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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.12.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111209025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911120902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911120902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-12
- Tag 1911-12-09
-
Monat
1911-12
-
Jahr
1911
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«dir -atz da» Vrrfadv« « tvefeutltche» Mängeln leid«. Die Revision ist anägefchlossea, wenn es sich handelt um Höhe, Beginn und Ende von Ruhegehalt «der Leibrente, um Hinterbliebenenrente, Lbstnduna «der Erstattung, oder um die Losten de» Verfahren». Streitigkeiten über Versicherung-Pflicht und Bet- traaSletsrung werden in erster Knstanz vom Renten- auHchuß, in zweiter und letzter Instanz vom Schieds gericht entschieden. Bon Wichtigkeit sind noch die Bestimmungen über Anlegung de» Vermögen», da auch die Reicl»»versiche- rung-anstalt, ebenso wie die Landesversicherungs anstalten, ein erhebliche» Vermögen ansammeln wird. E» ist vorgeschrieben, daß da- Vermögen der Reichs- Versicherungsanstalt, tote Mündelgelder, verzinslich angelegt werden mutz. Ausserdem darf cS in Wert papieren, die lande-gesetzlich zur Anlegung von Mündelgeldern -ugelasien sind, sowie in solchen auf den Inhaber lautenden Pfandbriefen deutscher Hypo- theken-Aktienbanken angelegt werden, l'.»«lcl)e die Reicl)sbank in Klasse I beleiht. Mindesten- ein Vier tel de» Vermögens ist in Anleihen des Reichs oder der Bundesstaaten anzulegen. Tie Beleihung von Bauplätzen und solchen Neubauten, die noch nicht vollendet und ertrag-fähig sind, sowie von Grund stücken, die einen dauernden Ertrag nicht gewähren, insbesondere von Gruben, Brüchen und Bergwerken ist unzulässig. Mit Zustimmung des Reichskanzlers kann das Vermögen für gemeinnützige Zwecke auch in anderer Weise angelegt werden. Der Tag des Inkrafttreten» de» Gesetzes wird durch kaiserliche Verordnung bestimmt. ver türkiM-itslienMr Krieg. Die Darvanillensrag«. >' Darum lieht sich zurzeit da, ganz-: Interesse. Noch weih man nichts Bestimmtes. Während die Now. Wrem.", wie schon heute morgen bemerkt, khretbt, daß es „augenblicklich nicht angebracht sei, oft Dardanellenfrage auszuwerfen, da die Kompen- sationsforderungen der übrigen Mächte Schwierig keiten bereiten könnten", berichtet «ine Wiener Kor respondenz: Oesterreich »np die Dardanellenfrage. " Men, v. Dezember. (Eig. Drahtmeld.) Zn der Presse wird di, Meerengen-Frage nicht mit der gleichen Kühl« behandelt, wie vor- läufig im Auswärtigen Amt, da» di« Ding« wenig «n sich herankommen läßt, wohl in der Erwägung, patz di« Engländer da, größt« Interesse an dem vuw» olauouiu haben. Man erinnert daran, daß di« Potsdamer Abmachungen den Statusquo auf dem Balkan voraussetzen und di« frei« Durchfahrt d«r Russen au« dem Schwarzen Meer diesen Status, quo nicht unverändert lassen würde. Es ist voraus- p-fthen, daß diese, wie die anderen Fragen der auswärtigen Politik in der bevorstehenden Del«, aattonssession zu lebhaften Diskussionen Anlaß geben werden. ' Und von türkischer Seit« meldet man endlich hierzu: Konstantinopel, g. Dezember. (Eig. Drahtm.) Di« Psort« hat bereit, di, Mitteilung der Lut wort einiger Mächte betr. den russischen Vorschlag in der Dardanellenfrage erhalten. E» »ird versichert, daß di« Antwort Englands, ohne ein« formell« Annahm« zu sein, doch nicht so abl«hn«nd «tll wie im Zahr, 1S08. , L» richtiasten ist wohl d«r Stand der Frag« durch nachstehend«. Londoner Telegramm gekenn- geichuot: ... Lonvo», 9. Dezember, (Gig. Drahtmeld.) Das ^Nendersch« Bureau ist von maßgebender Sekte un- terrtchtrt worden, daß ein« große Anzahl von B«. »tchto». di« sich über di« Haltung der Mächte zur Vardaimllmrfrage im Umlauf befinden, übertrieben «nd ungenau sind. Di« Frag« derOeffnungder Darda»«H«n wird, f«w«it st« greif, har« Gestalt angenommen hat. Gegen, staust st«r Erwägung der Signatar. mächt«d«rverträg«setn,dieden politischen Status der Wasserstraßen regeln. E» ist alle Bereich, tigung M der Annahm« vorhanden, daß kein Gruust z» B«färchtung vorttegt, Zta. li«, beabsichtig« et« Blockade der Dardanellen «der einen Angriff auf dies« Meereng«. Bo» Tripoli« lteaen kein, neuen Nachrichten vor. Ueber di« Lag« daselbst berichtet der ..B. L.-A.": Durch di« Besetzung von AinZara haben sich di« Italiener zum ersten Mal« einen strategisch wichtigen Punkt für ihren künftigen Vormarsch ins Innere von Tripoli» tanien gesichert. Zunächst hört di« Belagerung von Tripolis damit auf. Es kann nur eine Frage von wenigen Tagen sein, bis die ganze Oas« von den Türken geräumt wird. Gänzlich verfehlt ist aber der Schluß, den die Italiener ziehen, dass nämlich der wirkliche Krieg nunmehr abgeschlossen ist und «in Guerillakrieg beginn«, der Feldzug, auf den man von Anfang an rechnete und den anscheinend die Türken selbst sofort erwarteten, der nun aber kaum vor dem Frühjahr ausgenommen werden kann. Die Eroberung des Djebel, des steil gegen die Djefara abfallenden Nordrande, eine« 800—800 Meter hohen Plateaus, das südlich allmählich gegen die Zandwüste verläuft, ist unbedingt notwendig, weil dies Gebirge wieeinRiegel da. Innere des Landes sperrt, und weil ein großer Teil de, fruchtbaren und bebauten Boden» des Landes sich hier findet. Die großen Schwierigkeiten für die Ita liener beginnen erst jetzt. Die Leimiutlon in Lhins. Nach und noch scheint Nuhc wieder in das Land einziehcu zu wollen. Wenn auch noch hier und da in dem weiten Reiche gekämpft wird, und bald hier die Kaiserlichen, bald dort die Revolutionäre siegreich sind, wie nachstehendes Telegramm zeigt, so haben dies« kleinen Zujamnrenstögs doch nur wenig zu be deuten. Neue Kämpf«. Nanking, g. Dezember. (ReuterbureauZ Der kaiserliche General Tjchang ist mit den Trup pen von Ra n l i n g « n t s l o h e n. Di« Revo. l u r r o nä r e oersuch.cn ihn aufzuhalten, wurden aber hundert Meilen nordwärts der Tentstn-Dekinger Bahn c n t s ch e i d e n d gc s ch l a g e n. Noch weiter nördlich sprengten die Revolutionäre, wie von dort berichtet wird, Brücken mit Dynamit. Von Leiden Parteien wünscht man von selten der Führer zur Rübe und zur Ordnung zu kommen, und damit den Druck, unter dem seit Monaten Handel und Verkehr und alle Verhältnisse leid«n, zu beseitigen. Im Prinzip ist man sich über di« Fliedensbedingun gen ja einig; es handelt sich um genaue Abgrenzung d«r einzelnen Richtlinien. Die Regierung will nicht, wi« verständlich ist, zu viel von ihren bisherigen Rechten und Machtbefugnissen abgeben, wi« di« Juna- chinesen — der Ausdruck Revolutionäre paßt wohl nach dem aanzcn Gang der Ereignisse nickt mehr, man muß sie eben mehr als moderne Mensch«» be trachten, die doch nur wirklich Notwendige» tn heu tiger Zeit für ihr Vaterland forderten — können in gleicher Werse nicht genug bekommen. Da, ist keine neue Erickreinung in der Verfassungsgeschickte: die Jahre 1818 und 1849 haben in Preußen «in ähn liches Bild gezeigt, und erst unlängst haben wir es beim Kampf um die Verfassung in Elsaß.Lothringen erlebt. Also dieses Moment braucht nicht allzu ernst lich genommen zu werden. Das ist nun einmal menschlich, daß mehr gefordert als gewährt wird. Indes Puanschikai ist der geschickte Macker, er ver steht in schlau«r Weis« zwischen den Parteien zu paktieren und dürst«, da er den Frieden will, zu Frieden kommen. So werden die Unterhandlungen wohl bald beginnen. Der Beginn der Unterhandlungen? Schanghai, 9. Dezember. (Eig. Drahimeld.) Ein Sonderzuä steht in Peking bereit, um den Verkehrs- Minister Tangschaoyi Und siebzig Begleiter nach dem Süden zu bringen. Wahrscheinlich sind dies die Delegierten zu den Fuedenskonferen. zen, die in Wutschang und Schanghai stattfinden. Die Aufständischen in Wutschang sind be reit, die konstitutionelle Monarchie ohne Mandschukaiser anzuerkennen. Slslsnom über üte rulMche auswärliye Politik. Ter russische Minister des Neußer» weilt seit eint- Tagen in Paris und hat sich dort, wie schon kur gemeldet, in eingehender Weise über die russische Außenpolitik geäupert. Ein Pariser Telegramm mcl- bet uns darüber: Pari», S. De». (Prtv.-Tel.) Der hier »seilende russische Minister des Aeußern, Ssasanow, gab gestern in seiner Wohnung i» der russischen Botschaft einem Vertreter des ..TempS" gegenüber bemerkenswerte Aeußerungen über die auswärtige Politik Rußland», die tn den Abendblättern vielfach kommentiert »ver- den. Ssasanow versicherte, daß der Zweck seiner Pariser Reise keiner bestimmten Mission diene. Er habe nur die Absicht, mit der französischen Regierung einen Meinungsaustausch über die wichtigsten Fragen der gegenwärtigen politischen Tagesordnung vorzunehmen. Lediglich deshalb habe er auch den russischen Botschafter in Loudon, den Grafen Denckendorss, nach Paris kom men lassen. Ssasanow erklärte, daß -wisct-en Ruß land, Frankreich und England die zu friedenstellendste Meinung Sgleichhcit herrsche. Was die Lage in Persien anbctreffe, so stehe er und seine Regierung auk dem Standpunkt de» im Jahre 1907 »wischen England und Rußland ab geschlossenen Vertrages, der keine geheimen Klauseln enthalte und der bereits mittlerweile der Ocffent- lichkcit bekannt sei. Rußlands Vorgehen in Persien sei durch nickt» weiter als durch die ge genwärtigen Wirren in dem von zwei großen Parteien zerklüfteten Land veranlaßt worden. In folgedessen werde sich die Politik Rußlands in ruhigen und gemäßigten Bahnen hal ten. Nichtsdestoweniger würde seine Regierung aber gegen eine Beeinträchtigung ihrer Handclsinteressen energisch Verwahrung einlegen. Zu den Ereignissen in China äußerte sich Ssa>anow, daß in dieser Hinsicht zwischen England, Rußland, Japan und Frankreich eine vollständige Uebcreinstinimung bestehe Ti? Verhandlungen Rußlands mit der Türkei, um eine freie Durchfahrt der russischen KrieaSschlife zu erhalten, erklärt Ssasanow für Zeitungölegenden. Wegen der Tardanellcn hätten offizielle Verhandlungen über haupt noch nicht stattgefunden. Ter russische Botschafter tn Konstantinopel, Herr Tscharykoff, habe sich, ohne eine spezielle Instruktion von der russischen Regierung gehabt zu haben, mit dem ÄroßwesL vor einiger Zeit über die Befürchtungen, die er für die russischen Handels schiffe wegen der in der MeereSstras:« als Maßnahme gegen eine italienische Flottenaktion gelegten Minen hege, unterhalten. Tie Konferenz habe bisher aber zu keinem Resultat ge führt. Trotz des türkisch-italienischen Kriege» sei die Lage in Europa nicht beunruhigend. Tie letzten Wolken am politischen Horizont seien durch das Ucbercinkommen -miscl-en Frankreich und Deutsch land in der Marokkoangelegenbett beseitigt worden, und er glaube fest, daß durch da» nunmehr erzielte freundliche Einvernehmen zwischen Frankreich und Deutschland eine gelvisse Garantie für den Welt frieden vorhanden sei. ver Lplansge-Prozetz vor üem Reichsgericht. Leipzig, 9. Dezember. Bei der ftexiigen Verhandlung im Spionageprozeß wurde im wesentlichen die Vernehmung der Anzeschul- digten fortgesetzt. Wie wir erfahren, werden die an gesetzten drei Taz« wahrscheinlich für den Prozeß nicht ausreichen. Di« Angeklagten treten fort gesetzt mit neuen Ausflüchten auf, die entkräftet werden müssen, obwohl sie ihre Schuld im großen nicht in Frage stellen. Dieses Verhalten der Beschuldigten erfordert aber beträchtlich« Zeit, weil da» bei ihrer Verhaftung beschlagnahmte Beweismaterial noch nicht völlig lückenlos war. Die deutschen Behörden mußten nämlich damals sehr wider ihren Willen schon zu- greisen, «h« alle nach außen führenden Fäden der Beobachtung restlos bi» zu Ende verfolgt werden konnten. Hierzu nötigte, daß einer der Hauptbeteiligten, der Ingenieur Hipssich von du Weserwerft, durch die Indiskre tsim «tue« Zugschaffners gewarnt wurde. Er machte Hipv)uy auf der Rückreise von einer Zusam menkunft mit dem Engländer Schultz darauf auf- wrryaw. daß er von Mei Kriminalbeamten beob achtet würde. Beinahe wäre es damals dem Haupt übeltäter Schultz geln. gen, sich der Verhaftung durch di« Flucht zu «nt-tehe«. -u d«r er «vf dem Wege über da, englisch« Intelligenz-D«part»mev1 schon telo- gravbisch aufgefordert war. Diese« »«glaublich« v«rh«lte» «ine» staatlichen Beamten hat nicht bloß die vs- yeisführang «rschwert, «» trägt auch schuld daran, baß bisher leider nur «tn Teil de» über Deutschland ausgespannten englischen Spiomrgenetze» aufgedeckt werden konnte. Au» zahlreichen Anzeichen geht -er« vor, daß auf den Werften und den sonstigen großen Werkstätten Deutschland», und zwar nicht nur an der Küste, mit Hilf« englischem Geld«, ein« Schar von besoldeten Spionen, deutscher wl« deutschsprechender Ausländer, unterhalten wird, die ihrerseits von einzeln«» höher gestellten englischen Agenten kontrolliert und angs- leitet werden. An diesem „patriotischer Dienst" nehmen allem Anschein nach auch woht situierte Leut« aus den besten Kreisen England» teA, die ihx svortfreudiger Sinn dazu treibt, mit der Ge fahr zu spielen. Zu letzterer Kategorie scheint zum Beispiel der im Sommer verhaftete Rechtsanwalt Stewart zu gehören, dessen Aburteilmrg nach Weihnachten in Aussicht steht. Bezeichnend ist, daß für diese Leute ein bestimmter Treffpunkt eine Art Nachrichtenbörse, in London be steht. Zm Gegensatz hierzu sei hervorgchoben, daß der in Southampton kürzlich verhaftete angebliche deutsche Spion in keinen Beziehungen zu amtlichen deutschen Kreisen stand, es ist vielmehr anzunehmen, daß er für eines der inBrüssel bestehenden inter- nationalen Spionagebureau, arbeitete, die ihre Nachrichten an zahlungsfähig« Abnehmer Weiterverkäufen. Wie wir weiter erfahren, wird das Urteil erst am nächsten Mittwoch veröffentlicht werden. polittlche Rachrichten. Kaiserwanöoer in Sachse». Berlin, 9. Dezember. (Eigene Drahtmeldung.) La» Kaifermanäver 1912 wird, wie das letzte in Mecklenburg, den Kampf zweier Armee - Abteilungen bringen. Di« beiden sächsischen Korps, das XII. und XIX., führt der Generaloberst Bernhard Erbprinz von Mei ningen, das III. (brandenburgisches und das IV. Armeekorps, das in der Provinz Sachsen, in Anhalt und in Thüringen steht, wird unter dem General d. Inf v. Bülow fechten, der zurzeit noch das III. Korps kommandiert, dessen Er- nennung zum General-Inspekteur einer Armee-In spektion jedoch schon im nächsten Monat erfolgen soll. Die artMeristische Bewaffnung des deutschen Heere». Berlin, 9. Dezember. (Eigene Drahtmeldung.) Der neue Neichshausbaltvoranschlag wird im Mi litäretat ein« erhebliche Forderung zur Durchführung der Ausstattung der schweren Artillerie des Feld- Heeres mit 15-cma-Rohrrücklaufhaubitzen enthalten. Das Marokkoabkommea in der französischen Kammer. Paris, S. Dezember. (Eig. Drahtm.) Gestern nachmittag haben die Delegierten der vereinig ten Gruppen der Kammer tn einer längeren Kon ferenz beschlossen, den Antrag de» Depu tierten Hubert, der bekanntlich die Genehmi gung des deutsch-französischen Marokkoabkommens ohn« vorherige Diskussion norschlug, abzu lehnen. Es wurde der Beschluß gefaßt, ent sprechende Interpellationen etnzubrtngen und am 14. Dezember mit den Diskussionen in der Kammer zu beginnen. Die Skandal« de» L-Pulver». Paris, 9. Dezember. (Gig. Drahtm.) Di« in der Puloerfrage eingesetzte Untersuchungs kommission Lat festgestellt, daß sich an Bord des Panzerschiffes „Justier" Pulver von derselben Gat» tung befand, das Li« Katastrophe auf der „Ü i b« r tä" herbeigeführt hat. Diese Puloeroorräte wurden so fort ausgeschifst, wobei festgestellt wurde, daß eia Teil direkt verdorben war. Literarische SuriaMSten. > . au» der Zeit der deutschen Klassiker. Essay von Edwt» voeman». . - k ' (Aachdruck »erboten.) L Gch*k««ei de» ,,hei»ni»»olle» Messias- Dichter». An Iah» 1747 schrieb der »jährige Leipziger Student Klopstock an einen auswärtigen Bekannten: -Man sagt Lier, daß ein gewisser finsterer und einsiedlerischer Mensch «in Gedicht vom Messias schreib«. Einige von meinen Freunden, die ihn kennen, Haden ein Blättchen davon erwischt, es ist der Anfang Les Dritten Gesanges, er heijzt: Sey mir gegrüßt, ich sehe dich wieder, die Lu mich gebärest, Erde, mein mütetlich Land" .,, (usw. 11 Der»- zellen). Heutzutage weiß uns schon jede, Schulkind zu sagen, daß Friedrich Gottlob Klopstock ftlbst jener „gewiss« Mensch" war, der d?n Messias schrieb. Ur sprünglich jedoch hielt der Autor seine Verfasserschaft geheim. Um aber eine Probe seiner Dichtung geben zu können, erfand er di« Geschichte von den „Freun den" and schob die Verfasserschaft einem ungenannten andern zu. — Die Hauptschelmerei aber läßt er in dem Vnef« noch folgen. Sobald nämlich di« elfte der zitierten Verszeilen zu End« ist, setzt er, ohne irgend welche» andere Wort einzufügen, sein« Unter- schrtft, „F. E. Klopstock", hin. Dem Briefempfänger blieb es nun überlasten, ob er darin nur Lsi Brief unterschrift oder zugleich auch die Verfasterunterschrift -er Messiaszeilen erblicken wollte. — Der Erstdruck der erwähnten drei Gesänge, der im nächsten Jahre erschien, wurde auch noch geheim behandelt: er blieb anonym. 2. Der angebende Klassiker L «alt zwei Strichen. Um dieselbe Zeit erschien tn Leipzig eine lttera- rische Monatsschrift mit dem etwas sclnoülstigen und biedermeterlichen Titel „Ermunterungen -um Ver- gnügen de» Gemüts". Mehrer» der darin abge druckten Gedichte sind mit L. unterzeichnet, und da» längste davon trägt di« Uebcrschrift „Wem ich zu ge- fallen such» und nicht suche". E, ist durchaus hu- moristischer Natur und besteht, obgleich e, mehr al» hundert verszeilen enthält, doch nur au» zwei Sätzen. In dem «inen wird alle» aufgezählt, roa» dem Poeten verhaßt ist, im andern alles, was ihm behagt. Der Schluß des ersten Satzes lautet: Diesen Thoren, diesen allen Mag ich, L nicht gefallen! Mag ich, sag ich, nicht gefall«» l Und der Les zweiten: Diesen, Freunde, diesen allen . Wünsch ick, L zu gefallen! Wünsch ich, sag' ich, zu gefallen! Die Unterschrift ist wiederum nur «in L., aber durch das innerhalb des Gedicht, zweimal ange- wanote L gibt der heimliche Autor weiter kund, daß sein mit L beginnender Nam« zwei Silben hat, uno daß er aus der ersten Lieser Silben betont ist. — Einige Monate darauf folgte tn derselben Zeitschrift ein Lustspielchen mit dem vollen Namen „Gottholo Ephraim Lessing". Der Pfarrerssohn Les sing aus Kamenz in Sachsen war gleich Klopstock Leipziger Student, zählte 18 bis 19 Jahre, und d«r anonyme Herausgeber der „Ermunterungen" war sein älterer Freund Ehristlob Mylius. S. Der zukünftige Gneralsuperiuteudeut. Mit der Jahreszahl 1789 erschien ein anonyme» Prosawerk, betitelt „Kritische Wälder". Jeder Li- teraturfreund weiß heute, daß sein Verfasser Herder hieß. Aber der damals noch nicht 2üjährtge Autor hielt so streng auf seine Anonymität, daß er di« Ver fasserschaft de» Buche» zunächst selbst seinem älteren hochverehrten Freunde Hamann (dem Magu» im Norden) gegenüber ableugnet«. In einem an diesen gerichteten Briefe vom März genannten Jahre» finden sich di« seltsamen Worte: „Ich höre, daß mich di« Braunschw. Zeitungen für den Verfasser „Kritischer Wälder ausgeben, di« ich noch nicht kenne." Er, der Verfasser eben dieses Buches, gibt also vor, es noch gar nicht zu kennen! Und weiterhin erbost sich Theolog Herder in demselben Schreiben darüber, daß man die „Kritischen Milder" „ohne Scheu und Schande auf meinen Namen setzt, wundert sich, daß er „von ihnen und über sie keine Silbe" gehört hat, „und sie selbst gesehen hab« ich auch nicht". — Der fromme Herder, später höchster Geistlicher de» Weimaraner Lande», scheut sich also durchaus nicht, seinen ge liebten Hamann in literarischer Beziehung aus da« gründlichste anzulüaen, oder sollen wir lieber artiger sagen, ihm «inen blauen Dunst vorzumachen? 4. Der Magu» im Norde« und sei» chinesische» Gewand. Johann Georg Hamann, d«r dunNe Königsberger Vielwisser, der Intimus Herder», Gevattersmann Herders und Goethes, veröffentlicht« s«ine zahlreichen Bücher und Büchlein sämtlich anonym. Nur in einer an seinen Berliner Verleger Nicolai gerichteten Schrift lüftet er vorsichtig die Ma^e, indem er schreibt: „Mein chinesischer Name ist Mien-Man, Hoam". Schon auf den erste» Blick läßt sich erkennen, daß hierin di« Buchstaben des Namens Hamann «nt- balten sind. Was dann übrig bleibt, „Mie Mo", läßt fick in „O Mime" umsetzen, jo daß der ganze chinesische Name ein Anagramm von „O Mime Hamann" bildet. Hamann pflegte seinen Stil einen mimische» zu nennen, denn er befleißigte sich stet» einer knappen, dunkeln Schreibweise, üw vucchaus nicht alles in klarem Lichte, sondern das meiste in einem magischen Dämmerscheine zeigte und vieles nur in Andeutung«» und Anspielungen, gleichsam wie durch Gebärden, kund gab. S. Der maskierte Richter. Gegen End« des 18. Jahrhunderts erschienen vier bumorlstiiche Prosabücher, zw'i davon anonym, zwei mit dem Namen Jean Paul Viel« dutzendmal taucht im Texte dieser Bücher das Wort Richter, und noch öfter dasselbe Wort in o*n verschiedensten Zu sammensetzungen, Kunstrichter, vücherrichter. Krimi- nalrichter, Scharfrichter u. v. a., auf. Der Verfasser schien für dieses Wo:r einr ganz besondere Vorliebe zu haben. Und so bekannt« er denn im fünften seiner Bücher, daß sein wahrer Name Johann Paul Fried rich Nicht«! sei. L. Der Schelwuffskq-Verfafler. Gan» ähnlich wie der ebenbesprochene große Humorist hätte vor ihm auch schon ein anderer deut scher Autor, der anonyme Verfasser de» satirischen Lügenroman» „Schelmuffsky", gebandelt. Der ge lehrt« Friedrich Zarncke wies mehr al» anderthalb Jahrhunderte später nach, daß der Name dieses heim lichen Mannes Christian Reuter gewesen sei. Reuter selbst aber hatte — ohne daß Zarncke etwas davon gemerkt hätte — so deutliche Namenansptelungen an- gebracht, daß es wenigsten» den ihm nahestehenden Lesern klar werden mußte, der der Schelmuffsky-Ver- fasler sei. Die erste historisch beglaubigte Person nämlich, die in dem lügenhaften und mit erfunden«» Namen arbeitenden Buche genannt wird, ist der hol ländische Admiral „Ruyter" (sprich: Reuters. Weiter hin aber läßt der schalkhafte Anonymus seinen Hel den Schelmuffsky auf dem Marxplatze (sie) in Venedig «in Pferd gewinnen, dann um di« ganze Stadt yerumreiten und reiten und wieder reiten, bi» an den Schluß seine« Buches. Christian Reuter lebt« al« Student höherer Semester tn Leipzig. Reuter ist lelbstoerftändlich nur «in« älter, Form von Reiter. In der Pleißenftadt aber klingt beides wi« ..Reiter". Die Ruyter-Anspielung war klanglich richtiger, di« Reiteranspielungen waren für das Leipziger Publi kum berechnet. 7. Sine PrvsLschelwerei des junge« G«eth«. Und zwar ist dies« Schelmerei t» «iae« sehr ernsten Buche, in den „Leiden des jungen Werther", enthalten. Dieser Roman erschien, wie Goethes Erst- linasarbeiten alle, ohne Verfassernamen. Noch heute wird da, tn Briefform abgefaßt« Buch von jedem Gebildeten wenigstens einmal im Leben gelesen: wer aber nimmt sich dabei Zeit, auf da» Datum der ein- -einen Brief« zu schauen? Eine solch« Datumnotiz aber ist es, die deutlich auf den anonymen Verfasser hin weist. Goethe» Geburt»tag ist am — sollen wir es wirklich erst hinschreiben, wann? — und „am 28. August läßt er seinen Werther schreiben: „Heut ist mein Geburtstag." Die Leiden des jungen Werther hatte Goethe zum guten Teil an seinem eigenen Leibe erfahren. Durch diese Stelle identi fiziert er sich mit seinem Romanhelden und lüftet zu- gleich den Schleier seiner Anonymität. 8. Sine Reimschelmerei de» alte» Goethe. Al» de» bejahrten Goethe Herz für die anmutig« Marianne von Willemer glüht«, schrieb er sein« an «rientalische Dichtweift anklingend« Sammlung „West-östlicher Divan". Mariann« wird darin als „Suleika" gefeiert; der Liebhaber hat den Namen „Hatem". An einer Stelle de» Buche» jedoch gibt der Dichter kund, wer dieftr Hatem ist. Da, be- treffende Gedicht, worin die» geschieht, ist durchaus gereimt, nur in der dritten Strophe setzt der Reim bej Zeile 3 aus: Du beschämst wi« Morgenröth« Jener Gipfel ernst« Wand, Und noch einmal fühlet Hatem Frühlingshauch und Sommerbrand. Die Wahrheit tritt hervor, wenn man den Hatem demaskiert und an seine Stell« da» richtige Reim- wort auf röthe" setzt: Du beschämst wi« Morgenröth« Jener Gipfel ernste Wand, Und noch einmal fühlet Goethe Frühlingshauch und Sommerbrand. Ueber di« Anonymität Klopstock», Lessing, und Herders und die damit verknüpften Schelmereien hat sich di« Literaturgeschichte birber so gut wie gar nicht geäußert. Darauf, daß der seltsame Name „Mien- Man-Hoam" ein Anagramm ist, wurde von uns selbst zuerst hingewiesen. Die Nichteranspielungen tn den Erstlingswerken Jean Paul» find bisher von keinem Leser, keinem Literarhistoriker, keinem Iean-Paul- Biographen bemerkt worden; ein deutliches Zeichen dafür, wie wcnia und wie oberflächlich dieser einst so berühmte Autor heute gelesen wird. Manche dieser Anspielungen aus den Namen Richter laufen über lang« Seiten bin: und wer diese nur z» solchem Zweck« geschriebene» Blätter lesen konnte, ohn«
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