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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.12.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111209025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911120902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911120902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-12
- Tag 1911-12-09
-
Monat
1911-12
-
Jahr
1911
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DezugS-Preis sür Lelvttii «a» «,r»tt» d»rch »afrr« Tida«r «nk bpeditear« r««l tüaltch in» vau» grdrach« « PI. «»«atL. LTV Wit. »tetteNahrl. Bei »n>»r» SUtalen » Rn» aahmeftellen adarhal» 7» G». nronatl^ L»W». «tettellü-rL »nnd »t« V»R« innrrhald Denllchland» »nd der drntschen Kolonie« otritenahrl. L«> Mk^ «onaü. L» «L au.icht. Poftdeftellaeld Fern« in v«lg>«n, DaaemarL d«n Doaaiftaaten, 2laU»n. Luiemduia. «»»»««land». Nor- wrgrn. Oeßeriei«- Ungarn, Nutzland, Schweden, Schwei» a. Evantrn. 2n allen itdrrgen Staaten nur direkt durch di» S«>chäit»Il«U» dr» Blatte« erhältlich. Da» L»t»«t„, Tageblatt «Ichetnr Tmal ttgltch. Eon», n. Setettag» NW «argen». Rdannement—Annahme S»h«»nt»gall« 8, bet unleren Trägern, Filialen. Sgeditenre» »ad Annahmestellen, lowi« Paftämtera und Bttesträgera. atn»«t»«rka»I»»r«1» U> PL Abend-Ausgabe. MpMerTaMM «ei.-Auschl. 14«2 »a«ta»I«l»v 14 898 14 894 Handelszeitung. Tel.-Änschl. 14 842 lN«4ta,Ichl»v 14 «SS 14 «94 Amtsblatt -es Aales und des Nolizeramtes der Stadt Leipzig. Anzeige«-Preis flr Snserat» an» Utt»,»a and Umggbnn, die llpaltig» Bett «»eil, LPs-dteNeName- »eil« l ML a»n au«wärt» Al Pi. Reklamen LA> ML. 2ni»rat» »an Behörden im amt lich,» Teil di« Petttitll, iü Pi S«lchLst»ani»tgen mtt Plagvarichttste» im Breil, erhöht. Rabatt nachlatt«. Betlagegedvdr Sesam«» auslag» L ML o. Tausend erkl. Paftgedühr. Tetldcilag« H^her. Festettellt« Austräae können nicht »urllck- gerogen werden. Für da, Erscheinen an bestimmten Tanen und Plätzen wird keta« Garantie iideraommen. An,«i,»».Ranadm«: 2«da»»t«g»Ise S. bet iämtltchen Filialen ». allen Annoncen» Erpedttton«» de» 2n- »nd Ru,land»a »«« »nd Verl«, «an F»I«rr 4l Nürste» 2nhad«r: Pael Nllrfte«. Nedettie» «nd Seschisteftell«: 2»dannt»gakl» 8. Nau-t-FNial, Dre.deni Seeftratz« ch l (Trlephan iS21L Nr. 341 Sonnsdrnü, ürn S. Vr;ember lSll. 10S. Zsllrgllllg. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 8 Seiten. Dss neue Gemeinüefteuergeletz kür Lschlen. Ter mit Spannung erwartete Entwurf eines Gemeindesteuergesetzes für das Königreich Sach fen, dessen Grundbestimmungen wir bereits mit geteilt haben, ist zweifellos eine der bedeut samsten Gesetzesvorlagen des gegenwärtigen Landtages. Er verdient infolgedessen auch eine icsondere Beachtung nicht nur in den Kammern elbst, sondern auch innerhalb der Gemeinde- -ehörden unseres engeren Vaterlandes. Die Be- tinunungen des Gesetzes und die Begründung owie ausführliche Erläuterungen der Grund züge des ganzen Entwurfes sind in einer statt lichen Druckschrift zusammengefaßt, die nicht we niger als 163 Seiten enthält. In der umfang- rerchen Be g r ü n d u n a des Dekrets wird darauf hingewiesen, daß das Ziel der Reform die Beseitigung der gegenwärtigen Uebelstände im Gemeinde st euer- wesen ist. Wenn diese ihre letzte Ursache in der allzu weitgehenden Autonomie der Gemein den haben, so ergibt sich, daß ihre Bekämpfung nicht möglich ist, ohne eine Einschränkung des kommunalen Selbstverwaltungsrechtes. Sie kann auf zweifache Weise erfolgen: entweder durch die Stärkung der aufsichtsbehördliäsen Befugnis oder durch Schafsuiw gewisser gesetzlicher Grenz linien für die freie Entschließung der Gemeinden. Im Entwürfe ist der zweite Weg gewählt worden. Er hat den Vorzug, daß er oen Gemeinden klar und bestimmt den Umfang ihrer Bewegungs freiheit auf dem Gebiete der Steucrautonomie er kennbar macht und daß er vor allem die bisher vermißte Einheitlichkeit der Entwicklung für die Zukunft verbürgt. Wenn die Einengung des Selbstverwaltungsrechtes hiernach un vermeidlich ist, so soll sie doch auf das unbe dingt Notwendig st e beschränkt werden. Der Entwurf, der im Königs. Ministerium des Innern mit großen, Flciße ausgearbeitet wor den ist, bezweckt eine Steuerreform und keine Gemeindefinanzreform. Wohl sind wiederholt Wünsche nach einer Finanzreform laut geworden, aber selbst wenn sie berechtigt wären, würden sie im Wege einer gesetzlichen Vorlage nicht erfüllt werden können. Die Ge sunderhaltung, und, wo es nötig ist, Besserung der Gemcindefinanzen, ist keine Aufgabe der Ge setzgebung, sondern der Verwaltung, des ver ständnisvollen Zusammenwirkens von Gemeinde und Aufsichtsbehörde. Von diesen Erwägungen ausgehend enthält der Entwurf lediglich einige, die Gemeindefinanzcn im allgenieinen betreffende Bestimmungen, deren Aufnahme um des willen gerechtfertigt und notwendig erschien, weil von ihrer Durchsührung die Höhe des Steuer bedarfs maßgebend beeinflußt wird. Tie Einkommensteuer ist eine Steuer quelle, auf deren gemeinsame Benutzung Staat und Gemeinden angewiesen sind. Sie ist über dies beim Staat wie in der Mehrzahl der Ge meinden die Hauptsteuer, neben deren Ertrags fähigkeit die übrigen Steuern zurücktreten. Und sie ist endlich diejenige Steuer, die die breiteste Basis besitzt, und durch die daher auch bedeu tende Mittel im Falle außerordentlichen Bedarfs in relativ am wenigsten drückender Weise auf gebracht werden können. Die Erhöhungsfähig keit der Einkommensteuer bildet mithin die wert vollste stille Reserve des Staates und der Ge meinde für den Fall der Not. Tas Staatswohl gebietet, auf eine solche Reserve zu halten. Des halb ist eine berechtigte Forderung des Staates gegenüber den Gemeinden, daß sie die Einkommensteuer nicht übermäßig in Anspruch nehmen, sie Überspannen. Tie Gefahr, daß dies geschieht, liegt unleugbar vor. Ter durch den Ertrag eige nen Vermögens nicht gedeckte Bedarf aller vor- wärtsschreitenden Gemeinden wächst beständig, und zwar in der Regel stärker als die Leistungs fähigkeit des einzelnen Steuerzahlers; ein Ende dieser Entwicklung ist zurzeit nicht abzusehen. Wird nun dieser Bedarf ausschließlich oder fast ausschließlich durch die Erhebung von Einkom mensteuer gedeckt, so muß diese allmählich eine Höhe erreichen, die ihre weitere Erhöhung beim Eintritt außerordentlicher Ereignisse untunlich erscheinen läßt. Tatsächlich nimmt in vielen Ge meinden die Entwicklung diesen Lauf, die Ein kommensteuer bildet dort den einzigen beweg lichen Faktor unter den Einnahmen, jede Steige rung des Bedarfs fällt ihr allein zur Last. Eine solche ausschließliche Verweisung des steigenden Bedarfs auf die Einkommensteuer führt allmäh lich zu einer Ueberspannung der Einkommensteuer und verletzt damit das Interesse des Staates, d. h. der Allgemeinheit der Steuerzahler des ganzen Landes. Sie läuft aber weiter auch dem Interesse der Gemeinde selbst zuwider, indem sie die leistungsfähigsten Steuerzahler zum Weg zug veranlaßt und den Zuzug steuerkräftiger Elemente unterbindet. Und nicht zuletzt hat sie eine ungerechte Verteilung der Steuerlast auf die Steuerzahler zur Folge. Die Einkommensteuer kann an sich nach dem Dekret tn dreifacher Weise vor Ueberspannung bewahrt werden: 1. indem der Bedarf der Ge meinde — durch sparsames Wirtschaften, Maß halten im Ergreifen neuer, nicht durch die Ge setze voraeschriebener Gemeindeaufgaben — nied rig gehalten wird, 2. indem der Steuerbedarf der Gemeinde — durch Eröffnung anderer Einnahme quellen — niedrig gehalten wird, 3. indem der Einkommensteuerbcdarf — durch Erhebung an derer Steuern — niedrig gehalten wird. Besonders interessant sind die Ausführungen des Dekrets über die indirekten Steuern. Es heißt da u. a. wie folgt: Auf dem Gebiete der indirekten Steuern haben die Gemeinden seit der letzten Vorlage eines Gemeindesteuer gesetzes (1904) empfindliche Einschränkungen er- ahren. Tie kommunale Biersteuer, von jeher chon auf 65 Pf. für daS Hektoliter begrenzt, ist, unter Belassung einer gewissen Ueberganas- frist, durck das Reichsbrausteuergesetz für alko holarme Biere auf 30 Pf. herabgesetzt worden. Die Besitzwechselabgabe, an sich die ertragreichste indirekte Gemeindesteuer, ist in ihrer Erhöhungs fähigkeit dadurch beeinträchtigt worden, daß das Reich die Besitzwechsel gleichfalls mit einer Stem pelsteuer von zurzeit ?./, Prozent des Kaufwertes heranzieht. Tie Zuwachsstcuer wurde, als sie eben begann, in den Gemeinden festen Fuß zu fassen, zur Reichssteuer erklärt und den Ge meinden bis auf 40 Prozent des Ertrags ent zogen; die ihnen verbleibende Füglichkeit, Zu schläge zu der Steuer zu erheben, läßt sich in ihrer Bedeutung noch nicht übersehen. Tie Ver brauchsabgaben auf Getreide, Mehl, Backwaren, Vieh, Fleisch und Fleischwaren sind den Ge meinden durch die Zollgesetzgebung des Reiches seit dem 1. April 1910 entzogen worden; damit hat sich der Kreis der zulässigen Verbrauchs oder Einganasabgaben auf Marktviktualien, Viehfutter, Baumaterialien und Brennstoffe verengt. Nach einer Besprechung der übrigen noch in Frage kommenden Steuern hebt das Dekret her vor, daß eine Erweiterung des Kreises der zulässigen Gemeindesteuern nicht in Frage kommt. Als Steuern, die zur Entlastung der Einkommensteuer mehr als bisher herangezogen werden können, sind an gesichts der besonderen Verhältnisse der sächsi schen Gemeinden im wesentlichen nur anzusehen: die Grundsteuer, die Hundesteuer, die Biersteuer, die Lustbarkeitsstcuern, die Besitzwechselabgabe, die Zuwachssteiier, die Kvhlenstener und einige kleinere gewerbliche Sondersteuern. Erwägt man, daß alle diese Steuern von jeher schon den Gemeinden zur Verfügung standen und daß diese trotzdem in großer Anzahl von ihnen keinen oder doch nur ungenügenden Gebrauch gemacht und nur die Einkommensteuer einseitig ange spannt haben, so wird man dem Schluß nicht ausweichcn können, daß eine Verbesserung der Verhältnisse ausgeschlossen ist, solange die Ge meinden nicht durch landesgesetzlichc Bestimmun gen zum Ausbau ihres Steuersystems genötigt werden. Das Eingreifen der Landesgcsetzgebung ist nur in zweifacher Richtung denkbar. Ent weder sie schreibt den Gemeinden die Erhebung bestimmter Steuern in bestimmter Mindesthöhe neben der Einkommensteuer vor, oder aber sie schließt für einen Teil des Steuerbedarfes die Teckung durch Einkommensteuer aus und über läßt es den Gemeinden, durch welche Steuern sie diesen Teil aufbringen wollen. Naturgemäß sind zwischen diesen beiden äußeren Linien zahlreiche Mittelwege möglich. Wss dringt die Sngeltelltenverlicherung? Don Landesversichcrungsassessor Scelmann in Oldenburg i. Gr. 8. Di« Organisation. Die Angestelltenvcrsicherung ist bekanntlich nicht an die Reichsversicl^erungSordnung angegliedert wor den, sondern besteht völlig selbständig neben dieser. Insbesondere ist die Durchführung der Angestellten- Versicherung nicht den Landesverstcherungsaustaltcn oder den sonstigen Versicherungsbehörden übertragen, vielmehr werden für die Angestellten besondere Be hörden errichtet. Träger der Angestelltenversich'a- ruug ist die in Berlin zu errichtende R«.chsversiä)e- rungsanftalt sür Angestellte. Tiefe Relchsvcriiä-e- rungsanstalt bat vier Organe, nämlich das Direk torium, den Verwaltungsrat, die Renlenausschusse und die Vertrauensmänner. DaS Direktorium, wel ches wie das Neicl)sversicheruiigSamt unter Aussicht des Reichskanzlers steht, besteht ans einem Präsi denten, der erforderlichen Zahl von Mitgliedern, die aus Vorschlag des Bundesrates vom Uaiser auf Lebenszeit ernannt werden, und ans Vertretern der versicherten Angestellten und ihrer Arbeitgeber. Tie vcrsict-erten Angestellten und deren Arbeitgeber wir ken weiter bei der Verwaltung der Reichsvcrsiä)«- rungsanftalt durch den Verwaltungsrat mit. Bei der Vorbereitung wichtiger Beschlüsse hat der Verwal- tungsrat das Direktorium gutachtlich zu beraten. Ter Beschlußfassung des Verwaltungsrates bleibt Vorbehalten die Festsetzung des Voranschlages so wie die Abnahme des Rechnungsabschlusses und der Bilanzen. Tie Wahl der Mitglieder des Vcrwal- tungsratcs findet nach den Grundsätzen der Ver hältniswahl statt. Ferner »vrrden nach Bedarf von der Reichsver sicherungsanstalt Rentenausschiisse eingerichtet, die die Eigenschaft einer öffentlichen Behörde haben. Tiesen Rentenausschüssen liegt ob die B« villigung und Ent ziehung des Ruhegeldes,dec Hinterbliebenenrenten und der Abfindungen, die Entgegennahme der Anträge auf Uebernahme eines Heilverfahrens und die Auskunft- erteilung in den Angelegenheiten der Angestellten versicherung. Sie entsprechen also ungefähr den Versicherungsämtern der Reichsverficherungsordnnng mit dem Unterschiede, daß sie in den Rentensacl-en selbst entscheiden. Tie Vorsitzenden der Rentenaus schüsse ernennt der Reichskanzler. Tie Beisitzer wer- den je zur Hälfte aus den versicherten Angestellten und aus ihren Arbeitgebern entnommen. Tie sämt lichen Kosten der Rentenausschiisse trägt die Reichs versicherungsanstalt. Zur Entscheidung von Streitigkeiten werden Schiedsgerichte errichtet, deren Zahl, Sitz und Be zirke durch kaiserliche Verordnung bestimmt werden. Sie bestehen aus einem Vorsitzenden und aus Bi sitzern, die je zur Hälfte aus den versicherten An gestellten und ihren Arbeitgebern gewählt werden. Schließlich wird in Berlin ein Oberschiedsgericht errichtet, welches als oberste Spruch- und Beschluß behörde in den Streitigkeiten der Angcstelltenversiclx> rung gilt. Auch hier wirken Laienrichter bei der Entscl>eidung der Streitigkeiten mit. Mit den bis herigen Schiedsgerichten sür Arbeiterversicl-erung haben diese Sclstedsgerichte nichts zu tun. Sie sind vielmehr neue und selbständige Behörden. Ter Gang des Verfahrens bei Feststellung der Leistungen ist nun folgender: Tie Anträge auf Ge währung von Rente sind an den Rcntcnausschuß zu richten. Zuständig ist der Rentcnausschuß, in dessen Bezirk der Versicherte zur Zeit deS Anträge? wohnt oder beschäftigt ist. Ueber die Ansprüche entscheidet der Vorsitzende teils allein, teils unter Zuziehung der Vertreter der Arbeitgeber und der Angestellten. Gegelt die Entscheidung deS Ncutenausschusses oder seines Vorsitzenden ist das Rechtsmittel der Berufung an das Schiedsgericht zulässig. Testen Entscheidung ergeht auf Grund mündlicher Verhand lung und unter Zuziehung von Vertretern der Arbeitgeber und der Angestellten. Gegen die Ur teile des Schiedsgerichtes findet die Revision an das Obcrschicdsgcricht statt. Tie Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Nichtanwendung oder auf der unrichtigen Anwendung de? geltenden Rechts oder ans einem Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten beruhe Der Giftmischer. Kriminalgeschichte von Hans Hyan. 7s (Nachdruck verboten.) Heinz wollte aufbegehren, gereizt antworten, da sah er in das Gesicht des Fabrikanten und daS Wort blieb ihm im Munde. . . War denn das möglich: Herr Westermann, der ihn seit drei Jahren kannte, der ihm stets so Wohl wollte, dem er nach seinen besten Kräften gedient hatte, der konnte auch einen so schimpflichen Verdacht gegen ihn hegen?! . . . Man sab eS dem ehrlichen und unter der groben Außenseite gründeten Manne ohne weiteres an: Der Glaube an seinen Angestellten war durch dessen Benehmen bei der Mordnachricht inS Wanken gekommen! ... Er hatte sich halb abgewandt, blickte nur noch scheu und erschrocken zu dem jungen Manne hin, für dessen Schuldlosigkeit und ehrenhaftes Wesen er noch vor wenigen Minuten so bestimmt ein getreten war. Den Chemiker überkam'S ganz eigen: eine siedende Hitze stieg in ihm auf unter der furcht baren Wucht dreser qualvollen Eindrücke, die ihm keine Zeit ließen, seine Geistesgegenwart, seinen Verstand richtig zu gebrauchen . . . Und auf ein mal, wie zusammengerissen von Heller Verzweif lung, stürzte er auf den Chef zu und schrie: „Herr Westermann, Sie! . . . Sie werden daS doch nickt glauben! . . . Sie kennen mich doch! . . . Um Gottes willen, ich bitte Sie!" „Nein, nein . . ." machte der Fabrikant, der sich wie von bösen Bildern verfolgt mit der Hand über die gefurchte Stirne strich, „. . . wie könnte ich denn! . . . aber. . . Sie werden ja natür lich Ihre Unschuld beweisen . . . müssen... so lange ... ich gebe Ihnen selbstverständlich Ur laub, solange, wie Sie wollen! . . . Ihnen muß ja am meisten daran liegen, daß diese entsetzliche Tat aufgeklärt wird" . . . Damit ging er, wie um Heinz BoleSkuS Nähe zu vermeiden, hinter den großen Schreibtisch. Von dort blickte er zu dem Kommissar hin, der ein undefinierbare- Lächeln aus den Lippe«, dicht neben Heinz stehen blieb, während der andere Beamte die Tür flankierte. Dem Chemiker war's, als wogten plötzlich graue, finstere Nebel um ihn her, die ihn ein hüllten und alles andere weit von ihm fort rückten . . . Aber nein, nein! ... er wollte sich das nicht über den Kopf wachsen lassen! . . . Was war denn? . . . Der Onkel war ermordet! . . . Nun ja, das war schlimm, sehr schlimm! . . . Aber was hatte er damit zu tun? . . . Wer konnte gegen ihn auch nur den geringsten Verdacht hegen? . . . Die Lehren des Dr. Wengler fielen chm plötzlich ein: Nur nicht untersinken unter den Willen der anderen! . . . Um keinen Preis denen nachgeben, die einen überwinden wollen! . . . Der Wille ist alles! . . . Und er wollte nicht, wollte sich nicht bezwingen lassen von diesem da, der schon tat, als wenn er ihn des Mordes überführt hätte! . . . Mit einer Bewegung, als schüttele er eine ihn erstickende Last von sich ab, lachte Heinz BoleSku wild auf: „Was wollen Sie denn von mir? . . . Wollen Sie etwa behaupten, ich... ich hätte meinen Onkel ermordet?" Der Kommissar sagte erst gar nichts. Er war größer wie Hein? und mtt schräg geneigtem Kopf sah er den Chemiker lange an. Dann ver senkte er die Hand in die Brusttasche seines Geh rockes, holte eine zerknitterte, aber wieder ge glättete Visitenkarte hervor und sagte, das Kärt chen in der hohlen Hand offen emporhaltend, so daß man den Aufdruck lesen konnte, mit lang samer Betonung: „Kennen Sie das? . . . DaS hat man in der ^ustlmmengekrampften Faust des Toten gefun- Der Chemiker beugte sich vor, aber indem er Hinsehen wollte, ward er gewahr, dab auch sein Chef, sich weit über den Schreibtisch lehnend, mit erblaßten Zügen auf die Karte blickte. Und sich mit der Hand nack dem Kvpf greifend, mit einem Gesicht, das Angst und Grauen zu einer Fratze verzerrten, schrie der Chemiker: „Herr Gott, da- ist ja meine Kartei". .. Herr Westermann lehnte sich schwer atmend zurück gegen die rottapezierte Wand. Der Kommissar legte tie Hand au* Heinz Boleskus Schulter und sagte leise, in einem bei nahe scherzenden Tone: „Aber Sie stehen dock zu dem Morde in gar keiner Beziehung!". . . Der Chemiker zitterte . . . Wenn daS wahr war, daß man die Karte dort gesunden hatte, wie kam sie denn dahin? . . . Hatte er dem Onkel jemals eine gegeben? . . . Er erinnerte sich doch gar nicht! . . . Mit einer verzweifelten Be wegung seiner breiten Schultern stöhnte er auf: „Was will man denn von mir? . . Ich . . . ich . . . Herr Westermann . . . nicht wahr, Sie . . . Sie haben . , . Sie wissen doch, daß ich . . . ich . . ." Aber Herr Westermann tat, als höre er ihn jar nickt. Der Fabrikant hatte sich wieder in einen Sessel gesetzt, blickte vor sich nieder und hielte mit einem elfenbeinernen Falzbein. Wer hn näher kannte, sah an seinen hochgezogenen, Augenbrauen die Nervosität, mit der er kämpfte. Er war auch jetzt durchaus noch nicht überzeugt von der Schuld seines Angestellten: nur wollte er sich fortan jeder Einmischung enthalten. Er war in seiner ersten Aufwallung dem Beamten nicht eben freundlich begegnet. . . Aber nun über dachte er, wie schwer der Beruf solcher Leute ist, wie wenig leicht sie es haben, wenn sie die Ur heber derartiger Greueltaten ermitteln und dabei noch zu jedermann freundlich und höflich sein sollen . . . Und dann: er war doch da gewesen, der BoleSku, gestern abend bei seinem Onkel!... Denn er selbst auch sagte, er hätte nur auf der Straße gestanden. . . ausgerechnet an diesem Abend, wo er sonst jeden Tag gleich nach Ge schäftsschluß hin geht und stets bis zum Schla fengehen da bleibt. . . Und dann die Visiten karte . . . wie kam die dahin? . . . das war doch immerhin sehr merkwürdig! . . . „Einen Augenblick, Herr Westermann l" sagte Dr. Barold jetzt. Und wie der Fabrikant be flissen zu ihm hin kam, flüsterte der Beamte, worauf der andere zustimmend nickte .«, Dann ging der Kommissar zu seinem immer noch an der Tür stehenden Untergebenen hin, gab diesem ebenso leise eine Weisung, woraus der Mann sofort verschwand. . . Zurückkommend nahm Dr. Barold ein Päck chen Briefe aus seiner Rocktasche. „Das sind ja meine Briefe! . . . von meiner Braut!". . . sagte der Chemiker mit vor Zorn entstelltem Gesicht, „wie kommen Sie denn dazu, mir". . . Der Kommissar hatte die Hand erhoben gegen den jungen Mann. „Ich handle in meiner Eigenschaft als Be amter und weiß genau, was ich zu tun und zu lassen habe!". . . sagte er mit starker Stimme. „Uebrigens war mein Instinkt, der mich zuerst in Ihre Wohnung führte, ehe ich hierher kam, durchaus richtig! . . . Diese Briefe da sprechen Bände! . . . Hier zum Beispiel! . . . Ihre Braut schreibt: „Wenn du doch zufriedener sein wolltest, mein Liebling! . . . Wir können doch nun mal nicht alle reich sein! . . . Und dein Onkel wird sich ja schließlich auch erweichen lassen!". . . oder hier, wo es heißt: „ich habe dich so lieb, daß ich dich auch so, mit deinem jetzigen Verdienst heirate . . . an das Geld deines Onkels mußt du gar nicht mehr denken! Du siehst doch, er hat dir neulich wieder gesagt, er kann dir nichts geben, er hätte nichts flüssig! . . . Mit Gewalt ist eS doch nicht zu machen"". . . Der Kommissar hielt inne. Dann sagte er, den Chemiker fest ins Auge fassend: „Nun, eS scheint, als ob es Leute gebe, die anderer Ansicht sind, wie diese junge Dame . . . was sagen Sie dazu, Freundchen?" Die herabsetzende Anrede hörte der junge Mensch gar nicht. Ihm würgte der Grimm die Kehle, daß seine Grete, sein Liebstes hier hinein- gezogen wurde, daß man ihre Briefe hier vor- laS . . . Knirschend sagte er: „Sie haben meine Sachen aufgebrochen! . . . Sie! . . . DaS soll Ihnen teuer zu stehen kom men !" Der Kommissar antwortete ihm gar nicht. lFortseßua- tu der Morgenausgabe.)
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