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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.08.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110826014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911082601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911082601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-26
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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unabhängig in deutschen Händen, können die viel umstrittenen nordweitafrikanischen Erze bei geschick ter und sparsamer Verwendung als Preisrcgulaior gerade in Zeiten der Hochkonjunktur vorzüalickf« Dienste zugunsten unserer deutschen Hütten leisten." LUllges Recht. Eine Bewegung, die darauf abzielt, den unteren und mittleren Klassen unentgeltlich oder wenigsten» sehr billig Rechtsrat und Rechts schutz zu verschaffen, macht erfreulich rasche Fort schritte. Die zunehmende Zahl der Ersetze, der weitere Uebergang zur (Feldwirtschaft, immer weniger wird im Hause selbst hergestellt, immer mehr von autzen bezogen, die Vermehrung der Abzahlungs- oeschäfte, Kredithäuser uiw.» die nicht nur in den Großstädten sich ausbreiten, sondern auch das Land mit ihren Agenten überschwemmen: alles dies ge staltet die Nechtsbezichungcn auch der unteren Kreise schwieriger und »teilt die Leute viel öster als früher vor Fragen juristischer Art. Leider haben sich dies gewissenloje Winkeladvokaten vielfach sehr zunutze gemacht.und unter allen möglichen falschenVorspiegelun- gen suchen sie die Leute zu Prozessen zu verleiten, bei denen sie ihre fetten Gebühren schlucken. Selbst wenn diese Winkelkonsulenten gutgläubig sind, bringen sie mit ihren unsachgemästen Ratschlägen und Massnahmen ihrer vcrtraucns- ieligen Klientel recht ost erheblichen Schaden. Anderseits rechnen viele schon damit, dast die Ge prellten, besonders solche aus minderbemittelten Kreisen, sich scheuen, vor Gericht zu klagen oder auch nur zu einem Rechtsanwalt zu gehen, weil sie dort ja vielfach kur; behandelt werden und ihnen die Geldausgaben zu groß sind. Als ein großer Fortschritt ist es zu bezeichnen, dast weite Kreise sich der Ausgabe bewusst werden, billig Nechtsderatung und Rechtsschutz zu schassen. Alle Arbeiterorganisationen, die freie». Hirsch- Dunckerschen, chriftlichcn, gelben, die Prcvatbeamten- verbände. katholische und evangelische Vereine, politische Parteien, gemeinnützige Vereinigungen und in rasch zunehmendem Maste die Städte be teiligen sich an dieser Bewegung; nicht zu vergessen ist auch die Tätigkeit der Zeitungen, die ihren Abonnenten in sogenannten Fragekasten schriftlich oder in besonderen Sprechstunden mündlich Auskunft aller Art geben. Auf der letzten Generalversamm lung des katholischen Frauenbundes wurde eben falls die Einrichtung von Nechtsauskunstsstellen für Frauen unter katholischer Leitung beschlossen. Die Justizbehörden von verschiedenen Bundesstaaten haben die Bewegung dadurch wesentlich gefördert, dast sie den Referendaren und Assessoren Urlaub gewähren, wenn sie an Rechtsauskunftsstellen tätig sein wollen, und dast ihnen diese Zeit zum Teil an gerechnet wird. Eine Statistik der Tätigkeit der verschiedenen Arten von Rechtsauskunftsstellen enthält das letzte Heft des „Reichs-Arbeitsblattes". Es ist bedauer lich. dast diese Statistik nur alle drei Jahre aus führlich ausgenommen werden soll. Gnade bei einer Entwicklung, die derartig im Flust ist wie die der unentgeltlichen Rechtsauskunft, ist es überaus wich tig, dast möglichst viel vergleichbare Zahlen vor liegen. Durch die erste umjasscnde Statistik sind eine Reihe Organisationen erst veranlasst worden, ihre Rechtsschutzeinrichtungen weiter auszubauen. Nach den Zusammenstellungen wurden im Jahre 1910 unter Berücksichtigung der Nachträge von alten Stellen 1547 001 Auskünfte erteilt und 418 882 Schrift Aul der Dornburg. Zum Geburtstage Goethes. Von Paul Burg. tNachdruck verboten.) Goethe erhob sich und schritt zwischen den Beeten hin, die jedes Jahr wieder nach seinem Mast und Willen bereitet waren, wie er es vor Jahren, Jahr zehnten in müßiaer Sommerlust einmal versuchte. Um ihn wuchsen, blühten Blumen, di« er selber einst hier cingepflanzt, Malven und Bischofsmützen. Er ging den geraden Wey bis zum Mittclschlöste nicht ganz zu Ende. — wie selten sah ihn das neue Eckstoß! — beim ersten der langgestreckten Lauben- yänge bog er zum Berghang ab und trat an den felsigen, rebcnumrankten Rand. Hier genoß er den voller Blick auf das Tal, hier von seinem Belvedere. Er hatte viel von der Welt gesehen, Deutschland, Italien, er liebte seinen Thüringer Wald, den oft bereisten, aber kein Plätzchen gefiel ihm je wie diese Stätte, kein Blick war ihm so schön, so unvergleich lich wie dies« schlichte Landschaft mit Berg und Tal und Wald und Fluß. Das Auge des Greises ruhte lange, lange be seligt aus dem glücklichen Lande. Die Sonne stieg höher. Goethe saß noch immer auf seinem Ausblick, und seine Sinne waren in weite, weite Ferne gewandert, als ihn um die Mittags stunde eine Stimme aus seinen Träumen rief. „Eure Exzellenz! Gnädiger Herr! Gnädiger Herr. Besuch kommt!" „Wer kommt?" wandte er sich herum und stand auf von seinem Lieblingsplatze. Unter den Bäumen hielt ein gelber Reisewagcn, von wiehernden Pfer den gezogen. Jetzt entstieg ihm ein Mann, zwei Knaben kamen hurtig ins Freie nachgcklettert, und der zierliche Fuß einer Dame ward auf dem Tritt brett sichtbar. Goethe trat schneller herzu, von den Knaben er blickt und umringt, die nach seinen Händen fakten. „Großoäterchen, Großväterchenl" riefen sie. Er strei chelte ihnen im Vorbeigehen di« Blondköpfe, schüttelte dem Manne am Wagenschlag mit einem herzlichen „Willkommen. Eckermannff' Ne Hand und half der Dame vollends aus dem Wagen, die ihn alsbald zärtlich umarmte. Es war Ottilie, sein« Schwieger tochter, mit den Knabe» Wölfchen und Walter. Das jüngste d«r Enkel, Klein Alma, war noch zu .zart und mußte zu Hause bleiben. Goethe befragte Ecker mann und Ottilie nach diesem und dem daheim, in des die Knaben ihn schon ungestüm umschmeichelten; si« wollten seinen Garten sehen. „Geht nur. Kinder, doch kommt bald hierher zurück, denn es ist Mittagszeit." „Nein, Kroßvätcrchen muß mitkommen!" entschie den sic, und er ging mit ihnen. Ottilie versprach, inzwischen in der Küche des Hofgärtncrs für ein Mahl zu sorgen, denn es seien za nun noch vier Esser an den kargen Tisch des Einsamen gekommen. „Wovon habt ihr nur hier oben gelebt, all die Tage?" fragte sie Goethe» mitleidsvoll. „Uns ist es nicht so übel ergangen, wi« du Gut« besorgst. Skell hatte doch auch einiges im Keller. Auch nach Jena habe ich herübcrge'chickt, nach meinem früheren Diener, der mir Wurst, Käs« und ein paar Flaschen Landwein sandte. Solltet ihr nun einiges mitgebracht haben, wär« es uns freilich sehr will kommen jetzt, denn unsere Vorräte find stark auf die Neige gegangen." „Wir bringen einen großen Koffer Fleisch und Wein, Brot, Obst und das Nötige." Eckermann zeigte auf den dicken schweren Korb, der hinten auf den Reisewagcn aufgeschnallt war und den der Kutscher jetzt mit Bedacht von den sicheren Riemen löste. „Wir haben auch noch etwa» für Loch, Groß sätze angefertigt gegen 1423293 Auskünfte und 307 261 Schriftsätze im Vorjahre. Es bestanden im ganzen 791 Auskunftsstellen: davon sind 112 von Gemeinden oder Kreisen errichtet, 29 werden von gemeinnützigen Vereinen unterhalten, und 85 sind Auskunftvstellen für Frauen, in denen meistens auch Frauen die Rechtsbelehrung erteilen. Die freien Gewerkschaften unterhalten 111 Sekretariate und 203 Auskunftsstellen, die Hirfch-Dunckerschen Gewerk vereine haben 45, die christlichen Gewerkschaften 30, die polnische Berufsvereinigung 14 und sonstiae Ar- bcitervereinigungen 7 Beratungsstellen. Von Arbeit gebern sind 7 eingerichtet, von evangelischer Seite 19, von katholischer 114. Reben dem Neichsverbande gegen die Sozialdemokratie ist von den bürgerlichen Parteien nur die nationallibcrale an die Gründung von Rechtsauskunstsstelle» herangetreten: sozialdemo kratisch sind die Auskunjtsstellen der freien Gewerk- schasten. In dem Bericht sind die nationalliberalen Auskunftsstellen in Bochum. Duisburg. Gelsenkirchen, Hagen. Osnabrück, Saarbrücken, St. Georgen, Wanne und Wattenscheid aufgesührt: eine Reihe anderer Auskunftsstelien ist noch in Bildung begriffen. Der Militsr-Gtst in Italien. Die für die militärischen Ausgaben im Etatsjahr 1911,12 vom Parlament bewilligten Gelder belaufen sich insgesamt aus 396191200 Lire. Von dieser Summe entfallen 336 351220 Lire auf die ordent liche», 59 840000 Lire auf die außerordentlichen Ausgaben. Im Vergleich mit dem Vorjahre weist das diesjährige Militärbudget eine Erhöhung von 39 119800 Lire auf, von denen 29 622 800 Lire auf die ordentlichen und 9 497 500 Lire auf die außer ordentliche» Ausgaben entfallen. Lo.n den Mehr beträgen im ordentlichen Etat müssen 13 Millionen für die teurer gewordenen Ledencmittelpreise und Erhöhung der Pferderationen, sowie für die Neuerun gen im Truppenverwaltungsoienst verwendet werden. An die Gesamtheit aller Truppen werden jährlich 75 Rationen ausgeteilt, und da icde von ihnen in folge der Verteuerung der Lebensmittel 10 Centesimi mehr kostet als früher, ist die Höhe dieses Etats postens wohl erklärlich. Weitere 3 Millionen for dern die zweijährige Dienstzeit, 4 Millionen sind nötig für die allmähliche Durchführung der noch nicht abgeschlossenen Heeresreform, insbesondere auf arttlleriststchem Gebiete, 3 Millionen werden gebraucht für Besserung der Lage der Unteroffiziere und für Gehaltserhöhungen im fünfjährigen Turnus von Offizieren und weitere 3 Millionen für Etandes- vermehrungen der Truppen. Unter den außerordent lichen Ausgaben sind defonders zu verzeichnen: 1250000 Lire für Handfeuerwaffen, 14 938 350 Lire für die Feldartillerie. 6 100 00^ Lire für Mobil- machungsvorräte, 2 Millionen Lire für Pferde ankäufe, 9 894 000 Lire für Bau und Ausrüstung von Küstenbefestigungen, 17 956l)00 Lire für den Bau und die Armierung von Grenzschutzwerken, 5 950 000 Lire für Militärgebäude, 125 000 Lire für radiotelegra phische Stationen. In den dem Militär-Etat beigefüaten Anlagen geht der Kriegsminister auch auf die Militärschulen ein und gibt die Zahl der für den Wettbewerb im Jahre 1911/12 offenen Stellen mit 330 für die Militär» fchule in Modena, davon 300 für die Infanterie und 30 für die Kavallerie, an. Auf der Militärakademie in Turin sind 130 Plätze frei; von den Anwärtern müssen am Schluß des Unterrichtsjahres mindestens 30 dem Genie überwiesen werden. Der Minister papa", riesen die Knaben und zerrten Eoethen am Nocke, sie nun endlich in den Garten zu führen. „Was habt ihr denn, Kinder?" „Das ist für den Nachtisch", entschied Wölfchen. Goethe ging mit den Knaben im Garten umher, zeigte ihnen seine Aussicht auf das Saal«tal, nannte ihnen die Namen der Berge drüben und Ortsäjaften. Er führte sie vor jedes Beet und erklärte ihnen die Blumen, die dort wuchsen, pflückte ihnen einen blühenden Strauß und erzhälte wie daheim bei solchen Gängen durch die Natur, die er oft mit den Enkeln unternahm, von allerlei Mlanzen und Tieren kleine lehrreiche Fabeln und Geschichten. Und die Knaben hörten ihm gern zu und stellten zu seiner Freude kluge, ernsthafte Fragen. Er saß mit ihnen auf der Bank, die sein Lieb lingslatz war von allen Bänken rings, und zeigte dies und das in seinem Garten. Ottilie erschien am Eingang und rief zum Mittagessen. Eckermann hatte beim Auspacken und Zubereiten fleißig mit Hand anlegen müssen und erschien nun hochroten Gesichtes vor dem Schlosse, denn Ottilie hatte vei dem schönen Sommerwetter draußen decken lasten. Goethe verspottete Eckermann scherzend ob seiner ungewohnten Arbeit in d«r Küche und nannte Ottilie mit väterlichem Stolz« sein braves Hausmütterchen. Die Kinder umdrängten bettelnd die Mutter; sie wollten auf jeden Fall zur Rechten und Linken von Großväterchcn sitzen, was ihnen die Mutter Lust hatte zu versagen, denn sie würden mit ihrem Geschwätz dem alten Herrn gewiß bald eine Last. Goethe aber bat selber darum, daß Walter und Wölfchen bei ihm säßen, und so nahm Ottilie mit Eckermann ihm gegenüber Platz. Die Tafel der fröhlichen fünf war reich besetzt, Wein und Früchte fehlten nicht. Durch die Bäume blinkte goldener Sonnenstrahl auf Tischtuch und Speisen, ein summender Käfer umschwirrte die fünf. Mani«rUch saßen die Kinder bei Tisch« und lausch, tcn den Gesprächen, aber als das Mahl zu End« ging, ließen sie sich nicht mehr halten und entschlüpf ten, noch ehe Goethe si« fragen konnte, was es denn mit ihrem geheimnisvollen Nachtisch für eine Be wandtnis habe. Sie liefen zum Reis«wagen und holten ein längliches Paket daraus hervor, das sie Eckcrmann brachten. Neugierig schaute Goethe auf und war überrascht, in den Händen seines Sekretärs eine Geig« zu sehen, die Walter rasch an sich nahm. Leit wann spielte denn der Knabe Violine? Wölfchen trat sogleich mit höflicher Verbeugung vor die Mutter hin. die h«iter vom Tische auistand und mit zierlicher Verneigung seine kleinen Hände nahm. Eckermann stimmte Walterchen die Geige. Die Mutter sich tief zu ibm niederbeugend, trat mit Wölfchen zum Tanze an. Eoerhe saß stumm Labei. „Kannst du denn auch ein Tänzchen spielen, mein Zunge?" Anstatt jeder Antwort legte Walter seine Geige ans Kinn, setzte den Bogen an und begann mit zier lichen Griffen. Bei dem ersten Geigentvon hob Wölfchen den Fuß und, seiner Mutter ermunternd zunickend, schritt der kleine Bursch im Reigen mit ihr vor den Groß vater hin. Di« Tritte des ungleichen Paares formten sich zum seinen Menuett. Die Geige sang ihre Melodie dazu: Ti ti ti taita.. taita. Die Klänge des Mozartschen Menuetts aus dem „Don Juan" zogen um das tanzend« Paar, flogen um das still« Schloß, verloren sich zwischen den Bäumen im Mittagsfchein«. Mit dem letzte« Geigenklang hielt da» Paar im Reigen inne, wandt« sich hierhin »och einmal und macht aber gleichzeitig darauf aufmerksam, daß diese Zahlen nur berechnet sind für die normale Er gänzung der Kaders, daß aber die Notwendigkeit, die Kaders namentlich der technischen Waffen zu vermehren, zu Ausnahmemaßnahmen zwinge. In folgedessen hat General Spingardi die Verfügung getroffen, daß über den Etat noch 45 Anwärter l25 der Artillerie. 20 vom Genie) zur Aufnahmeorüfung zur Militärakademie zuzulasten sind. Die sich hierzu meldenden jungen Leute müssen ein dem Zivtl- inaenieur entsprechendes Diplom vorlegen und min destens 19 Jahre alt sein, oder dürfen höchstens am 15. November 1911 das 25. Lebensjahr erreichen. Die italienische Presse, die sich diesmal ganz be sonders eingehend mit dem Milttäretat befaßt, weist darauf hin. daß die diesjährige Steigerung der militärischen Ausgaben notwendigerweise eine Reihe von Jahren andauern müsse. Denn ein mal toste die Ausbildung der Truppe nach Einfüh rung der zweijährigen Dienstzeit mehr als bisher, und zwar deshalb, weil die wichtigeren Ausbil dungszweige intensiver betrieben werden müssen. Also u. a. längere und mehr Schießübungen für die Infanterie und Artillerie, daher mehr Munition für beide, ausgedehntere Benutzung der Truppenübungs plätze und regelmäßige Herbstübungen im größeren Verbände, wodurch nicht unerhebliche Mehrkosten an Tagegeldern, für Truppentransporte und Flur entschädigung entstehen. Ferner sei ja beabsichtigt, das Friedenscffektiv des Heeres von heute 240000 Mann allmählich auf 250000 Mann zu bringen. Das sei notwendig, einmal, um die neuerrichteten Truppenteile aufzustellen, hauptsächlich aber, endlich mit dem minimalen Friedensstande der unteren Ein heiten aufzuräumen, der bisher die Ausbildung so sehr erschwert und verzögert habe. Natürlich sei aber dies Ziel nur zu erreichen durch strikte Anwendung und Durchführung des neuen Wehrgejetzes, das mit dem früheren Mißbrauch der vielen Dienstbefreiungen bricht und die Einstellung des vollen Iahreskontin- geitts mit nur wenigen Ausnahmen fordert. 2m übrigen seien aber auch die jetzigen Mittel, so wird weiter erörtert, die Italien für Heer und Flotte verwende, im Vergleich zu den übrigen Großmächten in keiner Weise zu hoch zu nennen. Denn Frankreich z. B., dessen Bevölterung nicht zahlreicher sei als die Italiens, verausgabe im neuen Etat für seine militärischen Streitkräfte 1 247 700000 Lire. Rußland 1315 700 000 Lire. England 1708500000 Lire. Deutschland 1330 500000 Lire, Oesterreich <>92500 000 Lire. Italien brauche im laufenden Jahre für seine Armee und Kriegsmarine nur 588400000 Lire. Zum Sumpf im Metsllgewerde. Wie wir unsern Lesern bereits mitgeteilt haben, wurde zur Anbahnung von Einigungsver handlungen eine aus Arbeitgebern und Arbeit nehmern zusammengesetzte Schlichtungskommijsion ge wählt. Am Freitagvormittag trat die Kommission der Arbeitgeber und Arbeitnehmer (lediglich Mit glieder des Metallarbeitervcrbandes) im „Hotel Palmbaum" zu Verhandlungen über die ursprüng lich gestellten Forderungen zusammen. Die Arbeit nehmer haben von der Forderung, nur von Organi sation zu Organisation zu verhandeln, Abstand ge nommen, da dies in erster Linie von den Arbeit gebern verlangt wurde, wenn überhaupt Verhand lungen zustande kommen sollten. Di« etngeleit«ten Verhandlungen sind aber trotzdem ab gebrochen worden, und zwar» weil die Ar beitnehmerkommission nicht in der Lage gewesen sein soll, bindende Erklärungen abzugeben, und ferner, weil von der Arbcitnehmerkommission die Zulassung eines Vertreters der nicht im Deutschen Metall- arbeiterverband organisierten Arbeiter verweigert worden ist. Ob und wann die Verhandlungen fort gesetzt werden, und ob eine baldig« Einigung erzielt werden kann, ist nach Lage der Verhältnisse vor läufig noch nicht abzusehen. Die nicht im Mctallarbeiterverbande organi sierten Arbeiter nahmen am Donnerstagabend gleich falls Stellung zu den neuesten Dorkommnisten in der Bewegung. Sie wählten ein« dreigliederige Kommission, die beauftragt wurde, die Inter esten ihrer Gruppe b«i den Einigungsvcrhandlunge» zu vertreten. Die LelchMe ües ösnümerks- unü Gewerbeksmmertsges. Der 12. Handwerks- und Gewcrbekammertag, der in Düsseldorf versammelt war, hat am Mittwoch sein« Beratungen beendet, nachdem er ein« Reihe von Beschlüssen gefaßt hatte, die nicht nur für das Handwerk, sondern auch für die Allgemeinheit größe res Interesse haben. Besondere Beachtung verdient di« Frage der k o m- munalen Handwerksförderung, Leideren Erörterung betont wurde, daß es eine Pflicht der Kommunen lei, dem Handwerke nach jeder R.chtung hin Lorschuo zu leisten. Die hierüber ausgestellten Leitsätze erstreckten sich auf zahlreiche Gebiete ideeller und materieller Art. Man kann nur wünschen, daß ihnen stattgegeben werde, namentlich was die Bil dung von bezonderen Ecwerbeausschüssen innerhalb der Kommunen unter Mitwirkung des Handwerks, die Förderung der Einrichtungen für die Berufswahl und die Jugendfürsorge, eine gute Regelung Les Verdingungswesens, die Hergabe billiger Betriebs kraft und Unterstützung bei der Befriedigung des Be dürfnisses nach gewerblichem Kredit betrifft. Die einmütige Annahme dieser Leitsätze ist ein Beweis dafür, LLß die darin ausgestellten Forderungen der Notwendigkeit durchaus entsprechen. Nicht einstim mig erfolgte die Beschlußfassung hinsichtlich des Privatbeamten-Vers icherungsentwur- fes, in dem u. a. eine Bevorzugung gegenüber den der allgemeinen Invalidenversicherung unterstehen den Personen erblickt wurde. Manci^e andere Be denken sind ja auch schon in der größeren Oeffent- lichkeit vorgebracht worden, aber Li« prinzipielle Verwerfung des Entwurfes dürfte kaum auf Zustim mung zu rechnen haben. Jmmerhhin ist cs von Lvert, die Stimmung der Handwerker über die Prival- beaintenversicherung kennen gelernt zu haben. Ablehnend verhielt sich der Handwerks kammertag auch gegenüoer der wichtigen, seit Jahren vielerörterten Frage der Arbeitslosenver sicherung, deren Lösung schon deshalb so schwie- dorthin, löste die Hände, nickte und knickste und stand mit hochroten Wangen da. Goethe, der ihnen mit stummen, leuchtenden Augen zugesehen, trat zur Tochter, zum Enkel und küßte beide. „Möchtest mit mir nicht auch ein Tänzchen wagen? Größere Mühe als dein kleiner Kavalier würde auch ich Sir kaum bereiten", fragte er lachend Ottilien. Wölfchen drängte sich dazwischen, selber mit Groß papa zu tanzen, der ryn verwies: „Immer galant sein gegen deine Mama, und hinter alten Leuten zurückstehen, mein Junge!" Dann trat der Greis mit jugendlicher Freude vor seine Schwiegertochter hin und forderte sie mit artiger Gebärde zum Tanze auf. Walter setzte den Bogen an. Die Musik begann. Ti didididel, ti di di. Händels liebes Menuett. Wie ein Jüngling frisch und fröhlich, wie in seinen schönsten Jahren draußen bei Hofe in Bel vedere, in Tiefurt, auf dem Ettersberg«, drehte und neigte sich Goethe mit Ottilien im bedäcktigen, lang samen Reigen, und in seinen Augen stand das Leuch ten wieder, das sie all« lange schon entbehrten. Jene dunkle, reine Glut, die ein stilles, reines Glück ver kündet und im Aua' der andern selber Freude weckt und Seligkeit. Alles Leid und alle Trauer schien vergessen, abg«fallen, entschwebte mit d«n weichen Klängen. Erschöpft hielt Goethe inne, als Walter endlich den Bogen absetztc, und ließ Ottiliens Hand los. Seine Wange glüht« in jugendlichem Feuer. Liebe voll besorgt um ihn, legte ihm Ottilie ihren leichten Schal um den Hals und führte ihn langsam in den Garten zu seiner Lieblingsbank, Eckermann zu winkend, er möge mit den Kindern im Schatten des Schlosses verweilen. „Ihr seid heiter, lieb«r Vater. Fröhlich 'fand ich Euch hier in der Einsamkeit." „Kind, ich bin nicht einsam hier oben." Er strich ihr zärtlich übers Haar. „Alle habe ich hier um mich, die mir nahe gestanden im Leben, den Freund, die Freundin, Mutter und Schwester. Wenn ich hier sitze, und keines Menschen Schritt und Stimme dringt zu mir her, am Morgen, am sternenglünzenden Abend, dann seid ihr alle so nahe bei mir, daß ich glaube, eure Stimmen zu hören. Und dann sitze ich lang«, lange mit euch hier und plauder« und lausche. Ottilie neigte sich näher zu dem Nachdenklichen und ergriff seine Hand. Eine W.ile saßen sie noch plaudernd zusammen, dann mußte Eckermann kommen, und Goethe trug, auf- und abwandernd im Garten, mancherlei Ge danken und Forschungen der letzten Tage vor, wäh rend Ottilie mit den Kindern die beiden anderen Schlösser auf der Höhe besuchte. Goethe sprach heiter von seiner Muße in Dorn- bürg. Er schien sehr glücklich und pries seine Ge sundheit, das Schloß und seinen Garten wiederholt. „Ich erlebe hier so gute Tage wie Nächte. Oft vor Tagesanbruch bin ich wach und liege im offenen Fenster, um mich an der Pracht der jetzt zusammen stehenden Planeten zu weiden und an dem wachsen den Glanz der Morgenröte zu erquicken. Fast den ganzen Tag bin ich dann im Freien und halt« geist reiche Zwiesprache mit den Ranken der Weinrebe, die mir gut« Gedanken lagen und wovon ich Euch wunderliche Dinge mitteilen könnte. Auch mache ich wieder Gedichte, die nicht schlecht find, und möchte überall, daß es mir vergönnt wäre, in diesem Zu stande fortzuleben." Er blieb stehen und wies Eckermann den Aus blick ins Tal, mit der Hand nach der Richtung hin- auHzeigend, wo Weimar nach feiner Meinung un gefähr liegen konnte. . Seine Gedanken waren bei dem ocrftorbenen Groß herzog. „. . . . Wir woll«n nachher drinnen noch einiges schreiben und bereden. Doch jetzt, — die Sonne sinkt schon, — laßt mich Euch das Schönste in meinem Garten zeigen!" Er führte ihn vor ein Malvenbeet und sprach mit d«r Begeisterung eines Gärtners von der Auf zucht seiner Pflanzen, von seiner Vorliebe für Blu men und Farben, kam dabei von selber auf seine Farbenlehre, ihre Wirkungen draußen in der Welt, und unversehens ward sein Plaudern zu cin.m förm lichen Vortrag über diese von ihm mit soviel Liebe und Forscherelfer bettiebene Wissenschaft, in di« er vor allen seinen klugen und freundlichen Eckermann immer gern eingewecht hatte. Sie saßen noch ein mal aus der Aussichtsbank am Dergrand nieder, und den Blick voll in das von Abenddämmern durchwebte Tal gerichtet, sprach Goethe lang« mit jugendlichem Feuer. Endlich unterbrach ihn Eckermann, mahnend, die Kühle des Abends könne dem Alter Les Meisters gefährlich werden, und bat ins Haus zu gehen. Im Tale blitzte schon hi« und da ein Licht auf, und dichte Dämmerung schwebte den Berg herauf, umzog das Schloß. Zwischen d«n Bäumen her spielt« noch ein letzter Schimmer des fern erblassen den Abendrots. „Schnell noch einen Schritt in den Garten! Jetzt, aerad« um diese Stunde, müßt Ihr die Bacchantin sehen", rief Goethe aus und ging schnellen Schrittes voraus.... Eckermann folgte ihm mit Neugierde, die sich alsbald in Ueberraschung und Staunen wandelte. Am Ende d«s Weges, der zum Mittelschloß führte, mitten im Grün und Gelb von Baum und Blüten, stand eine bronzene Figur auf hohem Sockel hinter blumigem Beet. Eine Bacchantin, d«n vollen Busen halb entblößt von Weinlaub und Neben umschmiegt, Reben im vollen Haar, Reben rings um sich her und sie lelber mit gesenktem, träumendem Blick, der eine leichte Trauer verrät, in glücklich selige Erinnerung versunken, ein Weib von hoher, berauschender Schön heit. Der Abendschein floß spielend über ihr Gesicht. Mit weichen, runden Formen thronte sie unter den schweigenden Bäumen im dämmernden Garten und sann, träumte, glückselig im Traum. Goethe stand mit leuchtendem Auge vor diesem Abbild, das sein verblichener Freund aus dem Gar ten von Fontainebleau mit heimyebracht, hier oben ausgestellt hatte, das ihm ein Bild des Lebens in Schönheit und Freude, seines eigenen Lebens war. Seine Gedanken umschmeichelten dies Frauenbild von Jugend und Kraft, voll Freudigkeit im Genuß und Innigkeit zu empfinden, sich zu erinnern. Manch «in seliger Tag ward in ihm wieder lebendig. Freun- desstimmen, Liebesgeflllstcr klang an sein Ohr, Becherklingen, Gesang erscholl, und Paare drehten sich im Reigen auf moosigem Grund im waldum- rauschten Tal. Kerzenlicht blinkt« in glänzenden Sälen, Frauenlächeln verhieß Huld und Erhörung. Die Jugend war wieder erstanden, und alle, alle, die jung mit ihm waren! In das wechselnde Dunkel des Gattens tauchte der Bacchantin ehernes Bild still hinein, ihre For men zerflossen im Dämmern, wie ein Traumbild ver weht. Erinnerungen umklangen den Greis mit Singen und Locken und Leuchten. „Kommet herein!" bat er endlich und schritt langsam durch den nächtlichen Garten. Eckermann folgte still, und lange stand ihm dieser Abglanz des Lebens noch vor seiner Seele, denn wie «in Symbol erschien ihm di« Bacchantin, ein Bild ernsten Lebens zwischen Traum und Trauer.
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