Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.08.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110826014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911082601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911082601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-26
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS-PreiS lür L«tp,ia »nd Vorort, dnrch »nler« Trüaer und Eoedtteur« 2mal tSalich >n» Pau» gebracht' MPI. monatl.. 2.7Ü ML vierirliöhil. Let unser» Filialen ». An nahmestellen obaebolt' 7S Ps. monatL, r.rs Är. mertrljdhrl. Lurch die Poft: Innerhalb Leuischland» und der deutschen Kolonien vierleljahrl L.SV Alk., monatL l.Ai Mk. auelchl Polrbestellaeld Ferner in Belgien, Dänemark, den Donaustaaren. Italien. rlu;emburg. Niederlande. Nor wegen, Lenerrelch - Ungarn. Ruhlanb, Schweden. Lchweir u Lvanien. 2n allen übrigen Staaten nur direlr durch die Lelchajtsstell« des Blatte» erhältlich. La» Leivztger Tageblatt erschein« 2mal täglich. Sonn» u. Feiertags nur morgen». Abonnements-Annahme Iohannisgajs» 8. Lei unseren Tragern, Filialen. Lved>:eur«n und Annahmestellen, iowie Postämtern und Brieiträgern. Moraen-Ausaabe. WpMrr Tageblatt k 14 692 lNachtanschU.») . - ... s sNachtaa^lu», 14883 VltttVelSKeIkUUg. Trl.-ÄNscht.i 14 893 Ämlsblatt des Nates und des Votizeiamtes der Ltadt Leipzig. Lnqeiqnr-Preis fit» Inserat* mr» Letpzta und Umgebung di« lsoalttg«Petttgetl« 2SPs-dteNeklame. »«U« t AN.' von «»wärt» SD Pf, Netlainen L20 ML.' Inserat» von Behörde» im amt. ltchen T^l dt» Petit»»il« » «f. «eschäft»aniet,en mit Bratzvorschrist«» u. in der Ab«ndau»gab« im Pretl« erhöht. Rabatt nach Tarts, Bellagegebiihr tbelamt- auslag« L Mk. ». Tausend erkl. Postgebühr. Teilbetlag« Höher. Aestertetlte Austräa« können nicht zurück- gezogen werden. Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen »Annahme: I.ha»ni»«»ls« 8, bet sämtlichen Filialen n. allen Annoncen- Lrvedttione» de. In» und Ausland«». Druck in» Verlag »eu Fisch«, 4 ltürfte« Inhaber: Paul Rürven. Redakti.» mid G«schift»stell«: Iohanntrgass« 8. Haupt - Filiale Dresden: Seestraste < 1 (Telephon 4621L Nr. 23S. Sannabeng, üen LS. August lSll. 105. Ishrgsnss. Die vorliegende Angabe umsait 16 Leiten. Oss Wichtigste. * Die Verhandlungen in der Eelb- metallbranche sind gestern abgebrochen morden. (S. des. Art.) * Die kaiserliche Familie ist am Freitag inAltona eingctrofsen. Bei der Tafel für die Pro vinz Schleswig-Holstein hielt der Kaiser einen längeren Trinkspruch, (S. bes. Art. und Letzte Dep.) * Die Behauptung, das; die Deutschen Taru- dant (Marokko) verlassen hätten, ist nach halb amtlicher Erklärung unzutreffend. (S. bes. Art.) * Der japanische Premierminister Katsura ist z u r ü ck g c t r e t e n. Er empfahl, den Marquis Saionji zu seinem Nachfolger zu er nennen. (S. Ausl.) * Im F ii r st e n b e r g - M e m o r i a l (50 000 .tt) zu Baden-Baden siegte Frhrn. v. Oppenheims „Noyal Flower" unter Jockei O'Neil. Oie Lsmmilstilm üer Monroe-Doktrin. Die amerikanische Senatskommission hat noch unmittelbar vor der Vertagung beschlossen, die Schiedsverträge mit England und Frank reich abzulehnen und die Regierung aufzu fordern, daß sie von den vertragschließenden Mächten die ausdrückliche Anerkennung der Monroe-Doktrin und die Einbeziehung dieser Anerkennung in den Wortlaut der Ver träge verlangen soll. Wieweit dieser unge wöhnliche Beschluß mit dem Streite zusammen hängt, der mit dem Präsidenten Taft wegen seines gegen die Zollbill eingelegten Vetos entstanden ist, steht auf einem besonderen Blatte. Ist die Absicht maßgebend gewesen, das Oberhaupt der Republik in seinem Lieblings kinde zu treffen und den seine verfassungs mäßigen Prärogative machtvoller als Englands Könige handhabenden Mann an ihre Grenzen zu erinnern, so würde solch Hineintragen persönlicher Bestimmungsgründe die staats männischen Bedenken gegen die verwegene Herausforderung der europäischen Mächte doppelt schwer wiegen machen. Denn doch noch ein anderes ist es, die bisherige Politik, die Geltung der Monroe-Doktrin in den einzelnen Fällen ihrer Anwendung durch unbeugsame Festigkeit erzwingen, und ein anderes, durch ihre grundsätzliche Annahme für alle Zukunfts möglichkeiten die Europäer unter ihr kaudi- nisches Joch zu beugen. James Monroes Botschaft vom Austerlitz- Tage 1823 trug nur den Charakter einer zur Maxime abstrahierten Willens-Erklärung, die sich auf die politischen Verhältnisse der un mittelbaren Gegenwart bezog: auf Spaniens Versuche, die empörten Kolonien zurückzuerobern und verschwommene Absichten der Franzosen und der Engländer, aus dem brodelnden Hexen kessel der werdenden Südamerika-Staaten einige Brocken für den eigenen Tisch herauszufischen. Die spanische Niederlage bei Ayacucho und der zum Teil durch Zufälligkeiten bewirkte schlechte Fortgang der anderweitigen Pläne erübrigte es damals den Vereinigten Staaten, mit ihren Drohungen Ernst zu machen. Als aber die Verwirrung des Sezessionskrieges neuerdings das Erscheinen europäischer Heere und Flotten in der Westfeste erleichtert hatte, da genügte das Stirnrunzeln der zur Einheit zurückgelangten mächtigen Republik, um die Schiffe Spaniens von den peruanischen und chilenischen Küsten, die englisch-spanischen Truppen und, nach einigem Widerstreben, auch das Heer des Franzosenkaisers aus Mexico zu verscheuchen. Gleiche Energie vereitelte im Anfänge der 9ver Jahre Englands Versuche, die Grenzen seiner Besitzungen in Guayana gegen Venezuela zu erweitern. Ver schiedene englische Truppenlandungen in Mittel amerika mußten ebenso auf dringendes Ver langen der Washingtoner Regierung mit größter Hast abgewickelt werden. Wir Deutschen selbst haben ja manche Ungezogenheit des Herrn Castro geduldig einstecken müssen, weil ihn der Fittich der großamerikanischen Mutter vor derberen Züchtigungen schützte, bis er der Be schützerin gelegentlich die eigenen Fenster ein warf. So macht man eben in der Welt Politik schon lange, ehe Machiavelli Uroäterweisheit in schriftlichen Regeln niederlegte: man setzt in den einzelnen Streitfragen seinen Willen durch und überläßt es den Geschichtschreibern, hinter her die Maximen dieses Willens herauszu tüfteln. So haben auch Amerikas Staats sekretäre und die von ihnen beratenen oder sie beratenden Präsidenten es bisher verstanden und das Land hat sich gut dabei befunden Nun kommt der Senat und richtet den Geßler- hut auf weithin sichtbarer Stange auf: wer gut Freund der Republik werden will, soll zuvor der Gloriole der kanonisierten Monroe seine Reverenz erweisen! Die erste Empfindung angesichts dieser Wen dung ist, daß die Verträge damit einfach ge scheitert sind Zunächst wird ihr Grund gedanke durch die Klausel logisch völlig zunichte gemacht. Ihr Neues war ja, daß sie allgemein werden sollten, daß auch Lebensfragen der nationalen Interessen und der Ehre fortan einem schiedsgerichtlichen Urteile unterworfen werden und damit allen Kriegsmöglichkeiten nach menschlichem Ermessen die Wurzeln abge graben werden sollten. Indem nun die für die Vereinigten Staaten meist in Betracht kommen den Anlässe zuMeinungsverschiedenheiten wieder aus dem allgemeinen Grundsätze herausgenom men werden, ist dieser bis zur völligen Bedeu tungslosigkeit entwertet. In der praktischen Politik aber müßte zum mindesten für die öst lichen Gestade des atlantischen Ozeans bei dieser Gelegenheit die Anerkennung des gleichen Rechtes auf Nichteinmischung durch die vertrag schließenden Mächte durchgesetzt werden: Amerika hat sich in Liberia an der afrikanischen Küste im stillen schon recht hübsch eingenistet! Alsdann aber — immer vorausgesetzt, daß der Wille zur weiteren Verfolgung des Schieds gerichtsgedankens diesseits nach der Brüskierung durch den amerikanischen Senat überhaupt noch fortbesteht — wäre jetzt auf eine sehr genaue Be grenzung der berühmten „Doktrin" um so entschie dener zu dringen. Die alte Lehre Monroes hat durch die südamerikanischen Staatsrechtler Drago und Calvo dahin eine Erweiterung erfahren, daß den fremden Mächten auch eine Eintreibung finanzieller Verpflichtungen mit militärischen Machtmitteln verwehrt werden soll, die euro päischen Gläubiger also gegenüber den arg ver lotterten Kreolenstaaten auf den guten Millen der amerikanischen Vormacht zur Beihilfe an gewiesen sind. In einem solchen Grundsätze, der auf den panamerikanischen Kongreßen bereits seine Sanktion erhalten hat, liegt aber ein Schutzverhältnis der großen Republik zu den kleinen ausgesprochen, das den Keim einer künftigen engeren politischen Verbindung in sich birgt. Davon ganz abgesehen und auch von der Notwendigkeit, auch hier mindestens ein gegen seitig wirkendes Recht zu schaffen, also z. B. die gelegentliche Geltendmachung amerikanischer Kapitalistenforderungen an die Türkei in gleicher Weise zu beschränken, muß schon jetzt erkannt werden, daß die heutige Form der Weltwirt schaft, die auf Kapitalsinvestierungen in fremd ländischen Unternehmungen wesentlich mit be ruht, eine unbedingte Anerkennung jenes Grundsatzes einfach zur Unmöglichkeit macht. Amerika muß sich also gefallen laßen, daß der von ihm der Monroelehre untergelegte Sinn bei dieser Gelegenheit sehr scharf unter die Lupe genommen wird. Ob es aber bei einer förmlichen Kodifizierung dieser sehr schwierigen staatsrechtlichen Frage besser davonkäme als bei den bisher üblichen Verständigungen von Fall zu Fall, bleibt gar sehr zweifelhaft. Welchen Liebesdienst der Senat mit seiner Aufwühlung des heute gar nicht aktuellen Streitgegenstandes dem allgemeinen Friedens gedanken geleistet hat, wäre Gegenstand einer besonderen Erörterung. Wir Deutschen mögen uns doppelt glücklich preisen, daß wir uns zu der Mitfahrt, zu der wir eingeladen waren, verspätet haben, da wir das stolze Schiff der Verträge schon an der Hafenausfahrt auf eine Untiefe geraten sahen. Wir, die wir immer unsere schweren Bedenken gegen die sogenannten „allgemeinen" Schiedsverträge betont haben, empfangen jetzt die Genugtuung, deren Schwie rigkeit von anderer Seite glänzend bestätigt zu sehen und sind durch die Verzögerung der Ver handlungen dem nicht gerade angenehmen Be- gegniße entrückt, daß uns der ausgearbeitete Vertrag von den parlamentarischen Körper schaften des Kontrahenten als unbrauchbar zer rißen vor die Füße geworfen wird. Vie Kaiserliche Familie in Mions. Wie wir bereits in der gestrigen Abendausgabe meldeten, ist das Kaijerpaar am Frectagoor- mittag 10^ Uhr zugleich mit dem Prinzen Adacoert und der Prinzessin Viktoria Luise in Altona ein getroffen. Aus dem Bahnsteig. der wirkungsvoll gesa-mückt war. hatten sich ein gefunden: der Kronprr n z , Prinz uno Prinzessin E i t e t - F r r e d r i ch und die übrigen Prinzen, der Großherzog von Oldenburg, Prinz Friedrich Leopold und die spitzen der Mili tär- und Zivilbehörten, Generalfeldmarschall v. Hac- seler und der Fürst von Fürsten berg. Der Kaiser trug Generalsunijorm und oen Marscyallsrab. Die Ehrenkompanie erwies die militärischen Ehren bezeigungen. Die Majestäten hielten großen Mi litär- und Zivilempfang ab, worauf der Vorbei marsch der Ehrenkompanie ersolgte. Beim Verlassen des Bahnhofs jubelnd begrüßt, bestiegen Kaiser und Kaiserin sowie die Prinzessinnen Eitel-Friedrich und Viktoria Luise einen offenen, vierspännigen Wagen. Der Kaiser und die Prinzen stiegen zu Pferde, worauf der Einzug unter dem Geleit einer Eskadron Les Husarenregi ments Nr. 15 begann. Der Einzug der Majestäten setzte sich unter andauernden Hochrufen des Publi kums und tausender von Schulkindern und unter dem Geläut der Glocken bis zum Rathause von Al tona fort. Truppenteile des 9. Armeekorps bil deten Spalier. Die Truppen präsentierten. Die Musik spielte den Präfentiermarsch. Vor dem Rat hause hatten der Oberbürgermeister Schnecken burg und die städtischen Kollegien Aufstellung ge nommen. Der Wagen der Kaiserin hielt. Der Kaiser ritt heran, und die sechs Kafterprinzen, Fürst Fürsten berg und die Herren des Hauptauartiers bildeten einen Halbkreis. Der Oberbürgermeister hielt eine Ansprache und bot dem Kaiser einen Ehrentrunk an. Der Kaiser erwiderte bei Entgegennahme des Ehrentrunkes auf die Ansprache des Oberbürgermeisters mit folgenden Worten: ..Herr Oberbürgermeister? Ich sage Ihnen meinen herzlichsten Dank für Ihren freund lichen Willkommengruß, ebenso auch namens meiner Frau. Die Stadt Altona hat eine schwie rige Lage: das weiß ich. Eine jüngere kleine Schwester neben einer großen, alten Hansastadt hat es selbstverständlich nicht leicht. Aber wie ich schon erwähnt habe, ist mein landesociterliches Herz stets beschäftigt, der sie zu fördern. Ich habe die feste Ueberzeugung, daß der zähe Wille der Bürgerschaft und die s ch le s w i g - h o lste i'n i s ch e Ausdauer, die ihr Charakter ist, alle Schwierigkeiten über winden wird. Immerhin kann ich konstatieren, daß seit meinem letzten Besuche die Stadt sich recht kräftig entwickelt hat und daß die Zahl der Kinder, die uns begrüßt hat, einen sehr bedeutenden Zuwachs der Bürgerschaft darstellt. Ich bitte Sie, bei den Bürgern Altonas, Männern, Frauen und Jungfrauen, der Dolmetsch unseres Dankes und unserer Gefühle zu sein. Diesen Wein aus edler deutscher Rebe trinke ich auf das Wohl und das Gedeihen der Stadt." Drei kleine Mädchen, die Töchterchen des Ober bürgermeisters und eines Stadtverordneten, über reichten der Kaiserin und den Leiden Prinzessinnen Blumensträuße. Der Kaiser wandte sich nochmals mit freundlichen Worten an den Oberbürgermeister. Dieser brachte ein dreifaches Hoch auf die Ma jestäten aus, in das die Vertreter der Stadt und die Tausende auf den Tribünen und auf dem Platze Aufgestellten einstimmten. Der Einzug setzte sich hierauf durch die Kaistraße bis zum Liegeplatz der „Hohenzollern" fort, wo eine Ehrenkompanie aufgestellt war. Die Majestäten nahmen hierauf an Bord Wohnung. Auch die Stadt Hamburg hatte bereits am Frei tag vielfachen Flaggenschmuck angelegt. Marokko. Wir hatten schon am Montag gelegentlich unserer Meldung von dem spanisch-französischen Geschäft mit Spanisch-Guinea und Fernando Poo erklärt, der ganze Kompensationsplan komme für uns überhaupt nur bei Erlangung eines Zutrittes zum Kongoslus; in Betracht. Frankreich hatte sich bisher kräftig gegen dies« Zumutung gewehrt, weil dadurch Fran zösisch-Kongo in Zwei getrennte Teile zerrißen werde. Jetzt klingt es aus den Spalten des Pariser „Figaro" erheblich anders. Nach diesem Blatt, das zu den Regierungskreisen gute Beziehungen zu unterhalten scheint, soll sich der deutsche Anspruch auf mehr als die Hälfte von Französisch- Kongo erstrecken. Die neue Grenze soll von Libre ville den Sangofluß überqueren und den Kongo er reichen. Wir wißen nicht, ob von der deutschen Re gierung ein« solche Forderung gestellt ist, würden sie aber nicht unbescheiden finden. Der „Figaro" kündigt nunmehr an, daß dieser Anspruch bei Frank reich die wohlwollendste Prüfung erfahren habe, falls Deutschland sich in Marokko willfährig zeige. Wird hier die Ansicht der maßgebenden fran- jöfischen Kreise wiedergegeben, so wäre immerhin ein Fortschritt zu verzeichnen. Wenn im übrigen von der Willfährigkeit Deutschlands in Marokko die Red« ist, so wird die deutsche Regierung, falls sie Kom pensationen annimmt, sicherlich mit größter Loyali tät die Voraussetzungen, unter denen diese Kom pensationen gegeben werden, erfüllen. Es kommt ausschließlich au; eine einwandsfreie Formulierung dieser Voraussetzungen an. Daß die deutsche Re gierung den Franzosen in einem Teile Marokkos Rechte, die über die Algecirasakte und das deutsch französische Februarabkommen hinausgebcn, ;uge stehen will, scheint ja nun einmal festzustehen. Vor- her müßte aber die wirtschaftliche Gleichberechtigung Deutschlands für alle Zeit gesichert sein. Eine solche ein wandfreie Formulierung bieten die in der französischen Preße auftauchenden Vorschläge, eine Schiedsgerichtsinstanz für Zölle und ein Zen tralkomitee für Konzessionen und Ausschreibungen zu schaffen, noch keineswegs. Hier liegen sehr cr- heblickf« Schwierigkeiten, denn das Mißtrauen Deutschlands und feine Besorgnis, daß Frankreich doch Mittel und Wege finden wird, den fremden Handel zu verdrängen, ist in schlimmen Erfahrungen begründet. In der „Saale-Ztg." wird ein Ge spräch mit einem deutschen Staatsmann — vermutlich mit dem Grafen Posadowsky — ver öffentlicht, worin ebenfalls auf die Schwierigkeiten einer absolut sicheren Formulierung wirtschaftlicher Konzessionen hingewiesen wird. Wichtig, aber auch selbstverständlich ist, daß auch dieser Staats mann zum Aeußerstcn entschlossen ist. wenn sich's um deutsche Ehre handelt. Auf die Frage, ob das Deutsche Reich Marokkos wegen einen Krieg führen solle, gab der Befragte fest und ruhig die Antwort: ..Marokkos wegen nicht, aber um unseres Ansehens und unserer Zukunft willen vielleicht doch!" * Botschafter Julius banrbon erkrankt. Paris, 25. August. (Eig. Drahtineld.) Botschafter Jules Cambon ist. wie bereits gemeldet, in folge der anstrengenden Tätigkeit der letzten Tage an einer Kopfkolik erkrankt. Seit gestern muß er das Bett hüten, doch gibt sein Befinden zu keinerlei Befürchtungen Anlaß. Sein Zustand war in den heutigen Morgenstunden durchaus brfrie- digend. Man hofft, daß der Botschafter bald wie der hergestellt sein wird, so daß er sich Anfang nächster Woche wieder nach Berlin begeben kann. Ministerrat in Paris. Paris, 25. August. (Eig. Drahtineld.) Minister de Selves legte im Kabrn ettsrate oen Stand der Besprechungen zwischen Frank reich und Deutschland dar und versicherte sich der Zustimmung des Kabinetts ;u den allgemeinen Grundlagen der Verhandlungen, die sortdauern. Rußland als Vermittler. Petersburg, 25. August. (Eig. Drahtineld.) Die „Nowoje Wremja" nimmt in einem Leitartikel B.'- zug auf den gegenwärtigen Stand der zwischen Beilin und Paris schwebenden Verhandlungen über Marokko und führt aus, daß Rußland trotz des soeben mit Deutschland abgeschlossenen Vertrages über dce Bahnen in Nordpersien selbstverständlich durchaus i n fester Bund «streue zu Frankreich ver harre und natürlich den Verhandlungen über Marokko mit Friedensliebe gcgenüberstche. Sollten Frank reich und Deutschland zu keinem Einverständnis ge langen können, so wäre Rußland gern geneigt, beiden Parteien seine Hilfe als Vermittler anzu bieten, und es sei zu hoffen, daß dieses Angebot Annahme finden werde. Die Deutschen in Tarudant. Die Behauptung, das; die Deutschen Taru dant verlassen haben, ist, wie die „Nordd. Allg. Ztg." mitteilt, nach den aus Agadir vor! egen- Len telegraphisch:» Meldungen n i ch t z u t r e f f e n o In Tarudant befinden sich seit einiger Zeit drei Angestellte eines marokkanischen Minensyndlkats (Mannesmann), darunter ein Reichsdeutscher. All: drei waren noch am 21. August ungefährdet in Taru dant. Wäre inzwischen eine Gefährdung eingetreten, so würde das vor Agadir liegende deutsche Kriegs schiff durch Funkspruch Meldung erstattet haben. * Ueber Marokkos Eisenerze und die deutsche Industrie enthält die „Frkft. Ztg." einen längeren Artikel, worin betont wird, daß der wahre Grund für die Bedeutung der Marokkoerze nicht in ihrer Quantität liege, sondern in ihrer eigentümlichen Stellung im internationalen Erzhandel und in ihrem Einflug auf dessen zukünftige Gestaltung. Der Verfasser Les Ar tikels weist nach, daß die deutsche Erzver sorgung vorerst gesichert fei und die Marokkoerze quantitativ eine verhältnismäßig un bedeutende Rolle spielten. Wenn aber später der Kampf um spanische und schwedische Erze heftiger als je zwischen Deutschland und England entbrennen werde, dann würden oiesc bc-den Erzlieferantcn aus der Notlage Nutzen ziehen und die Preise erhöhen Besitze aber Deutschland die Marokko- erze, die mit den spanischen und ichmediicbcn Erzen sehr wohl konkurrieren könnten, so sei ihm stets die Möglich keit gegeben, durch ein« stärk.re Einfuhr marokkanischer Erze statt schw discher und spanischer übertriebenen Forderungen entgegenzutreten und die Preise auf eine normale Höhe zu bringen. Das sei eine viel be- deutungsvollere Wirkung der Marokkofrage, als sie durch ihre Qualität allein jemals erreichen könnten. Es sei klar, daß die günstige Wirkung in dos Gegen teil Umschläge, wenn England selbst, nur wirlschrit- lich seine Hand auf diese Erzschätze lege. Das schlimmste wäre aber, wenn Frankreich wirt- sHaftlich oder politisch von den Erzfeldern Besitz er griffe. Der Verfasser des Artikels resümiert sich da. hfti: „Die Marokkoerze haben also nur dann einen Wert für die deutsche Eisenindustrie, wenn der größere Teil der Erzfelder in deutschen Händen ist und di« politische Macht entweder deutschem Einfluß unter steht, oder sich zum mindesten neutral verhält. So,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite