere Hälfte feines runden, bronzehäutigen Gesichts be deckte ein schwarzer Volldart von auffallender Dichte und Länge. Auf der Schwelle den Hut abnehmend, trat er auf den Advokaten zu und sagte: „Herr Doktor Lazar?" „Ich selbst, Hochwürden. Darf ich fragen, ob Ihr heutiger Besuch mit dem Aufruf in Verbindung steht, den wir vor fünf Wochen in allen möglichen ameri kanischen Zeitungen an Sie erlassen haben?" erkun digte sich Lazar. „Ja, Herr Doktor, ich las die Aufforderung, meine Adresse an Sie zu senden, im „Milwaukee Herold", und ich habe daraus auch entnommen, daß mein Freund Kolman Lsallooary nicht mehr unter den Lebenden weilt, und daß ich wegen seines Testa ments irgendwie nötig bin. Das bestimmte mich, schon jetzt hierher zu kommen, anstatt erst im August, wie es meine Absicht war." Hier stockte Pfarrer Körös mit einem Blick aus Hornbostel, besten Bedeutung leicht zu erraten war. Der Advokat begriff es auch sogleich und sagte, auf seinen Klienten weisend: „Herr Hornbostel, der Sie dem Namen und Ihrer Eigenschaft als Testa mentszeuge nach bereits zu kennen das Vergnügen hat, Hochwürden, ist der Pflegevater und Vormund von Fräulein Szarolta Paros, der Tochter Ihres verstorbenen Freundes, wir können also die An gelegenheit mit ihm ungeniert besprechen! Das Testament, das Fräulein Szarolta Varos zur Uni- versalerbin des väterlichen Vermögens ernennt, ,st spurlos verschwunden." „Verschwunden —?" rief Körös in maßlosem Er staunen. „Wie ich Ihnen sage. Herr Pfarrer", und Lazar erzählte, was sich seit Kolman Tsallovarys unvor hergesehenem Tod ereignet hatte. Besonders ausführlich sprach er über Melliks An gaben von Dr. Csallovarys Schikanen und von der versuchten Bestechung. „Das sieht ja gerade aus, als hätte der Herr Doktor selbst das Testament seines Bruders beiseite gebracht!" ries der Geistliche, feiner Entrüstung durch einen Zaustschlag aus des Advokaten Schreibtisch Luft machend. „Allerdings könnte man auf einen solchen Ge danken kommen, und dennoch bezweifle ich, daß man damit das Richtige treffen würde. Tie Hauptsache ist, daß Sie sich genau erinnern, ob Szarolta Varos von ihrem Vater zur Unioersalcrbin eingesetzt wurde und daß die Testamentsoerlesung im Beisein Melliks vor sich ging!" „Beides, Herr Doktor, steht in meiner Erinnerung so lebhaft, als wäre es erst vor wenigen Tagen ge schehen!" erwiderte Körös rasch und bestimmt. „Würden Hochwürden sich auch zu einem Schwur bereitfinden lassen?" fragte Hornbostel dazwischen. „Selbstverständlich! — Ich kann übrigens '.och mehr tun, kann dem Gericht mein Tagebuch vom Jahre 1900 vorlegen, worin ich nicht nur den Namen der Haupterbin, sondern auch alle Legatäre und die Summe des ihnen bestimmten Kapitals oder der ihnen ausgesetzten Rente notiert habe. Es geschah auf meines Freundes ausdrücklichen Wunsch. Was ich aber natürlich nicht weiß und auch nicht wissen kann, ist das Vorhandensein der Urkunde unmittel bar vor Antritt der Todesfahrt —" „At auch nicht nötig. Hochwürden, dafür haben wir Mellik", erwiderte Dr. Lazar. „Ich habe auch ein paar Briefe von Kolman Csallooary mitgebracht, alle jene, in denen er sich über die Absichten äußerte, die er mit seiner Tochter hatte, insbesondere auch über seine Aooptions- absichten und den Stank dieser Angelegenheit", sagte Körös. ' „Das ist ausgezeichnet?" erklärte der Advokat. Hornbostel strahlte „Hochwürden", sagte er aus stehend und mit ausgestreckter Hand auf Körös zu gehend, „der Himmel hat Sie hierher geführt, der nchtbarlich will, daß recht bleiben soll, was recht ist! Wir aber, Szarolta und ich, schulden Ihnen den größten, den innigsten Dank!" „Bitte recht sehr, Herr Hornbostel, ich habe nur eine Gewissens- und Freundcspflicht gegen den Ver storbenen erfüllt, der mir anläßlich der Testaments unterzeichnung das Versprechen abnahm, über die strenge Durchführung seiner letztwilligen Verfügungen zu wachen. — Zu welcher Stunde wird Mellik morgen vereidigt?" „Um zehn Uhr", entgegnete der Advokat. „Sind Hochwürden einverstanden, so gehen wir beide unter Mitnahme Ihres Tagebuches und der gedachten Briefe schon vorher aufs Gericht, um Ihre Ankunft anzuzeigen und das zu Ihrer Vernehmung Erforder liche cinzuleiten." Körös hatte auch dagegen nichts einzuwenden uno wendete sich wieder zu Hornbostel, zu dem er jagte: „Wenn Sie gestatten, werde ich Sie nach meiner eidlichen Vernehmung besuchen, Herr Horn bostel. um Fräulein Varos kennen zu lernen." Nachdem der Herr Pfarrer sich in seiner gemesse nen Weise, die ihn keinen Augenblick verlassen, von den beiden Herren verabschiedet hatte, rieb sich Lazar vergnügt die Hände und sagte: „Nun. Herr Horn bostel, was meinen Sie, wird es Effekt machen, wenn ich den Herren Richtern morgen ganz unoer- sehcns mit diesem hölzernen Apostel auf den Hals rücke — wie?" „Ich denke wohl." „Und Sie denken recht! — No, gehen Sie jetzt getrost nach Hause und verschwenden Sie keinen ängst lichen Gedanken an morgen und ebensowenig an das Endurteil. Vergessen Sie aber auch eins nicht. Wenn wir gewinnen, wie ich sicher glaube — ge wonnen haben wir das Vermögen deshalb noch lange nicht!" „Weiß ich alles, Herr Doktor, immerhin hätten wir aber einen moralischen Sieg erfochten, und er wäre mir kaum minder wertvoll als ein finan zieller," sagte Hornbostel. „Meine Pflegetochter wird auch ohne ihres Vaters Vermögen einmal genug haben, um angenehm leben zu können. — Dis wann dürfte der Prozeß beendet — vorläufig beendet sein?" Lazar hob die Schultern. „Frühestens in bei läufig sechs Wochen, es ist aber auch sehr möglich, daß die Sache erst nach Sen großen Gcrichtsferien zur Entscheidung gelangt!" Hornbostel dankte, band dem Advokaten Szarolta, Interessen nochmals auf die Seele und ging ebenfalls. Der eine blieb zurück in der angenehm-anregenden Hoffnung auf einen baldigen glänzenden Sieg über einen lstegner, den er herzlich haßte, weil er lein ge- fährlichster Konkurrent war und auch, weil er ihm bei feder Gelegenheit fühlen ließ, daß er in feder Hinsicht überlegen sei. Der andere ging beinahe ebenso beunruhigt, wie er gekommen war. Er mochte es anfangen wie er wollte, seine Gedanken kehrten immer wieder zu der morgigen Zeugenvernehmung zurück. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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