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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.12.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111201010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911120101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911120101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-12
- Tag 1911-12-01
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Monat
1911-12
-
Jahr
1911
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Deshalb muh eine derartige Verschmelzung der Ge nehmigung der Behörde unterliegen. Abg. Hoch (Soz.): Es ist unrichtig, daß von leiten der Lewertichaften ein Terrorismus ausgeübt wird, um durch Verschmelzung einer freien Hilfskalle, der auch nichtsozialdemokratische Mitglieder angehören, mit den Gewerkschaften die Reihen der Sozialdemo kratie zu vermehren. Abg. Becker-Arnsberg (Ztr.): Dafür, daß die So zialdemokratie den unglaublichsten Terrorismus aus- Abt, kann ich aus eigener Erfahrung die schlagendsten Beweis« bringen. Ich selber bin vom sozialdemokra tischen Terrorismus auf das schlimmste verfolgt ge wesen. (Lärm d. d. Soz. — Zustimmung i. Ztr.) Abg. Hoch (Soz.): Ich bleibe dabei, Herr Becker, Arnsberg hat die Arbeiter hier mit Schmutz beworfen» ohne jeden Beweis der Wahrheit. Was er hier vor gebracht hat, war erlogen. (Großer Lärm bei der Mehrheit. Glocke! Der Vizepräsident ruft den Redner wegen dieses Ausdrucks zur Ordnung.) Abg. Becker-Arnsberg: Tatsache ist, dasz beispiels weise im Betriebe der Reichsdruckerci die nichtsozial- demokratisch organisierten Arbeiter auf das schwerste drangsaliert werden. Es liegen Beschlüsse von Hilfs kassen vor, sich bei eventueller Auflösung mit sozial demokratischen Kassen zu verschmelzen. Daraus ent stehenden Unzuträglichkeiren mich entgegengewirkt werden. 8 7u bleibt unverändert. Das Gesetz tritt nach kaiserlicher Verordnung iu Kraft, 8 7a sofort. Damit ist die zweite Lesung des Gesetzes betr. Aufhebung des Hilfskassengeseße» beendet. Es folgt die 2. Lesung des Prioatbeam» tenversicherulrgsaesetzes. Auf Anfrage des Abg. Linz (Npt.) erklärt Ministerialdirektor Caspar, Vak sämtlich« technische Beamte, vor allen Dingen auch die Musterzeichner, ohne Rücksicht auf den künstlerischen Wert ihrer Leistungen in das Gesetz cinzudeziehen sind. Abg. Raab (Wtrtjch. Bgg.): Unter den Werk meistern bestehl die Befürchtung, daß ihnen die Eigen, schäft als Vrivatbeamt« strittig gemacht werden konnte, weil sie mit einer kürzeren Kündigungsfrist angestellt sind. Ministerialdirektor Caspar: Die Kündigungsfrist ist ohne Einwirkung auf das Gesetz. Abg. Molkenbuhr (Soz.) begründet einen Antrag seiner Partei, wonach Bureauangcstellte, soweit sie mit schriftlichen Arbeiten beschäfrrgt sind, unter das Gesetz fallen sollen. Auch sie leisten geistige Arbeit. Ministerialdirektor Caspar: Die Befürchtung, daß dies« Kategorien nicht vom Gesetz betroffen wurden, wenn e, bei der Fassung der Kommission bleibt, wo nach es heißt: dag Bureauangestellle, soweit sie nicht mit niederen oder lediglich mechanischen Dienstleistun gen beschäftigt werden, unter das Gesetz fallen sollen, ist unbegrünoet. Abg. Dr. Potthosf (Frs. VKg.): Wir haben über- Haupt gegen den Antrag der Sozialdemokraten nichts einzuwenüen, wünschen aber, daß sämtliche Bureau- anaestellten betroffen werden, und beantragen des. halb, jeglichen Zusatz zu dem Wort „Bureauange- stellte" zu streichen. Man hat gemeint, die Bureau- angestelllen seien mit der Fassung des § 1 einver standen. Der Verband der Bureauangestellten in Leipzig hat mir heut« geschrieben, daß die Fassung der Kommission in dieser Nummer des K k unglücklich, unklar und strittig sei. Ich möchte dringend bitten, die Bureauangestellten wi« bi« Handlungsg«hilfen in vollem Umfang« in das Gesetz aufzunehmen. (Bei. fall links.) Abg. Irl (Ztr.) bittet um Auskunft, wie die Ver sicherung kaufmännischer Angestellter in Handwerks betrieben gehandhabt werden soll. Ministerialdirektor Caspar: Die Frage der Ver sicherung dieser Personen wird von Fall zu Fall zu regeln sein. Ls wird auch davon abyängen. wie Lre Prinzipal« die Beschäftigungsart ihrer Angestellten beurteilen und bezeichnen. Den Antrag der Frei- sinniaen bitte ich ebenso wi« den der Sozialdemokraten abzulehnen. Abg. Cuno (Fortschr. Vpt.): Auch durch die vom Ministerium zu erlassende Anleitung wird der Be griff „Angestellte" im Sinne dieses Gesetzes nicht ein wandfrei festgesetzt werden können. Es ist deshalb bringend erwünscht, den Begriff „Werkmeister" in diesem Gesetz besser zu definieren. Al>g. Mollenouhr (Soz.) tritt nochmal» für den Antrag seiner Partei ein. Abg. Werner (D. Refpt.): Da» Verhältnis der Bureauanaestellten d«r Rechtsanwälte sollte beson ders klar festgestellt werden. Ministerialdirektor Caspar: Die Versicherungs pflicht hängt ganz davon ab, welcher Art dre Beschäf tigung ist. Der sozialdemokratische Antrag wird aLgelehnt, ebenso der freisinnige. Z 1 wird unverändert in der Fassung der Kommission angenommen. Auf «in« Anfrage des Aba. Irl (Ztr.) erklärt Ministerialdirektor Caspar, daß die Weihnachtsgrati fikationen bei der Festsetzung der Versichernngspflicht als Löhn« oder Entgelt nicht in Betracht kommen. Zu 8 9, der Reichs-, Staats-, und Gemeinde beamten, sobald ihnen Anwartschaft auf Ruhegeld bewilligt wird, versicherungsfrei lW, beantragt Abg. Schulz (Rpt.), daß bei Streitigkeiten über die Versicherungssreiheit der geistlichen, anerkannten Religionsgemeinschaften sowie der Lehrer die oberste Verwaltungsbehörde desjenigen Bundesstaates ent- scheiden soll, in dessen Gebiet die betr. Korporation, Schule oder Anstalt ihren Sitz hat. Abg. Cuno (Fortschr. Vpt.): Wie steht es mit solchen Gemeindebeamten, di« in kündbarer Stellung sich befinden, und mit solchen, die in privaten Dienst übertreten? Ministerialdirektor Caspar: Das Gesetz schließt sich in dieser Beziehung vollständig den Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung an. Abg. Mommsen (Fortschr. Vpt.): In diesem gan zen Gesetz ist niemals von Beamten gesprochen wor den, sondern immer nur von Angestellten. Es muß daher klargestellt werden, daß es niemals im Sinne des Gesetzes gewesen ist, unsere ganzen Staatsbeamten unter diele» Gesetz zu stellen. Ministerialdirektor Caspar: Ganz recht! Solche Beamten sollen nicht darunter fallen, sofern sie mit Pensionsberechtigung angcstellt sind. Abg. Cuno (Fortschr. Vpt.): Hat ein Beamter die Anwartschaft auf Pension, so fällt er nicht unter da» Gesetz. Bei Volksschullehrerinnen und weiblichen Beamten fällt aber ihr Anspruch auf Waisenrente weg. 8 9 wird mit dem Zusatzantrag Schulz angenommen. Sodann wird die We.iterberatung auf Freitag 11 Uhr vertagt. Vorher kleine Aktien, Schiffahrtrabgabengesetz. Schluß nach ^7 Uhr. Sächsischer Lanütsg. Zweite Kammer. (:) Dr«»de», SV. November. Di« Zweit« Kammer setzte -eut« di« Beratungen der gestrigen Tagesordnung fort. Am Ministertische: Staatsminister Dr. ». Otta, VOr. Beck, Graf Bitzthvm ». Cckstädt und ». Seqde- »ttz, m Ent- Ministerialdirektor Geh. Rat Dr. Schelcher ver breitete sich über di« vom Abg. Fraßdorf gestern an- geschnittene Frag« der Landkrankenkassen. Nach 8 827 (nicht 8 3S3j der Reichsv«rsich«rungsordnung werd« bestimmt, daß eine Landkrankenkass« neben den all gemeinen Ortskrankenkassen bestehen könn«. Im Ent würfe sei hierüber die Entschließung den einzelnen Landesregierungen überlassen worden. Die Re gierung habe schon vor der Frage gestanden, ob «in« Vorlage bezüglich der Errichtung einer Landkranken- kasse emzubringen sei, sei aber schließlich nach der ge nauen Erwägung einer Anzahl Befürchtungen zu dem Entschlüsse gekommen, die bestehenden Einrichtungen nach Möglichkeit zu wahren. Abg. Fräßdorf habe sich gestern auch über die Arztfrage verbreitet. Di« Re gierung habe sich mit dieser Frage eingehend be schäftigt. Der Redner führte aus, daß es gelt«, die Beziehungen zwischen den Krankenkassen und den vom Abg. Fräßdorf gestern an ¬ der Reichsv«rsich«rungsordnung werd« Nerzten durch Vertrag zu regeln. Ministerialdirektor Geh. Rat Dr. Rumpelt geht auf die gestrigen Ausführungen des Abg. Biener be züglich der Bauforderungen ein und betont, daß dem Bauschwindel, durch den schwere Nachteile für das solide Bauhandwerk entstünden, entschieden ent- gegengctrcten werden müsse. Das Reichsgesetz vom t. Juli 1909 behandel« im zweiten Teile die Erund- stüässchätzung. Es besteh« die sehr begründete Be fürchtung. daß durch die schwerfälligen Bestimmungen dieses zweiten Teiles die Bautätigkeit entweder ver nichtet oder doch wenigstens einen Erfolg erlangen würde, der hinter allen Erwartungen zurücksteh«. Abg. Dr. Spieß (Kons.) betont, daß neben dem Gewerbefleiß unserer gesamten sächsischen Bevölke rung auch Handel und Industrie großen Anteil an dem erfreulichen Zustand unserer Finanzen hätten. Wenn der Finanzminister gestern gesagt habe, daß die Hochkonjunktur vorüber sei, und daß man nicht neue Einstellungen in den Etat fordern solle, so habe er (Redner) die Vorredner nicht so verstanden. Es sei nicht zu leugnen, daß wir «ine Krise durchgemacht haben. Die Fürsorge für die beiden Faktoren, Han- del und Industrie, erfordere, daß neben denjenigen Maßnahmen, die zu ihrem Vorteil« im Etat vor gesehen seien, auch die andern Erwerbssinn!)« einer gedeihlichen Entwicklung entgegengeführt werden, und das seien der Mittelstand, die Landwirtschaft und di« Arbeiterschaft. Auch müsse die Kluft, di« zwischen dem Mittelstand und der Industrie bestehe, überbrückt werden. Die konservative Partei begrüße die Einstellungen in den Etat zur Hebung des Mittel standes und bitte, di-se Einstellungen nach Möglich keit noch zu erhöben. Von vielen Seiten werde auch gesagt, daß der Mittelstand im Aucsterben b«ariffen ßi. Er wolle hiergegen konstatieren. Laß der Mittel, stand erst kürzlich durch den Deutschen Mittelstands tag einen kräftigen Beweis seiner Lebensfähigkeit gegeben habe Der Redner besprach dann die Be« joldungsoerhältnisst in den Staatsbetrieben und brachte verschiedene Wünsche der Beamtensclmft zum Ausdruck. Der Abg. Fleißn«r habe auch gesaat, daß die Synode eine schwarze Körperschaft sei. Dieser Ausdruck sei vollständig unpassend und er müsse ihn hier zurückweiseu. ^Leiter wies der Redner noch auf die Gegensätze hin, die bezüglich der Jugenderziehung zwischen den Konserro.tiven und den Sozialdemo kraten bestehen. Die Konservativen woll- tenein« wirklich nationale Jugend- erziehung, während die Sozialdemokratie di« Erziehung der Jugend für ihre Zwecke und Ziele aus- nütz'en wolle. Der Redner widerlegt« schließlich auch noch die Behauptung über das Bestehen eines schwarz- blauen Blockes. Tatsächlich hätten kein« Ver einbarungen zwischen dem Zentrum und den Konser vativen bestanden. Staatsminister Graf Vitzthum von Cckstädt wandte sich in längeren Ausführungen «gen die Sozialde- mokratie und besprach sodann di« statistischen Erhebungen in Sachsen Über die Ar beitslosigkeit. Dieselben hätten ein sehr aün. stiges Ergebnis gezeigt, denn es seien voriges Jahr in ganz Sachsen nur 9563 männliche und 2877 weibliche Arbeitskräfte arbeitslos gewesen. Zur Regelung der Arbeitslosenfürsorge müsse die Re gierung noch eine abwartende Stellung einnehmen, da diese Frage noch nicht genügend geklärt sei. Sie werde die Angelegenheit jedoch fortgesetzt im Auge behalten. Notwendig sei zunächst auch die Durch- führung eines allgemeinen Aroeitsnachweise» und das sei in Sachsen noch nicht der Fall. Der Minister wandte sich noch weiter gegen die Ausführungen Fräßdorf? bezüglich der Anstellung von Eewerbein- spektoren aus dem Arbeiterstand- und der hierfür bewilligten kleinen Summe. Mit der Lohnfrage habe sich der Abg. Schulze beschäftigt. Diese Angelegen- heit sei so schwierig und umfangreich, daß er letzt hierauf nicht «ingehen könne. Aus den Berichten der Gewerkschaften ginge allerdings hervor, daß die Lohnoerhältnisse fortgesetzt Lesser geworden seien. Nach der Meinung der Sozialdrmokratie sei das Handwerk ihr verfallen und die Unterstützung der Regierung durch die Bewilligung von Summen zur Förderung des Handwerks sei nach ihrer Ansicht nur ein Schlag ins Wasser. Die Negierung lege aber großen Wert darauf, die Selbständigkeit des Hand werks möglichst zu unterstützen» da sie gerade in diesen Personen die festesten Stützen der jetzigen Staatsord nung erblicke. Der Abg. Schulze habe auch die sozial demokratische Jugendfürsorge als harmlos hingestellt. Eine Verständigung mit der Arbeiterschaft werde die Regierung immer anstreben. Für eine Verständigung mir der revolutionären Sozialdemokratie werd« sie aber nie zu Haden sein, l Lebhafte Zustimmung?- tundgebunqen.) Abg Kleinhempel (Natl.) begrüßt die Ausfüh rungen des Ministers mit großer Freud«. Staat-Minister o. Seqdewitz verbreitete sich über unser gegenwärtiges Steuersystem. Die Einkommen steuer habe sich im allgemeinen gut eingeführt, und auch die Ergänzungssteuer sei nicht so unbeliebt. Die Grundsteuer gehör« allerdings einer älteren Gesetz- gebunaspenod« an, dcch habe sie trotz ihrer Mängel auch ihre Vorteile, besonders deshalb, weil sie immer nach einem gleichmäßigen niederen Satze erhoben werde. In Grunobesitzerkreisen werde sie gewisser maßen al» ein« Art Grundrente empfunden, und Beschwerden über diese Steuer liefen nur sehr s«lten bei der Regierung ein. Gerade die Grundstcner geb« ein Beispiel dafür, daß ein eingelebter Brauch von der Bevölkerung stets leichter getragen werde. Abg. Koch (Fortschr. Vpt.) bedauert die ablehnende Haltung der Regierung gegenüber seinem Anträge betreffend den Wegfall der untersten Staatseinkom- m«nsteu«rsiufen ohne Beeinträchtigung des Stimm rechtes bei der Landtagswahl. Weiter besprach «r die Fragen der Volks'chulresorm und des Religion?- Unterrichtes vom Standpunkte seiner Partei au». Abg. Fleißaer (Soz.^ wandte sich zunächst gegen die Ausführungen des Staatsministers Grafen Vitz thum v. Eckstädt Dem 12. Januar sehe die Sozial demokratie mit großer Ruhe «ntgegen, und man werde ja sehen, wi« d«r Karren gelaufen sei. Staatsminister Dr. Beck knüpft en die Ausführungen der Abg. Fl«ißn«r bezüglich d«r Berufung eine» Sozial demokraten in das französisch« Ministerium an. Der Versuch, einen Sozialdemokraten mit praktisch arbeiten zu lassen, lei kläglich mißlungen, und Herr Milleraud könne sich heute nach seinen Taten wohl überhaupt nicht mehr als Sozialdemokrat bezeichnen. Zeder vater- land »freund müsse mit größtem Bedauern sehen, wi« man heute dt« Jugend für die sozialdemokratischen Ideen zu gewinnen suche. Setten» der Staatsreqte- runa geschehe nie etwa» gegen di« Arbeiterschaft. Da» Ziel der Iuaendpslege richte sich auch nicht gegen die Arbeiterschaft, sondern gegen die Sozialdemokratie, und durch die Jugendpflege sollten Männer erzogen werden, di« noch etwas aus ihre Kirch« halten und di« nicht durch Klassenhaß und durch Klassenkampf vergiftet hinaus ins Leben treten. Ministerialdirektor Dr. Wahl» gibt im Auftrage des Finanzmintster» einige Aufschlüsse über die Wohn verhältnisse der Waldarbeiter. Äbg. Hofmann (Kons.) bespricht in längeren Aus- fübrrmacn einzelne Kapitel de» Etats und wendet sich mehrfach gegen die gestrige Rede des Vizepräsi denten Fräßdorf. Staatsminister ». Seqdewitz verbreitet sich über die Grundzüge der Besoldungsordnung, die man als ein festgefügtes Ganzes betrachten müsse. Infolgedessen sei es auch nicht möglich, eine Klasse von Beamten aufzubessern, ohne daß die? nicht auch gleichzeitig bei den anderen Klassen geschehe. Außer- vem bestehe die Befoldungsordnung erst zu kurze Zeit, um jetzt schon wieder Aenderungen an ihr vorzu nehmen. Er möchte auch den Beamten etwas mehr Zurückhaltung bei ihren Wünschen empfehlen. Abg. Nitzschke-Leutzsch (Natl.) bespricht gleichfalls mehrer« Etätkapitel und wünscht u. a., daß den freien Berufen von angestellten Beamten keine Konkurrenz gemacht werden dürfe, wie dies z. B. bei den Staatsveterinären der Fall sei. Das Hand werk werde von der Industrie nicht unterdrückt, son dern die Entwickelung der Technik komm« auch dem Handwerk zuaute. Zum Schluß wendet sich Redner gegen einige Ausführungen des Abg. Dr. Hähne! be züglich der Reichsfinanzreform. Damit war die allgemeine Debatte über den Etat und die Anträge erledigt. Die Vor lagen sowie die Anträge wurden gemän dem Anträge des Abg. Dr. Hähne! an die Finanzdepü- tationenKundvunddieGesetzgebungs- deputatton verwiesen. Nächste Sitzung: Freitag vormittag )41O Uhr. — Tagesordnung: Beschlußfassung über die Abänderung des Gesetzes betr. das Staatsschuldcnbuch. Antrag auf Vermehrung der Mitglieder des Landtagsaus schusses zur Staatsschuldenverwaltung. Tsgeschrmiik. Unser Krvnvrinr Leoimrntskommandeur. Unter diesem Titel hat der kommandierend« Gene ral des 17. Armeekorps, General der Kavallerie v. Mackensen, seinem jüngsten Regimentskommandeur in der neuesten Nummer der für Soldaten bestimmten kleinen Wochenschrift „Meine Dienstzeit" (Verlag der Vaterländischen Verlags, und Kunstanstalt in Berlin) r-arme Worte des Willkomms gewidmet. Er schreibt u. a.: „Der Regimentskommandeur ist der Erzieher des OftiZicr'orps", und „der Geist der preußischen Armee sitzt in ihren Offiziers", wie Friedrich der Kroße sagt, gibt dann einen kurzen Abriß der Leidhusaren seit :hrer Schöpfung durch Friedrich den Großen am S. August 1741 und charakterisiert das Regiment in seiner Zusammensetzung und innerem Gehalt wi» folgt: „Seit beinah« 10g Jahr«n L-steht «s nur aus Frei- willigen. Meist sind es Söhne der Provinzen Ost- und Westpreußen, vielfach schon in der vierten Gene ration; aber auch die anderen Provinzen sind in seinen Reihen vertreten, und selbst Südderttschland und die Reichsland« schicken ihm Freiwillige. Das Offizierkorvs, zurzeit das starrste Kaoallerieoffizier- korps d:r Arme«, ist, so verschieden auch seine Namen klingen, eines Stammes. Es besteht fast ausnahms los aus Soldatensöhnen. Mannschaft wie Offiziere erfüllt Reiterlust und Berufsfreudigkeit. und sie alle trägt der edle ostpreußisch« Schimm«!, das Husar«n- pferd, „wi- es im Buche sieht". Roß und Reiter im Regiment sind ein Material, so ausbildungs-, so leistungsfähig, wie -- der verantwortliche Führer nur wünschen kann, — einem jugendlichen passionierten Kommandeur nach dem Herzen. Das Nsen ist also warm, da? dem zukünftigen Erben der Krone Preußens und d«s Deutschen Reiches von seinem Vater anvertraut worben ist; es braucht nur ge- schmiedet zu weidcn, und da» taktische Werkzeug, dessen «r bedarf, um sich als Führer »ines ReiterreAment» zu üben und zu betätigen, ist in seiner Hand. Dankerfüllt gegen den Allerhöchsten Kriegsherrn für di« erwiesene Ehre und da? bewiesene Vertrauen und zugleich hoffnungsfreudig schaut mit den Leib husaren das 17. Armeekorps auf den jüngsten Regi mentskommandeur in seiner Mitte." H- 88. Zeih. In der Zeitzer Zuckerfabrik trug sich ein schwerer Betriebsunfall zu Der Lagermeister Franke stürzte von einem Stapel rücklings herunter. Er wurde ins Stadtkrankenhaus gebracht und ver starb bald nach keiner Einliererung, da die Schädel- decke durch den Sturz zerschlagen war. * Kahla,80. Nov. (RascherTod.) Der 61 Jahre alte Zimmermann Tänzer aus Oberbodnitz wurde, als er etwas essen wollte, vom Herzschlag be troffen und starb alsbald. * Unterschleichbach (Franken), 30. Nov. (Frauen in der Gemeindeverwaltung.) Zn die hiesige Gemeindeverwaltung sind sechs Frauen gewählt worden. Berlin, 30. Nov. (Berlin im Nebel.) Heute vormittag lagerte ein ungewöhnlich dich ter Nebel über Berlin, der mittags seine größt« Stärke erreichte, so daß völl ige Du nk«lh e r t herrscht«. Saratow, 30. Nov. (Renkontre zwischen französischen Weltreisenden und russischen Bauern.) Zwei französische Touristen, die sich auf einer Reise um die Welt befinden, find bei Nikolajewsk von russischen Bauern ohne ersichtlichen Grund ange griffen und verwundet worden. Die Touristen waren gezwungen, sich gegen die Dauern mit Revolvern zu verteidigen, wobei einer der Bauern getötet wurde. Infolgedessen wurden die Touristen von der russischen Polizei in Haft genommen. Pari», 30. Nov. lDer unheilige Rabbiner von Tours. In der Klagesache des Rabbiners Brauer von Tours, den seine Gemeinde wegen Ver letzung der jüdischen Elaubensgejetze aus dem Amte geragt hatte, erfloß gestern nach mehrwöchigen Ver handlungen das Urteil. Brauer hatte vom israelitischen Konsistorium lZOOOOOFr. Schadenersatz verlangt. Das Gericht billigte ihm 12000 Fr. zu und be gründete dies mit der Unglauvwürdigkeit der Zeugen, die ausgesagt haben, daß er anstößige Be- ziehungen zu Frauen von schlechtem Lebenswandel gehabt, sich dem Trunk« ergeben und in einem Gasthof am jüdischen Bersühnungstage Schweine- ripvchen gegessen habe. Das Gericbt glaubte dem Gastwirt, in dessen Lokal der Rabbiner diese ver botene Mahlet einoenommen haben sollte, mehr al» den jüdischen Zeugen. Dieser Gastwirt aber versicherte, daß Brauer nie bei ihm Schsvetnertpochen gegessen habe. Das Gericht nahm an. daß ein Mann, der sich zum Rabbiner ausgebildet und m dieser Eigenschaft gewirkt hat, in vorgerückten Jahren keinen anderen Beruf ergreifen kann, wenn ihn fein« Ge meind« unter Umständen an die Luft setzt, die ihm nicht gestatten, ein ähnliche» Amt im Lande zu er langen. De»halb erkannt« e» auf einen mässigen Schadenersatz. Pari», 80. November. (Abdul Hamid» Ju welen unter dem Sammer.) Di« Verstei ge r u n g de» ersten Teil» d«rSultan»juwelen gelangte gestern abend zum Abschluß. Die drei Ver- stetgerungstaae ergaben den Betrag von 4 947 476 Franken. Weitere sieben Verst«igerung»tage sind vom 4. bi» 11. Dezember im Hotel Drouot anbe raumt. Gestern kamen ausschließlich ungefaßte Brillanten zum Verkauf, die zusammen 1 189 810 Franken einbrachten. Die beiden teuersten Steine gingen mit 118 000 und 102 000 Franken ab. Die Käufer waren durchweg Iuwelenhandler au» Pari», London und Lolland, und viele der erworbenen Edel steine wechselten noch im Versteigerung-lokal nach äußerst angeregtem Handel zwischen den Berufs käufern den Eigentümer. Sunil unü LMieulchskt. Uüolph vvn Menzels „Ajnüeralbum". Ein überaus wertvolles, künstlerisches Kuriosum bringt der bekannte Leipziger Kunstverlag E. A. Seemann Heuer zum Weihncrchtsfcste den Kunst freunden dar; er gewährt ihnen die Möglichkeit zum Erwerb einer faksimilierten Ausgabe des berühmten Menzelschcn Kinder-Albuins aus der Berliner Nation algaleric, und zwar in der genauen Größe und Farbe der Originale, ein Prachtwerk von 25 Gouachen und Ayuarellen in Farbenlichtdruck auf Strathmore-Iapan in nur dreihundert Exemplaren hergestellt. Die Gunz-Pergamentmappe in Royal format kostet 250 Das kostbare Werk hat eine eigenartige Ent stehungsgeschichte. Menzel führte bekanntlich mit seiner an den Musikdirektor Krieger in Berlin ver heirateten Schwester Emilie einen gemeinsamen Haushalt, und die beiden Kinder Kriegers hingen sehr an dem Onkel Adolph. Ihnen zur Freude be- gann der „Onkel" 1861 kleine Studien und Szenen von seinen Wanderungen, Bildchen aus Feld und Flur, Wald und Au« zu einem Album zusammenzu stellen, an dem dann freilich auch Schwester mch Schwager, sowie mancher kunstsinnige Freund de» Familienkreises seine Freude hatte, lind der Meister selbst hing mit großer Liebe an diesen Albumblätter« und vervollständigte, verfeinert« sie mit inniger Sorg falt. Schwer in Leder gebunden lag das Album tn der besten Stube bei Kriegers auf dem Tisch, eftr Ehrenstück, bewundert und gepriesen. Man ließ nicht nach, Menzel zum Verkauf zu raten. Hartnäckig sagte er nein, und erst 1883 entschloß er sich, zum Besten des Neffen und der Nichte das kostbare Album an die Nationalgalerie zu verkaufen, wo «s wiederu als Prunkstück am Ehrenplatz gehalten wird. Nun mehr nach fast dreißig Jahren verhilft L. A. See mann in Leipzig wenigstens dreihundert begüterten Kunstfreunden und ihren Freunden dazu, das kost bare Menzelsche Kinderalbum in originalgetreuer Ausführung daheim in der eigenen Staatsstube unter dem Weihnachtsbaum zu bewundern. Ein Prachtwerk in der Tat, bei dem man schon über dem ersten Blatt „Chinesinnen bei der Fütte rung von Gold- und Silberfasanen" ganz neue Seiten bewundern muß, eleganten koloristischen Ge schmack, wunderbaren Farbenreiz, so auf dem Blatt „Arras und Kakadus". Seine zeichnerische Spitz findigkeit leuchtet wieder einmal mehr durch bei dem „Kalb im Geflügelhofe". Meisterlich sind die zwei Schwäne und die bunten Pfauen. „Ehemalige Gastwirtschaft Mortphof bei Berlin" könnte von einem der übermässig gefeierten Franzosen l)er- rühren, ein überaus oeachtenStoerteS Kunstblatt MenzelS, daS sich die Herren Kunstbozenten, die nichts als dekadente Franzosen kennen und preisen, nur ja recht genau ansehen mögen! Ein Stillebcn von eigenem Reiz bietet Blatt 9, Buch und Tasse, Zigarre mit dem Raben. Ganz Menzel und doch auctz wieder nicht ist „Ziege und Holzpferdck>en", ein echtes Kinderbild. Und dann suche man Menzel, wie man ihn zu sehen gewohnt ist, in der Meisterschaft des Bildmens „Waldboden mit Eidechse", von entrücken dem Kolorit. Ten „Trockenplatz" wird man neben die „Gartenwirtschaft" stellen dürfen. Ein Bild von intimen Reizen ist „Vater und Sohn". Es folgen Kub im Stall, Büffel im Schilf, Hirsch« im Zoo, Rotkehlchen und Wiedehopf im Dickicht, Blumen, Schmetterling und Schnecke, Distelfinken und Ka narienvogel, Zwergpapageien im Bauer, Hühnerhof, Ziehhund und Katze, Pfau und Hühner, Tauben auf dem Dache, alles wunderbar vertiefte, lebens volle und charakteristische Studien eine? wirklich großen Meisters. ' DaS letzte Bildchen „Versüßte Knechtschaft" ist von besonderem Reiz: Menzel als Verehrer der Frauenschönheit l In der Tat. Lr ist es sonst nie gewesen, der große, kleine Mann, aber auf diesem Bild ist er'S doch. Da reicht ein schlanker, schöner, mit Goldspangen, Ringen und bunten Steinen ge schmückter Frauenarm dem Kakadu ans der Stange ein Stück Zucker. Alle Menzelfreunde werden dieses seltene Blatt mit Erstaunen und Entzücken be trachten. Wir kennen Menzel überhaupt viel zu wenig, fast gar nicht. Leider, leider! Darum kommt dieses Album just zur recbten Zeit, daß endlicß einmal damit der Anfang gcmacbt werde, Menzel unter die Menscl^en zu bringen. Wenn sich auch nur Be güterte den Luxus dieses kostbaren Kinveralbnms leisten können, ein Verdienst ist es auf jeden Fall, daß jetzt dank den Menzelschen Erben, der Na tionalgalerie und den reproduzierenden Künstlern statt eines wohlverwahrten ExemplareS im StaatS- museum wenigstens ihrer dreihundert im deutschen Volke existierten. * Acht« Sinfonie von Gustav Mahler. Di« Proben zur 8. Sinfoni« von Gustav Mahl«r, unter Leitung von Dr. Georg Göhler, haben bereit» begonnen. Für die beteiligten Herr'chaften, denen spezielle Einladung zu den Proben nicht zugegangen sein sollte, sei mn di« Probenanzeig« im heutigen Blatt hingewtesen. * Da» Drama „Johanna von Neapel" von Hanna Rademacher, das zur Uraufführung von Herrn Geheimrat Marter steig für Leipzig erworben wurde, wurde soeben von Herrn Direktor Locwenseld für das Hamburger und Altonaer Stadttbeater ange nommen. Das Werk erscheint im Bühnenvertrieb und Buchverlag von Ernst Rowohlt Leipzig. * An» der Musikwelt. Am 4. Dezember findet im k. k. Berstcigerungsamte „Dorotheum" in Wien eine Versteigerung alter Musikinstrumente statt, unter denen sich ein Violoncello von Andreas Guar- nerius aus dem Jahre 1669 befindet, eines der wenigen aus dieser Zeit stammenden derartigen In strumente und eines der ältesten bekannten Celli überhaupt. - Kapellmeister Josef Stransky, der durch die Lei tung der sogenannten Stranslq Konzerte mit dem Blüthner-Orch«ster in Deutschland sich sehr vorteilhaft bekanntgemacht hat und vor einiger Zeit an die Spitze de» Sinfonie-Orchesters in New Pork berufen wurd«. hat nach übereinstimmenden Urteil«» aller amerikanischen Zeitungen in den New Parker Kon zerten große Triumphe gefeiert und ist mit dem Orchester jetzt auf einer größeren Tourn«« begriffen, vxlche «benfall» äußerst erfolgreich »erlauft.
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