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Morgen - Ausgabe Leip»», un» Vorort» Sl-rch unser» «rgaer V»AUAVpr»I^» . unoeprüttrureLmoltügii» inohauogedrachtr monatlich t.rs M., vierteliährlich r.75 M. Sri Ser SeschSftssteU», unfern ZiUoien ua» siuogadeNrUen abgrhoit: monatlichlM.,vi»rt»l>ahrUchSM. vurch Sie Post: ianeichald veutschianS» unS »er ürutschen Kolonien monatlich t.z» M„ vierteljährlich ».SS M.. auoschlie-lich postdesteUgrl». va» Leipziger Tageblatt erscheint Werktag» rmal. Sonn« u. Zetertag» t mal. Zn Leipzig, Sen Nachbarorten un» Sen Gelen mit eigenen Ztlialrn mir» Sie slbenSauogadr noch am siben» Sr» Krschetnen» ii» hau» griiesert. Seriinrr Neüollivn: In »en Zelten 17. iirrnsprech.nnjchlu»: Moabit Nr. »47. Nr. 148. Hrntsblockt des Rates und des poUZeüuntes der Stadt Leipzig Neöaktton unS Seschästsltelle: ^okanniogalse Nr.». * Zernsprech-NnschluA Nr. I4S»2, >»»41 un» >»»»«. Moniay. Sen 23. MSr;. ISS. Jahrgang kür Znserai« au» Leipzig un» Umgebung Sie /»NAkkAkltprels» . ispgltigep«iit,»Il,2LPt-, SieN»klam«,eilei M., von ouowart»Z4vs., Neklamen I.2S M.. klein« sinzcigrn Sieprtttzellc nur LSps.d.wirSerhol.Rad.,Inserate von Seborücn im amilichenTrii »ic Petit- -eil« ra Pf. Seschüftoanzeigen >n>t Planvorschritt un Preise erhöbt, iladatt nach Tarts. Settagen: Sr amtaufl.SM.»ao Sausen» auolchl. Postgebühr. Knzeigen-sinnahm«: Zokannisgasse». bei sämtlichen jilialc» »es Leipziger Tageblatt«» un» allen slnnoneen-TxpcSitionen »eo In- un» ,luslan»e». Seschäftsslell« für Serlin u. »le pr.Sranöendurg birrktionWalter Zliegcl, Serlin w i» Margaretkenstrake S. Zernsprrch - stnschluk kübow '' lSlck. Vas Wichtigste. * In Plauen fand am Sonntag die Früh- jahrstagung der Vertreter des Natio nalliberalen Landesvereins im Königreich Sachsen statt. (S. des. Art.). * Bei der Einweihung des neuen Ge bäudes der Akademie der Wissenschaften und der Königlichen Bibliothek am Sonntag in Berlin hielt der Kaiser eine Ansprache. (L. bes. Art.). * Am Sonntag vormittag 9V- Uhr trafen in Wien die Mitglieder des Leipziger Männerchors, die an der Sänger fahrt teilnehmen, ein und wurden von den Vorständen des Männergesangvereins, des Schubcrtbundes und des Gesangvereins der österreichischen Eisen bahnbeamten auf dem Bahnhof herzlich begrüßt. (S. bes. Art.). * In Irland sollen Hunderte von Offizieren ihr Abschiedsgesuch ein st er eicht haben, da sie ganz auf dem Boden der Rebellen stehen. (S. Letzte Dep.). * Tas Straßen-Radrennen Berlin — Leipzig — Berlin gewann Abcrgcr. (S. Sport u. Spiel.) * Tic acht Vorrunden-Spielc um die Mit teldeutsche Meisterschaft brachten außer Leipziger Spiclvereinigung und V. f. B. als Sieger Zwickau, Cötyeu, Halle, Ehemnitz, Ko- burg und Weißenfels mit 75 :3 Toren. (S. Sport u. Spiel.) * In München fand das 1. Hallen- Sportfcst statt, dem der König, der Kron prinz und mehrere Staatsminister beiwohnten. (S. Sport u. Spiel.) Die Einweihung -es neuen Aka-emiegebSu-es in Serlin. Am Sonntag mittag wurde der mit einem Kostenaufwand von über 25 Millionen Mark er richtete Neubau der Königlichen Aka demie der Wissenschaften und der Kö niglichen Bibliothek in Berlin in Gegen wart des Kaisers feierlich eingeweiht. Nach dem der preußische Kultusminister von Trott zu Solz in der Vorhalle die Urkunde ver lesen hatte, nahm der Kaiser durch die üblichen drei Hammerschlägc die S ch l u ß st e i n l c g u n g vor. Unter Vorantritt des Kultusministers, des Generaldirektors der Bibliothek und der vier ständigen Sekretäre betraten die Fürstlichkeiten den großen Kuppelsaal. -der Kaiser führte die Prinzessin Ferdinand von Rumänien, der Prinz von Rumänien die Kronprinzessin. Außerdem waren u. a. erschienen der Kronprinz, Prinz und Prinzessin August Wil helm, Prinz Eitel Friedrich und Prinz Oskar. Ferner waren zugegen sämtliche Botschafter mit Ausnahme des englischen, die Gesandten der deut schen Bundesstaaten am preußischen Hose, zahl reiche Bevollmächtigte zum Bundesrat, viele einzelstaatliche Minister, darunter für Sachsen Kultusminister v. Tr. B e ck. Mit dem Reich s- kanzler an der Lpiw' hatten sich die preu ßischen Staatsministcr, sowie die Staatssekretäre und Unterstaatssckrctnre der Ministerien und Reichsämter eingefunden. Man sab ferner die einheimischen Ritter des Ordens p-mr ls ms-its, den Senat der Kaiser-Wilhclm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft. Von der Akademie der Wissenschaften waren die ordentlichen Mit glieder fast vollzählig zugegen. Von den korr-- > spondierenden Mitgliedern nahmen n. a. teil: I Geh. Hofrat Prof. Bruns-Leipzig, Geh. , Hofrat Prof. Ostwald-Leipzig. Tie Rek toren aller 22 deutschen Universitäten, sowie der preußischen technischen Hochschulen waren dem Rufe zur Feier gefolgt. Von der großen Zahl hervorragender Persönlichkeiten seien noch her vorgehobcn: die Präsidien des Reichstages sowie des preußischen Herrenhauses, und Abgeordneten hauses. Auf einer erhöhten Estrade nahmen die Fürst- lichteiten Platz. Nach dem Fanfarengruß des Bläserchors und einer Motette nahm der Kaiser das Wort zu folgender A nsprache: Einen Palast der Wissenschaft weihen wir heute. Glücklich vollendet ist der schöne Bau mit seinem imposanten Kuppelfaale, ein Meisterwerk deutscher Baukunst und Bautechnik, für Mit- und Nachwelt ein Wahrzeichen, wie hoch wir die Geistesarbeit schätzen, der er dienen soll. Ich danke allen beteiligten Architekten, Handwerkern und Arbeitern für ihre treue und treffliche Arbeit. Ich beglückwünsche die Akademie der Wissenschaften ,zu ihrem würdigen Heim und die Königliche wie die Universitäts-Bibliothek zu ihren geräumigen und schönen Sammel- und Nutzungsstätten. Von alters her haben Akademie und Bibliothek ihren Platz in nächster Nähe des Schlosses meiner Ahnen gefunden und von diesen reiche Fürsorge erfahren. Mitten in den kriegerischen Unternehmungen für die Macht und Größe des Brandenburgisch-Preußischen Staates legte der Große Kurfürst durch eine Order aus sei nem Hauptquartier in Jütland im Jahre 1659 den Grund zu der heutigen Königlichen Bibliothek. Sein Könglicher Sohn begründete die Akademie und gesellte zu dem Glanze der Krone den der Wissenschaften. Der Große Friedrich, der sich selbst einen treuen Akademiker nannte, schuf der Akademie wie der Bibliothek das erst jüngst ver lassene Heim. Dem Beispiele dieser edlen Fürsten bin ich gern gefolgt. Es gewährt mir eine herz liche Befriedigung, daß unter meiner Regierung die in diesem Bau nun vereinigten beiden wissen schaftlichen Hauptanstalten des Landes sich so er freulich weiter entwickelt haben. Die Akademie hat durch ihre Unternehmungen gezeigt, wie sie ihre Aufgaben als vornehmste wissen schaftliche Körperschaft meiner Monarchie auffaßt und von welchem Geiste sie beseelt ist. Die Begründung akademischer Mitgliederstellen für Di rektoren von Kaiser-Wilhelm-Jnstituten hat die Akademie zu meiner unermüdlich schaf fenden Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in enge und fruchtbringende Be ziehungen gebracht. Die Königliche Bibliothek darf mit ihren reichen Schätzen und der zweckvollen Ordnung ihrer Bestände unter den ersten Biicher- iammlungen der Welt mit Ehren genannt werden. Aufgeschlossen liegt vor uns das reiche Erbe der Vergangenheit. Aus der Geschichte der Akademie sprechen zu uns die erhabenen Geister eines Leibniz, der Brüder Humboldt, eines Helmholtz, eines Mommsen. Und die Blätter der Bibliothek zeugen vom Werden und Vergehen der Völker, von dem liefen Denken der Meister des Altertums, von des Minnesangs Rosenzeit, von heißen Glaubens kämpfen und dem Sehnen nach den heiligsten Gütern, von dem forschenden Ringen um das Ver stehen der Welten. Alles, was die Menschheit ge tan, gedacht, gewonnen und gewesen, sagt Carlyle, liegt wie durch einen Zauberbann in den Seiten der Bücher beschlossen. Aber was wir stolz als Ueberkommenes ehren, darf nicht toter Besitz sein. Der Wissen schaft gilt es, den Zauberbann zu lösen, Ererbtes neu zu erwerben, alles Lebende in lebensvoller Durchdringung zu erfassen und auf sicherem Grunde des Erreichten kü h n den Flug in neue Welten zu wagen. Gott gebe, daß der Deutschen Wissenschaft nie die Männer fehlen, die sich so des Wortes bewußt bleiben, daß der Buchstabe tötet, der Geist aber lebendig macht. Möge alle wissenschaftliche Arbeit, die in diesem Hause geleistet wird, von tiefem sittlichen Ernste, von treuer Pflichterfüllung und von schlichter Frömmigkeit getragen sein nach dem Vorbilde des Herrschers, dessen Geburtstag wir heute begehen und dessen warmem Interesse Bibliothek und Akademie so reiche Förderung zu verdanken haben. Dann wird göttlicher Lebens hauch ihr Werk durchwehen zum Ruhme deutschen Wissens und Wesens. Tarauf gab der Kultusminister eine Vorgeschichte des Baues und richtete einen Auf ruf an die Leiter und Pfleger deutscher Wissen schaft. Nach ihm sprach Geheimrat Tiels für die Akademie der Wissenschaften und gab be kannt, daß die Akademie den Kultusminister von Trott zu Solz, den Chef des Zivil kabinetts Wirklichen Geheimrat von Valen tin i und den Ministerialdirektor Dr. Schmidt vom Kultusministerium zu Ehrenmitglie dern gewählt habe. Sodann bestieg Generaldirektor Exzellenz Tr. Harnack die Rednertribüne zu längerer Ansprache. Er begrüßte zunächst den Kaiser und . dankte ihm für sein Erscheinen. Tann sagte er u. a.: llabemus ckomum, so rufen wir heute. Nicht ein Haus, sondern einen Toni der Wissen schaft. Ein Vierteliahrtausend ist die Bibliothek alt. Sie ist das Werk des Großen Kurfürsten, bei dessen Tode sie 20 000 Werke besaß. Durch Friedrich den Großen, der ihr zweiter Stifter ist, wurde die Bibliothek eine europäische. Ain Ende der Befreiungskriege betrug ihr Etat 26 000 Mark jährlich, heute das 50fache, und die Zahl der Bücher ist auf 2 Millionen ge stiegen. Ter Redner schloß mit einem dreifachen Hoch auf den Kaiser, den hochherzigen Kenner und Förderer der Wissenschaften. Nach dem Kaiserhoch hörte die Versammlung stehend das Lalvum Rao Regem an. Im Anschluß an den Festakt fand im Hotel Kaiserhof ein Frühstück zu 250 Gedecken statt. Ordettvverleihtmqett. Aus Anlaß der Einweihung des Neubaues der König! Atadenue der Wissenschaften und der König! Bibliolhet zu Berlin ist u a. dein Kultusminister von Lrvtt zu Solz das Großtrenz des Roten Adlerorden-- mil Eichen laub, dem Wirk!. Geh. Ob.-Hofbaurat von Ihne das Prädikcu Erzellenz nnd dem Ge- neraldirettor der König!. Bibliolhet Wirt!. Geb. Rat Prof. Dr. Harnack der erbliche Adel ver liehen worden. Ferner haben erhalten: den Stern zum Roten Adlerordcn zweiter Klasse mit Eimenlanb: Ministerialdirektor Wiril. Geh. Ob.-Regierungsrat Dr. Schmidt und Pros, an der Universität Geh. Ob.--Medizinalral ?r. Waldener; den Roten Adlerorden zweiter Klasse: Prof, an der Universität Geh. Reg.-Rai v. Tr. Diels: den Roten Adlerorden dritter Klasse mit der Schleife: Pros, an der Univer sität Geh. Reg.-Rat Dr. Roethe; den Stern zum Kronenorden zweiter Klasse: Pros, an der Universität Geh. Med.-Rai Dr. Fohannes Orth; den Kronenorden zweiter Klasse: der Erste Direktor an der König!. Bibliothek Geh Reg.-Rat Dr. Schwenke nnd der Rentner Prof. Dr. Darmstädter. Anßerdeni sind zahlreiche andere Orden nnd Ehrenzeichen an Angestellte der Bibliothek sowie au Werlführcr und Arbeiter verliehen worden. Zrühjahrstagung -rs National liberalen Lanöesvereins für öas Königreich Sachsen. Die Frühjahrstagung des Nationalliberale» Landesvereins hatte diesmal besondere Bedeutung wegen des geplanten Wahlabkomniens mit der Fort- schrntlichen Volkspariei für die künsrigen Landtags wahlen. Zum Tagungsort war Plauen gewählt. Der Gesamtvorstand trat am Sonnabend zur Vor beratung zusammen und ain Sonntag mittag 12 Uhr begann der V e r r r e t e r t a g, zu dem sich etwa 150 Abgeordnete der einzelnen Organi sationen cinsanden. Der Vorsitzende Herr Professor Brandenburg begrügte die Parteifreunde und verwies sodann auf den Jahresbericht, den wir an anderer Stelle mit teilen lieber die Kassenverhältnisse berichtete Herr Dr. jur. Zöphel. Es folgte als 2. Punkt der Tagesordnung: Vorbereitung derLandtags- wahlen. Generolsektretär Dr. B r ü ß begründete die Notwendigkeit eines Wahlabkomniens zwischen den liberalen Parteien, dessen Hauptzweck sein soll, liberale Doppelkandidaturen, asto eine Zersplitterung auf der Seite des liberalen Bürgertums, zu verhüten. Als Muster könne das Abkommen in der Lausitz gelten, das in dem guten Ausgang der Wahl im Wahlkreise Großschönau leinen allgemein begrüßten Ausdruck sand. Was dort sich bewährte, werde hoffentlich auch bei den allgemeinen Landtags wahlen zur Geltung kommen. Es sei ganz klar, trag hier sich ein Weg biete, einer Uebermacht der So.ialdemokratie entgegenzuwirken, an dieser Auffassung könne ein mißgünstiges Urteil der konservativen Partei nichts ändern, und zwar auch dann nicht, wenn sich da und dort, wie sich das ganz von selbst aus den Verhälnihen ergebe, der Kampf gleichzeitig gegen rechts mit aller Entschieden heit geführt werden müsse. Der Ausgang der Wahlen werde hoffentlich ergeben, daß die liberalen psrsilal. (Erstaufführung in Leipzig am 22. März.) „Aus Mitleid missend . . ." Die Romantik und Mystik betrachtet alles Urteilen und Verstehen als eine Sache des Herzens, nicht des Verstandes. Was am Menschen eigensüchtig ist, zum Opfer bringen, des Mitmenschen Schwachheit und Sündhaftigkeit begreifen und ihn herausführen wollen aus Not und Versunkenheit, dafür seinen Willen zum Seelenadcl anzufachen und ihn zu innerer Freiheit anzuhalten — solches lehrt Richard Wagners Bühnenweihfe st spiel „Parsifa l". Ein Spiel gewaltig entgegenwirkender Elemente entwickelt sich in dieser Dichtung Wider das unauf haltsam drängende Leben richtet sich ernst mahnend des Opfertodes Symbol. Zwischen Begehren und Entsagung taucht lüsternes Grauen empor. Aber alles Sinnliche ist gebunden und beschlossen in höchster Schönheit, matz es sich nun darstellen als strenger, asketisch-mönchischer Zug, der auf die Ienseitswelt hinweist, oder als wildwachsende Schönheit als in brünstiges Gebet oder als das Hohelied der Liebes berauschung. Nur auf das eine geht alles hinaus — auf die Erlösung der Menschenseele. Was Richard Wagner im „Fliegenden Holländer" begann, ver folgte er durch sein gesamtes Lebenswerk hindurch, um es im „Parsifal" zu vollenden. * Der gestrige Abend war ein Ereignis im Leipziger Musikleben. Seit jener denkwürdig glorreichen ersten „Tristan" Aufführung im Januar 1882 hat kaum wohl unser Theater ein Publikum gesehen, das in gleichem Maße oder auch nur annähernd sich so inter essiert erwiesen hätte. Der weite Raum zeigte ein farbenfrohes, vielfach bewegtes Bild Ganz Leipzig war auf dem Plan, jede Klasse der Gesellschaft hatte ihre Vertreter entsandt. Die Intendanz hatte sich mit Prof. Robert Engels-München für die stilisierte Inszenierung des Bühnenweihfestspiels entschlossen. Oft schon ist an anderen Orten der Stilisierung das Wort geredet worden. Aber vieles steht ihr auch entgegen Wenig stens müßte sie durchaus einheitlicher Art sein. In Leipzig war das meist der Fall. Zur Stilisierung der Gralsgegend, des Klingjorschlosses und Zauber gartens wie auch der Blumenaue stand die natura listische Wiedergabe Les Eraltempels in schroffem Kontrast. Seit 1882 und der Uraufführung des „Par sifal" hat Bühnentechnik und Inszenierungskunst un geahnte Fortschritte gemacht, deren Ergebnisse aus- ,^nutzen unbedingter Gebot ist. Aber vergesse man doch nicht, daß Wagner selbst der genialste Injzenator war. Man sollte sich ron ibm nur so weit entfernen, als es eben jene Errungenschaften der Technik ver langen und man tatsächliche Besseres an die Stelle des vom Meister Gegebenen setzen kann. Ater vor allem ist der wundervoll poetisch warme Hauch zu wahren, der seine Bühnenbilder charakterisiert. In szenischen Anmerkungen ganz bestimmter Fassung hinterließ der Meister seinen künstlerischen Willen. Rob. Engels'Inszenierung tut sich vornehmlich hcrroe durch eigenartige, oft sehr schöner Farbenmischungen. Das sei herzlich gern anerkannt. Aber sie strahlt zu gleich Kalte aus. (Sch: sc'» sagte eine Künstlerin in der Probe, innerhalb dieses dekorativen Milieus könne man ja gar nicht singen, höchstens sprechen., Wagner bringt als Gralsgezend „einen schattigen, doch nicht Lüstern" Wald, dessen Heimlichkeit wenige verlorene Sonnenstrahlen noch kennzeichnen, Engels deutet ihn nur an durch vereinzelte kahle Baum stamme. Von Klingsors, mit nekromantischem Gerät auszestattetem Turm bleibt nur eine langgestreckte Mauer übrig. So fein auch mit Beleuchtungseffekten gearbeitet ward — des Zauberers Milieu ist nicht hinreichend ck-oraktcrisiert. Die Blumenaue glich einem Bilde Segantinis mit mannigfaltigen, aber nicht durchaus modulationsfähigen Farbentönen und entbehrte der Wärme, die von Wagners „freier an mutiger FrühlingsgcacnL" ausgeht. Prof. Engels hat den zweiten Akt mit unerbitt licher Konsequenz ins Arabische transponiert, Wag ner ichrieb (Kundry betr ) „annähernd arabischen Stil" vor. Das Zeitlose des Stilisierungsprinzips wird total aufgehoben, wenn sich wie hier die Blumenmädchen in Odaliskcn und Kundry in Rheria vc.wandeln So wird die Szene der Blumenmädchen — was ande res sind sic als wcibgcwordene, herrliche, aber Verderben bringende Blumen? — und die ein schließende Parsifal- unv Kundryszene vollkommen entstellt, wird ihr aller Reiz der Verführungskunst be nommen. Wagner läßt diese inkarnierten Blumen geister „in flüchtig übergcworfener Kleidung, wie eben aus dem Schlaf erwacht", hereinstürmen. Statt „in Blumengewändern" erscheinen sie adrett gekleidet mit Leibchen und Pumphosen. In leicht verhüllter Schönheit läßt sich Kundry in liegender Stellung auf dem Blumenlager bei Wagner erblicken. Hier läßt sie den lockenden Parsifalruf hinter der unglück seligen Gartenmauer ertönen, und schreitet dann zu einer Steinbank, statt daß sich der Blumenhag vor ihr entfaltet. Mit Schleiern wird bei uns vieles vcr- deckt. Da die an Stelle der Wandeldekorationcn ge dachten Projektionsbilder nicht fertig wurden, fallen Schleier, und ebenso geschieht es nach Klingsors Speerwurf und Parsisals Mahnung an Kundry. Bei Wagner sinken die Verführerinnen als verwelkte Blu men zu Boden, hier retten sic sich in die Kulisse; auch hätte eine Klappdckoration genügt, um die furchtbar öde Einsamkeit zu kennzeichnen, der Klingsors falsche Herrlichkeit verfiel. Von großer Schönheit ist der Gralstcmpel. Als Vorbild nahm man San Vitale in Ravenna. Macht voll strebt der Zentralbau zur Höhe und konzentriert sich im Kuppelraum. Wundervoll verbinden sich Mittelraum, Altarplatz und Umgänge. Begrenzt durch starke Pfeiler öffnet sich das Achteck zur Apsis. Mit alledem ergeben die offenen Seitenteile eine schöne architektonische Harmonie. Zu dem Ganzen gesellen sich noch die verschiedenen Lichtschattierungen, das gelungene Aufleuchten des Grals und das^ von Wagners Musik geregelte Verklingen der Stim mungen. 4t Der musikalische Teil der Aufführung stand relativ über hem szenischen. Jacques Urlus gab als Par sifal eine hervorragende Leistung. Vielleicht war nach Spiel und äußerer Erscheinung (diese becinträch tigt durch ein schauerliches Kostüm, dessen grüne Schärpe wahrscheinlich Parsisals Abkunft vom Pro pheten Mohammed kennzeichnet?! der gereifte Ritter dem reinen Toren überlegen. Hier war alles von wundervollster Innerlichkeit und Schönheit, die Ver- führungsszenc von ergreifend natürlicher Wahrheit, der Eintritt Les Befreiers in die Erolshall« von hoher Feierlichleit. Als Sänger stand Urlus aus voller Höhe. Ihm durchaus ebenbürtig als Gurn> manz erwies sich Karl Braun (Berlin): eine aus erlesene künstlerische Gesamtleistung von Würde, Ernst und edler Menschlichkeit, vor allem durchgeistigt und verinnerlicht, was sich auch in des Künstlers prachtvollem Gesang kundgab. Kundrns Dasein in wechselnder Gestalt vergegenwärtigte Cäcilie N ii s ch c Eudorf. Meisterhaftes bot sie als Sängerin. Aber erlag sic vielleicht dem Prinzip der strengen Stilisierung? In der großen Szene im Zauber garten klang aus Gestalt und Ton nicht durchweg und vollkommen überzeugens heraus die Dämonie und Verführungskunst jener Uncufclin und „Höllenrose". Gesanglich vollendet gab Alfred Käse den Amfortas, dem freilich sein als Schachbrett gezeichnetes Wams nicht eben wohl anstand Zu höchster Anschaulichkeit brachte der Künstler die innere Zerrissenheit und alles überwuchernde Todessehnsucht des siechen Grals königs. Als Knappen erschienen Luise Olbrich, Lia Stadtegger, Carl Schroth und Philipp Schönlebcr, als Gralsritter A. Voigt und E. Herveling. Der Klingsor Erich Kling hammers hatte scharf markante Töne und sehr charakteristische Deklamation. Für die Stimme Titu- rels und jene aus der Höhe zeichneten erfolgreich Emil Zoller und Lucie Schläger. Di« Blumen mädchen Eichholz, Fladnrtzer, Olbrich. Gladitsch, Bartsch und Borchers bildeten ein gutes gesangliches und musikalisches Ensemble Die Kralschöre verstärkten die Thomaner und der „S ä n g e r k r e i s". Wundervoll erklangen di« Stimmen jener aus der Kuppel; unsicher hingegen und teilweise recht wenig weihevoll in der Text behandlung erwiesen sich die übrigen Männerstimmen. Opcrndirektor Otto Lohses Orchesterleitung brachte von Szene zu Szene musikalische Schönheiten. Wundervoll insbesondere spielte unter ihm das (ver stärkte) Orchester den weihevollen Prolog des Ganzen und die Verwandlungsmusik. Die seligen Klang« des Karfreitags.zaubcrs nahmen Herz und Gemüt gefangen. Daß Lohse nicht immer die eminent langsamen Bay- reuthcr Tempi nahm, sondern Wagners sozusagen zu weilen etwas geradlinige Musik an geeigneten Stellen ein wenig mehr fließen ließ, war für den Eindruck