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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.12.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111212014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911121201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911121201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-12
- Tag 1911-12-12
-
Monat
1911-12
-
Jahr
1911
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vrtte 2. Nr. 344. los. Jalrrysna. Leipziger Tageblatt. Dienstag, l2. Dezember Z9N reich Muleh-Hafid, der tm Mai seine erste Boule» vardreise antreten wird, veranlassen kann, die spa nische Einslutzzone völlig unter die Oberhoheit deS König- Also»» zu pellen, wird man sogar in eine Komöensattou an der atlantischen Küste will qen, wo bekanntlich der zweite Teil der spanischen Zone liegt. England fordert als Vermittler gebühr, daß Ceuta keine Festung bleibt, wonach Gibraltar allein die Einfahrt ins Mittel meer beherrscht! Ta» tst die Grundlage -er Ver handlungen rn Madrid zwischen dem Äeunrrnminister Garcia Prieto und dem irarizosischeu Botschafter (Seosfrav, denen der englische Ävlscl-after beiwohnt. Frankreich bat sich darnn sasicken müssen, das von England festgesetzte, verringerte Programm anzu nehmen. Man errät jHt auch, wie die Verhand lungen zwischen Spanien und Deutsch land über Guinea und Fernando Po eingeleitet und begründet werden sollen: Deutschland roilligte in da- französische Protektorat über ganz Marokko. Frankreich tritt nun aber einen Teil Ma- vokto» an Spanien ab, da- au» secner Einslutzzone eine wirkliche Kolonie macht. Da Deutschland im marokkanischen Protektorat gewisse Garantien und Vorteile erlangte, hat «c bei dem Handel mitzureden. Gewiß besteht eine geheime Abmachung -wischen Deutschland und Frankreich, die diese deutsche Inter vention und die Äolle, die die französische Diplomatie dabei zu sätet«, hat, vorsieht Abermal» wird die eiwltick-e Stellungnahme von höchstem Interesse jein. Tas Gerücht, das» England nicht» von der Abtretung Guinea- au Deutschland »vissen wolle, wurde in Paris dementiert. Aber auch Minister Ssasanow, der mit großen Ehrungen in Paris empfangen wurde, dementierte, daß England gegen di« Eröffnung der Dardanellen protestiert vab«, und dach unteeBimr es nicht dem allermindssten Zweifel, daß bi» russische Diplomatie die alte Frage letzt lösen zu könn«n glaubte, nm auch eine Kom pensation zu «rhalten, wo Frankreich und Spanien Marokko, Deutschland ein Stück vom Kongo und Ita lien Tripolis erlsielten. Tie Herren Ssasanow, JS- tvolSki, Eaillaux, de Selbe», Littoni, der italienische Botschafter, und Stanciosf, der bulgarische Ge schäftsträger, haben in diesen Tagen dir Köpfe zusammengesteckt; Sir Francis Bertie, der englische Botschafter, liest sich viel weniger blicken. Bertie- Kollege in Konstantinopel befindet sich Aar auf der Jagd, und der russische Diplomat must über eine Stunde warten, ehe der österreichische da' Kabinett de» türkischen NeußernminisierS verlaßt — so besagt ein Pariser Telegramm von, Bosporus. Hinzukommt, daß Herr Ssasanow dementieren muß, Rußland habet« an eine definitive Besetzung von Teheran gedacht! Fimnerhiu setzt er seine Reise nicht nach London fort, aus Gesundheits rücksichten. l,. Der Krieg um Tripolis. Die Vardrmellrnfrage. Alle russischen Dementi? vermögen gegenüber der Wucht der Tatsache nicht standzlchalten. Da, russische Verlangen aus Oeffnnng der Meerenge für die russische Kriegsflotte, während viels« für die Flotten der anderen Mächte auch ferner geschlossen werden sott, steht in Wirklichkeit in einem vorge schritteneren Stadium, als es durch die Verbalnote zum Ausdruck gelangen könnt«. Zu den gemeldeten Kompenfatwnsanerbieicn gehört auch der Verzicht auf die Kriegsindcmnität von 1878 sowie der Ber eicht auf die Kapitulationen. Die Pforte ist jeden- »aus entschlossen, falls Rußland auf seinem Lerlangen besteht, an die Mächte zu appellieren. Die Konstantinopler Zeitung „Feni Gazette" meldet über die Haltung Eirplaiid«: Sir Edward Gr er) äußerte sich in einer Be sprechung mit dem Botschafter der Pforte in London folgendermaßen: Mag die russische Re gierung für das den russischen Kriegsschiffen zu gewährende Durchfahrtsrecht durch die Meerenge ein noch so günstiger Anerbieten machen, die Tatsache bleibt doch bestehen, daß eine Oeft- nung der Meerenge für den gesamten Frie den «in« dauernde Gefahr bilden müsse. Es ist -aber erforderlich. Vag unter allen Umständen di« Meerengenverträge eingehalten werden. Da raufhin beauftragt« die Pforte sofort ihren Bot- schafter in Petersburg, der russischen Reaierung mitzuteilen, daß e» dieser trotz der angebotenen Kompensationen unmöglich wäre, ihrem Ver langen zu entsprechen. Die türkisch« Blockade der Dardanellen. Die türkische Regierung betreibt in aller Eil« die Vorbereitungen, um di« Blockade der Dardanellen zu beendigen. Da, zwette Armeekorps ist tn Rodosto mit großen Mengen Munition und Le bensmitteln angekommen. Me an der Küste der Dardanellen gelegenen Ortschaften sind bereits von den Einwohnern verlassen worden. Arber die Lage in Tripolis meldet die „vgenzia Stefant" unter dem 1t. D» zember: Ans Tripoli» und Ain Zara liegt nicht. Neues vor. Am Montagvormittag unternahmen st Bataillone und eine Gebirgrbatlerie der 3. Di vision sowie Kacabinieri in der Richtung nach der östlichen Oase bei Sabel eine Rekognoszie rung, ohne auf Widerstand zu stoßen. Am Abend kehrten die Truppen in die Verschanzungen zurück, nur «in Bataillon blieb in einer etwas^ud- lich von Fomasi befindlichen Stellung an der «üd- grenz« der Oase zurück. Auch von Ain Zara wur den drei Erkundunasabteilungen nach Süden Li» 10 Kilometer von Ain Zara ausgefchickt, ohne eine Spur vom Feinde zu finden. Au, Homs find keine neuen Nachrichten ein getroffen. Italienische Vmrkakederlassmrgen tu Tripoli». Die Bank von Italien, di« Bank von Neapel und di« Bank von Sizilien sind durch Dekret ermächtigt worden, in Tripolis, Benghasi und anderen Orten von Tripolitanien und der Ehrens ika Zweigniederlassungen zu gründen, falls «in Bedürf- ni, hierfür vorhanden ist.. Verstärkung der italienischen Streitkräfte vor Tripoli». Die Vermehrung des Heeres um taktische Ein heiten ungefähr in Stärke eines Armeekorps er scheint einem Teil der Presse ungenügend, weil über zwei Armeekorps in Tripolis stehen. Die Regierung will aber nur die dauernde Stärke de» OAupations- heere» ersetzen und gedenkt nach Friedensschluß die Besatzung zu vermindern oder nötigenfalls Li« Heeresvermehrung später oorzui«hm«n. Heber die Bereinigung der neugeschaffenen Einheiten zu grö ßeren Verbanden steht noch nichts fest. Bemerkens wert ist die starke Vermehrung »er Geüirgs- sowie der Feftungsartilleri«. Wegen Lieferung von 93 Rohrrücklaufbatterien schweben Verhandlungen mit Kruppin Esten und Schneider in Creuzot. Da» Parlament hat dafür üO Millionen Lire bewilligt. Das Kriegsministerimn hat dafür gesorgt, daß alle Entnahmen für Tripolis an Kriegsmaterial, Pferden und Maultieren in Len einheimischen Beständen er setzt werden. Verhaftung türkischer Offizier« an der tunesisch- tripolitanischrn Grenze. Algier, 11. Dezember. (Eig. Drahtmeld.) Di« französische Behörde hat an der tunesisch-tripolitani- scheu Grenz« drei türkisch« Offizier« ver haftet, di« die Absicht hatten, im Automobil nach dem Kriegsschauplätze zu gelangen. Ebenso wurden in Sfax zwei Automobilisten angehatten, di« ver sucht hatten, die französische Behörde über ihr Reis«, ziel zu täuschen. O Zu de» deutsch-italienische» Beziehungen. Rom, 11. De«mber. (Eig. Drachtmeld.) „Eco- nomislica Italia" gebt in einer Artikelserie aus den Leitartikel der „Frankfurter Zeitung" «in, in welchem die Beziehungen erörtert worden waren, die zwischen der öffentlichen Meinung kn Deutsch land und Italien augenblicklich bestehen und leugnet, daß deutsche Waren in Italien boykottiert wurden. Der Artikel wird vom „Popolo Romano" wiedergegeben. Die Ausweisung der Italiener aus der Türkei. Köln, 11. Dezember. (Prio.-Tel.) Die „Kölnische Zeitung" meldet aus Konstantinopel: Infolge der Vorstellungen des deutschen Bot» schäft« rs unterbleibt vorläufig die Aus weisung der Italiener aus Smyrna. Die Ausweisung der Italiener aus befestigten Plätzen, wie Gallipoli, wird von der Regierung aufrecht erhalten. Die krsnzülilch-lpsnilche« Maroklwverllkmülmtgen. Der Korespondent des „P«tit Puristen" meldet au» Madrid, er habe erfahren, daß das Staatsmini sterium dem französischen Botschafter auf di« Vor schläge der französischen Regierung eine schrift liche Antwort geben wich. Am Dienstag wird der spanische Ministerrat tagen, und es wird mit ziemlicher Sicherheit angenommen, daß die spanische Regierung sich weigern wird, die in Paris ausgearbei teten Vorschläge anzunehmen. Wenn die spanische Regierung auch die guten Absichten Frankreichs an erkennt und überzeugt ist, daß Frankreich keine For derungen stellen wird, di« die nationale Würde Spa nien, verletzen, so mutz st« anderseits angesichts der außerordentlich weitgehenden Kon zessionen, die von ihr verlangt werden, doch darauf verzichten, auf di« vorgeschlagenen Forde rungen einzugehen, diese vielmehr als entschieden zu weitgehend zurückweisen. Es ist interessant, die vorstehende Meldung mit der von uns gebrachten Depesche über den Bericht des Madrider Korrespondenten des „Journal" zu ver gleichen. Während man nach diesem Bericht an nehmen durfte, daß Spanien den französischen For derungen im Prinzip zu stimme, ist aus der vor liegenden Meldung ersichtlich, daß dem Abschlüsse der Verhandlungen ziemlich erhebliche Schwierig keiten im Wege stehen. Man wird nicht fehlgehen in der Annahme, daß dieser Umschwung in der Auf fassung der Situation durch das spanische Ministe rium auf das Gutachten des Oberstleutnants Syl vestre zurückzuführen ist, der, wie gemeldet, in Ma drid eingerroffen ist, um der spanischen Regierung über den Wert von Elksar Vortrag zu halten. ' Weiter liegt folgende Depesche vor: Madrid, 11. Dezember. (Eig. Drahtmeld.s Di« letzte Konferenz über die Marokkofrage zwischen dem spanischen Minister o«s Aeußern und dem fran zösischen Botschafter in Madrid, der wiederum der englische Botschafter beiwohnen wird, fand am Mon- tagnachmittag start. Wie es heißt, soll der spanisch« Unterhändler im Prinzip bereit sein, auf di« fran zösischen Vorschlag« einzugehen, ausgenommen auf die Räumung von Elklar» doch wird «r sich be mühen, auch die Verhandlungen über diesen Punkt zu einem glücklichen Ende zu führen. Ueber die Zähigkeit, mit der Frankreich auf der Abtretung von Ellsar besteht ,ift man in hiesigen diplomatischen Kreisen auf da» lebhafteste beunruhigt. 8t. Madrid, 11. Dezember. (Tel.) Am Dienstag findet die zweite Marokkobesprechung statt, an der Garcia Prieto auf die am Mittwoch überreichte französische Not« antworten wird. Don dieser Ant wort, sagt das gut informierte Abendblatt „Woche", sie sei mit den sranzösischen Vorschlägen einig. Die Wirren in perlten. Tie Londoner „Morning Post" meldet au» Te heran vom 10. Dezember: Am Freitag sand tn der englischen Gesandtschaft eine Konferenz de« britischen und de) russischen Gesandten statt. Ta» Ergebnis scheint zu sein, .daß Persien geneigt ist, der Entlassung Gyusterszuzustimmen und eine Entschäd»- auna zu zahlen, dagegen ablehnt, der russisclMr Forderung, betreffend Beaufsichtigung der Ernennung vonAusländern zu perfiscl)«n Beamten nachzugeben. Dasselbe Blatt berichtet weiter aus Washing ton: Shuster sandte seinem Vater ein Telegramm, welches dieser dem Staatsdepartement übermittelte. Th uster beabsichtigt danach, auf seinem Posten zu bleiben. Dem Vernehmen nach geschieht dies in llebereinstimmung mit den An sichten der amerikairischen Regierung, welche glaubt^ das; eS für die Entschädigungsansprüche SyusterS besser sei, wenn er nnr höherer Gewalt weiche. Intervention der Türkei? London, 11. Dez. (Eig. Lrahtm.) -,New Vork Herald" meldet aus Teheran, es gehe dort da» Gerücht, daß 5000 Mann türkischer Trup pen die persische Grenze bei Galmas überschritten hätten und daß die türkische Regierung di« Absicht ausgedrückt habe, diesen Ort so lange besetzt zu halten, bis die russischen Truppen zurückgezogen worden feien. Es heißt ferner, daß die persische Re gierung nunmehr bereit sei, auf die russische Forde rung betreffs der Entfernung Morgan SyusterS ein zugehen. Tie Deputierten und die Bevölkerung sind jedoch gegen die Abberufung SbusterS, der noch immer ass Retter PersienS aus seiner Finanznot betrachtet w(rd. - * Die Keuolulion ln Lhlna. Der neuevierzehntägig« Waffen st in stand ist von allen 2t Provinzen des chinesischen Reiches unterzeichnet worden. Der Waffen stillstand erstreckt sich auf das ganze militärische Operationsgebiet mit Ausnahme von Echansi, Echenst und Szetfchwan. Nach diesen drei Provinzen sind sämtlich« telegraphischen Derbindrngen unterbrochen. Der neu« Waffenstillstand verbietet beiden Parteien das Abfenden neuer Truppenverstärftmgen sowie von Munition und Waffen. Die schlechte Finanzlage de» chinesische» Reiche». Peking, 11. Dezember. (Eig. Drahtmeld.) Die Finanzlage d«, Lande» ist noch außerordentlich schlecht. Seit vier Tagen versucht der Finanzminister eine Summe von drei Millionen Taels zu erhalten, die zur Erhaltung der Staatsmaschine unbedingt nötig ist. doch find sein« Anstrengungen bisher erfolg- l o s geblieben. General Feng K«o Chang vergiftet. Telegramm« aus Eingcborenenquelle melden, daß General Feng Kuo Chang vergiftet worden ist. Die drei Städte Schanghai, Futschou und Hangffchou haben erklärt, daß sie den iungen Kaiser anerkennen würden, wenn dieser sich dazu entschließt, den übrigen kaiserlichen Hofruentlassen. — Die C:adt Kanton hat ihren Uebertritt zu den Revolu tionären erklärt. Dl« Arbeite» der Rationalversammlaug. Die „Korresp. de» Aeußersten Ostens" meldet aus Peking: Die Delegierten der Nationalversammlung haben alle Gesandten ersucht, mit ihnen über die Frage zu verhandeln, wie sich das Ausland zu der jetzigen inneren Krise in China stellt. Die Gesandren haben erklärt, daß sie eine konstitu tionelle Monarchie für das richtige halten. Auch di« Vertreter der Vereinigten Staaten und Frankreichs sind dieser Ansicht; sie erklärten daß China für eine Republik noch nicht reif fei und der Gedanke der Errichtung einer Republik vorerst nicht in Erwägung gezogen werden- könne. Puanschikai hat es bis fetzt abgelehnt, in der WWWWtzS ssöüM Alter htnausgewach torttäten nichts wif und großen Nöten eine sichere Zuflucht bei seinen Eltern findet, daß es sich auf sie auch unbedingt verlassen kann wrs auf seinen basten Freund. So wird ihm dieser Glaube zu einem festen Hort in seiner Ingens werden. Wenn hier im allgemeinen vom Vertrauen zwi schen Eltern und Kindern die Rede ist, so soll doch nicht vergessen werden, daß aus diesem Verhältnisse auch der religiöse Glaube erblühen soll. Bildung des Kinde» zur Religion! Da» ist ja eine der wich tigsten Ausgaben der Erziehung, und sie wird sich als reife Frucht da von selbst ergeben, wo herzliches Vertrauen zwischen dem Kind« und den von reli giösem Empfinden erfüllten Eltern obwaltet. Auch Religion ist ia im Grunde genommen nichts anderes als Abhängigkeitsgefühl von und Zutrauen zu seinem Gott, und so ist dieser religiöse Glaube weiter nicht» al» ein natürliches Hinausivachsen über den Glau ben an die Eltern. Und das Wertvolle dabei tst, daß dieser Glaube nicht allein dogmatisch borge- lehrt, sondern vorgelebt wird, daß er unmittelbare PersönlichkcitSeinwirkung ist. ES ist freilich nötig, baß ein so zarte» Gewächs, toie e» der Kinderglaube ist, auch sorgfältiger Pflege bedarf. Ist auck da» schwache Kind ganz wie zum Glauben geschaffen, so liegt doch immer noch viel an un», wie ffch diese herrliche Blume entfalten wird. Wie schon angedeutet, sind Autorität und Liebe die Eckpfeiler dieses Vertrauens. An der Macht des RefpektS, wir meinen nicht Strenge, wird eS ja weniger oft fehlen, öfter vielleicht schon an der Liebe, die auch durck Güte, Heiterkeit, Humor Neigung in denn Kinderherzen erweckt. Man zerstöre den vorhandenen Glauben nicht. Tas geschieht aber, wenn man sein Vertrauen täuscht und sccy vielleicht gar darüber luftig macht. Ebenso verderblich ist cs, dem Kinde immer wieder zu zeigen, daß man bei jeder jugendlichen Torheit sofort Verdorbenheit, bewußte Schlechtigkeit wittert, daß man ihm nichts Gutes zutraut. Auck» der Glaube an sich selber soll im Kinde gestärkt werben. Vor der Kälte deS Er ziehers ziert scch das Herz des Zöglings nur fester zusammen, wie die Blätter der Knospe im Frost. Gerade am übermäßigen Ernst lassen cS die meisten Erzieher am lvenigsten fehlen, und wenn ein Künstler die Erziehung symbolisieren wollte, so dürste er kaum unterlassen, die Züge der Strenge mit bv- merkbar zu machen. Erst recht verderblich aber wirken Spott, Satire oder Ironie, durch die da» Kind nicht selten mit Absicht gemartert wird. jelialrit. Tas ist auch jene Zeit für daS Kind, wo cS seine Eltern für allmächtig hält. Aus seinen son derbaren Wünsa»en wissen wir, daß es nichts gibt, was die Eltern nicht leicht fertig brächten. Mit einer Selbstverständlichkeit, wie Kinser um ein Stück Brot bitten, verlangen sie die sonderbarsten Tinge. Ta soll der Barer dem brausenden Sturm Einhalt tun, die Wogen deS Stromes aufhalteu, den sunkeln- .Stern vom Firmamcnte langen, körperliche Schmer zen versclMchen. Die Wahrheit wird ihnen erst nach und nach kund, wenn sie merken, daß auch Vater und Mutter Dinge passieren, gegen die sie völlig ohnmächtig sind. Erst nack und nach werden sie durch die Erfahrung wissend und durch den wachsen den Verstand. Dann sehen sie auch die Eltern in einem anderen Lichte; der unbeschränkte Kinder glaube erreicht dann sein Endc> das Kind lc'gt ab, „!vaS kindiscv war". Damit hat eine Stufe des KinveralaubenS ihr Ende erreicht, jetzt treten die Kinder in ein Neuland ein, jetzt verlieren sie einen Reiz, der nun ecnmal schwinden muß, und in ge wissem Sinne sind sie nicht mehr ganz unser. An den Eltern loird eS liegen, den Rerz, die Naivität, die Hingabe des Kindes in diesen Fahren zu ge nießen, ganz.auszukostsn. Mit Recht mahnt daher Leopold Lck>kfer in seinem köstlichen „Laienbrcvier": „Gey fleißig um mit seinen Kindern! Habe sie Tag Md Nacht um dick und liebe sie und laß dich lieben einzig schöne Jahre. Denn nur den engen Traum der Kindheit find sie dein, ruckt langer." Wenn aber auch der Kinderglaube mit der Zeit andere Fi'rmen unnimmr, so soll ec doch niemals ganz aufhörcn. Die Liebe wird ein Band sein. daS nie zerreißt und immer daS Vertrauen des andern erhält, und die Autorität der Eltern wird auch niemals ganz verschwinden können. Vater und Mutter werden dem pietätvollen Kinde stets als etwas Hohe", Würdiges, durch Einsicht, Erfahrung und Alter Ucberlegeur» bedeuten, dem man ohne weiteres Glaube, Verehrung, Zutrauen entgegen bringen muß Zn allen Zeiten erweist sich dieser Glaube der Kinder an die Eltern als ein vorzüg liches Erziehungsmittel. Wo Vertrauen vorhanden ist, da öffnet sich da» junge Herz dem Erzieher wie die Knospe dem rvarmen LenzeShauch. Es ist aber sehr wesentlich, daß Eltern jederzeit einen Einblick in daS Innere dev jungen Kindes tun können; denn nur dann wissen sie auch, iraS ihm nottut. Und umgekehrt ist es für das Kind von Wichtigkeit, das Bewußtsein zu haben, daß es in allen seinen kleinen vom Kmüer-lsnden. Von Rektor P. Hoche (Wriezen). Ter Glaube liegt jo völlig in der Natur des Kindes. ES ist noch in jeder Beziehung sci-wach und prm, der Reichtum der Großen fehlt ihm noch. Sein Wissen ist unbedeutend, kaum nennenswert, sein Können ist noch saft gleich .'tull, seine eigne Er fahrung noch jede spärlich» und von allen seinen /eeltschen Anlagen entwickelt sich die drS sondieren den, beweisenden, widersprechenden Verstandes am spätesten. Tiefer feiner Schwachheit ist sich das Kind aucb bcionßt, um so mehr, als eS fortwährend die Ueberlegenlseu seiner Eltern bemerkt. Woran eS bei seinen eigenen Genossen zweifelt, das pflegt p» für wahr zu halten» sobald ein Envack-sener cs ihm bestätigt. Unbekannt mit den tatsächlichen Tin nen und Verhältnissen des wirklichen Lebens, un- jähig, logisch zu denken, selbständig zu urti^ilen, kann «S sicv fremden Eingebungen gegenüber kaum Lritisch Verhalten, muß eS das meiste unbesehen in sich aufnebw.cn, muß es eben glauben. Wenn es ichon unter den Erwachsene:! vcelr gibt, die ohne tveitereS Nachdenken das für wahr halten, was andere behauptete»», was von jemanden keck und zu versichtlich als Wahrheit ausgesprochen wird, so laßt lick denken, daß das Verstandes- und erfahrung«- zchwackie Kind in noch höherem Maste zu glauben geneigt ist. Ganz besonder» vertraut dr» kleine Kind seinen Eltern. Tenn sie sind ja nicht nnr große Leute, sondern bei ihnen kommt noch ein anderes sehr aus schlaggebendes Moment hinzu, die Liebe. Soviel hat auch das kleine .»lind schon erfahren, oaß cS sich auf seine Eltern stets verlassen kann, daß sie cs niemals täuschen. Autorität und Liede, das sind die beiden Eckpfeiler, aus denen der ganze Kinder glaube ruht. Aber auch dieser Glaube macht seine Entwicklung durch. Er ist am arößcstcn in der frühen Kindheit und nimmt gewöhnlich mit den zunchniendc-n Jahren ab. In der frühesten Jugend macht er gerade einen besonderen Reiz des ltndlichen Wesens aus. In jener glücklichen Zeit, wo das Kind im Pfcnni« noch Len Taler, im dürren Blatt noch den goldenen Lössel zu besitzen mernt, wo es noch daS wunderbarste Märchen für Wirklichkeit hält und seiner ästhetischen JllusionSw-lt Realität zuschreibt, da erfreuen wir unS auch am rneiücu an »nner goldenen Vrnruueno- Wo dar Krnderglaube ins Wanken geraten ist, wo sich Eltern und Kinder fremd geworden sind, »vird man diese bedauerliche Tatsache sehr oft aufs Schuldkonto der Eitern schreiben müssen. Zn der Kindernatur liegt dieses Uebel nicht begründet, denn unter ihnen sind glücklicherweise die Wesen selten, die von Natur verschlossen, unnahbar, mißtrauisch sind, bei denen Zutrauen nicht wieder Zutrauen erweckt. Ander» bei erwachsenen Kindern. Ten un beschränkten Ktnderglauben haben sie natürlich längst zu Grabe getragen. Bedauerlich tst e» aber, daß häufig da» Vertrauen zu den Eltern völlig schivtnder. Man wird oft der Jugend die Schuld zuschreibeu müssen, die, vielleicht in einer Richtung über das en, von ihren natürlick-en Au en will, jede Pietät gegen da» Alter verliert und den großen Wert deS elterlichen Vertrauens nicht zu würdigen weiß. Tie Klage wird immer eindringlicher Md allgemeiner, daß die Jugend nicht mehr das Alter achtel und der elterliche Einfluß immer mehr sclpvindet. Ta» tst sehr be dauerlich, wenn man bedenkt, daß die Familie mit ihren reichen Erziehungswertcn nrit die Hauptgrund lage aller menschlichen Charakterbildung ist. Aber liegt eS nicht letzten Endes an den Eltern, sich ihre Kinder besser zu erziehen? St« verstehen eS eben häufig nicht, den Kinderglauven tn da- Herz der Jugend zu pflanzen, das Vertrauen zu erlmlten und zu stärken, da» sich später zur echten großen, bleibenden Freundschaft wandelt. Tiefe Unterlas sungssünde rächt sich später immer, an den Eltern wie auck an den Kindern. Jedenfalls kann der naive Kinderglaube, aus dem später einmal das ernste bleibende Vertrauen hervorgeben soll, von dn: Eltern gar nicht hoch genug gewertet werden. Glück und Unglück des zukünftigen Menschen hängen einmal davon in hohem Grade ab. DaS gesamte Familienleben er hält dadurck erst seine hohe Weihe und sicheren Bestand, daS Vertrauen aus das Gute im Menschen sein erstes Fundament. Jean Paul, der feine Kenner der Kinderfeele, bemerkt hierzu in seiner „Lcvana", dieser Fundgrube pädagogischer Weisheit: „Heilig bewahre den Kinderglauben, ohne welchen eS keine Erziehung gäbe. Vergiß nie, daß daS kleine Kind zu dir, al» zu einem hohen Apostel und Genius, voll Offenbarungen hinaufschaut, dem eS ganz hin gegebener glanbt, a!S seinesgleichen, und daß die Lüge eine» Apostels eine ganze moralische Welt verheert." s " hMiir mmk 8. ^es6k-LL7k- 6 . ' .
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